Leitsatz
Anlageberater haften, wenn sie ihre Kunden falsch beraten. Sie müssen auf alle Risiken hinweisen und können sich nicht damit herausreden, dass sich diese aus dem Anlageprospekt ergeben.
Sachverhalt
Geklagt hatte ein schlecht beratener Anleger: Mit über 100000 EUR stand der falsch Beratene im Minus, nachdem die Fondsgesellschaft, in die er investiert hatte, insolvent wurde. Eigentlich wollte er fürs Alter vorsorgen und nebenbei von der Steuerersparnis profitieren, die die Geldanlage in den von dem Anlageberater angepriesenen Immobilienfonds versprach. Von dem Risiko des Totalverlusts wusste der Anleger nichts. Dazu hatte der Anlageberater kein Wort verloren. Der Anleger nahm seinen Berater auf Schadensersatz in Anspruch und gewann in allen 3 Instanzen, zuletzt beim BGH. Der Anlageberater hatte sich u.a. damit verteidigt, dass der Anleger, wenn er nur das Emissionsprospekt gründlich gelesen hätte, von dem Risiko des Totalverlusts gewusst hätte. Außerdem berief er sich auf Verjährung. Der BGH entschied zugunsten des Anlegers. Die Richter stellten die Vermittlung einer Unternehmensbeteiligung als Altersvorsorge ganz klar als Fehler heraus.
Neu an dieser Entscheidung ist, dass die Verjährungseinrede nicht zugunsten des Beraters durchgriff. Normalerweise beginnt die Verjährung solcher Schadensersatzansprüche schon mit Erwerb der Beteiligung zu laufen. Ausnahme: die späte Kenntnis von den Schadensersatzansprüchen beruht auf grober Fahrlässigkeit. Dass der Anleger das Anlageprospekt nicht gelesen hatte, legte der BGH ihm nicht zur Last. Eine "Kontrolle" des Beraters durch den Anleger mit Hilfe des Prospekts sei für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar". Dies sei eher ein Zeichen für das Vertrauen des Anlegers in den Fachmann, zumal Emissionsprospekte für Laien keine leicht durchschaubare Materie seien. Die Verjährungsfrist begann daher erst mit Kenntnis von den Ansprüchen aus Falschberatung zu laufen, die mit der Realisierung des Totalverlust-Risikos zusammenfiel.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 8.7.2010, III ZR 249/09.