Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Beamtenstatus

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelung, wonach die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft i.d.R. zu versagen ist, wenn der Bewerber Beamter ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem steht auch nicht die abweichende Regelung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG entgegen, da bei dem Rechtsanwalt dem Ausschluss auch nur des Anscheins jeglicher staatlicher Einflussnahme ein größeres Gewicht zukommt, als dies bei einem Steuerberater der Fall ist.

 

Normenkette

BRAO § 7 Nrn. 8, 10; StBerG § 57 Abs. 3 Nr. 4

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des AGH des Landes Nordrhein-Westfalen v. 16.8.2002 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller ist mit Wirkung v. 1.8.1998 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor ernannt und in eine Planstelle an der Märkischen Fachhochschule in I. eingewiesen worden. Seinen Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft v. 17.5.1999 hat die Antragsgegnerin mit auf die Versagungsgründe des § 7 Nr. 8 und § 7 Nr. 10 BRAO gestützten Bescheid v. 21.2.2000 zurückgewiesen. Seinen dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der AGH in der mündlichen Verhandlung v. 16.8.2002 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

I.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Der AGH hat zutreffend die Voraussetzungen des Versagungsgrundes nach § 7 Nr. 10 BRAO bejaht.

Nach dieser Vorschrift ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn der Bewerber Beamter ist, es sei denn, eine der dort genannten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen greift ein. Diese Regelung hat ihren Grund in der Unvereinbarkeit der beamtenrechtlichen Stellung mit der Stellung des Rechtsanwalts. Denn das Berufsbild des Rechtsanwalts ist durch äußere und innere Unabhängigkeit geprägt. Demgegenüber steht der Beamte in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, das ihm besondere Pflichten auferlegt und ihn bei der Übernahme und dem Umfang anderer Tätigkeiten grundsätzlich von Genehmigungen seines Dienstherrn abhängig macht. Dieser Inhalt steht nicht im Einklang mit der Stellung des Rechtsanwalts. Das hat der Senat wiederholt und in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht (vgl. BGH, Beschl. v. 25.6.1984 - AnwZ(B) 3/84, MDR 1984, 936 = JZ 1984, 1040; v. 18.10.1999 - AnwZ (B) 99/98; v. 18.6.2001 - AnwZ (B) 10/00, MDR 2001, 1184 = BGHReport 2001, 748; v. 22.4.2002 - AnwZ (B) 31/01).

Sinn und Zweck dieser Regelung lassen es nicht zu, die Vorschrift - entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut - dahin auszulegen, dass beamtete Professoren an Fachhochschulen von ihr nicht erfasst werden. Der Gesetzgeber hat in § 7 Nr. 10 BRAO aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit eine generalisierende und formalisierende Regelung getroffen, die eine einfache Handhabung gewährleisten soll und die allein auf die Rechtsstellung als Beamter im aktiven Dienst abstellt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 18.6.2001 - AnwZ (B) 10/00, MDR 2001, 1184 = BGHReport 2001, 748 = NJW-RR, 2001, 1642 f. = BGHR BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 5 Beamter 1). Demgemäß kommt es nicht darauf an, ob die Stellung und die Tätigkeit als Beamter im Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt geführt haben.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestehen gegen diese Regelung, auch soweit sie Fachhochschulprofessoren als Beamte erfasst, keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, Beschl v. 14.9.1984 - 1 BvR 1155/84, JZ 1984, 1043). Denn an die Voraussetzungen für den Zugang zu einem Zweitberuf und für den Verbleib in ihm sind nicht die gleichen hohen Anforderungen wie für einen Erstberuf zu stellen. Das hat der Senat in st. Rspr. - sowohl für die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 5 BRAO als auch für § 7 Nr. 11 BRAO a. F., § 7 Nr. 10 BRAO n. F: - wiederholt ausgesprochen (vgl. Beschl. v. 18.6.2001 - AnwZ(B) 10/00a. a. O. m. w. N.). Das Beschwerdevorbringen bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Dies gilt auch, soweit der Beschwerdeführer auf die abweichende Regelung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG verweist, nach der auch die Tätigkeit eines Lehrers an Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten der Zulassung als Steuerberater nicht entgegensteht. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ist darin nicht zu sehen. Auch wenn der Steuerberater ebenfalls einen freiberuflichen selbstständigen Beruf ausübt, sind die Berufsfelder und der Mandantenkreis, den sie ansprechen, unterschiedlich. Dem Ausschluss auch nur des Anscheins jeglicher staatlicher Einflussnahme kommt bei dem Rechtsanwalt mit seinem umfassenden Wirkungsbereich ein größeres Gewicht zu als beim Steuerberater, bei dem der Gesichtspunkt der Staatsnähe im Wesentlichen nur im Hinblick auf die Finanzverwaltung von Bedeutung ist, und rechtfertigt die in § 7 Nr. 10 BRAO getroffene generalisierende Regelung auch im Hinblick darauf, dass die Stellung eines Hochschullehrers gegenüber anderen Staatsbeamten weniger durch Weisungsgebundenheit und Abhängigkeit geprägt ist. Diesen Besonderheiten wird durch die nach verschiedenen Verfahrensordnungen für Hochschullehrer bestehende Möglichkeit, auch ohne Zulassung als Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigte oder Verteidiger auftreten zu können, Rechnung getragen, die auch Fachhochschullehrern, wenn auch in eingeschränktem Maße, offen steht (vgl. § 67 Abs. 1 VwGO).

Aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaft kann der Antragsteller als Inländer in Deutschland auf Grund etwa großzügigerer Zugangschancen für beamtete Professoren zum Anwaltsberuf in anderen Staaten der europäischen Gemeinschaft für sich keine geschützte Rechtsposition herleiten (vgl. BGH, Beschl. v. 18.10.1999 - AnwZ (B) 99/98, BRAK-Mitt. 2000, 44; v. 22.4.2002 - AnwZ (B) 31/01).

2. Da bereits der Versagungsgrund des § 7 Nr. 10 BRAO eingreift, kommt es auf den weiteren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO nicht mehr an.

 

Fundstellen

BGHR 2004, 71

BRAK-Mitt. 2004, 35

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