Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Rechtsnachfolger haften grundsätzlich und generell der Höhe nach nur begrenzt auf die so genannte Abrechnungsspitze (hinsichtlich einer nach Eigentumswechsel beschlossenen und fällig gestellten Einzelabrechnung); dies gilt auch im Falle einer mangels Beschlussanfechtung bestandskräftig gewordenen Einzelabrechnung, in der Soll-Beitragsrückstände des Voreigentümers mitenthalten sind
Im Wohngeldinkassoverfahren ist der säumige Wohnungseigentümer nur Antragsgegner und nicht zugleich auch Mit-Antragsteller; Forderungs-Mitberechtigung und Verfahrens-Aktivlegitimation sind zu unterscheiden
Die fehlende Einladung eines Eigentümers zur EV führt nicht zu nichtigen, sondern allenfalls anfechtbaren Beschlüssen
Adressierung der Einzelabrechnung
Normenkette
§ 24 Abs. 4 WEG, § 28 Abs. 5 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 432 BGB
Kommentar
1. Nicht unerwartet bestätigte und verfestigte der BGH seine bisherige Auffassung zu Auslegungsfragen des § 28 WEG und folgte hier der Meinung des vorlegenden KG Berlin ( KG Berlin, Beschluss vom 18.11.1998, 24 W 5437/97 mit diesseitiger kritischer Anmerkung); er widersprach damit auch diversen anderen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen (z.B. OLG Stuttgart, WE 1998, 383 = FGPrax 98, 96 mit Hinweis auf KG, FGPrax 95, 28; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 714; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1102; BayObLG, WE 1995, 248). Der BGH folgt damit im Ergebnis auch den Auffassungen des OLG Zweibrücken, ZMR 96, 340, 341, [des OLG Hamburg, MDR 98, 1404 und Urteil vom 15. 6. 99, Immobilien P u. R 10/1999, 37 zur verneinten Zwangsverwalterhaftung für "Altschulden", entstanden vor seiner Bestellung] und den Literaturmeinungen Staudinger/Bub, § 28 Rn. 413, Drasdo, WM 97, 185, Hauger, Festschrift Bärmann und Weitnauer 1990, S. 353, 363, Niedenführ, LM WEG § 16 Nr. 16, Niedenführ/Schulze § 16 Rn. 27, Stobbe, WM 98, 585, 586, Weitnauer/Hauger § 16 Rn. 51, Wenzel, WE 97, 124, 128). Die kritischen Gegenstimmen (vgl. z.B. noch Drasdo, DWE 96, 46, Demharter FGPrax 96, 50, Müller WE 97, 130, 131, Sauren, WEG 3. Auflage § 16 Rn. 36a, Stobbe WM 1998, 585, Deckert, WE 96, 145 sowie Besprechung zu KG Berlin, Entscheidung v. 18.11.1998, 24 W 5437/97) wurden damit abgelehnt.
2. Einer Inanspruchnahme des Antragsgegners für rückständige Beitragszahlungen (hier: des Erstehers in der Zwangsversteigerung nach Zuschlagserteilung und nachfolgender Abrechnungsbeschlussfassung) steht allerdings nicht schon § 56 Satz 2 ZVG entgegen, da die Ausgestaltung der gesetzlichen Haftung eines Erwerbers im Außenverhältnis keine Rückschlüsse auf die Ausgestaltung des Ausgleichs im Innenverhältnis einer Gemeinschaft zulässt, durch den für jeden Eigentümer die Verpflichtung konkretisiert wird, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, der sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG zu tragen (vgl. Senat, BGHZ 104, 107, 201).
Erst der Beschluss der Eigentümer über den Wirtschaftsplan führt zur Entstehung der Verpflichtung der Eigentümer zur Zahlung von Beitragsvorschüssen (h.M.). In der Jahresabrechnung werden dann die im Geschäftsjahr tatsächlich erzielten Gesamteinnahmen und die geleisteten Gesamtausgaben gegenübergestellt und in der Einzelabrechnung nach dem geltenden Schlüssel auf die einzelnen Eigentümer verteilt (h.M.; u.a. Wenzel WE 1997, 124). Ob und inwieweit Zahlungspflichten begründet werden, bestimmt sich nach dem im Genehmigungsbeschluss zum Ausdruck gebrachten rechtsgeschäftlichen Willen der beschließenden Mehrheit, wobei Inhalt und Umfang der gewollten Rechtsbindung nur im Wege einer Auslegung des gefassten Beschlusses ermittelt werden können (Wenzel, WE 97, 124).
Nach nunmehr verfestigter Rechtsprechung des BGH hat ein Abrechnungsgenehmigungs-Beschluss hinsichtlich etwaiger Zahlungsrückstände aus dem Wirtschaftsplan regelmäßig nur eine diesen Plan bestätigende oder verstärkende Wirkung: eine Schuldumschaffung im Sinne einer Novation, d.h. eine Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und vollständige Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung ist damit grundsätzlich nicht verbunden. Dies widerspräche auch dem Interesse der Wohnungseigentümer am Erhalt der etwaigen für die Vorschussforderung bestehenden Sicherungs- und Vorzugsrechte und der wegen Verzugs entstandenen Schadenersatzansprüche. Nur für den nach der Einzelabrechnung auf den jeweiligen Wohnungseigentümer entfallenden Betrag, der die nach dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüsse übersteigt, wird originär eine Schuld begründet (nunmehr h.M. in Literatur und Rechtsprechung). Diese Grundsätze gelten für alle Fälle eines Eigentumswechsels, auch im Falle eines Eigentümerkonkurses oder auch einer Zwangsverwaltungs-Beschlagnahme. Hinsichtlich rückständiger Beitragsvorschüsse verbliebener Wohnungseigentümer widerspricht eine Novation auch den Interessen der Gemeinschaft am Erhalt etwaiger Sicherungs- und Vorzugsrechte; im Hinblick...