Leitsatz (amtlich)
›1. Ein Antrag auf Sicherung des Beweises unterbricht die Verjährung eines Gewährleistungsanspruchs nur, wenn der Antragsteller anspruchsberechtigt ist.
2. Wird der Antragsteller erst im Laufe des Beweissicherungsverfahrens Berechtigter, etwa aufgrund einer Abtretung, so wird die Verjährung von diesem Zeitpunkt an unterbrochen, ohne daß der Erwerb der Berechtigung offengelegt werden müßte.‹
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der beklagten Baugesellschaft aus abgetretenem Recht 12768 DM als Kostenvorschuß für die Beseitigung von Mängeln. Sie haben von einem Bauträger ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus erworben. In § 4 des Erwerbsvertrages vom 5. März 1985 ist vereinbart, daß der Bauträger "eine eigene volle Gewährleistungspflicht" übernimmt und daß er zugleich seine Gewährleistungsansprüche gegen die am Bau beteiligten Dritten an die Kläger abtritt, "falls und soweit ... (er) aus ... (seiner) Haftung nicht in Anspruch genommen werden kann, gleichviel aus welchem Grunde ...". Der Bauträger hat das Haus durch die Beklagte errichten lassen. Zwischen ihnen ist die Geltung des § 638 BGB für die Gewährleistung vereinbart worden.
Wegen verschiedener Mängel beantragten die Kläger am 29. September 1989 ein Beweissicherungsverfahren, in welchem sowohl der Bauträger und der Architekt als auch die Beklagte als Antragsgegner bezeichnet sind. Ferner beantragten die Kläger am 23. November 1990 den Erlaß eines Mahnbescheides unter anderem gegen die Beklagte. Kurz danach trat der Bauträger mit Schreiben vom 26. November 1990 noch einmal seine Gewährleistungsansprüche gegenüber der Beklagten an die Kläger ab.
Beide Vorinstanzen haben den Anspruch der Kläger für verjährt gehalten. Dagegen wendet sich die zugelassene Revision der Kläger.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Ansprüche der Kläger sind nicht verjährt.
I.1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts war die Verjährungsfrist bereits abgelaufen, als die Kläger den Erlaß des Mahnbescheides beantragten. Die Frist habe spätestens am 22. November 1985, also einen Tag mehr als fünf Jahre vorher begonnen. Spätestens von jenem Zeitpunkt an gelte der Bau gemäß § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B als abgenommen. Es bestünden keine Bedenken, die dem Bauträger erteilte Schlußrechnung der Beklagten vom 4. November 1985 als eine andere Art der Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung anzusehen, nachdem unstreitig zuvor die Beklagte ihre Bauarbeiten beendet habe und die Kläger in das Haus eingezogen seien. Es könne angenommen werden, daß die Schlußrechnung dem Bauträger spätestens am 7. November 1985 zugegangen sei. Daraus ergebe sich unter Berücksichtigung der 12- Tage-Frist der genannte Verjährungsbeginn.
2. Dieser Begründung kann nicht in allen Punkten gefolgt werden.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß die Voraussetzungen des § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B gegeben sind. Vor allem entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß eine Schlußrechnung als schriftliche Mitteilung über die Fertigstellung der Bauleistung in Betracht kommt (Urteil vom 13. Juli 1989 - VII ZR 82/88 = BauR 1989, 727, 728 m.w.N. = ZfBR 1989, 251, 252; Urteil vom 22. Februar 1971 - VII ZR 243/69 = BGHZ 55, 354, 356). Zu Recht berechnet ferner das Berufungsgericht den Beginn der Verjährungsfrist anhand des Zeitpunktes, in welchem die Rechnung der Beklagten vom 4. November 1985 dem Bauträger zugegangen ist. Daß dieses spätestens am 7. November 1985 geschehen sei, beruht jedoch auf einer bloßen Vermutung des Gerichts. Dergleichen ist weder behauptet noch zugestanden worden; soweit ersichtlich ist der Punkt nicht einmal Gegenstand der Erörterung vor dem Berufungsgericht gewesen. Mit einer derart willkürlichen Annahme läßt sich die Überschreitung der Verjährungsfrist nicht begründen.
II. 1. Die Verjährung ist nach Auffassung des Berufungsgerichts durch das im September 1989 eingeleitete Beweissicherungsverfahren nicht unterbrochen worden. Die Kläger seien seinerzeit nicht Anspruchsinhaber gewesen. Die Abtretung der Gewährleistungsansprüche vom November 1990 habe keine Rückwirkung entfaltet. Die Abtretung in § 4 des Erwerbsvertrages vom 5. März 1985 sei zwar im Mai 1990 wirksam geworden, nachdem die vereinbarte aufschiebende Bedingung eingetreten sei. Das allein nütze den Klägern aber nicht. Hinzukommen müsse eine dem Beweissicherungsantrag vergleichbare, nach außen eindeutig dokumentierte Prozeßhandlung. Das verlangten der Sinn der §§ 639, 477 Abs. 2 BGB und die Rechtssicherheit. Die Kläger hätten deshalb die Verjährung nur unterbrechen können, wenn sie entweder ein neues Beweissicherungsverfahren aus abgetretenem Recht veranlaßt oder sich in dem noch laufenden Beweissicherungsverfahren ausdrücklich auf die Veränderung ihrer Rechtsstellung durch die nunmehr hinzuerworbenen Rechte aus der Abtretung berufen hätten. An beidem fehle es.
2. Auch diese Gründe des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Beweissicherungsverfahren hat die Verjährung jedenfalls unterbrochen.
a) Richtig ist zunächst im Ergebnis, daß die Abtretung vom 26. November 1990 die verjährungsrechtliche Wirkung des Beweissicherungsverfahrens nicht mehr beeinflussen konnte. Das Verfahren war zu der Zeit mit der Übermittlung der beiden Gutachten des Sachverständigen B. vom 22. Mai und 25. Oktober 1990 an die Parteien bereits abgeschlossen.
b) Ferner ist im Ansatz dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß nicht jeder den Vorschriften der §§ 485 ff. ZPO entsprechende Beweissicherungsantrag die Verjährung unterbricht. Alle zur Unterbrechung der Verjährung kraft Gesetzes geeigneten Handlungen setzen vielmehr voraus, daß der Berechtigte gegen einen bestimmten Verpflichteten einen bestimmten Anspruch erhebt. Es muß der Berechtigte, nicht ein Dritter sein, welcher die Durchsetzung dieses Anspruchs aktiv betreibt. Das gilt nicht nur für eine Klage, sondern ebenso für den Antrag gemäß §§ 639, 477 Abs. 2 BGB (st.Rspr.; Senat Urteil vom 8. Juni 1978 - VII ZR 54/76 = BGHZ 72, 23, 29; Urteil vom 13. März 1980 - VII ZR 80/79 = BauR 1980, 364, 365 = ZfBR 1980, 189).
Die Kläger haben diese Anforderungen im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts erfüllt. Nach der insoweit von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts waren die Kläger seit Mai 1990 berechtigt, die ursprünglich dem Bauträger zustehenden Gewährleistungsansprüche gegenüber der Beklagten selber geltend zu machen, weil ab dieser Zeit Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger wirtschaftlich nicht mehr durchsetzbar waren. Die Berechtigung folgte aus der Abtretung im Erwerbsvertrag und dem Eintritt der dort vorgesehenen aufschiebenden Bedingung. Auch die weiteren Erfordernisse für die Unterbrechung der Verjährung sind gegeben. Die Beklagte ist als Antragsgegnerin ausdrücklich benannt worden und es ging unmißverständlich um die von der Beklagten verursachten Mängel am Haus sowie die daraus sich ergebenden Gewährleistungsansprüche.
c) Unerheblich ist, ob dem Antrag vom 29. September 1989 auf Sicherung des Beweises, soweit er mit Hinblick auf die Beklagte gestellt war, anfänglich wegen der insoweit zunächst fehlenden Berechtigung der Kläger überhaupt hätte stattgegeben werden dürfen. Selbst zur Unzulässigkeit eines Beweissicherungsantrags führende Mängel im Antrag stehen einer Unterbrechung der Verjährung nicht entgegen, sofern der Antrag nicht zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1983 - VII ZR 210/81 = BauR 1983, 255, 256 = ZfBR 1983, 121, 122). Für die Unterbrechung der Verjährung ab Mai 1990 ist es auch unschädlich, daß die Kläger erst im Laufe des Beweissicherungsverfahrens Berechtigte geworden sind. Vom Zeitpunkt ihrer Berechtigung an lagen alle Voraussetzungen für die Unterbrechung vor.
Anders als das Berufungsgericht annimmt war es nicht erforderlich, daß die Kläger während des Beweissicherungsverfahrens die zu ihrer Berechtigung führende Rechtsänderung durch eine besondere Prozeßhandlung in das Verfahren einführten. Damit würde mehr verlangt, als für einen Beweissicherungsantrag vorgeschrieben ist, der die Verjährung unterbrechen soll. Ein zulässiger Antrag muß neben dem Gegner, den festzuhaltenden Tatsachen sowie den Beweismitteln nur noch den Grund darlegen und glaubhaft machen, der den Verlust oder die erschwerte Benutzung des Beweismittels besorgen läßt. Das war im Beweissicherungsverfahren alten Rechts, um das es hier geht, ebenso wie es heute geregelt ist (§§ 485, 487 ZPO). Bei der bloßen Feststellung des gegenwärtigen Zustandes einer Sache (§ 485 Satz 2 erste Alt. a.F. und § 485 Abs. 2 n.F. ZPO) ist ein rechtliches Interesse an der Feststellung glaubhaft zu machen. Das muß nicht in der Weise geschehen, an welche das Berufungsgericht gedacht hat. Es braucht nicht gerade die gegenwärtige Verfügungsbefugnis über den Anspruch, um den es letzten Endes geht, dargetan zu werden.
III. Da die Klage damit vor Eintritt der Verjährung erhoben worden ist, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da weitere Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2993189 |
BB 1993, 1687 |
BB 1993, 1836 |
DB 1993, 2230 |
NJW 1993, 1916 |
BGHR BGB § 477 Abs. 2 Beweissicherungsantrag 3 |
BGHR ZPO § 485 Abs. 2 Feststellungsinteresse 1 |
BauR 1993, 473 |
DRsp I(130)359e (Ls) |
DRsp I(138)669Nr.6b |
WM 1993, 1645 |
MDR 1993, 686 |
MDR 1993, 868 |
VersR 1993, 1287 |
ZfBR 1993, 182 |
ZfBR 1994, 128, 129 |