Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 6. Dezember 1994 verkaufte der Kläger eine größere Anzahl von der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücken in B. für 7,15 Mio. DM an den Beklagten. Hinsichtlich eines Teils der Immobilien ist im Grundbuch ein Sanierungsvermerk zugunsten der Stadt B. eingetragen.

Am gleichen Tage unterschrieben die Parteien eine - nicht notariell beurkundete - Vereinbarung, wonach der Beklagte bekannte, dem Kläger 100.000 DM zu schulden. Dieser Betrag ist - nebst Zinsen - Gegenstand der Klage. Nach dem Vortrag des Klägers soll es sich dabei um eine Entschädigung für seine "Mitwirkungsleistung am Zustandekommen des Vertrages" gehandelt haben, während der Beklagte behauptet hat, der Kläger habe sich diesen Betrag zusätzlich zum Kaufpreis versprechen lassen, um ihn dem Zugriff der Gläubigerbanken zu entziehen.

Mit notariellem Ergänzungsvertrag vom 29. Juni 1995 erhöhten die Parteien den Kaufpreis auf 7,33 Mio. DM. Die Auflassung der verkauften Grundstücke und die Eintragung der Rechtsänderungen in die Grundbücher sind erfolgt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision, mit der der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Stadt B. mit Bescheid vom 19. Juni 199'7 die nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 BauGB erforderliche Genehmigung, auch hinsichtlich eines um 100.000 DM erhöhten Kaufpreises, erteilt.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht meint, bei der Vereinbarung über die Zahlung von 100.000 DM handele es sich um das Versprechen einer zusätzlichen Kaufpreiszahlung, das notariell habe beurkundet werden müssen (§ 313 Satz 1 BGB). Daran fehle es. Der Mangel sei auch nicht geheilt worden (§ 313 Satz 2 BGB); denn die Auflassung habe der Genehmigung durch die Stadt B. bedurft. Diese habe zwar offenbar eine Genehmigung erteilt, welche sich jedoch nur auf den tatsächlich beurkundeten Vertrag, nicht auf das zusätzliche Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis bezogen habe.

II. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit Erfolg.

1. Auf die Rügen der Revision gegen die Auslegung der Vereinbarung über die Zahlung von 100.000 DM durch das Berufungsgericht kommt es nicht an. Denn auch auf der Grundlage der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Zahlungsanspruch des Klägers begründet. Allerdings bedurfte dann das Versprechen des Beklagten, einen zusätzlichen Kaufpreis direkt an den Kläger zu zahlen, nach § 313 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung. Der Formmangel ist jedoch dadurch geheilt worden, daß die Parteien die Auflassungen erklärt haben und daß die Rechtsänderungen in das Grundbuch eingetragen worden sind (§ 313 Satz 2 BGB).

Soweit zur Wirksamkeit der Auflassungen nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 BauGB die Genehmigung der Stadt B. erforderlich war, ist diese Bedingung - nach dem Erlaß des Berufungsurteils - nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien eingetreten. Dies hat der Senat zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz eingetreten sind, im Revisionsverfahren berücksichtigt werden, soweit sie unstreitig sind oder ohnehin von Amts wegen zu beachten sind (BGHZ 28, 13, 15; 53, 128, 130 f; 83, 102; 85, 288, 290). Das gilt insbesondere, wenn es sich dabei um behördliche Akte oder gerichtliche Enscheidungen handelt (vgl. BGHZ, 3, 365, 367 f; BGH, Urt. v. 2. Dezember 1974, 11 ZR 132/73, NJW 1975, 442; Senatsurt. v. 12. Oktober 1984, V ZR 31/83, MDR 1985, 394 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Schützenswerte Belange der Gegenpartei - hier des Beklagten -, die ausnahmsweise der Berücksichtigung der neuen Tatsache entgegenstehen können (BGHZ 53, 128, 132), werden nicht verletzt. Der Beklagte hatte alles getan, was zur Wirksamkeit des Kaufvertrages und seiner Erfüllung notwendig war. Auf die Erteilung der noch ausstehenden Genehmigung nach dem Baugesetzbuch standen ihm keine Möglichkeiten der Einflußnahme zu. Aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit ist es geboten, die Tatsache der Genehmigung, die keiner weiteren wertenden Beurteilung bedarf, im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.

2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht der Geltendmachung des Zahlungsanspruchs auch nicht § 817 Satz 1 BGB entgegen. Die Vorschrift enthält eine Sonderregelung der Leistungskondiktion, setzt also deren Tatbestandsmerkmale voraus (vgl. nur Palandt/Thomas, BGB, 57. Aufl., § 817 Rdn. 6).

Schon daran fehlt es. Nach der von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen Auslegung des Berufungsgerichts stellt die privatschriftliche Vereinbarung vom 6. Dezember 1994 nämlich kein Schuldanerkenntnis dar, das möglicherweise Gegenstand einer Leistungskondiktion hätte sein können, sondern ein Versprechen einer zusätzlichen Kaufpreiszahlung. Als solches unterliegt es nicht der Kondiktion, sondern ist Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch und Behaltensgrund im Falle der Zahlung. Der von der Revisionserwiderung erhobene Einwand der Sittenwidrigkeit kann daher nur im Rahmen des § 138 BGB mit der Folge der möglichen Nichtigkeit der Kaufvertragsergänzung von Bedeutung sein. Aber auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Auffassung der Revisionserwiderung, der Kaufpreisanspruch - in welcher Höhe auch immer - habe den Gläubigerbanken zugestanden, ist unzutreffend. Der Kaufpreis steht dem Verkäufer zu. Ob dessen Gläubiger darauf Zugriff nehmen können, hängt von den Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung oder den vertraglichen Sicherungsabreden ab. Die Gläubiger haben aber - von den Regelungen des Anfechtungsgesetzes abgesehen (vgl. auch BGHZ 53, 174, 180) - keinen generellen Anspruch darauf, daß ihr Schuldner seine Geschäfte in der Weise führt, daß ihnen der Zugriff auf sein Vermögen ermöglicht oder erleichtert wird.

Besonders mißbilligenswerte Umstände, die im Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht der Revisionserwiderung, es habe ein gemeinschaftlich begangener Betrug (§ 263 StGB) zu Lasten der Gläubigerbanken vorgelegen, findet im Sachvortrag der Parteien keine hinreichende Stütze. Auch für die Behauptung, der geltend gemachte Anspruch sei abgetreten worden, so daß es an der Aktivlegitimation fehle, verweist die Revisionserwiderung nicht auf substantiierten Tatsachenvortrag in den Vorinstanzen, insbesondere in der Berufungsinstanz.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993537

NJW-RR 1998, 1284

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