Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Oktober 1998 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in Italien, bestellte bei der Beklagten, einem inländischen Hersteller von Verpackungsmaschinen Ende 1994 in mehreren aufeinanderfolgenden Aufträgen verschiedene zu einer vollautomatischen sogenannten Verpackungslinie zusammenzufügende Maschinen, die insgesamt etwa 450.000,– DM kosten sollten. Anfang 1995 verlangte die Beklagte auf ihre Vergütungsforderung Vorauszahlungen von insgesamt 105.500,– DM, die von der Klägerin in der Folge gezahlt wurden. Im weiteren Verlauf bemühten sich die Parteien in Verhandlungen und wechselseitigen Konsultationen ihrer Betriebe um Abstimmung der technischen Einzelheiten der zur Verpackungslinie gehörenden Einwickelmaschine. Dabei erwies sich insbesondere das ständig wechselnde Verhältnis der Innen- und Außenradien der Kupferringe, die nach Vorstellung der Klägerin mit der Anlage verpackt werden sollten, als problematisch. Mit Schreiben vom 28. April 1995 faßte die Beklagte ihre Sicht von Verlauf und Ergebnis dieser Gespräche und Bemühungen zusammen und wies dabei darauf hin, daß die Verwirklichung der Vorstellungen der Klägerin einen zusätzlichen Aufwand von rund 55.000,– DM sowie eine Verlängerung der Lieferzeit um zwei Monate erfordere. Zugleich teilte sie mit, daß die Lieferung der Anlage sich ohnehin wegen einiger Verspätungen ihrer Lieferanten um zwei Monate verzögern werde.
Die Klägerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 3. Mai 1995, in dessen beglaubigter deutscher Übersetzung es unter anderem heißt:
„…
Betreff: Bestellungen von B…-Wickelmaschinen
Aufgrund unserer unbeantwortet gebliebenen Anfragen zu den Unterlagen und technischen Spezifikationen der Ihnen in Auftrag gegebenen Anlagen bedauern wir, Sie hiermit um die Rückgabe unserer Anzahlung sowie um die Stornierung unserer Bestellungen bitten zu müssen.
Dies vorausgeschickt, möchten wir … darauf hinweisen … daß die möglichen bestellten Anlagen … sowohl in den technischen Fragen als auch hinsichtlich der entsprechenden Liefertermine in keinster Weise den bei der Bestellung getroffenen Vereinbarungen entsprechen. …”
In dem hieran anschließenden Schreiben der Beklagten vom 10. Mai 1995 heißt es u.a.:
„…
Die neuen Ringabmessungen haben wir zur Kenntnis genommen. Wir prüfen, ob ohne Mehrkosten diese neuen Dimensionen verarbeitet werden können.
Bitte präzisieren Sie: Sollen die Ringe nur eingewickelt werden? …
Bitte geben Sie uns diese Information so schnell wie möglich.
Der guten Ordnung halber weisen wir darauf hin, daß die Aufträge nach wie vor gestoppt sind und wir die Aufträge als annulliert betrachten. …”
Auf die von der Klägerin geforderte Stornierung der Aufträge ging die Beklagte ferner im Schreiben vom 23. Mai 1995 ein, das sie im Anschluß an eine kurz zuvor stattgefundene Besprechung unter den Parteien an die Klägerin übersandte. In diesem Schreiben führte sie aus:
„Stornierte Bestellungen 9474, sowie 9499, 94100, 94101
…
Wir danken Ihnen für das am 17.5.95 bei Ihnen stattgefundene Gespräch. Dabei hatten wir Gelegenheit, noch einmal im einzelnen auf die Situation einzugehen. …
Im folgenden möchten wir Ihnen zwei Vorschläge machen:
Vorschlag A
Die Stornierung der Aufträge bleibt gültig und wir trennen uns wie Gentlemen.
Vorschlag B
1. Die Anlagen werden auf der Grundlage neuerer Bedingungen geliefert und zwar:
…
Aufgrund der von uns erhaltenen Stornierungen und der Bestellungen fühlen wir uns nun vollkommen ohne Sicherheit und bitten Sie höflich, uns eine Anzahlung über 200.000,– DM zukommen zu lassen. …”
Die Klägerin ist der Meinung, die Parteien hätten die geschlossenen Verträge in diesem Schriftwechsel einverständlich aufgehoben, und hat die Beklagte daraufhin auf Erstattung der geleisteten Anzahlungen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 105.500,– DM nebst Zinsen verurteilt. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Bei seiner Entscheidung ist das Berufungsgericht stillschweigend davon ausgegangen, daß auf die rechtliche Beziehung der Parteien deutsches Recht anzuwenden sei. Diese Annahme, die von der Revision nicht angegriffen wird, läßt im Ergebnis einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Eine Vereinbarung der Parteien über das anzuwendende Recht ist durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Für sie ist auch sonst ein Anhaltspunkt nicht ersichtlich. Die Revision macht nicht geltend, daß das Berufungsgericht insoweit wesentlichen Sachvortrag übergangen habe.
Mangels einer Rechtswahl durch die Parteien unterliegt der Vertrag zwischen ihnen nach Art. 28 Abs. 1 EGBGB demgemäß dem Recht des Staates, zu dem er die engsten Verbindungen aufweist. Das ist hier die Bundesrepublik Deutschland. Nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß der Vertrag die engsten Verbindungen im Sinne des Abs. 1 der Vorschrift zu dem Staat aufweist, in dem die Partei, die die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder – wenn es sich wie hier um eine Gesellschaft handelt – ihre Hauptverwaltung hat. Bei einem Werkvertrag, als den das Berufungsgericht die Vereinbarung unter den Parteien rechtsfehlerfrei eingeordnet hat, wird die charakteristische Leistung in diesem Sinne typischerweise durch den Werkunternehmer erbracht (allg. Meinung, vgl. statt aller Palandt/Heldrich, BGB, 59. Aufl., Art. 28 EGBGB Rdn. 14 m.w.N.), so daß sich das anzuwendende Recht nach dem inländischen Sitz der Beklagten bestimmt. Gründe, die die in Abs. 2 des Art. 28 EGBGB geregelte Ausnahme zur Geltung kommen lassen könnten, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
II. 1. In der Sache meint das Berufungsgericht, die Beklagte sei zur Erstattung der empfangenen Anzahlungen verpflichtet, weil die Parteien die auf die Herstellung und Lieferung der Verpackungslinie gerichteten Verträge einverständlich aufgehoben hätten. Die Erklärung der Klägerin im Schreiben vom 3. Mai 1995 enthielte das Angebot zum Abschluß einer solchen Vereinbarung. Aus diesem Schreiben gehe hervor, daß die Klägerin eine Beseitigung der geschlossenen Verträge ohne eine eigene finanzielle Belastung und die Rückerstattung der von ihr geleisteten Anzahlungen angestrebt habe, die sie nur im Wege eines solchen Vertrages habe erreichen können. In diesem Sinne habe daher auch die Beklagte ihre Erklärungen verstehen müssen.
Dieses Vertragsangebot habe die Beklagte durch ihre Antworten im Schreiben vom 10. und vom 23. Mai 1995 angenommen. Dort sei sie wie auch in der folgenden Korrespondenz davon ausgegangen, daß die ursprünglich getroffenen Absprachen annulliert, das heißt beseitigt worden seien, und habe daran im Verlauf des weiteren Schriftwechsels festgehalten. Hierauf wiesen ihre Ausführungen, mit denen sie auf die stornierten Bestellungen Bezug nehme, ebenso hin, wie die weitere Formulierung, nach der die Stornierung bzw. Annullierung der Aufträge gültig bleibe. Gestützt werde dieses Verständnis weiter durch die im Schreiben vom 23. Mai 1995 geäußerte Bitte um eine Sicherheit in Form einer Anzahlung von 200.000,– DM, mit der die Beklagte insgesamt den Eindruck bestätigt habe, als sei eine Einigung über die Stornierung der Verträge bereits herbeigeführt worden. Dem widerspreche auch der sonstige Inhalt des Schreibens vom 23. Mai 1995 nicht. Ausgehend davon, daß die Beklagte auf die eindeutige Willensäußerung der Klägerin in deren Schreiben vom 3. Mai 1995 zustimmend Bezug genommen habe, seien die dort gemachten Vorschläge nicht als echte, also einander ausschließende Handlungsalternativen zu verstehen gewesen, sondern stellten eine Art kleine oder große Lösung des Vertragsdilemmas dar. Der erste Vorschlag bildete dabei den für die Behandlung der beiderseitigen Interessen auf jeden Fall gültigen Minimalkonsens, nämlich die Beilegung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses. Der weitere Vorschlag habe vor diesem Hintergrund lediglich die Anregung zum Abschluß eines neuen Vertrages zum Gegenstand gehabt.
2. Diese Würdigung greift die Revision im Ergebnis mit Erfolg an.
a) Allerdings ist die der Auffassung des Berufungsgerichts zugrundeliegende Auslegung der beiderseitigen Erklärungen und des auf dieser Grundlage nach Meinung des Berufungsgerichts zustande gekommenen Vertrages in der Revisionsinstanz nur begrenzt zu überprüfen (BGHZ 65, 107, 110). Die revisionsgerichtliche Kontrolle erstreckt sich insoweit nur darauf, ob dem Tatrichter bei seiner Auslegung Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere ob seine Würdigung gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, oder ob seine Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, indem er etwa unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen hat (st. Rspr. vgl. statt aller Sen.Urt. v. 25.2.1992 – X ZR 88/90, MDR 1992, 804 = NJW 1992, 1967, 1968; BGH, Urt. v. 10.7.1998 – V ZR 360/96, NJW 1998, 3268). Derartige Fehler macht die Revision hier jedoch mit Recht geltend.
Zu Unrecht beanstandet sie zwar, daß das Berufungsgericht die in italienischer Sprache verfaßten Schreiben der Klägerin ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen ausgelegt hat. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, daß der Tatrichter nicht genötigt ist, Sachverständigenbeweis zu erheben, wenn er seine Sachkunde zur Beurteilung der anstehenden tatsächlichen Fragen mit hinreichenden Gründen bejahen kann (vgl. BVerfGE 54, 86, 93; BVerwG NJW 1992, 588; BGH, Beschl. v. 5.1.1981 – V ZR 11/80, NJW 1981, 2578 u. Urt. v. 18.3.1993 – IX ZR 198/92, MDR 1993, 579 = NJW 1993, 1796). Dafür kann auch genügen, daß sich das Gericht selbst durch das Studium von Auskünften, Gutachten und Stellungnahmen kundig gemacht hat (vgl. dazu auch Sen.Urt. v. 23.4.1991 – X ZR 41/89, GRUR 1991, 744, 745 f. – Trockenlegungs-Verfahren). Dem hat das Berufungsgericht hier durch den Hinweis auf das von ihm zu Rate gezogene Wörterbuch der italienischen Sprache genügt. Besondere Schwierigkeiten, die sich aus der Natur der Sache ergeben und weitergehende Darlegungen dazu erfordern könnten, daß und aus welchem Grunde sich das Gericht allein aufgrund der Lektüre von Büchern imstande sieht, verfahrenserhebliche Fragen ohne sachverständige Hilfe zu entscheiden (vgl. dazu BGH, Urt. v. 10.1.1984 – VI ZR 122/84, VersR 1984, 354, 355; Urt. v. 2.3.1993 – VI ZR 104/92, MDR 1993, 516 = NJW 1993, 2378; s.a. Urt. v. 2.4.1998 – I ZR 1/96, WRP 1998, 881 – Vitaminmangel), sind hier nicht ersichtlich. Soweit die Revision darauf verweist, daß der vom Berufungsgericht zur Grundlage seiner Auslegung gemachte Begriff der italienischen Sprache in der täglichen Verwendung eine andere Bedeutung habe als in der juristischen Fachsprache, übersieht sie, daß empfangsbedürftige Willenserklärungen wie diejenigen, die zum Abschluß eines Vertrages führen sollen, nach den §§ 133, 157 BGB aus der Sicht des jeweiligen Erklärungsempfängers auszulegen sind (BGHZ 36, 30, 33), d.h. danach, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben verstehen mußte (BGH, Urt. v. 23.1.1986 – IX ZR 46/85, NJW 1986, 1681, 1683; Urt. v. 13.2.1992 – IX ZR 141/91, NJW 1992, 1446, 1447). Daß der Beklagten die Bedeutung der Begriffe in der italienischen juristischen Fachsprache geläufig ist und mit diesem Inhalt von ihr im täglichen Gebrauch zugrunde gelegt werden, hat die Klägerin nicht geltend gemacht; hierfür ist auch sonst kein Anhaltspunkt ersichtlich. Demgemäß ist davon auszugehen, daß die Beklagte, soweit sie nicht ohnehin selbst für das Verständnis der von der Klägerin abgegebenen Erklärungen auf Wörterbücher angewiesen ist, von der normalen Umgangssprache und damit dem durch das Berufungsgericht zugrunde gelegten Verständnis ausgehen konnte.
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich mit einer einvernehmlichen Aufhebung der Verträge mit der Folge einverstanden erklärt, daß sie auf den Werklohnanspruch verzichtet und die erhaltene Anzahlung erstatten müßte, findet jedoch in seinen tatsächlichen Feststellungen keine tragfähige Grundlage. Bei seinem, allein an den verwendeten Begriffen der Annullierung bzw. Stornierung haftenden Verständnis hat das Berufungsgericht dem übrigen Inhalt der Schreiben keine hinreichende Beachtung geschenkt; zugleich verstößt seine Interpretation gegen das Gebot der allseits interessengerechten Auslegung und damit einen allgemeinen Grundsatz, dessen Einhaltung der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (st. Rspr., vgl. dazu BGHZ 21, 319, 328; Urt. v. 11.5.1995 – VII ZR 116/94, WM 1995, 1545).
aa) Der Wortlaut des ersten Antwortschreibens der Beklagten auf das Aufhebungsverlangen der Klägerin vom 10. Mai 1995 bietet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine hinreichende Grundlage für dessen Annahme, die Beklagte habe bereits zu diesem Zeitpunkt dem Verlangen der Klägerin uneingeschränkt zugestimmt. Im ersten Teil dieses, in dem angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegebenen Briefes, geht die Beklagte ersichtlich davon aus, daß die Absprachen zwischen den Parteien fortbestehen. Schon der Hinweis, daß sie die neuen von der Klägerin genannten Ringabmessungen zur Kenntnis genommen habe, ergibt Sinn nur, wenn dies unmittelbar für ihre weitere Tätigkeit von Bedeutung ist. Noch stärker gilt das für den weiteren Hinweis auf ihre Prüfung dahingehend, ob die neuen Dimensionen ohne Mehrkosten verarbeitet werden können, und ihre dringende Aufforderung um Klarstellung, ob die Ringe mit diesen Abmessungen nur eingewickelt werden sollen. Angesichts dieser Einleitung des Schreibens konnte die Klägerin dem weiteren Hinweis, daß die Aufträge nach wie vor gestoppt seien und von der Beklagten als annulliert betrachtet würden, nicht entnehmen, daß diese zu einer Aufhebung der Verträge bereit war. Nach dem Kontext, in dem diese Äußerung standen, sprach auch aus der Sicht der Klägerin vielmehr alles dafür, daß die Beklagte nur darauf hinweisen wollte, daß die Ausführung der Aufträge zunächst zurückgestellt war und auch aus ihrer Sicht möglicherweise nicht mehr in der ursprünglich verabredeten Form fortgesetzt werden sollte. Das gilt um so mehr, als die Beklagte in ihrer Antwort in keiner Weise auf die von der Klägerin mit ihrem Aufhebungsverlangen verbundene Forderung nach Erstattung der geleisteten Anzahlungen eingegangen ist.
bb) Auch im Wortlaut des weiteren Schreibens der Beklagten vom 23. Mai 1995 läßt sich ein weitergehendes Einverständnis der Beklagten mit einer Aufhebung der Vereinbarungen unter gleichzeitigem Wegfall aller ihrer Forderungen nicht entnehmen. Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, enthält dieses Schreiben zwei als Vorschläge bezeichnete Alternativen, die schon nach dem Begriffsinhalt des verwendeten Wortes „Vorschlag” lediglich als eine mögliche künftige Lösung für die zwischen den Parteien entstandene Konfliktlage verstanden werden können. Dabei beschränkt sich der erste Vorschlag nicht darauf, es bei der Gültigkeit einer bereits vollzogenen und wirksamen Stornierung zu belassen; die Beklagte hat diese mit der Einschränkung einer Trennung wie unter Gentlemen verbunden. Das machte auch aus der Sicht der Klägerin deutlich, daß die Beklagte insoweit für das Zustandekommen dieser Lösungsalternative noch einen Verhandlungsbedarf sah, den sie lediglich in höflicher Form umschrieben hatte. Vor diesem Hintergrund konnte sie dem Hinweis auf die Gültigkeit der Stornierung allenfalls entnehmen, daß es bei der von der Klägerin bereits einseitig erklärten Stornierung verbleiben sollte, falls man sich im übrigen einig wurde. Nur dann war im übrigen auch die weitere von der Beklagten aufgezeigte Lösungsalternative verständlich, bei der es bei der Lieferung der Anlagen – allerdings auf der Grundlage neuer Konditionen – verbleiben sollte. War die Stornierung der Aufträge bereits vollzogen und wirksam, gab es auch aus der Sicht der Beklagten für die Klägerin keinen vernünftigen Anlaß mehr, erneut in Verhandlungen über die Lieferung von Anlagen durch die Beklagte einzutreten, nachdem diese gerade das Scheitern der bisherigen Bemühungen der Beklagten zum Anlaß genommen hatte, die Aufhebung der Vereinbarung mit dieser zu verlangen.
cc) Aus dem Schreiben vom 16. Juni 1995 ergab sich für die Klägerin schließlich wiederum nur, daß die Beklagte an ihrer Auffassung festhielt, wegen der von der Klägerin geäußerten weiteren Wünsche solle der Auftrag mit den bisherigen Gegenständen nicht fortgeführt werden, sondern anstelle der ursprünglich geschuldeten Maschinen etwas anderes treten, dessen genaue Bestimmung noch Aufgabe der Klägerin war.
c) Im übrigen erscheint zweifelhaft, ob die Würdigung des Berufungsgerichts dem Grundsatz der allseits interessengerechten Auslegung entspricht. Nach diesem Grundsatz, dessen Verletzung einen im Revisionsverfahren beachtlichen Rechtsfehler begründet (vgl. Sen.Urt. v. 17.9.1991 – X ZR 109/89, aaO), muß die Auslegung die Interessenlage beider Parteien berücksichtigen und dieser gerecht werden (BGH, Urt. v. 3.8.1980 – VIII ZR 300/79, NJW 1981, 1549). Damit ist das vom Berufungsgericht gefundene Verständnis der Erklärungen der Beklagten nach dem bislang festgestellten Sachverhalt nicht zu vereinbaren, weil die Beklagte nach dieser Auslegung trotz erheblicher Aufwendungen auf ihrer Seite zur Erfüllung des Vertrages auf den in ihrem Falle einer einseitigen Kündigung durch die Klägerin nach § 649 BGB zustehenden Ersatzanspruch verzichtet hätte. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung des Werkvertrages bleibt dem Unternehmer nach dieser Vorschrift grundsätzlich der Anspruch auf den Werklohn erhalten, wenn der Auftraggeber an der Ausführung des Werkes nicht mehr interessiert ist und den Vertrag deshalb oder aus anderen Gründen kündigt. Nach § 649 Satz 2 BGB muß er sich lediglich dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der unterbliebenen Ausführung des Werkvertrages erspart hat. Eine solche Ersparnis tritt regelmäßig insoweit nicht ein, wie auf seiten des Unternehmers bereits Aufwendungen für die Vorbereitung des Werkes und die Ausführung der Arbeiten angefallen sind, so daß er bei einer einseitigen Kündigung in der Regel für diese Aufwendungen vollen Umfangs Ersatz erhält.
Auf seiten der Beklagten sind nach ihrer Darstellung, die mangels abweichender tatrichterlicher Feststellungen im Revisionsverfahren zugrunde zu legen sind, bis zur vom Berufungsgericht angenommenen einverständlichen Aufhebung der Vereinbarung insoweit Aufwendungen in beträchtlicher Höhe angefallen, die – soweit ersichtlich – jedenfalls nicht hinter der Höhe der Anzahlung zurückbleiben. Gründe, die die Beklagte hätten veranlassen können, durch ihr Einverständnis mit einer einverständlichen Aufhebung auf deren Ausgleich zu verzichten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dem angefochtenen Urteil ist weder zu entnehmen, daß insoweit – etwa im Hinblick auch in einem Überschreiten der Lieferzeit durch die Beklagte oder eine von ihr vorgenommene, von der Klägerin nicht gebilligte Änderung in der Konstruktion – die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts nach § 326 BGB erfüllt sind. Auch sonst bieten die tatrichterlichen Feststellungen keinen hinreichend sicheren Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte etwa einen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Werkvertrages durch die Klägerin gesetzt hat, nach deren Ausspruch die bisher von ihr erbrachten Leistungen für letztere wertlos geworden sind mit der Folge, daß insoweit der Zahlungsanspruch nach § 649 BGB hätte in Wegfall kommen können (vgl. dazu Sen.Urt. v. 25.3.1993 – X ZR 17/92, BB 1993, 1109 = MDR 1994, 35 = NJW 1993, 1972 mit zustimmender Besprechung von Wolff, NJW 1994, 838; s.a. BGH, Urt. v. 5.6.1997 – VII ZR 124/96, MDR 1997, 1023 = NJW 1997, 3017 = BB 1997, 2394).
3. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat insoweit verwehrt. Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen zu den Gründen getroffen, die die Klägerin zu ihrem Verlangen nach Aufhebung des Vertrages veranlaßt haben. Die Klägerin hatte sich in diesem Zusammenhang unter anderem auf ein Überschreiten der vereinbarten Lieferzeit der Beklagten und darauf gestützt, daß diese die Konstruktion abweichend von den ursprünglichen Vereinbarungen verändert hatte. Dem wird das Berufungsgericht gegebenenfalls nachzugehen haben. Dabei wird es weiter zu prüfen haben, ob der Klägerin insoweit die Rechte nach § 326 BGB zustehen, insbesondere ob etwa die – vom Berufungsgericht bisher nicht festgestellte – Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung wegen eines Interessenwegfalls auf seiten der Klägerin oder einer Erfüllungsverweigerung durch die Beklagte entbehrlich sind (vgl. dazu BGHZ 50, 175, 177; 88, 240, 247; BGH, Urt. v. 11.11.1994 – V ZR 149/93, NJW 1995, 957; v. 31.1.1996 – VIII ZR 324/94, WM 1996, 822 sowie Urt. des Senats v. 15.12.1998 – X ZR 90/96, NJW-RR 1999, 560).
Unterschriften
Rogge, Melullis, Scharen, Keukenschrijver, Mühlens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 01.02.2000 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen