Tenor
Auf die Revision wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Januar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15. Januar 1997 in der Entscheidung über den Zahlungsantrag geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 129.220,47 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. November 1995 zu zahlen.
Von den Kosten erster Instanz tragen der Kläger 77 % und die Beklagte 23 %. Die Kosten der Rechtsmittelinstanzen fallen der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter in den Konkursverfahren über das Vermögen der Mutter der Beklagten (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) – eröffnet am 12. Oktober 1995 – und den Nachlaß des Vaters der Beklagten und Ehemannes der Gemeinschuldnerin.
Durch notariellen Vertrag vom 13. August 1993 übertrugen die Gemeinschuldnerin und ihr Ehemann das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück W.-Weg 7 in K., das ihnen je zur Hälfte gehörte, auf die Beklagte. Sie behielten sich an dem Grundstück ein lebenslängliches, unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor. Auf dem Grundbesitz lasteten Grundpfandrechte in Höhe von insgesamt 305.000 DM für die R. H.-Bank sowie im Gesamtbetrag von 428.000 DM für die Bausparkasse. Die Beklagte übernahm in dem Vertrag die Mithaft gegenüber den Forderungen der Grundpfandgläubiger. Sie vereinbarte jedoch zugleich mit ihren Eltern, daß jene im Innenverhältnis die Verbindlichkeiten allein zu tragen hatten. Am 21. September 1993 wurde die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Die Gemeinschuldnerin und ihr Ehemann veräußerten am 11. Mai 1995 ein Haus in Portugal, das ihnen ebenfalls je zur Hälfte gehörte, zu einem Kaufpreis von 350.000 DM. Davon wurden 152.416,18 DM auf ein Konto der Beklagten überwiesen und von dort in zwei Raten an die R. H.-Bank ausgezahlt, die daraufhin am 5. Juli 1995 die Löschungsbewilligung für die zu ihren Gunsten bestehenden Grundpfandrechte erteilte. In der Zeit vom 10. Juli bis zum 4. September 1995 zahlten die Eltern der Beklagten an die Bausparkasse in fünf Teilbeträgen 77.959,28 DM.
Die damit insgesamt erbrachten Zahlungen von 230.375,46 DM sieht der Kläger als unentgeltliche Zuwendungen an, rechnet sie in Höhe von 115.187,67 DM dem Vermögen der Gemeinschuldnerin zu und hat deshalb sowie wegen weiterer Ansprüche, die nicht mehr Gegenstand der Revision sind, Klage erhoben. Diese hatte in dem jetzt noch streitigen Punkt in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 32 Nr. 1 KO nicht vor. Die von der Gemeinschuldnerin und ihrem Ehemann erbrachten Zahlungen stellten im Verhältnis zur Beklagten keine unentgeltliche Verfügung im Sinne dieser Vorschrift dar, weil die Eheleute nicht eine fremde, sondern eine eigene Schuld getilgt hätten. Daher sei das Vermögen der Masse nicht gemindert. Soweit durch die Tilgung zugleich eine Befreiung der Beklagten von ihrer Mithaft erfolgt sei, liege darin lediglich eine mittelbare Folge dieser Leistung, die keine Anfechtbarkeit begründe. Für die Frage der Unentgeltlichkeit sei es auch unerheblich, daß die Darlehensverbindlichkeiten vor Fälligkeit getilgt worden seien. Der Schwerpunkt der notariellen Vereinbarung vom 13. August 1993 liege in der Grundstücksübertragung; diese sei aber spätestens mit der Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch am 21. September 1993 vollzogen gewesen. Die späteren Zahlungen der Veräußerer seien lediglich als mittelbare Folge der bereits außerhalb des kritischen Zeitraums vollzogenen unentgeltlichen Zuwendung anzusehen.
II.
Gegen diese Erwägungen wendet sich die Revision zu Recht. Schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts ist die Klage aus §§ 37, 32 Nr. 1 KO begründet.
1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß eine Verfügung dann als unentgeltlich anzusehen ist, wenn einer Zuwendung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Gegenleistung gegenübersteht, dem Verfügenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll (vgl. BGHZ 113, 98, 101; 113, 393, 395 f). Diese Begriffsbestimmung erweist sich jedoch dort als zu eng, wo eine dritte Person in den Zuwendungs- oder den Gegenleistungsvorgang eingeschaltet ist. In solchen Fällen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Gemeinschuldner selbst für die von ihm getätigte Verfügung einen Ausgleich erhalten hat. Zu fragen ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hatte (BGHZ 41, 298, 301 f; vgl. zu § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG BGH, Urt. v. 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91, ZIP 1992, 1089, 1091). Dies folgt aus dem in § 32 KO ebenso wie in zahlreichen anderen Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken, daß ein Erwerb, für den der Empfänger ein ausgleichendes Vermögensopfer nicht zu erbringen hatte, geringeren rechtlichen Schutz verdient. Deshalb ist es grundsätzlich gerechtfertigt, daß der Empfänger einer Leistung, für die er nichts aufzuwenden hatte, diese im Konkurs an die Masse zurückgewähren muß (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 25. Juni 1992, aaO S. 1092).
2. Aus diesen Gründen hat der Senat eine unentgeltliche Zuwendung verneint, wenn der Empfänger sich dem Gemeinschuldner gegenüber verpflichtet hatte, eine ausgleichende Gegenleistung an einen Dritten zu erbringen (BGH, Urt. v. 25. Juni 1992, aaO S. 1089; v. 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92, ZIP 1993, 1170, 1173; v. 19. März 1998 - IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 976, z.V.b. in BGHZ 138, 291). Hat der Empfänger dagegen für die vom Gemeinschuldner bewirkte Leistung nichts aufwenden müssen, ist diese nicht schon deshalb ohne weiteres als entgeltlich anzusehen, weil der Gemeinschuldner etwas von einem Dritten erhalten hat; denn für die Beurteilung, ob eine nach § 32 Nr. 1 KO anfechtbare Rechtshandlung vorliegt, ist allein auf das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Gemeinschuldner und dem Zuwendungsempfänger abzustellen.
Daß diese Betrachtungsweise sachgerecht ist, zeigt sich gerade in den Fällen der gemeinsamen Verpflichtung mehrerer gegenüber einem Dritten. Verzichtet der spätere Gemeinschuldner im Innenverhältnis auf den ihm von Gesetzes wegen zustehenden Ausgleichs- oder Regreßanspruch, ohne daß der Begünstigte dafür etwas aufzuwenden hat, wird der Leistende zwar mit der Zahlung von einer eigenen Schuld frei, bewirkt damit jedoch zugleich eine unentgeltliche Zuwendung gegenüber dem Mithaftenden (vgl. BGHZ 41, 298, 301; BGH, Urt. v. 10. Januar 1985 - IX ZR 2/84, ZIP 1985, 372, 373 zu § 3 AnfG; Jaeger/ Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rdnr. 17).
3. Entsprechend diesen Grundsätzen ist darin, daß die Gemeinschuldnerin Forderungen der Gläubiger getilgt hat, die durch Grundpfandrechte an dem der Tochter übertragenen Grundstück gesichert waren, eine unentgeltliche Zuwendung an die Beklagte zu sehen.
a) Die Gemeinschuldnerin und ihr Ehemann haben in dem notariellen Vertrag vom 13. August 1993 der Beklagten nicht lediglich das dort bezeichnete Grundstück mit den darauf ruhenden Belastungen übertragen. Vielmehr verpflichteten sie sich darüber hinaus, die Leistungen an Zins und Tilgung für die genannten Belastungen allein zu erbringen. Damit erfüllte die Gemeinschuldnerin durch ihre Zahlungen nicht nur die Ansprüche der Grundpfandgläubiger, sondern zugleich die in dem notariellen Vertrag der Beklagten gegenüber eingegangene Verpflichtung zur Befreiung von den persönlichen und dinglichen Schulden gegenüber den Zahlungsempfängern.
b) Diese Verpflichtung der Gemeinschuldnerin erfolgte unentgeltlich; denn die Beklagte hatte dafür keine Gegenleistung zu erbringen. Daß mit der Zahlung zugleich die Schuld gegenüber den Darlehensgebern erlosch, ändert daran nichts. Mit dieser Auffassung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu früher ergangenen Entscheidungen (BGH, Urt. v. 14. November 1979 - VIII ZR 333/78, ZIP 1980, 21, 22; v. 23. November 1981 - VIII ZR 190/80, ZIP 1982, 76). Anders als in dem hier zu beurteilenden Fall hatte dort der Gemeinschuldner mit der Befriedigung des Gläubigers die Hypothek erworben, weil er von dem durch das Erlöschen der Schuld begünstigten Grundstückseigentümer gemäß §§ 415 Abs. 3, 329 BGB Ersatz hatte verlangen können. Mit der Leistung war eine Verpflichtung des Empfängers der Zuwendung gegenüber dem späteren Gemeinschuldner begründet worden. Der Bundesgerichtshof hat schon damals darauf hingewiesen, daß in einem Verzicht des Gemeinschuldners auf diesen Erstattungsanspruch eine unentgeltliche Zuwendung zu sehen wäre (Urt. v. 14. November 1979, aaO S. 22). Durch die Vereinbarung eines Befreiungsanspruchs im notariellen Vertrag vom 13. August 1993 ist hier gerade ein entsprechender Ausgleich von vornherein ausgeschlossen worden. Dies kann, was die Voraussetzungen einer Schenkungsanfechtung angeht, nicht anders beurteilt werden als der nachträgliche Verzicht auf einen Regreß. Mit der Erfüllung der Verpflichtung, die von dem Erwerber übernommenen Grundpfandrechte zu tilgen, ohne dafür einen Ausgleich zu erhalten, vollzieht der Veräußerer daher eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 32 KO, obwohl er dadurch zugleich von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten frei wird (vgl. Jaeger/Henckel, aaO § 32 Rdnr. 17).
c) Entgegen der Meinung der Beklagten fließt der Masse durch die vom Verwalter begehrte Leistung kein den Ausgleich der unentgeltlichen Verfügung übersteigender Mehrwert zu. Wäre das Grundstück der Beklagten lediglich gegen Übernahme der darauf ruhenden Belastungen sowie der dadurch gesicherten Verbindlichkeiten übertragen worden, hätte der Gemeinschuldnerin wegen der geleisteten Zahlungen ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zugestanden (§§ 415 Abs. 3, 329 BGB). Die unentgeltliche Verfügung hätte dann, wirtschaftlich gesehen, lediglich in der Differenz zwischen dem Grundstückswert und der Valutierung der Grundpfandrechte bestanden. Infolge der im notariellen Vertrag vereinbarten Befreiung der Beklagten von den Ansprüchen der Darlehensgeber ist nunmehr die Gläubigergesamtheit in Höhe der danach geleisteten Zahlungen benachteiligt.
Soweit die Befreiung bewirkt wurde, hat die Beklagte, weil sie die Leistung als solche nicht zurückübertragen kann, den dadurch entstandenen Mehrwert des Grundstücks zu ersetzen. Damit wird die Konkursmasse so gestellt, als ob ein Befreiungsanspruch der Gemeinschuldnerin bestanden hätte und erfüllt worden wäre. In diesem Falle hätten sich aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der Mutter und des überschuldeten Nachlasses des Vaters die Gläubigerbanken an die Beklagte als mithaftende Grundstückseigentümerin gehalten, die wiederum ihrerseits wegen § 63 Nr. 4 KO in den Konkursverfahren ihrer Eltern Regreßansprüche nicht hätte geltend machen können.
d) Mit der Einräumung des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs an dem übertragenen Grundbesitz hat die Beklagte an ihre Eltern keine die Anwendung des § 32 KO ausschließende Gegenleistung bewirkt. Da diese Verpflichtung die Beklagte lediglich in der Verfügung über den ihr zugewendeten Gegenstand einschränkt, dessen Wert jedoch nicht erreicht, sondern den infolge des Vertrages vom 13. August 1993 zugefallenen Vorteil lediglich verringert, ändert sie nichts an der Unentgeltlichkeit der angefochtenen Verfügung.
4. Nach § 32 Nr. 1 KO können nur die innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung vorgenommenen Schenkungen angefochten werden. Diese Frist hat der Kläger gewahrt, weil die Zahlungen an die Grundpfandgläubiger innerhalb des letzten Jahres vor Konkurseröffnung erfolgt sind.
§ 32 KO erfaßt sowohl das Grund- als auch das Erfüllungsgeschäft. Schenkungsversprechen und Vollzug der Schenkung bilden zusammen die unentgeltliche Verfügung, so daß es ausreicht, wenn der Vollzug der Schenkung innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt (BGH, Urt. v. 11. November 1954 - IV ZR 64/54, WM 1955, 407, 411; v. 24. März 1988 - IX ZR 118/87, ZIP 1988, 585, 586). Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, zu dem der mit dem Schenkungsvertrag bewirkte Rechtserfolg eintritt. Die von den Eltern der Beklagten übernommene Verpflichtung zur Befreiung von den auf dem Grundstück ruhenden Lasten war nicht bereits mit der Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch am 21. September 1993 erfolgt. Die Beklagte hatte damit lediglich ein in erheblichem Umfang belastetes Grundstück erlangt und zudem für die dinglich gesicherten Verbindlichkeiten die Mithaft übernommen. Wären die Veräußerer nicht in der Lage gewesen, die hier geleisteten Zahlungen aufzubringen, hätte die Beklagte für die entsprechenden Forderungen der Kreditgeber einstehen müssen. Das in der Befreiungsverpflichtung liegende Schenkungsversprechen wurde folglich erst mit der Befriedigung der Gläubiger erfüllt.
III.
Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt zwischen den Parteien nicht streitig ist, hat der Senat selbst in der Sache zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Das Klagebegehren ist aus §§ 37, 32 Nr. 1 KO gerechtfertigt. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Fischer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 04.03.1999 durch Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen