Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß bei Abtretung eines vertraglichen Rechtes, insbesondere bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils, eine mit dem Hauptvertrag verbundene Schiedsvereinbarung formfrei auf den Erwerber übergeht.
Normenkette
BGB § 401; ZPO § 1027 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 30. November 1995 aufgehoben.
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 28. Juli 1994 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs.
Die Antragsgegnerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Kommanditanteile veräußerlich sind. Der Antragsteller erwarb von dem Kommanditisten B. dessen Gesellschaftsanteil und unterzeichnete dabei die gleiche Schiedsvereinbarung, die B. bei seinem Eintritt in die Gesellschaft abgeschlossen hatte. Die Antragsgegnerin unterschrieb die Schiedsvereinbarung mit dem Antragsteller nicht. Der Gesellschaftsvertrag enthält eine Schiedsklausel, die auf den Abschluß einer besonderen Schiedsvereinbarung mit den Gesellschaftern verweist. Als in der Folgezeit die Antragsgegnerin sich weigerte, den Antragsteller als Kommanditisten anzuerkennen, rief dieser ein Schiedsgericht an. Die Antragsgegnerin bestritt dessen Zuständigkeit. Das Schiedsgericht erließ gleichwohl einen Schiedsspruch, mit dem es feststellte, daß der Antragsteller Kommanditist der Antragsgegnerin sei.
Das Landgericht hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das Berufungsgericht den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abgelehnt und den Schiedsspruch aufgehoben. Mit seiner Revision erstrebt der Antragsteller die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung der Antragsgegnerin.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die Vollstreckbarerklärung abzulehnen und der Schiedsspruch aufzuheben seien, weil die Antragsgegnerin die Schiedsvereinbarung nicht unterschrieben habe und diese infolgedessen formnichtig sei (§§ 1042 Abs. 2, 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwischen den Parteien besteht ein wirksamer Schiedsvertrag.
1. Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon ausgegangen, daß bei der Anteilsübernahme des Antragstellers eine neue Schiedsvereinbarung zwischen diesem und der Antragsgegnerin abgeschlossen werden mußte. Ein solcher neuer Schiedsvertrag würde der vorgeschriebenen Schriftform ermangeln, weil die Antragsgegnerin ihn nicht unterschrieben hat (§§ 1027 Abs. 1 ZPO, 126 BGB). Das Landgericht ist der Auffassung, es sei der Antragsgegnerin nach Treu und Glauben verwehrt, sich dem Antragsteller gegenüber darauf zu berufen, daß der von diesem unterzeichnete Schiedsvertrag nicht auch die Unterschrift eines Vertreters der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin trage. Das Berufungsgericht meint demgegenüber, es sei nicht zulässig, in dieser Weise die Formvorschriften des § 1027 Abs. 1 ZPO zu „überspielen”. Seine Annahme, § 242 BGB finde von vornherein keine Anwendung wenn es um den Ausschluß der staatlichen Gerichtsbarkeit gehe, ist indessen von Rechtsirrtum beeinflußt. Sie steht im Widerspruch zu dem Senatsurteil vom 2. April 1987 (III ZR 76/86 – BGHR ZPO § 1041 Abs. 1 Nr. 1 Treu und Glauben 1), in dem der Senat ausgesprochen hat, daß die Einwendung einer Partei im Vollstreckbarerklärungsverfahren, ein gültiger Schiedsvertrag sei nicht zustande gekommen, gegen Treu und Glauben verstoßen kann.
Ob eine Beurteilung des vorliegenden Falles anhand des Prinzips von Treu und Glauben zu dem Ergebnis führen würde, daß die Berufung der Antragsgegnerin auf ihre fehlende Unterschrift unter der neuen Schiedsvereinbarung unbeachtlich ist, braucht jedoch nicht erörtert zu werden, weil entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Abschluß eines neuen Schiedsvertrages zwischen den Parteien nicht erforderlich war.
2. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob eine Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien auf andere Weise als durch Neuabschluß zustande gekommen ist. Dies ist indessen der Fall.
a) Zu Recht weist die Revision auf die Rechtsprechung des Senats hin, daß bei der Abtretung eines Rechts aus einem Vertrag regelmäßig auch die Rechte und Pflichten aus einer mit dem Hauptvertrag verbundenen Schiedsvereinbarung auf den Erwerber übergehen, ohne daß es des gesonderten Beitritts des Erwerbers zum Schiedsvertrag in der Form des § 1027 Abs. 1 ZPO bedarf (BGHZ 71, 162, 165 f [Übertragung eines Kommanditanteils]; Urteile vom 18. Dezember 1975 – III ZR 103/73 – NJW 1976, 852 [Abtretung einer Kaufpreisforderung]; vom 14. Dezember 1978 – III ZR 104/77 – NJW 1979, 1166 [Vertragsübernahme]; vom 28. Mai 1979 – III ZR 18/77 – NJW 1979, 2567, 2568 [Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils]; vom 31. Januar 1980 – III ZR 83/78 – NJW 1980, 1797 [Recht zum Eintritt in eine OHG]; vgl. auch BGHZ 68, 356, 359). Der Senat hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts darauf hingewiesen, diese Rechtsfolge beruhe darauf, daß die Schiedsklausel eine Eigenschaft des abgetretenen Rechts darstelle und nach dem in § 401 BGB enthaltenen Grundgedanken mit dem abgetretenen Recht auf den Erwerber übergehe, sofern nichts Gegenteiliges vereinbart oder den Umständen zu entnehmen sei (BGHZ 71, 162, 165). Die Formerfordernisse des § 1027 Abs. 1 ZPO bezögen sich – auch nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers – allein auf die zum Abschluß eines Schiedsvertrages führende Einigung, nicht aber auf den Eintritt eines Dritten in die Rechte und Pflichten aus einem bereits geschlossenen Schiedsvertrag. In solchen Fällen trete die Warnfunktion der Formvorschrift zurück und sei es dem Erwerber grundsätzlich zuzumuten, sich über den Inhalt des abgetretenen Rechts einschließlich der mit diesem möglicherweise verbundenen Schiedsklausel selbst zu unterrichten.
An dieser Rechtsprechung, die insbesondere für Fälle der vorliegenden Art dem Gesichtspunkt der Verkehrsfähigkeit von Anteilen an einer Publikums-KG angemessen Rechnung trägt, ist festzuhalten. Den im Schrifttum geäußerten Bedenken, die der entsprechenden Anwendung des § 401 BGB gelten (Schwab/Walter Kap. 7 Rdn. 23; Baur in: Festschrift Fasching, 1988, S. 81, Schiedsgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 91; Schricker in: Festschrift Quack, 1991, S. 99, 103 f; Roth in: Festschrift Nagel, 1987, S. 318, 325 f), folgt der Senat nicht. Es ist zwar richtig, daß § 401 BGB im Gegensatz zur Vertragsübernahme (nur) den Übergang gewisser Sicherungsrechte zugunsten des neuen Gläubigers bewirken will. Das schließt es aber nicht aus, die Schiedsklausel als eine „Eigenschaft” des abgetretenen Rechts zu behandeln und anzunehmen, daß sie diesem entsprechend dem in § 401 BGB enthaltenen Grundgedanken nachfolgt. Das trägt ihrem Charakter als bloßem Hilfsgeschäft (Annex) Rechnung, das ungeachtet seiner sonstigen Eigenständigkeit seiner Funktion nach dem abgetretenen Recht zugeordnet ist, dessen verfahrensmäßiger Verwirklichung und Absicherung es in erster Linie dient (zustimmend Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl. § 398 Rdn. 18). Dem entspricht es, daß die Rechtsprechung die Übertragung eines Kommanditanteils auf einen Dritten der Vertragsübernahme angenähert hat (vgl. BGHZ 44, 229, 231), bei der gegen den formlosen Übergang eines damit verbundenen Schiedsvertrages ohnehin keine Bedenken bestehen (Schwab/Walter a.a.O.; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O.).
b) Nach diesen Grundsätzen ist die zwischen dem früheren Gesellschafter B. und der Antragstellerin geschlossene Schiedsvereinbarung dadurch, daß der Antragsteller den Kommanditanteil des B. übernommen hat, auf ihn übergegangen.
Sowohl die Schiedsvereinbarung zwischen B. und dem Antragsteller als auch die Anteilsübernahme des Antragstellers waren wirksam. Den Schiedsvertrag mit B. hat die Antragsgegnerin selber im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt. Er hat die Gestalt einer gesonderten Urkunde und ist sowohl von B. als auch von der Antragsgegnerin unterschrieben worden, so daß die Formvorschriften des § 1027 Abs. 1 ZPO erfüllt sind. Auch die im Gesellschaftsvertrag geregelten besonderen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Veräußerung von Kommanditanteilen liegen vor. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages bedarf die Veräußerung der schriftlichen Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafterin. Daß diese Zustimmung erteilt worden sei, hat die Antragsgegnerin im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten, nachdem das Landgericht in seinem Urteil festgestellt hatte, daß die Antragsgegnerin dem Antragsteller die schriftliche Zustimmung ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin übersandt habe. Nach § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, den das Revisionsgericht bei Publikumsgesellschaften wie der Beklagten selbständig auslegen kann (Walchshöfer in: MünchKomm ZPO § 550 Rdn. 12), erlangt der Erwerber des Kommanditanteils seine Rechtsstellung als Kommanditist erst, wenn er dem Gesellschaftsvertrag schriftlich zugestimmt, den Schiedsvertrag unterzeichnet und die nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Vollmachten der persönlichen haftenden Gesellschafterin erteilt hat. Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils geht hervor, daß die Antragsgegnerin schon im erstinstanzlichen Verfahren nicht in Abrede gestellt hat, daß der Antragsteller diese Mitwirkungsakte vollzogen hat. Sie hat lediglich behauptet, er habe seine Erklärung erst nachträglich abgegeben.
Dieser Einwand ist jedoch rechtlich unerheblich, weil es für die Frage, ob der Antragsteller die Kommanditistenstellung überhaupt erlangt hat, nicht auf den Zeitpunkt ankommt, in dem er die geforderten Erklärungen abgegeben hat. Der Anteilserwerb und ihm folgend die Schiedsvereinbarung sind allerdings erst in diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Auch wenn jedoch, wie die Antragsgegnerin behauptet, der Antragsteller die geforderten Unterlagen erst im Rahmen des Schiedsgerichtsverfahrens unterzeichnet hat, so war dies noch früh genug, um die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für seinen Schiedsspruch zu begründen. Der Antragsteller hat zu Recht darauf hingewiesen, daß es ausreicht, wenn die Schiedsvereinbarung bei der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht wirksam war. Für den Erwerb des Kommanditanteils genügte es auch, daß der Antragsteller, dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages entsprechend, die Schiedsvereinbarung einseitig unterzeichnete. Das Berufungsgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, daß diese Vertragsklausel lediglich sicherstellen soll, daß der Erwerber alle Erklärungen abgibt, die von ihm als Voraussetzung für den Erwerb des Kommanditanteils verlangt werden.
Die Parteien haben auch nicht die analoge Anwendung des § 401 BGB abbedungen. Die in § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages enthaltene Regelung, nach der die Wirksamkeit der Anteilsveräußerung u.a. von der Unterzeichnung des Schiedsvertrages durch den Erwerber abhängt, kann nicht in diesem Sinne verstanden werden. Mit dieser Klausel zielt die Gesellschaft nämlich ersichtlich darauf ab, daß mittels Anteilserwerbs neu eintretende Gesellschafter denselben Bindungen unterworfen werden wie die alten Gesellschafter, unter anderem der Schiedsgerichtsbarkeit. Diesem Zweck der Vertragsklausel würde es zuwiderlaufen, wenn der formfreie Mitübergang der Schiedsvereinbarung bei Erwerb eines Kommanditanteils, der die beabsichtigte Unterwerfung des Erwerbers unter die Schiedsgerichtsbarkeit gerade herbeiführt, ausgeschlossen würde. Die Verpflichtung des Erwerbers zur Unterzeichnung der Schiedsvereinbarung hat nur den Sinn einer zusätzlichen Absicherung.
II.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis richtig dar (§ 563 ZPO).
Die von der Antragsgegnerin im Berufungsverfahren erhobene Rüge, das Schiedsgericht sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen (Aufhebungsgrund nach § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 20. Aufl. § 1041 Rdn. 46), greift nicht durch. Der Umstand, daß der Antragsteller bei Einleitung des Schiedsverfahrens seinen eigenen Schiedsrichter noch nicht benannt hatte, hat nicht zu einem Besetzungsfehler geführt. Es kann auch keine Rede davon sein, daß dem Schiedsspruch – wie die Antragsgegnerin im Berufungsverfahren gerügt hat –, eine ausreichende Begründung fehle (Aufhebungsgrund nach § 1041 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Schließlich ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß ein Aufhebungsgrund nach § 1041 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht vorliegt, weil gegen den Zeugen J., dessen angebliche Falschaussage das Schiedsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ein Strafverfahren nicht durchgeführt worden ist (§§ 580 Nr. 3, 581 ZPO).
Unterschriften
Rinne, Werp, Wurm, Dörr, Ambrosius
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 02.10.1997 durch Thiesies, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 604887 |
DStR 1998, 303 |
NZG 1998, 63 |
WM 1998, 129 |
WuB 1998, 183 |
ZAP 1998, 63 |
ZIP 1997, 2082 |
MDR 1998, 431 |
MDR 1998, 59 |