Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG, § 836 BGB, § 838 BGB
Kommentar
(vgl. Entscheidung des OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 11. 6. 1992, Az.: 10 U 178/91mit kritischer Anmerkung)
Der BGH hat zwar auf Revision des beklagten Verwalters das vorgenannte Urteil des OLG Düsseldorf vom 11. 6. 1992 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, dennoch leitsatzartig herausgestellt:
1. Den Verwalter von Wohnungseigentum, der gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG für die ordnungsgemäße Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu sorgen hat, trifft aufgrund § 838 BGB die Einstandspflicht für den durch die Ablösung von Teilen des verwalteten Gebäudes verursachten Schaden nach Maßgabe des § 836 BGB.
a) Der für die Sicherheit eines Gebäudes Verantwortliche hat alle zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die aus technischer Sicht geboten und geeignet sind, die Gefahr einer Ablösung von Dachteilen, sei es auch nur bei starkem Sturm, nach Möglichkeit rechtzeitig zu erkennen und ihr zu begegnen; dies gilt umso mehr, je älter das Gebäude und seine Dachkonstruktion ist.
b) Zu den Anforderungen an den nach § 836 Abs. 1 S. 2 BGB vom Gebäudesicherungspflichtigen zu führenden Entlastungsbeweis bei witterungsbedingter Ablösung von Teilen des Flachdaches eines 8-geschossigen Gebäudes.
Zunächst wurde also auch vom BGH als Revisionsgericht festgestellt, dass sich der Ersatzanspruch eines geschädigten Dritten nach den §§ 836 Abs. 1 und 838 BGB auch gegen den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft richten kann, der die Unterhaltung für den Besitzer des Gebäudes übernommen hat. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG muss der Verwalter Sorge für die Instandhaltung eines Hausdaches tragen. Einem beweispflichtigen Dritten als Kläger kommt insoweit der Beweis des ersten Anscheins zugute. Das Loslösen von Gebäudeteilen infolge von Witterungseinwirkungen beweist nach der Lebenserfahrung grundsätzlich, dass eine Anlage entweder fehlerhaft errichtet oder mangelhaft unterhalten war. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein außergewöhnliches Naturereignis vorliegt, dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder mit der erforderlichen Sorgfalt instand gehaltenes Werk nicht standzuhalten vermag.
Im vorliegenden Fall wurde allerdings die Feststellung des Berufungsgerichts als verfahrensfehlerhaft beanstandet, die am Eigentum des Klägers (des nachbarlichen Gärtnereibetriebs) entstandenen Schäden seien konkret durch die Ablösung der Dachteile des vom Beklagten verwalteten Gebäudes verursacht worden. Der Verwalter hatte insoweit den Vortrag des beweispflichtigen Klägers mit Nichtwissen bestritten. Dieses Bestreiten hätte nicht als zu unsubstantiiert und unzulässig behandelt werden dürfen. Ein Verwalter bewohnt bekanntlich nicht das Gebäude und war hier beim Schadensereignis auch nicht anwesend, sodass er den Schadenshergang nicht selbst wahrnehmen und auch Dachteile nicht identifizieren konnte.
Weiterhin sei mit der Revision ein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts in der Feststellung zu erblicken, dass der Beklagte den ihm obliegenden Entlastungsbeweis, er sei seiner Unterhaltspflicht in erforderlichem Umfang nachgekommen, nicht geführt hätte. Auch wenn hier an den Nachweis hohe Anforderungen gestellt werden müssen, ist für die Anforderungen an die Gefahrensicherung insbesondere auf die Sicherungserwartungen des Verkehrs abzustellen. Insoweit hat jeder Verantwortliche alle zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die aus technischer Sicht geboten und geeignet sind, die Gefahr einer Ablösung der Dachteile, sei es auch nur bei starkem Sturm, nach Möglichkeit rechtzeitig zu erkennen und ihr zu begegnen; dies gilt umso mehr, je älter das Gebäude und seine Dachkonstruktion ist (gerade wegen der erheblichen Gefahren, die von herabfallenden Dachteilen für die Gesundheit und das Eigentum unbeteiligter Dritter drohen).
Zur Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gehört auch, dass ein Haftpflichtiger einen zuverlässigen Fachkundigen mit der regelmäßigen Nachprüfung im gebotenen Umfang betraut, wobei eine solche Überprüfung im Rahmen der technischen Möglichkeiten auch alle Konstruktionselemente erfassen muss.
Im vorliegenden Fall hat sich das Berufungsgericht keine nähere Kenntnis darüber verschafft, ob die Personen, die das Dach regelmäßig zur Überprüfung begangen haben, über die vom beklagten Verwalter behauptete ausreichende Sachkunde verfügt haben. Das Berufungsgericht hat zudem nicht dargelegt, weshalb es selbst, ohne hierzu Sachverständigenrat einzuholen, die Notwendigkeit für bestimmte weitere Untersuchungen der Dachkonstruktion feststellen konnte.
Aus diesem Grund wurde die Sache zum Zweck weiterer Feststellungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 23.03.1993, VI ZR 176/92= WM 5/93, 273)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung