Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 24.03.2004) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten M wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 24. März 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO – auch im Hinblick auf die Mitangeklagten J. … und V – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft,
- im Ausspruch der Einzelstrafen in den Fällen II.1b), 2b) und 7 der Urteilsgründe sowie
- im Ausspruch der Gesamtstrafen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Der Generalbundesanwalt hat folgendes ausgeführt:
„In den Fällen II.1b), 2b) und 7 hält die Verurteilung des Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in der Qualifikation der §§ 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB rechtlicher Prüfung nicht stand.
Danach wurden bei den Taten II.1b) und 2b) durch die Angeklagten jeweils ungeladene Pistolen verwendet; zur Tat II.7 ist auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen, daß die verwendeten Pistolen geladen waren. Eine Waffe im Sinne des mit dem 6. Strafrechtsreformgesetz neu gefaßten Tatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß jedoch objektiv gefährlich und geeignet sein, erhebliche Verletzungen beim Tatopfer zu verursachen. Die erhöhte Strafandrohung beim Verwenden einer Waffe nach dieser Vorschrift rechtfertigt sich aus der Gefahr der Realisierung dieser objektiven Gefährlichkeit im Falle der Eskalation. In den genannten Fällen konnten die Angeklagten die Pistolen anders als zur Drohung nicht einsetzen. Das Schießen war ihnen objektiv unmöglich. Auch als Schlagwerkzeug wurden sie nicht eingesetzt. Damit erfüllt das bloße Drohen mit einer objektiv nicht gefährlichen Schußwaffe nicht die Voraussetzungen, die an das Merkmal des Verwendens einer Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluß vom 25. März 2004 – 4 StR 64/04; BGH NStZ 2000, 156, 157 m.w.N.; BGH, Beschluß vom 4. August 1998 – 5 StR 362/98).
Dieser Rechtsfehler, der die Anwendung einer den Schuldspruch berührenden Rechtsnorm betrifft, bedingt hier ausnahmsweise nicht die Aufhebung des Schuldspruchs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. August 2001 – 3 StR 271/01 und 15. Januar 2004 – 3 StR 487/03); denn die vom Landgericht festgestellte Drohung erfüllt die Qualifikation des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB (vgl. BGHSt 44, 103, 105 ff.; BGH, Beschluß vom 11. November 2003 – 3 StR 394/03); und es kann ausgeschlossen werden, daß ein neuer Tatrichter ergänzende, dem Angeklagten nachteilige Feststellungen wird treffen können.”
Dem folgt der Senat.
Die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils hat der Senat gemäß § 357 StPO auf die Mitangeklagten J und V erstreckt, weil die Annahme der weitergehenden Qualifikation sie in gleicher Weise betraf. Die Nichtrevidenten sind zur Anwendung des § 357 StPO über ihre bisherigen Verteidiger angehört worden und haben ihr nicht widersprochen.
Unterschriften
Basdorf, Häger, Gerhardt, Brause, Schaal
Fundstellen
Haufe-Index 2558343 |
NStZ-RR 2006, 65 |