Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.11.2018; Aktenzeichen 7550 Js 252282/11 5/29 KLs 4/16) |
Tenor
1. Auf die Anhörungsrügen der Angeklagten vom 26. Februar 2021 und vom 4. März 2021 wird
das Verfahren in den Stand vor Erlass des Senatsbeschlusses vom 2. Februar 2021 zurückversetzt, soweit
- die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2018 hinsichtlich der Einziehungsentscheidungen gemäß § 349 Abs. 2 StPO zurückgewiesen worden sind,
- den Angeklagten die Kosten ihrer Rechtsmittel auferlegt worden sind;
der Senatsbeschluss vom 2. Februar 2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2018
- im Ausspruch über die Einziehungen aufgehoben; die Einziehungsentscheidungen entfallen;
- im Ausspruch über eine Kompensation dahingehend abgeändert, dass insgesamt jeweils drei Monate der verhängten Freiheitsstrafen als vollstreckt gelten.
- Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
- Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
2. Die weitergehenden Anhörungsrügen werden verworfen.
3. Die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) verurteilt, den Angeklagten W. zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten, den Angeklagten P. zu einer solchen von einem Jahr. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt, ferner Einziehungsentscheidungen getroffen und ausgesprochen, dass jeweils zwei Monate der Freiheitsstrafen wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als bereits vollstreckt gelten. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen haben die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Mit Beschluss vom 2. Februar 2021 hat der Senat das angefochtene Urteil um eine Kompensation für einen weiteren Konventionsverstoß gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ergänzt, im Übrigen aber die Revisionen der Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit Schriftsätzen vom 26. Februar 2021 bzw. vom 4. März 2021 haben die Angeklagten eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geltend gemacht und beantragt, das Verfahren insgesamt in den Stand vor Erlass des Senatsbeschlusses vom 2. Februar 2021 zurückzuversetzen. Die Anhörungsrügen haben teilweise Erfolg und führen zu einer Abänderung des Senatsbeschlusses vom 2. Februar 2021, den der Senat wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich zur Klarstellung neu fasst.
Rz. 2
1. Die gemäß § 356a Satz 2 StPO fristgerecht angebrachten Rügen sind zulässig und insoweit begründet, als der Senatsbeschluss vom 2. Februar 2021 die Einziehungsentscheidungen des mit Revision angefochtenen Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2018 und die Kosten des Rechtsmittelverfahrens betrifft. Im Übrigen sind die Anhörungsrügen unbegründet.
Rz. 3
a) Mit Recht machen die Beschwerdeführer geltend, dass das Landgericht gegen die Angeklagten Einziehungsentscheidungen getroffen, sich die Revisionen der Angeklagten hierzu verhalten und der Generalbundesanwalt mit seinen Zuschriften vom 22. November 2019 näher begründet und beantragt hatte, die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts aufzuheben und diese entfallen zu lassen. Insoweit, als der Senat dies übergangen und im Beschlusswege eine von der Antragstellung des Generalbundesanwalts zu Ungunsten der Angeklagten abweichende Entscheidung getroffen hat, sind diese in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. BVerfGE 59, 98, 101 f.; BVerfG, NStZ 2002, 487, 488; BGH, Beschluss vom 30. März 1994 – 3 StR 628/93; SSW-StPO/Momsen-Pflanz, 4. Aufl., § 349 Rn. 44; KK-StPO/Gericke, 8. Aufl., § 349 Rn. 16).
Rz. 4
b) Darüber hinaus liegt eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung nicht vor. Der Senat hat das Revisionsvorbringen der Angeklagten zum Schuld- und zum Strafausspruch vollständig zur Kenntnis genommen, gewürdigt und aus den Gründen der Zuschriften des Generalbundesanwalts sowie des Senatsbeschlusses vom 2. Februar 2021 für unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO erachtet. Er hat insoweit weder fristgerechtes Vorbringen übergangen noch in sonstiger Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Eine weitergehende Gehörsverletzung wird vom Angeklagten P. schon nicht behauptet; soweit der Angeklagte W. seine mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 23. März 2019 abgegebene Revisionsbegründung vertieft, kann auch dies einen Gehörsverstoß nicht begründen. Das Verfahren nach § 356a StPO dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2008 – 1 StR 185/08).
Rz. 5
c) Der Senat versetzt daher das Revisionsverfahren nur insoweit in die Lage vor Erlass des Senatsbeschlusses vom 2. Februar 2021 zurück, als darin die Revisionen der Angeklagten auch in Bezug auf die Einziehungsentscheidung des Landgerichts nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen und – in der Folge – die Kosten der Rechtsmittelverfahren den Angeklagten auferlegt worden waren. Insoweit handelt es sich um abtrennbare Teile der Senatsentscheidung. Das Verfahren ist in die Lage vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zurückzuversetzen, soweit diese von dem Gehörsverstoß betroffen ist (KK-StPO/Gericke, 8. Aufl., § 356a Rn. 15; BT-Drucks. 15/3706, S. 18).
Rz. 6
2. Die mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2018 als weitere Rechtsfolge wegen der im Übrigen beanstandungsfreien Verurteilung der Angeklagten wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen hält sachrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 7
a) Der Generalbundesanwalt hat in seinen Antragsschriften vom 22. November 2019 in Bezug auf den Angeklagten W. ausgeführt:
„Die Einziehung eines Betrages i.H.v. 25.944,41 EUR, welche der Angeklagte zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt vom Konto der D. entnommen hatte, um die ihm entstandenen Gründungskosten in der Schweiz auszugleichen (UA S. 11, 54, 110 f.), kann keinen Bestand haben, weil in Ermangelung einer zeitlichen Einordnung nicht ersichtlich ist, dass es sich bei dem entnommenen Betrag um inkriminierte Gelder aus der Frühphase der D. gehandelt hat.
Unabhängig davon wären die Gelder nicht durch den unerlaubten Betrieb des Bankgeschäfts, sondern durch eine veruntreuende Unterschlagung zum Nachteil der D. erlangt worden.
Entsprechendes gilt für die Entnahme von 45.644,71 EUR, welche aus einer Anlage von D. -Geldern bei der M. GmbH stammten und vom Angeklagten absprachewidrig von einem Konto dieser GmbH auf sein Privatkonto überwiesen wurden (UA S. 36, 113).
Auch der seitens der v. GmbH im Jahr 2012 gezahlte Kaufpreis für sämtliche Anteile der D. (UA S. 112) weist keinen inneren Zusammenhang zu der abgeurteilten Tat auf; die erst nach Beendigung der Tat beschlossene Veräußerung der Gesellschaftsanteile und der damit einhergehende Erlös sind weder objektiv, noch nach der Vorstellung des Angeklagten als Teil des von ihm unerlaubten Bankgeschäfts zu erfassen, zumal die D. zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits seit elf Monaten ausschließlich zur Abwicklung legaler Geschäfte genutzt wurde, deren Einnahmen etwa drei Mal so hoch waren wie die Einnahmen aus inkriminierten Geschäften (vgl. UA S. 13, 36; noch zum alten Verfallsrecht: Senat, Urteil vom 29. November 2017 – 2 StR 271/17, NJW-Spezial 2018, 121).
Soweit die Strafkammer 11.850 EUR als „für die Tat” erlangten Ersatz von Taterträgen einziehen will, welche der Angeklagte im Tatzeitraum als Geschäftsführergehalt der M. GmbH erhalten hat, welches seinerseits aus dem D.-Geschäft herrührt (UA S. 111 f.), belegen die Feststellungen keinen Zusammenhang der Zahlung mit der Tat. Das Landgericht führt vielmehr aus, dass der Angeklagte während und nach der Tat konstant ein durchschnittliches Gehalt i.H.v. 14.850 EUR von der v. GmbH bezogen hat (UA S. 17). Dass das Gehalt aus inkriminierten Einlagegeldern herrührte wird nicht nachvollziehbar dargelegt und versteht sich nicht von selbst.
Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass eine Vermögensmehrung zunächst bei der M. GmbH als Drittbegünstigter eingetreten ist. Dass es sich dabei lediglich um einen formalen Mantel ohne Trennung zwischen Täter- und Gesellschaftsvermögen gehandelt hätte oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss bei der Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet worden wäre ist nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018, 3 StR 620/17, StV 2019, 42 mwN). Die Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten schließt hier daher eine gegen den handelnden Täter anzudrohende Einziehung aus (vgl. BGH aaO).”
Rz. 8
b) Betreffend den Angeklagten P. hat der Generalbundesanwalt wie folgt Stellung genommen:
„Soweit die Strafkammer 2.508 EUR als „für die Tat” erlangten Wert von Taterträgen einziehen will, welche der Angeklagte im Zeitraum Januar 2011 bis Juni 2011 als Geschäftsführergehalt der v. GmbH erhalten hat, welches seinerseits aus dem D. -Geschäft herrührt (UA S. 113 f.), belegen die Feststellungen keinen Zusammenhang der Zahlung mit der Tat. Das Landgericht führt vielmehr aus, dass der Angeklagte vor, während und nach der Tat ein Gehalt i.H.v. 2.090 EUR von der v. GmbH bezogen hat (UA S. 17). Dass das Gehalt aus inkriminierten Einlagegeldern herrührte wird nicht nachvollziehbar dargelegt und versteht sich nicht von selbst.
Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass eine Vermögensmehrung zunächst bei der v. GmbH als Drittbegünstigter eingetreten ist. Dass es sich dabei lediglich um einen formalen Mantel ohne Trennung zwischen Täter- und Gesellschaftsvermögen gehandelt hätte oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss bei der Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet worden wäre ist nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018, 3 StR 620/17, StV 2019, 42 mwN). Die Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten schließt hier daher eine gegen den handelnden Täter anzuordnende Einziehung aus (vgl. BGH aaO).”
Auch der seitens der S. Finance am 18. April 2012 gezahlte Kaufpreis für einen Anteil von 50 % an der v. GmbH (UA S. 35, 114) weist keinen inneren Zusammenhang mit der abgeurteilten Tat auf; die erst nach Beendigung der Tat beschlossene Veräußerung des Gesellschaftsanteils und der damit einhergehende Erlös sind weder objektiv, noch nach der Vorstellung des Angeklagten als Teil des von ihm unerlaubt betriebenen Bankgeschäfts zu erfassen, zumal zu diesem Zeitpunkt die D. noch nicht von der v. GmbH gekauft worden war (vgl. UA S. 36; noch zum alten Verfallsrecht: Senat, Urteil vom 29. November 2017 – 2 StR 271/17, NJW-Spezial 2018, 121).
Auch die Zahlung eines Vorschusses der S. -Gruppe an den Angeklagten, mit dem er D. -Anteile vom Mitangeklagten erwerben sollte, ist losgelöst vom Tatgeschehen und unterliegt daher nicht der Einziehung (UA S. 115).”
Rz. 9
c) Dem schließt sich der Senat an und ändert den Senatsbeschluss vom 2. Februar 2021 insoweit entsprechend ab. Er kann ausschließen, dass Feststellungen getroffen werden könnten, die im Hinblick auf die zur Aburteilung gelangten Taten eine Einziehungsentscheidung gegen die Angeklagten tragen.
Rz. 10
3. Der auf die Nebenentscheidung der Strafkammer beschränkte Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten ganz oder teilweise von den Kosten und Auslagen der Revisionen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO). Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Angeklagten das Urteil des Landgerichts auch dann mit ihren Revisionen angegriffen hätten, wenn dieses von dem durch den Senat aufgehobenen Einziehungsausspruch abgesehen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1997 – 1 StR 612/97, NStZ-RR 1998, 70; KK/StPO-Gieg, 8. Aufl., § 473 Rn. 7 mwN).
Unterschriften
Franke, Krehl, Meyberg, Grube, Schmidt
Fundstellen
Dokument-Index HI14464035 |