Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 03.06.2022; Aktenzeichen 3b KLs 1/21)

 

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 3. Juni 2022 werden als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren und sechs Monaten (Angeklagter K.     ) und von sechs Jahren und drei Monaten (Angeklagter C.    ) verurteilt. Zudem hat es bei dem Angeklagten K.     den Wert von Taterträgen eingezogen. Die hiergegen gerichteten Revisionen, mit denen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts rügen, sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Rz. 2

Auch der Strafausspruch im Fall II. 3. a. der Urteilsgründe (Tat 5 der Anklage) kann im Ergebnis bestehen bleiben. Einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG hat die Strafkammer ohne Rechtsfehler bereits aufgrund der Professionalität der von den Angeklagten betriebenen Marihuana-Plantage und der großen Menge der angebauten Betäubungsmittel verneint. Bei der konkreten Strafzumessung hat das Landgericht jedoch rechtsfehlerhaft straferschwerend herangezogen, dass „die Ernte in den Handel gelangte und vollständig gewinnbringend veräußert wurde“. Mit diesen Erwägungen hat es gegen § 46 Abs. 3 StGB verstoßen. Denn der Handel mit Betäubungsmitteln erfasst typischerweise deren profitablen Verkauf an andere Personen und damit auch, dass die Betäubungsmittel in den Verkehr geraten (vgl. BGH, Beschluss vom 2. August 2022 - 4 StR 80/22; Beschluss vom 10. Juni 2021 - 2 StR 13/21; Beschluss vom 31. August 2017 - 4 StR 297/17 Rn. 2).

Rz. 3

Zwar vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Bemessung der in diesem Fall gegen die Beschwerdeführer erkannten Einzelstrafen auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 StPO). Der Senat sieht aber nach Maßgabe des bereits vom Generalbundesanwalt herangezogenen § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO von deren Aufhebung ab. Auch diese Einzelstrafen - und damit der jeweilige Gesamtstrafausspruch - haben Bestand, weil die verhängten Rechtsfolgen von sechs Jahren Freiheitsstrafe (Angeklagter K.      ) und fünf Jahren Freiheitsstrafe (Angeklagter C.    ) angemessen sind. Diese eigene strafzumessungsrechtliche Bewertung ist dem Senat auf der Grundlage des rechtsfehlerfrei festgestellten vollständigen und aktuellen Strafzumessungssachverhalts möglich. Die im Fall II. 3. a. der Urteilsgründe (Tat 5 der Anklage) verhängten Einzelstrafen sind angesichts der mehr als 650-fachen Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Wirkstoffmenge bei Marihuana, das zudem aus einer professionell ausgestatteten und von den Angeklagten unter Einsatz von Hilfspersonen betriebenen Plantage stammte, angemessen. Dies gilt auch mit Rücksicht auf die strafmildernden Umstände, die hier insbesondere in den fehlenden Vorstrafen der Angeklagten, ihrer besonderen Haftempfindlichkeit, ihren (bei bereits weit fortgeschrittener Beweisaufnahme abgegebenen) Geständnissen und in der geringeren Gefährlichkeit der gehandelten Betäubungsmittel liegen (vgl. auch UA 72). Die höhere Bestrafung des Angeklagten K.     rechtfertigt sich durch dessen Führungsrolle, die in seiner Weisungsbefugnis gegenüber dem Angeklagten C.    und in dem von ihm allein vorgenommenen Vertrieb der Betäubungsmittel zum Ausdruck kam.

Quentin     

Bartel     

Rommel

Scheuß     

Momsen-Pflanz     

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15615837

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