Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Lohnkosten für tarifvertraglich gewährten Mehrurlaub als dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteil eines Gasnetzbetreibers
Leitsatz (amtlich)
1. Der Wortsinn des § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 9 ARegV spricht gegen die Einordnung der Lohnkosten für tarifvertraglich gewährten Mehrurlaub als Lohnzusatzleistung.
2. Es fehlt der erforderliche rechtliche Zusammenhang zwischen der tariflichen Vereinbarung und der Kostenbelastung des Netzbetreibers. Die Mehrkosten entstehen lediglich mittelbar, etwa durch die Einstellung zusätzlichen Personals.
Normenkette
ARegV § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 9; EnWG § 21a Abs. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Landesregulierungsbehörde) vom 15. Dezember 2020 (Az.: 4-4455.5-5/98), wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Streitwert: bis 148.570,- EUR.
Gründe
A Die Beschwerdeführerin ist ein Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in L... . Sie betreibt ein Gasverteilnetz auf den Gebieten der Gemeinden L..., K..., A..., T..., M..., Mö... und Ma...
Im Zuge des Verwaltungsverfahrens zur Festlegung der Erlösobergrenze für das Gasnetz der Beschwerdeführerin für die dritte Regulierungsperiode korrespondierten die Parteien über ihren unterschiedlichen Rechtsstandpunkt zu der Frage, ob die nachfolgend aufgeführten, von der Beschwerdeführerin angesetzten Kosten als nicht beeinflussbare Kosten im Sinne des § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 9 ARegV anzuerkennen seien:
Halbtags-Urlaubsregelung (Brückentage)
5.876,83 EUR
Betriebsausflug
Kosten
1.639,00 EUR
Arbeitszeitverlust
8.577,48 EUR
Urlaubsregelung Silvester/Heiligabend
8.577,48 EUR
Mehrurlaubstage gemäß TV-V
85.774,82 EUR
Die Beschwerdegegnerin teilte der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Kostenprüfung zur Bestimmung des Ausgangsniveaus für die dritte Regulierungsperiode mit. Im Zuge dieser Mitteilung legte sie zugleich unter dem 26. April 2017 dar, dass sie im Rahmen der Kostenprüfung in Hinblick auf die dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten im Sinne des § 11 Abs. 2 ARegV einen Betrag in Höhe von 3.203.894 EUR berücksichtige, die oben genannten Positionen aber nicht als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten einstufe.
Nach weiterer Korrespondenz erließ die Beschwerdegegnerin am 15. Dezember 2020 zum Az.: 4-4455.5-5/98 den angefochtenen Bescheid auf der Grundlage ihrer zuvor geäußerten Rechtsauffassung (Bescheid S. 30 f.). Wegen des Inhalts des angegriffenen Bescheids wird auf diesen Bezug genommen.
B Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und mit Gründen versehenen Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Nichtanerkennung der oben aufgeführten Einzelpositionen als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten im Rahmen der beschriebenen Erlösobergrenzenfestsetzung.
Die Beschwerdeführerin trägt vor:
Folgende Kostenpositionen hätte die LRegB als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV einstufen müssen:
1. Mehrurlaubstage nach dem Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe (TV-V)
Die Kosten hierfür seien als Lohnzusatzleistungen zu berücksichtigen. Am 28. Juni 2016 habe die Beschwerdeführerin mit dem Betriebsrat der Beschwerdeführerin eine "Betriebsvereinbarung zu Urlaubsgrundsätzen bei der Stadtwerke L... GmbH" geschlossen, in Kraft seit 31. Dezember 2016 (vgl. Verfahrensakte der Beschwerdegegnerin, 4-4455.5-5/98/11).
Deren § 4 Abs. 3 sehe vor, dass bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf "fünf Tage in der Kalenderwoche [..] der Urlaubsanspruch lt. TV-V aktuell 30 Arbeitstage [beträgt]". Dabei sei "zwischen gesetzlichem Urlaubsanspruch (20 Tage) und tariflichem Urlaubsanspruch (10 Tage)" zu unterscheiden. Bei anderer Verteilung der Arbeitszeit in der Kalenderwoche erhöhe oder vermindere sich der Urlaubsanspruch nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 TV-V entsprechend.
2. Silvester-Urlaubsregelung nach TV-V
Ausweislich der in § 8 Abs. 3 S. 2 TV-V enthaltenen Regelung zu den regelmäßigen Arbeitszeiten werde, soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, "[..] der Arbeitnehmer am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Entgeltes nach § 6 Abs. 3 von der Arbeit freigestellt".
3. Halbtagsurlaubsregelung nach der Betriebsvereinbarung
Ausweislich § 6 Abs. 4 der o.g. Betriebsvereinbarung müsse der Urlaub grundsätzlich in ganzen Tagen genommen werden. Hiervon ausgenommen würden sog. Brückentage. Für diese sei nach der vorgenannten Regelung lediglich ein halber Urlaubstag zu berechnen.
4. Betriebsausflug (Arbeitszeitverlust und sonstige Kosten)
Die Beschwerdeführerin habe am 10. November 2016 mit dem Betriebsrat der Beschwerdeführerin eine "Betriebsvereinbarung über den Betriebsausflug bei der Stadtwerke L... GmbH" geschlossen, die mit Unterzeichnung in Kraft getreten sei. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 führe die Beschwerdeführerin zur Stärkung des Teamgeistes au...