Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusätzliche Urlaubstage
Leitsatz (amtlich)
Die Fortzahlung des regelmäßigen Entgelts an zusätzlichen arbeitsfreien Tagen aufgrund Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag ist keine Lohnzusatzleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV.
Normenkette
ARegV § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 9
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. April 2022 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen, die auch die notwendigen Auslagen der Landesregulierungsbehörde zu tragen hat.
Gründe
Rz. 1
A. Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz.
Rz. 2
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2020 legte der Beschwerdegegner als zuständige Landesregulierungsbehörde die Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode für das Netz der Betroffenen niedriger als beantragt fest. Bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus verweigerte die Landesregulierungsbehörde die Einordnung verschiedener Positionen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile. Dabei ging es um Kosten für über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubstage, für eine Freistellung an Silvester, für einen Betriebsausflug sowie dafür, dass den Beschäftigten Urlaub an Brückentagen nur mit einem halben Urlaubstag berechnet wird. Hinsichtlich der Urlaubstage sowie der Silvesterregelung hat die Betroffene tarifvertragliche, hinsichtlich des Betriebsausflugs und der Urlaubsberechnung an Brückentagen betriebliche Vereinbarungen vor dem 31. Dezember 2016 abgeschlossen.
Rz. 3
Die Beschwerde der Betroffenen ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sie sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Landesregulierungsbehörde und die Bundesnetzagentur entgegentreten.
Rz. 4
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Rz. 5
I. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Kostenbelastung für über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehenden Urlaub aufgrund kollektivvertraglicher Vereinbarung sei keine Lohnzusatzleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV. Nach dem Wortsinn der Norm fielen darunter nur Zuwendungen, die das Arbeitsentgelt erhöhten und die der Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Lohn erhalte. Die Freistellung von der Arbeitsverpflichtung sei keine lohngleiche Leistung. Als Ausnahmevorschrift sei § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV eng auszulegen. Eine weite Auslegung komme auch im Hinblick auf den Normzweck nicht in Betracht. Die Erwägung, dass der soziale Frieden in den Unternehmen geschützt werden solle, könne nicht dahin verstanden werden, dass der Verordnungsgeber einen umfassenden sozialen Bestandsschutz habe festschreiben wollen. Aus den gleichen Gründen könnten auch die Kosten für die Halbtagsregelung bei Urlaub an Brückentagen sowie die Freistellung an Silvester und zur Teilnahme an dem jährlichen Betriebsausflug nicht als Kosten für Lohnzusatzleistungen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV angesehen werden. Die sonstigen Kosten für den Betriebsausflug (Busfahrt, Mittagessen) seien keine Kosten für Lohnzusatzleistungen, weil diese Leistungen dem einzelnen Arbeitnehmer nicht individuell zugewandt, sondern allen Arbeitnehmern bereitgestellt würden.
Rz. 6
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.
Rz. 7
1. Die Erlösobergrenzen werden gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 ARegV für jedes Kalenderjahr der gesamten Regulierungsperiode nach Maßgabe der §§ 5 bis 17, 19, 22 und 24 ARegV bestimmt. Diese Regelungen finden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 2. September 2021 (C-718/18, RdE 2021, 534 Rn. 112 bis 138) weiterhin Anwendung (BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2021 - EnVR 17/20, RdE 2022, 119 Rn. 14 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; vom 7. Dezember 2021 - EnVR 6/21, WM 2023, 630 Rn. 9 - Kapitalkostenabzug; vom 27. Juni 2023 - EnVR 22/22, RdE 2023, 366 Rn. 8 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor III; vgl. auch § 21a EnWG in der seit dem 29. Dezember 2023 geltenden Fassung).
Rz. 8
2. Danach hat das Beschwerdegericht zu Recht unbeanstandet gelassen, dass die Landesregulierungsbehörde die Einordnung der in Rede stehenden Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV abgelehnt hat.
Rz. 9
a) Als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile gelten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV Kosten aus betrieblichen und tarifvertraglichen Vereinbarungen zu Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen, soweit diese vor dem 31. Dezember 2016 abgeschlossen worden sind. Dabei sind, wie der Bundesgerichtshof nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts entschieden hat, für die Zuordnung der Kosten in die Kategorien der beeinflussbaren, vorübergehend nicht beeinflussbaren und dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile nach § 11 ARegV allein die Verhältnisse im Basisjahr maßgeblich (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2022 - EnVR 55/20, RdE 2023, 163 Rn. 10 - Regionetz GmbH). Kosten aus betrieblichen oder tarifvertraglichen Vereinbarungen können somit nur dann gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV als dauerhaft nicht beeinflussbar eingestuft werden, wenn die Vereinbarungen im maßgeblichen Basisjahr 2015 bereits gegolten haben, es sich somit bereits im Basisjahr um Kosten aus betrieblichen oder tarifvertraglichen Vereinbarungen gehandelt hat.
Rz. 10
b) Danach handelt es sich vorliegend bei den Kosten für den Betriebsausflug schon deshalb nicht um dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV, weil die Betroffene mit dem Betriebsrat erst am 10. November 2016 eine an diesem Tag in Kraft getretene Vereinbarung zum Betriebsausflug geschlossen hat und eine solche zuvor nicht bestand. Die für die Bestimmung des Ausgangsniveaus maßgeblichen Kosten für den 2015 durchgeführten Betriebsausflug beruhen somit nicht auf einer betrieblichen Vereinbarung.
Rz. 11
c) Hinsichtlich der tarifvertraglichen Regelungen zu den Urlaubstagen und der Freistellung an Silvester sowie der betrieblichen Vereinbarung zur Berechnung des Urlaubs an Brückentagen mit nur einem halben Urlaubstag ergibt sich aus den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht, ob diese schon im Basisjahr 2015 galten. Dies bedarf vorliegend keiner weiteren Aufklärung, da, auch wenn die Regelungen schon im Basisjahr galten, die hierfür in Rede stehenden Kosten nicht aus Vereinbarungen zu Lohnzusatzleistungen im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV resultieren.
Rz. 12
aa) Die Einstufung als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV setzt voraus, dass zwischen der betrieblichen oder tarifvertraglichen Vereinbarung und der Kostenbelastung des Netzbetreibers ein rechtlicher Zusammenhang besteht (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017 - EnVR 23/16, RdE 2018, 77 Rn. 43 - SW Kiel Netz GmbH; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2016, EnVR 27/15, RdE 2017, 80 Rn. 20 f. - Infrawest GmbH).
Rz. 13
bb) Dementsprechend hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, dass die mit der Vereinbarung zu Silvester und Brückentagen sowie den zusätzlichen Urlaubstagen verbundene (zusätzliche) Freistellung der Beschäftigten von der Arbeitspflicht für sich genommen nicht rechtfertigen kann, dass dadurch (mittelbar) verursachte Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbar einzuordnen wären. Die Gewährung arbeitsfreier Tage als solche stellt sich nicht als wirtschaftliche Belastung dar (BFH, Urteil vom 6. Dezember 1995 - I R 14/95, BFHE 180, 258 [juris Rn. 30]). Zwar können entsprechende Freistellungen dazu führen, dass der Netzbetreiber mehr Personal benötigt. Die gegebenenfalls dafür anfallenden Kosten sind aber nur die mittelbare wirtschaftliche Folge der Freistellungsvereinbarungen und stehen mit diesen in keinem rechtlichen Zusammenhang.
Rz. 14
cc) Bei der Vergütung, die nach den kollektivvertraglichen Vereinbarungen für die über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehenden Urlaubstage und den arbeitsfreien Silvestertag zu zahlen ist, handelt es sich zwar um Kosten, die im rechtlichen Zusammenhang mit diesen Vereinbarungen stehen. Sie stellt jedoch keine Lohnzusatzleistung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV, sondern eine Lohnleistung dar, die nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 1 ARegV privilegiert ist. Das folgt aus Wortlaut und Regelungssystematik des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV und des § 21a Abs. 4 EnWG in der bis zum 28. Dezember 2023 geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Aus Sinn und Zweck dieser Vorschriften ergibt sich nichts Anderes.
Rz. 15
(1) Der Begriff der "Lohnzusatzleistungen" ist weder gesetzlich noch durch eine entsprechende Übung definiert (vgl. Englmann/Meyer in: Holznagel/Schütz, Anreizregulierungsrecht, 2. Aufl., § 11 ARegV Rn. 115; Sauer/Meyer/Heim/Schwintowski, EWeRK 2021, 84, 86; Targan/Wagenfeld, N&R 2010, 131). Entgegen der Rechtsbeschwerde ergibt sich eine Definition auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder derjenigen des Bundesfinanzhofes.
Rz. 16
(a) Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet zwischen dem im Synallagma stehenden Entgelt für erbrachte Arbeitsleistung (Entgelt im engeren Sinne) und dem Entgelt im weiteren Sinne (BAG, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 6 AZR 156/89, BAGE 66, 169 [juris Rn. 27 bis 29]), zu dem auch die hier in Rede stehende Vergütung für Zeiten ohne Arbeitsleistung zählt (vgl. BAG, Urteil vom 20. September 2017, 10 AZR 171/16, NZA 2018, 53 Rn. 16 f.). Den Begriff der Lohnzusatzleistung verwendet das Bundesarbeitsgericht für das Entgelt im weiteren Sinne nicht. Die im Arbeitsrecht bedeutsame Abgrenzung zwischen den im Synallagma stehenden Vergütungsbestandteilen und der sonstigen Vergütung spielt im Regulierungsrecht keine Rolle, so dass die im Arbeitsrecht dafür verwendeten anderen Begriffe für die Abgrenzung zwischen Lohn- und Lohnzusatzleistungen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV unergiebig sind.
Rz. 17
(b) Auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs lässt sich keine Definition des Begriffs der Lohnzusatzleistung und keine Verwendung des Begriffs für die hier in Rede stehende Vergütung für arbeitsfreie Tage entnehmen. Danach beinhaltet die Pflicht zur Urlaubsgewährung vielmehr die Pflicht zur Gewährung arbeitsfreier Tage und zur Zahlung des Lohns trotz fehlender Arbeitsleistung (BFH, Urteil vom 6. Dezember 1995 - IR 14/95, BFHE 180, 258 [juris Rn. 30). Das Urlaubsentgelt ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der während der Dauer des Urlaubs fortzuzahlende Arbeitslohn (BFH, Urteil vom 8. Juli 1992 - XI R 50/89, BFHE 329 [juris Rn. 27]).
Rz. 18
(c) Die Rechtsbeschwerde beruft sich für die Zuordnung der Vergütung für nicht gearbeitete Tage zu den Lohnzusatzleistungen auch zu Unrecht auf die Definitionen für die statistische Erfassung der Arbeitskosten. In der Verordnung (EG) Nr. 1737/2005 der Kommission vom 21. Oktober 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1726/1999 in Bezug auf Definition und Übermittlung von Informationen über Arbeitskosten [ABl. EU L 279, S. 11; nachfolgend: Verordnung (EG) Nr. 1737/2005], die die statistische Aufgliederung der Arbeitskosten nach Kostenarten regelt, gehört die Kostenart "D. 1113 Vergütung für nicht gearbeitete Tage" zur übergeordneten Kostenart "D. 11 Löhne und Gehälter" [vgl. Anhang I Verordnung (EG) Nr. 1737/2005]. Nach den Definitionen des Statistischen Bundesamtes ist die Kostenart "D. 1113 Vergütung für nicht gearbeitete Tage" zwar Bestandteil der Personalnebenkosten, nicht aber der Lohnnebenkosten (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 16, Heft 3, Berichtszeitraum 2020, erschienen am 13. Juli 2022; Karlsson, EWeRK 2023, 180, 181). Diese Definitionen sprechen somit nicht dafür, die Vergütung für nicht gearbeitete Tage den Lohnzusatzleistungen zuzurechnen. Da sie keine Abgrenzung zwischen Löhnen und Lohnzusatzleistungen enthalten und die Kostenarten für statistische Zwecke eigenständig definiert werden, sind die genannten Vorgaben des Statistischen Bundesamts und in der Verordnung (EG) Nr. 1737/2005 für das Verständnis des Begriffs Lohnzusatzleistungen in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV in Abgrenzung zum Begriff der Lohnleistungen unergiebig.
Rz. 19
(d) Soweit der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen für die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV genannten "Kosten aus Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen" den Begriff der "Personalzusatzkosten" verwendet hat (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2016 - EnVR 27/15, RdE 2017, 80 Rn. 14, 34 - Infrawest GmbH; vom 12. November 2019 - EnVR 109/18 Rn. 50 ff. - Dortmunder Netz GmbH; vom 22. Februar 2022 - EnVZ 43/21 und EnVZ 44/21, juris, jeweils Rn. 2 ff.; vom 13. Dezember 2022 - EnVR 55/20 Rn. 9 - Regionetz GmbH; vgl. auch Karlson, EWeRK 2023, 180 ff.), folgt auch daraus keine Einordnung der hier in Rede stehenden Kosten als Lohnzusatzkosten. Denn weder hat er den Begriff der Personalzusatzkosten näher definiert, noch hat er ihn von Lohnleistungen abgegrenzt.
Rz. 20
(2) Nach dem allgemeinen Wortsinn, auf den somit abzustellen ist, handelt es sich bei der nach dem Tarifvertrag für die arbeitsfreien Tage zu zahlenden Vergütung um Lohn und nicht um eine Lohnzusatzleistung.
Rz. 21
(a) Je nachdem, wie man die Begriffsbestandteile aufeinander bezieht, kann eine Lohnzusatzleistung eine zusätzlich zum Lohn erbrachte Leistung oder aber eine zusätzliche Lohnleistung darstellen. Nach dem allgemeinen Wortsinn stellt jedenfalls die Vergütung, die regelmäßig monatlich in Geld zu leisten ist, den (normalen) "Lohn" dar. Als zusätzliche Leistung zum Lohn oder zusätzliche Lohnleistungen kommen demgegenüber nach dem allgemeinen Wortsinn nicht regelmäßig jeden Monat erfolgende Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Prämien und Gratifikationen oder auch Sachleistungen in Betracht. Die arbeitsrechtlich relevante Unterscheidung zwischen der Vergütung für geleistete Arbeit und sonstiger Vergütung wie der Entgeltzahlung für Zeiten ohne Arbeitsleistung (vgl. BAG, Urteil vom 20. September 2017 - 10 AZR 171/16, NZA 2018, 53 Rn. 16), entspricht somit nicht der Unterscheidung zwischen Lohn und zusätzlichen Leistungen oder zwischen (regelmäßigen) Lohnleistungen und zusätzlichen Lohnleistungen nach dem allgemeinen Wortsinn.
Rz. 22
(b) Danach stellt das im Streitfall nach der tarifvertraglichen Regelung für die arbeitsfreien Tage zu zahlende Entgelt nach dem allgemeinen Wortsinn Lohn und keine Lohnzusatzleistung dar. Nach der tarifvertraglichen Regelung, auf die auch in der Betriebsvereinbarung zu den Urlaubsgrundsätzen Bezug genommen wird, ist Arbeitnehmern der Urlaub und die Freistellung an Silvester unter Fortzahlung des Entgelts zu gewähren. Das fortzuzahlende Entgelt bemisst sich nach dem Durchschnitt der tariflichen Entgelte, die in den drei vorhergehenden Kalendermonaten ohne Arbeitsentgelte für zusätzliche Überstunden, Leistungszulagen, Leistungsprämien, Sonderzahlungen und besondere Zahlungen gezahlt worden sind. Das für die arbeitsfreien Tage zu zahlende Entgelt entspricht somit dem anteiligen regelmäßigen monatlichen Entgelt und geht nicht über dieses hinaus.
Rz. 23
(3) Auch die Regelungssystematik spricht dafür, die kollektivvertraglich vereinbarte Vergütung für die (zusätzlichen) arbeitsfreien Tage nicht als Kosten aus Vereinbarungen zu Lohnzusatzleistungen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV anzusehen.
Rz. 24
(a) § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV stellt, wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift dar. Das ergibt sich aus der Systematik der gesetzlichen Regelung zu den dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten in § 21a Abs. 4 EnWG aF und der konstitutiven Festlegung der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten in § 11 Abs. 2 Satz 1 ARegV. Da, wie sich aus § 21a Abs. 4 Satz 1 und 2 EnWG aF ergibt, vom Netzbetreiber beeinflussbare Kosten grundsätzlich nicht als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten eingestuft werden dürfen, hat der Verordnungsgeber Personalkosten grundsätzlich nicht als solche qualifiziert. Nur als Ausnahme dazu hat er auf kollektivvertraglicher Grundlage beruhende Kosten für Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen, soweit die Vereinbarungen bis zum 31. Dezember 2016 abgeschlossen wurden, als dauerhaft nicht beeinflussbar eingestuft. Diese Ausnahme ist eng auszulegen, da die gesetzgeberische Wertung, dass beeinflussbare Kosten grundsätzlich nicht dem Effizienzvergleich entzogen werden sollen, nicht durch die in der Verordnung vorgenommene Konkretisierung unterlaufen werden darf. Dass der Verordnungsgeber keine quantitative Begrenzung der Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen (vgl. dazu Empfehlungen der Ausschüsse, BR-Drucks. 296/1/16 vom 24. Juni 2016, S. 2 bis 4) in den Verordnungstext aufgenommen hat, steht dem nicht entgegen.
Rz. 25
(b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde spricht auch die Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 ARegV, wonach Kosten aus der im gesetzlichen Rahmen ausgeübten Betriebs- und Personalratstätigkeit als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile gelten, nicht dafür, die kollektivvertraglich vereinbarte Vergütung für arbeitsfreie Tage als Lohnzusatzleistungen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV anzusehen. Unter die Regelung in Nr. 10 fallen auch die Kosten für die Fortzahlung des Entgelts für die Zeit der Arbeitsbefreiung (vgl. § 37 f. BetrVG; Englmann/Meyer in Holznagel/Schütz, Anreizregulierungsrecht, 2. Aufl., § 11 ARegV Rn. 119). Diese Pflicht zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts beruht aber auf einer gesetzlichen Grundlage und ist schon deshalb mit der kollektivvertraglich vereinbarten Vergütung für über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehende arbeitsfreie Tage nicht vergleichbar. Zudem gelten die gesamten für die im gesetzlichen Umfang ausgeübte Betriebs- und Personalratstätigkeit anfallenden Personalkosten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 ARegV als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten; eine Beschränkung auf Lohnzusatzleistungen ist in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 ARegV nicht enthalten. Für die Frage, ob die Vergütung für arbeitsfreie Tage zu den Lohnzusatzleistungen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV zu zählen ist, lassen sich aus der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 ARegV keine Erkenntnisse gewinnen.
Rz. 26
(c) Entsprechendes gilt für die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 ARegV. Zwar handelt es sich bei den dort behandelten Kosten der Berufsausbildung und Weiterbildung im Unternehmen sowie von Betriebskindertagesstätten um Kosten, die vom Unternehmen beeinflusst werden können; für die Auslegung des Begriffs "Lohnzusatzleistungen" ist die Vorschrift jedoch unergiebig.
Rz. 27
(4) Schließlich ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV, dass eine kollektivvertraglich vereinbarte Vergütung für über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehende arbeitsfreie Tage als Lohnzusatzleistung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Die Regelung dient dem Ausgleich zwischen den Interessen der Netznutzer und der Öffentlichkeit an einem möglichst kostengünstigen und effizienten Netzbetrieb und den Interessen der Netzbetreiber sowie ihrer Arbeitnehmer, Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen, die in bereits abgeschlossenen Vereinbarungen vorgesehen sind, vor der Gefahr eines sofortigen Rationalisierungsdrucks zu bewahren (BGH, RdE 2017, 80 Rn. 17 - Infrawest GmbH). Es handelt sich um eine - sozialpolitisch motivierte - Bestandsschutzregelung (vgl. Zweite Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung, BR-Drucks. 296/16 vom 2. Juni 2016, S. 35; Englmann/Meyer in Holznagel/Schütz, Anreizregulierungsrecht, 2. Aufl., § 11 ARegV Rn. 114); ein umfassender Schutz des sozialen Niveaus war aber gerade nicht gewollt, wie sich aus der Einschränkung auf kollektivvertragliche Vereinbarungen, der Stichtagsregelung und daraus ergibt, dass der Bestandsschutz nicht für Personalkosten generell, sondern nur für Kosten aus Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen gewährt wurde (vgl. BGH RdE 2017, 80 Rn. 18 f.). Dass die Einstufung der kollektivvertraglich vereinbarten Vergütung für über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehende arbeitsfreie Tage als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten im Einklang mit der sozialpolitischen Zielsetzung der Regelung steht, rechtfertigt es somit nicht, diese Vergütung als Lohnzusatzleistung anzusehen, obwohl der Wortsinn und die Regelungssystematik gegen eine solche Auslegung spricht.
Rz. 28
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.
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Fundstellen