Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 19.11.2020; Aktenzeichen 23 KLs 22/20 240 Js 524/19) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 19. November 2020 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in kinderpornographischer Absicht in Tateinheit mit Herstellung kinderpornographischer Schriften in sieben Fällen sowie des Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in kinderpornographischer Absicht in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Herstellung und mit Besitz kinderpornographischer Schriften, sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
Rz. 3
2. Auf die Sachrüge ist der Schuldspruch abzuändern, da in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB rechtlicher Prüfung nicht standhält.
Rz. 4
Der Angeklagte hat vorliegend dadurch, dass er in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe jeweils Fotos oder Videos des sexuellen Missbrauchs eines Kindes anfertigte und zunächst auf seinem Mobiltelefon speicherte, neben § 176a Abs. 3 StGB jeweils auch den Tatbestand des Herstellens kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB (in der ab 27. Januar 2015 geltenden Fassung) verwirklicht. Die ebenfalls erfüllten Tatbestände des Sich-Verschaffens kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 3 Alt. 1 StGB (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1997 – 3 StR 567/97, BGHSt 43, 366, 368) und des Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB treten dahinter zurück.
Rz. 5
Dient das Herstellen kinderpornographischer Schriften – wie hier – zugleich der Verschaffung von Eigenbesitz und fallen deshalb der Herstellungs- und der Beschaffungsakt zusammen, wird das Unrecht der Tat von der nach § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB mit höherer Strafe bedrohten Tatvariante des Herstellens kinderpornographischer Schriften vollständig umfasst (vgl. Hörnle in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 184b Rn. 55; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 184b Rn. 49; Ziegler in BeckOK-StGB, 49. Edition, Stand 1. Februar 2021, § 184b Rn. 24).
Rz. 6
Der Besitz kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB ist als Auffangtatbestand zu den Verschaffungsdelikten konzipiert. Er tritt deshalb nicht nur hinter das Sich-Verschaffen kinderpornographischer Schriften zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 5 StR 657/19, Rn. 4; Beschluss vom 3. September 2015 – 1 StR 255/15 [zu § 184b StGB aF]; Beschluss vom 10. Juli 2008 – 3 StR 215/08, NStZ 2009, 208), sondern auch hinter die Tatvariante des Herstellens kinderpornographischer Schriften, sofern diese – wie hier – das Unrecht der Besitzverschaffung in sich aufnimmt. Die Grundsätze zum konkurrenzrechtlichen Verhältnis zwischen Besitz und Verbreitungsdelikten, wonach das Dauerdelikt des Besitzes tateinheitlich neben das jeweilige Verbreitungsdelikt nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB tritt, wenn der Besitz in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen erforderlichen Besitz hinausgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 – 2 StR 321/19), stehen dem nicht entgegen. Denn diese Bewertung stützt sich in Abgrenzung zur Tatbestandsvariante des Sich-Verschaffens darauf, dass das Zugänglichmachen nicht der Besitzbegründung dient (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 3 StR 180/18).
Rz. 7
Der Senat kann den Schuldspruch in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe selbst ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 8
Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass sich die tateinheitliche Verurteilung auch wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften auf die Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe ausgewirkt hat. Die Strafkammer hat insoweit im Rahmen der Strafbemessung allein darauf abgestellt, dass der Angeklagte mehrere Straftatbestände verwirklicht hat. Dies ist auch nach Wegfall des Besitztatbestands der Fall (§ 176a Abs. 3 und § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB).
Rz. 9
3. Im Übrigen hat die Prüfung des Urteils keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
Rz. 10
4. Angesichts des geringen Teilerfolgs ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).
Unterschriften
Quentin, Bender, Bartel, Rommel, Maatsch
Fundstellen
Haufe-Index 14484663 |
NStZ-RR 2021, 364 |
StV 2022, 240 |