Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Träger der Insolvenzsicherung seine Leistungen gegenüber einem Versorgungsempfänger einstellen kann, wenn er seine Einstandspflicht – sei es verschuldet oder unverschuldet – entgegen der wahren Rechtslage zu Unrecht bejaht hat.
Normenkette
BGB § 242; BetrAVG §§ 7, 9
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 16.01.1985) |
LG Köln |
Tenor
Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 1985 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der am 9. Januar 1924 geborene Kläger war ab 15. Oktober 1947 Prokurist und vom 1. Juli 1968 bis 30. Juni 1975 Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft mbH „Kaffeehaus K.”, vormals: Kaffee-Verkaufs-Gesellschaft Pä. & Co. GmbH. Der Anstellungsvertrag als Geschäftsführer vom 27. Juni 1968 enthielt folgende Pensionszusage:
Herrn O. wird Pensions-Zusage für den Fall erteilt, daß das Beschäftigungs-Verhältnis bis zu seiner evtl. Arbeitsunfähigkeit oder bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres besteht. Der KVG bleibt es jedoch vorbehalten, das Pensions-Alter auf die Vollendung des 65. Lebensjahres hinauszuschieben, wenn die geschäftlichen Belange dies erforderlich erscheinen lassen.
Unter diesen Voraussetzungen erhält Herr O. eine Pension, deren Grundbetrag auf den Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages auf DM 1.250 festgesetzt wird und die sich nach Ablauf je eines Jahres um je DM 100 bis zum Höchstbetrage von 75 % des im Zeitpunkt des Ausscheidens zuletzt gezahlten Gehaltes erhöht.
Endet die Tätigkeit des Herrn O. für die KVG vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit oder vor Erreichung der Altersgrenze aufgrund einer Kündigung dieses Vertrages durch die KVG, so erhält Herr O. gleichwohl die Pensionszahlung – und zwar in Höhe des im Zeitpunkt des Ausscheidens aufgestockten Betrages –, es sei denn, die Kündigung erfolgt aus einem in der Person des Herrn O. liegenden Grunde.
Am 19. Dezember 1974 vereinbarten der Kläger und die GmbH folgendes:
In Anbetracht seiner fast 30jährigen Tätigkeit und Verdienste für die vorgenannte Verwaltungsgesellschaft „Kaffeehaus K.” und in Anbetracht seines sich verschlechternden Gesundheitszustandes tritt Herr Siegfried O. mit Wirkung vom 1.7.1975 in den Ruhestand.
Mit Wirkung vom gleichen Tage erhält Herr O. die vertraglich vereinbarte Pension von
DM 1.950,
und zwar 13 mal jährlich.
Zur Anpassung an die voraussehbare Entwicklung der Kaufkraftverhältnisse erhöht sich der in der Vorziffer erwähnte Betrag jährlich (erstmalig ab 1.7.1976) um 100 DM pro Monat.
Weicht die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, ermittelt nach der Spalte 1, Fachserie M (statistisches Bundesamt) von dem so ermittelten Kaufkraftausgleich um mehr als 2 % nach oben oder unten ab, so kann jede der beiden Seiten eine exakte Anpassung an die effektiv eingetretene Kaufkraftveränderung verlangen.
Die GmbH zahlte monatlich zunächst 1.950 DM und ab 1. Juli 1976 2.050 DM. Ab Januar 1977 stellte sie die Zahlungen ein. Am 27. Juni 1977 wurde der Antrag, über ihr Vermögen das Konkursverfahren zu eröffnen, mangels Masse abgelehnt.
Der verklagte Pensions-Sicherungs-Verein übernahm am 22. Juni 1978 die monatliche Rentenzahlung mit Wirkung ab 1. Juli 1977 in Höhe von 2.050 DM sowie ab 1. Februar 1978 in Höhe von 2.150,10 DM, zuzüglich einer 13. Zahlung jährlich; ferner versicherte er die Zahlungen mit Wirkung ab 1. April 1978 bei der A.-Lebensversicherungs-AG, worüber am 17. Juli 1978 ein Leistungsbescheid erging. Ab Anfang 1981 wurde die monatliche Rente – nach mehrfacher vorheriger Anpassung – auf 2.428,20 DM erhöht.
Am 23. August 1982 hob der Beklagte den Leistungsbescheid auf, weil nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 16. März 1981 – II ZR 222/79, LM BetrAVG Nr. 5 – die für die Zeit vor Erreichen der Altersgrenze versprochenen Beträge Übergangsgelder und nicht eine insolvenzgeschützte Versorgung seien. Er stellte ab 1. September 1982 die Zahlungen ein. Ab 1. April 1983 zahlte der Beklagte monatlich 1.150 DM mit der Maßgabe, daß diese Beträge mit den späteren Versorgungsleistungen zu verrechnen seien, falls der Kläger in diesem Rechtsstreit unterliege.
Am 24. April 1984 erkannte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte den Anspruch des Klägers auf „Altersruhegeld wegen anerkannter Schwerbehinderung oder festgestellter Berufsoder Erwerbsunfähigkeit” mit Wirkung vom 1. Februar 1984 an. Ebenfalls ab diesem Zeitpunkt zahlt der Beklagte dem Kläger eine Versorgungsrente in Höhe von monatlich 1.377,40 DM und denselben Betrag jährlich einmal zusätzlich.
Der Kläger hält den Widerruf des Leistungsbescheides für rechtswidrig und die ab 1. Februar 1984 geleistete Zahlung für zu niedrig. Er will am 31. August 1978 im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Leistungsbescheids ein anderes Dienstverhältnis beendet und damit auf ein monatliches Bruttogehalt von etwa 10.000 DM verzichtet haben; ferner wid er aus demselben Grunde im Herbst 1978 eine Lebensversicherung gekündigt haben. Der Kläger hat in erster Instanz beantragt nach den Beklagten zur Zahlung von monatlich 2.428,20 DM und der nach dem Indexstand festzusetzenden Erhöhungen für die Zeit vom 1. September 1982 bis 31. Januar 1987 zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz macht der Kläger monatlich ab 1. Januar 1982 2.580,44 DM, ab 1. Januar 1983 2.682,36 DM und ab 1. Januar 1984 2.771,41 DM zuzüglich eines jeweils im Dezember fälligen 13. Monats-Betragen und abzüglich der vom Beklagten bisher gezahlten Beträge geltend gleichzeitig klagt er auf Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Rente unter bestimmten näher bezeichneten Voraussetzungen jährlich, erstmals ab 1. Januar 1985, anzupassen. Das Berufungsgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger ab 1. Dezember 1984 monatlich 2.771,41 DM sowie denselben Betrag einmal jährlich zusätzlich zu zahlen und für die Zeit ab 1. Februar 1984 bis 30. November 1984 insgesamt 13.940,10 DM nachzuentrichten; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter, der Klage insgesamt stattzugeben, während es dem Beklagten mit seiner Revision darum geht, daß die Berufung insgesamt zurückgewiesen wird.
Entscheidungsgründe
Beide Revisionen führen zur Zurückyerweisung.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger in der Zeit vor dem 1. Februar 1984 keinen Anspruch auf Altersversorgung, sondern nur einen solchen auf Zahlung von Übergangsgeld, der nicht insolvenzgesichert sei und für den der Beklagte deshalb aufgrund des Betriebsrentengesetzes nicht einzustehen habe. Der Beklagte habe auch weder durch ein Schuldversprechen noch durch den Leistungsbescheid eine anstelle des Gesetzes selbständige Leistungsverpflichtung begründet. Ebensowenig habe der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten erwirkt; denn er habe seine Vermögensdispositionen (Kündigung der Lebensversicherung und des anderen Dienstverhältnisses) bereits wenige Wochen nach Erhalt des Leistungsbescheides getroffen, als eine schützenswerte Vertrauensposition noch nicht bestanden habe. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision des Klägers im Ergebnis mit Erfolg.
a) Allerdings ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß der Kläger in der Zeit ab seinem Ausscheiden als Geschäftsführer (1. Juli 1975) bis zu seinem 60. Geburtstag, also bis einschließlich Januar 1984, nur ein sogenanntes Übergangsgeld zu beanspruchen hatte, für den das Betriebsrentengesetz keine Insolvenzsicherung vorsieht (Sen.Urt. v. 16.3.1981 – II ZR 222/79, LM BetrAVG Nr. 5; v. 28.9.1971 – II ZR 181/80, LM BetrAVG Nr. 7; v. 2.7.1984 – II ZR 259/83, LM BetrAVG Nr. 16; BAG WM 1984, 750, 751). Denn aus der Pensionszusage vom 27. Juni 1968 ergibt sich zweifelsfrei, daß die Vertragsschließenden frühestens das 60. bzw. 65. Lebensjahr als das beiderseits maßgebliche normale Ruhestandsalter angesehen haben. Hieran hat – anders als die Revision des Klägers annimmt – die Vereinbarung vom 19. Oktober 1974 nichts geändert. Nach ihr ist der Kläger nicht aus Altersgründen, sondern wegen seines verschlechterten Gesundheitszustandes in den Ruhestand getreten. Die danach näher liegende Invaliditätsversorgung scheidet, soweit es um den Insolvenzschutz geht, aber ebenfalls aus, weil der Kläger in Wahrheit nicht unfähig war, seiner bisherigen Tätigkeit auch weiterhin nachzugehen. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß er ab 1975 eine mit ca. 10.000 DM mtl. und damit wesentlich höher dotierte Stellung in einem anderen Unternehmen innehatte, von der er behauptet, daß er sie vor Erreichen der Altersgrenze nicht aufgegeben hätte, wenn nicht der Beklagte nach dem Insolvenzfall die Zahlung seiner Rente übernommen hätte. Dienstvertragsrechtlich ist es den Vertragspartnern unbenommen, für den Eintritt in den Ruhestand anstelle der wahren Gründe andere anzuführen; auf die gesetzliche Insolvenzsichen jedoch hat eine solche Vereinbarung keinen Einfluß. Ihr Träger wird nur durch den tatsächlichen Eintritt des in der Versorgungszusage vorgesehenen Insolvenzfalles verpflichtet und nicht durch eine Vereinbarung, die ihn für eingetreten erklärt; denn der Insolvenzschutz steht insofern nicht zur Disposition der Vertragspartner.
b) Das Berufungsgericht hat ferner ohne Rechtsfehler in dem Schreiben des Beklagten vom 22. Juni 1978, in dem dieser seine Eintrittspflicht bejaht, ebensowenig wie im Leistungsbescheid vom 17. Juli 1978 ein vertragliches Schuldanerkenntnis oder -versprechen gesehen. Auch die Revision des Klägers hat insoweit nichts zu erinnern.
c) Sie wendet sich aber mit Recht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte sei auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nach § 242 BGB nicht verpflichtet, die Rente in der Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Januar 1984 ganz oder zum Teil fortzuentrichten. Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang nur auf die Frage eingegangen, ob der Kläger den Anspruch im Laufe der Zeit erwirkt haben könnte, nicht aber auch darauf, ob der Beklagte sich wenigstens dann an seiner Zusage, die Rente sicherstellen zu wollen, ganz oder zum Teil festhalten lassen muß, wenn der Rentner im Vertrauen auf deren Richtigkeit Vermögensdispositionen trifft, die nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden können.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß der Beklagte die laufenden Rentenzahlungen grundsätzlich einstellen kann, wenn er seine Eintrittspflicht nach § 7 BetrAVG in Verkennung der Sach- und Rechtslage zu Unrecht bejaht hat. Denn kraft Gesetzes ist er dem Rentner zu nichts verpflichtet und eine mit dem Gesetz nicht in Einklang stehende vertragliche Verpflichtung will er von vornherein nicht übernehmen, so daß auch aus den über Jahre erfolgten tatsächlichen monatlichen Zahlungen auf keinen Bindungswillen für die Zukunft geschlossen werden kann, der – wie auch immer – zu einem Vertragsschluß mit dem Rentner hätte führen können. Ebensowenig vermag allein der Umstand, daß der Beklagte den rechtlichen Charakter eines Rentenversprechens später anders als ursprünglich beurteilt und deshalb seine zunächst bejahte Einstandspflicht verneint und die Rentenzahlung einstellt, den Vorwurf zu rechtfertigen, er setze sich mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch und müsse deshalb weiterzahlen. Zahlt der Beklagte eine Rente in der irrigen Annahme, gesetzlich dazu verpflichtet zu sein, so wird das Vertrauen des Rentners, wenn es nur darin besteht, die Rente auch in Zukunft zu beziehen und auf diese Weise seinen Lebensstandard wahren zu können, regelmäßig nicht geschützt (vgl. BAG, Urt. v. 7.8.1967 – 3 AZR 493/65, AP BGB § 242 Ruhegehalt Nr. 121). Diesem Interesse des Rentners geht das des Beklagten an einer ordnungsgemäßen Verwendung der ihm anvertrauten Gelder regelmäßig vor. Etwas anderes hat aber zu gelten, wenn der Rentner in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit des Leistungsbescheides Vermögensdispositionen getroffen oder zu treffen unterlassen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen bzw. nachholen kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1969 – I ZR 72/67, LM ZPO § 549 Nr. 81 = WM 1970, 253, 255), wenn er insbesondere andere Möglichkeiten der Einkommenserzielung und Alterssicherung nicht genutzt hat, weil er darauf vertraute, mit der vom Beklagten zugesagten und gezahlten Rente sein Auskommen zu finden. Werden in einem solchen Falle das Interesse des Beklagten an einer pflichtgemäßen Verwendung der ihm anvertrauten Gelder der Solidargemeinschaft der Arbeitgeber und das Vertrauen des Rentners, die vom Beklagten bejahte Eintrittspflicht werde Bestand haben, gegeneinander abgewogen, so ist das letztere nach § 242 BGB schutzwürdiger. Denn in diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, daß der Rentner – wenn er vertraut – regelmäßig deshalb auch vertrauen darf, weil der Träger der Insolvenzsicherung ihm gegenüber durch Sachkunde ausgewiesen ist. Wegen dieser Kompetenz in Fragen der Insolvenzsicherung wird und darf der Rentner erwarten, daß der Beklagte, wenn diesem die Rentenunterlagen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung stehen, diese sorgfältig prüft und seine Einstandspflicht nur im Einklang mit der wahren Rechtslage bejaht. Der Leistungsbescheid, den der Beklagte nach § 9 BetrAVG daraufhin erläßt, ist zwar kein Verwaltungsakt; er schafft aber ungeachtet seiner nur rechtsbestätigenden Funktion im Verhältnis zum Versorgungs- empfänger Rechtsklarheit (vgl. Hofer/Abt, BetrAVG, 2. Aufl., § 9 Anm. 2). Das setzt allerdings voraus, daß der Versorgung empfänger den Leistungsbescheid nicht durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, und daß er auch eine auf sonstigen Gründen beruhende Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides weder kannte noch fahrlässig nicht kannte. Denn in dem Falle würde das Vertrauen in die Richtigkeit des Leistungsbescheides ent- weder von vornherein fehlen oder es wäre, weil verschuldet, nicht schutzwürdig. Der Beklagte wiederum muß die Rechtslage nicht schuldhaft falsch beurteilt haben, wenn er an seinem Leistungsbescheid ganz oder teilweise festgehalten werden soll. Denn der aus widersprüchlichem Verhalten hergeleitete Einwand des Rechtsmißbrauchs setzt nicht ein Verschulden des widersprüchlich Handelnden voraus (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1968 – VIII ZR 127/67, WM 1968, 876, 877).
Die Rechtsfolge eines schutzwürdigen Vertrauens in die Rechtsbeständigkeit des Leistungsbescheides besteht nun aber – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht darin, daß sich der Beklagte – ähnlich wie eine Behörde nach Erlaß eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. § 48 Abs. 2 VwVfG; § 45 Abs. 2 SGB-X) – schlechterdings an seinem Bescheid festhalten lassen müßte und nunmehr das Erfüllungsinteresse des Versorgungsempfängers zu ersetzen hätte. Dieser ist vielmehr so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Beklagte seine Leistungspflicht von vornherein verneint und somit das Vertrauen des Versorgungsempfängers nicht geweckt hätte. Auszugleichen sind demnach (ausschließlich) die Nachteile, die dem Versorgungsempfänger im Vertrauen auf die Richtigkeit des Leistungsbescheids entstanden sind und noch entstehen, begrenzt jedoch bis zu der Höhe, in der der Beklagte seine Einstandspflicht im Bescheide anerkannt hat. Denn auf mehr als auf diese Leistung kann der Kläger nicht vertraut haben.
Diese Ausführungen stehen mit dem, was der Senat in den Urteilen v. 16. Februar 1981 – II ZR 95/80, WM 1981, 453 = ZIP 1981, 408, 410, v. 4. Mai 1981 – II ZR 100/80, LM BetrAVG Nr. 4 und v. 1. Juni 1981 – II ZR 140/80, WM 1981, 814, 815 = ZIP 1981, 892, 893 ausgeführt hat, nicht im Widerspruch. Dort hat der Senat hinsichtlich der Frage der Beitragspflicht für Gesellschafter-Geschäftsführer einen Vertrauensschutz verneint, weil die Rechtslage ungewiß war und der Beklagte dieser Ungewißheit dadurch Rechnung getragen hatte, daß er sie auch in seiner Stellungnahme zum Ausdruck brachte. Hierauf ließ sich kein Vertrauen gründen.
Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung der vorstehend aufgezeigten Gesichtspunkte insbesondere dem Vortrag des Klägers nachzugehen haben, er wäre nicht am 31. August 1978 bei der Firma T. ausgeschieden, wenn er nicht darauf vertraut hätte, daß der Beklagte auch in der Zeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres seine Rente sicherstellen werde. Dabei wird es auf die Frage, ob der Leistungsbescheid in irgendeiner Weise auf dem Grund beruht, der am 19. Dezember 1974 für das vorzeitige Ausscheiden angeführt worden ist, ebenso einzugehen haben wie darauf, ob die Abfindung von 100.000 DM, die der Kläger von der Firma T. erhalten hat, die Nachteile ganz oder teilweise ausgleicht, die der Kläger erlitten haben will.
2. Auf die Revision des Beklagten läßt sich das angefochtene Urteil auch insoweit nicht halten, als es um die Höhe der dem Kläger für die Zeit ab 1. Februar 1984 zuerkannten Beträge geht.
a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der bereits ab 1. Juli 1975 vollverdiente, einzelvertraglich zugesagte Versorgungsanspruch von monatlich 1.950 DM sei vertraglich ab 1. Juli 1976 jährlich an die sich verändernden Lebenshaltungskosten anzupassen gewesen und habe auf diese Weise ab 1. Februar 1984 nicht – wie vom Beklagten angenommen 1.377,40 DM, sondern 2.771,41 DM betragen. Zwar habe der Kläger, als er am 1. Juli 1975 vorzeitig aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden sei, nur eine – allerdings unverfallbare – Versorgungsanwartschaft besessen. Die Höhe dieser Anwartschaft sei aber nicht nach § 2 Abs. 1 BetrAVG in der Weise zu ermitteln, daß das für den Fall des Erreichens der Altersgrenze zugesagte Ruhegehalt im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Beschäftigungsdauer herabgesetzt werde; denn die Höhe voll verdienter Betriebsrenten werde – auch im Verhältnis zum Beklagten – vorrangig durch die Individualzusage bestimmt.
Als Beleg für diese Ansicht nimmt das Berufungsgericht auf das Urteil des Senats vom 16. März 1981 – II ZR 222/79, a.a.O. Bezug, in dem ausgeführt worden ist, daß – abgesehen von der Begrenzung nach § 7 Abs. 3 BetrAVG – die vereinbarte Höhe des Ruhegehalts grundsätzlich auch für einen Anspruch gegen den Beklagten maßgebend sei; der § 2 Abs. 1 BetrAVG sei tatbestandsmäßig unanwendbar, wenn ein ab Erreichen der Altersgrenze in bestimmter Höhe zu zahlendes Ruhegeld auch für den Fall eines früheren Ausscheidens fest versprochen sei. Auf die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision des Beklagten, die auch in einem solchen Falle § 2 Abs. 1 BetrAVG angewandt wissen will, braucht nicht näher eingegangen zu werden, weil der damals entschiedene Fall sich von dem hier vorliegenden in einem wesentlichen Punkt unterscheidet. In Fällen wie dem damals entschiedenen ist nicht auszuschließen, daß im Hinblick auf die vertraglich vorgesehene Möglichkeit eines Ausscheidens lange vor Erreichen der Altersgrenze das für das 65. Lebensjahr versprochene Ruhegeld niedriger festgesetzt worden ist, so daß das vorzeitige Ausscheiden sich doppelt zum Nachteil des Versorgungsempfängers auswirken würde, wenn die schon geringer ausgefallene Altersrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Beschäftigungszeit nochmals herabgesetzt würde. Diese Gefahr besteht im vorliegenden Falle nicht, weil dem Kläger die Höchstpension von 75 % seines Gehalts nur für den Fall versprochen worden ist, daß er die Altersgrenze erreicht; im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens sollte ihm lediglich ein Betrag zustehen, der beim Abschluß des Vertrages am 27. Juni 1968 1.250 DM betrug, sich jährlich um 100 DM erhöhte und sich auf diese Weise, als das Dienstverhältnis mit Ablauf des Monats Juni 1975 endete auf 1.950 DM belief. Nicht mehr als diesen Betrag hätte der Kläger bei Erreichen der Altersgrenze fordern können, wenn man die anläßlich des Ausscheidens vereinbarte Anpassung der Rente unberücksichtigt läßt.
Entscheidend kommt es nunmehr darauf an, ob die 1.950 DM nach § 2 Abs. 1 BetrAVG anteilig zu kürzen und somit für die Zeit ab 1. Februar 1984 auf 1.377,40 DM herabzusetzen sind – wie der Beklagte meint – oder ob der Betrag sich im Gegenteil infolge der ab 1. Juli 1976 vertraglich vorgesehenen Anpassung bis zum 1. Februar 1982 auf 2.771,41 DM erhöht hat, wie der Kläger und das Berufungsgericht annehmen.
b) Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt eine anteilige Kürzung der 1.950 DM nicht in Betracht. Anteilig zu kürzen ist nach § 2 Abs. 1 BetrAVG die Leistung, die dem Versorgungsempfänger bei Erreichen der Altersgrenze zugestanden hätte, wenn er nicht vorzeitig aus dem Dienst geschieden wäre. Diese Leistung ergibt sich ohne weiteres aus dem Anstellungsvertrage vom 27. Juni 1968; sie beträgt 75 % des zuletzt gezahlten Gehalts. Da Gehaltssteigerungen, die nach dem Ausscheiden möglicherweise in Betracht gekommen wären, nach § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht zu berücksichtigen sind, kommt als Bemessungsgrundlage nur das im Zeitpunkt des Ausscheidens fällige Gehalt von 3.800 DM in Betracht, so daß die Altersrente monatlich 2.850 DM betragen hätte. Dieses Ruhegeld soll nach dem Willen des Gesetzgebers im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Beschäftigungszeit herabgesetzt werden; der Beklagte hätte deshalb mit dem von ihm ermittelten Zeitwertfaktor von 0,706315 die 2.850 DM (und nicht 1.950 DM) multiplizieren müssen. Die unverfallbare Anwartschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers betrug danach 2.013 DM. Dieser Betrag tritt an die Stelle der vertraglich festgelegten 1.950 DM, weil von ihm nach § 2 Abs. 1, § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG nur zugunsten, nicht aber zu Ungunsten des Versorgungsempfängers durch Einzelvereinbarung abgewichen werden kann.
c) Eine den Kläger im Vergleich zu § 2 Abs. 1 BetrAVG besser stellende vertragliche Regelung ist darin zu sehen, daß der Ausgangsbetrag von 1.950 DM ab 1. Juli 1976 jährlich an die Entwicklung der Kaufkraftverhältnisse anzupassen war und auf diese Weise am 1. Februar 1984 2.771,41 DM betrug. Zwar haben nach § 2 Abs. 5 BetrAVG Veränderungen der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Ausscheiden eintreten, bei der Berechnung der Anwartschaft außer Betracht zu bleiben; jedoch können die Beteiligten vor dem Ausscheiden für die Zukunft eine für den Ausscheidenden günstigere Regelung vereinbaren, so daß die Gesellschaft an diese Vereinbarung gebunden war und dem Kläger den genannten Betrag monatlich geschuldet hätte, wenn der Insolvenzfall nicht eingetreten wäre. Etwas anderes gilt aber im Verhältnis zum Träger der Insolvenzsicherung. Dieser hätte allerdings für die vertraglich vereinbarte Rente einzustehen, wenn der – an dieser Stelle im Widerspruch zu früheren Ausführungen – vertretene Standpunkt des Berufungsgerichts richtig wäre, daß nämlich der Versorgungsfall vor dem Insolvenzfall eingetreten sei; in dem Falle wäre der Kläger schon Versorgungsempfänger gewesen, als für den Beklagten der Sicherungsfall eintrat, so daß eine Versorgungsanwartschaft von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre. Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, bezog der Kläger in diesem Zeitpunkt jedoch nur ein Übergangsgeld, so daß der Beklagte frühestens eintrittspflichtig wurde, als jenes mit der Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers ab 1. Februar 1984 den Charakter eines Altersruhegeldes erhielt. Bis dahin bestand eine Versorgungsanwartschaft, auf die sich der Insolvenzschutz aber nur erstreckte, soweit sie nicht durch die vorgesehene Anpassung günstiger als nach § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG geregelt ist. § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG schreibt zu dem Zweck, das Risiko des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung zu begrenzen, zwingend vor, daß sich die Höhe des Anspruchs gegen den Beklagten nach der Höhe der Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG richtet, so daß die zeitanteilige Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaften ebensowenig zur Disposition der Vertragspartner steht wie die Ausklammerung geänderter Bemessungsgrundlagen aus der Zeit nach dem Ausscheiden (vgl. BAG, Urt. v. 8.5.1984 – 3 AZR 68/82, ZIP 1985, 180, 182; Hofer/Abt, BetrAVG, 2. Aufl., § 7 Anm. 121, 122; Blomeyer/Otto BetrAVG § 7 Anm. 236). Hiernach hatte der Kläger ab 1. Februar 1984 nur einen Anspruch auf monatlich 2.013 DM.
d) Abschließend kann der Senat allerdings auch über die Revision des Beklagten nicht entscheiden. Soweit es um die Differenz bis 2.771,41 DM geht, ist nicht auszuschließen, daß dem Kläger Nachteile im Vertrauen auf die Richtigkeit des Leistungsbescheides auch über den 1. Februar 1984 hinaus entstanden sind, so daß die Revision des Beklagten insgesamt unbegründet wäre; der Kläger muß deshalb Gelegenheit erhalten, diesen Schaden, falls er ihn hat, näher darzulegen. Andererseits kann nicht abschließend beurteilt werden, in welchem Umfange die Revision des Beklagten mindestens unbegründet ist. Dem Beklagten steht, falls sich herausstellt, daß der Kläger keinen Anspruch auf Ausgleich seiner nachteiligen Vermögensdispositionen hat, ein Anspruch auf Rückzahlung der in der Zeit vom 1. September 1982 bis 31. Januar 1984 unter Vorbehalt gezahlten Rente zu, von dem die Revision des Beklagten mit Recht geltend macht, daß er mit dessen Schuld zu verrechnenen wäre. Wieweit eine solche Verrechnung in Betracht kommt, bedarf – auch hinsichtlich der Grenzen der §§ 850 ff. ZPO i.V.m. § 394 BGB (vgl. BGHZ 87, 286, 288) – noch tatsächlicher Feststellungen.
e) Die Revision des Beklagten macht ferner geltend, daß der Kläger insofern kein rechtliches Interesse an einer Verurteilung habe, als der Beklagte bereit sei, ab 1. Februar 1984 1.377,40 DM zu zahlen. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Stellungnahme zu der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage, ob außer den besonderen Verfahrensvoraussetzungen des § 258 ZPO das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis vorliegen muß, damit die Klage zulässig ist. Dieses Rechtsschutzbedürfnis folgt im vorliegenden Falle aus der Tatsache, daß der Beklagte sich – wie der Kläger meint, zu Unrecht – einer Gegenforderung berühmt, die er mit den anerkannten Beträgen verrechnen will. Die Belastung mit den Kosten hätte der Beklagte dadurch vermeiden können, daß er den Anspruch anerkannte (§ 93 ZPO).
3. Die Sache wird zurückverwiesen, damit die Parteien Gelegenheit erhalten, ihren Vortrag zu ergänzen, und das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Unterschriften
Dr. Bauer, Dr. Seidl, Brandes, Dr. Hesselberger, Dr. Rinne
Fundstellen
Haufe-Index 1254461 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1986, 523 |