Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.11.2018; Aktenzeichen 7550 Js 252282/11 5/29 KLs 4/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2018 getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
Rz. 1
1. Das Landgericht hat den Beschwerdeführer, dem zur Last lag, gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten durch den Verkauf von Rentenankaufspolicen Anleger geschädigt und sich deswegen des mittäterschaftlich begangenen Betruges im Rahmen eines uneigentlichen Organisationsdelikts strafbar gemacht zu haben, wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften verurteilt, eine Einziehungs- und eine Kompensationsentscheidung getroffen und ausgesprochen, dass er die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen zu tragen hat. Von einer Strafbarkeit des Beschwerdeführers wegen Betruges vermochte sich die Strafkammer nicht zu überzeugen.
Rz. 2
Auf die Revision des Beschwerdeführers hat der Senat das Urteil – nach Anhörungsrüge – mit Beschluss vom 30. März 2021 im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben und die Einziehungsentscheidung entfallen lassen sowie den Ausspruch über eine Kompensation ergänzt. Die weitergehende Revision hat er verworfen.
Rz. 3
Mit Schriftsätzen vom 10. Mai 2021 und vom 7. Juni 2021 macht der Verurteilte geltend, über seine bis dahin nicht weiter begründete Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts sei noch nicht entschieden. Zu ihrer Begründung trägt er nunmehr vor, die Verurteilung lediglich wegen eines KWG-Verstoßes hätte nicht der umfangreichen Beweisaufnahme bedurft, im Übrigen habe der Senat die Einziehungsentscheidung entfallen lassen.
Rz. 4
2. Die gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des Landgerichts gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten, über die der Senat infolge der Aufhebung der Einziehungsanordnung im Anhörungsrügeverfahren zu befinden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 StR 423/20, NJW 2021, 1829 Rn. 11; Beschluss vom 27. August 1970 – 4 StR 375/70 Rn. 12), ist zulässig, aber unbegründet. Weder der Umstand, dass der Vorwurf des unerlaubten Bankgeschäfts weniger schwer wiegt als der des Betruges, noch das Entfallen der Einziehungsentscheidung lassen es im vorliegenden Fall unbillig erscheinen, den Verurteilten von den in erster Instanz entstandenen Kosten und Auslagen ganz oder teilweise freizustellen.
Rz. 5
a) Soweit das Landgericht den Beschwerdeführer nicht, wie angeklagt, wegen Betruges, sondern wegen unerlaubten Betreibens eines Bankgeschäfts verurteilt hat, wären – entsprechend der vom Landgericht gegebenen Begründung seiner Kostenentscheidung und ausweislich der insoweit bindenden Feststellungen (§ 464 Abs. 3 Satz 2 StPO) – die tatsächlich erfolgten Untersuchungen (bei rückschauender Betrachtung) auch dann notwendig gewesen, wenn Anklage und Eröffnungsbeschluss von vornherein dem späteren Urteil entsprochen hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 1974 – 3 StR 298/74, BGHSt 26, 29, 33/34; BGH, Beschluss vom 23. September 1981 – 3 StR 341/81, NStZ 1982, 80; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2002 – 3 StR 398/01). Entgegen der Auffassung des Verurteilten ist hierbei nicht maßgeblich, was er für notwendig erachtet, um ihn der ausgeurteilten Tat zu überführen. Entscheidend ist vielmehr, welche Beweisaufnahme das Tatgericht zur Beurteilung sowohl der Straf- als auch der Schuldfrage für notwendig erachten durfte.
Rz. 6
Vorliegend hat das Landgericht bei der Verurteilung wegen eines Organisationsdelikts zutreffend nicht nur auf die einzelnen Vertragsabschlüsse abgestellt, sondern auch auf das vom Verurteilten und dem Mitangeklagten aufgebaute Firmengeflecht im In- und Ausland, die Bewerbung des Bankgeschäfts und die Aufgabenverteilung zwischen den Mitangeklagten. Bei der Strafzumessung hat es – rechtsfehlerfrei – berücksichtigt, dass das vom Verurteilten (und dem Mitangeklagten) betriebene Bankgeschäft auf Täuschung basierte, die Angaben in den Prospekten falsch waren („leere Hülse, nicht einmal das Stammkapital war eingezahlt”) und dass die Kunden ihre Policen in der vom Beschwerdeführer und dem Mitangeklagten erzeugten irrigen Vorstellung abgaben, ein Totalverlustrisiko bestehe nicht, wohingegen die (durch das unerlaubte Bankgeschäft) erlangten Anlegergelder so angelegt wurden, dass sie bereits „untergingen”, jedenfalls vollständige Zahlungsausfälle angesichts der im Einzelnen festgestellten Mittelverwendungen sicher zu erwarten seien. Hiervon ausgehend ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten und Auslagen zu belasten (§ 465 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Rz. 7
b) Eingedenk der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist es vorliegend auch mit Blick auf den Wegfall der Einziehungsentscheidung jedenfalls nicht unbillig im Sinne des § 465 Abs. 2 StPO, den Angeklagten mit den gesamten Verfahrenskosten zu belasten. Mit den verfahrensgegenständlichen und der Verurteilung zugrundeliegenden Taten haben die Angeklagten Einnahmen für die von ihnen beherrschten Gesellschaften generiert, die ihnen auch über Geschäftsführergehälter, Entnahmen oder Erlöse aus dem Verkauf dieser Gesellschaften letztlich – wenn auch teils nur mittelbar, teils der Tat nachfolgend – in erheblichem Umfang zugutekamen (im Einzelnen vgl. Senatsbeschluss vom 30. März 2021 in dieser Sache).
Unterschriften
Franke, Krehl, Meyberg, Grube, Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 14889990 |
NStZ-RR 2021, 392 |