Leitsatz (amtlich)
Wenn der Bestellernach Abnahme des Werks die Beseitigung eines Mangels verlangen kann und er deswegen gegenüber der Klage des Unternehmers auf Entrichtung der Vergütung die Einrede nach § 320 BGB erhebt, so ist er zur Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Beseitigung des Mangels zu verurteilen.
Normenkette
BGB §§ 320, 322, 633; VOB B § 13 Nr. 5
Verfahrensgang
OLG Stuttgart |
LG Rottweil |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Stuttgart vom 25. März 1971 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Konten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin errichtete für die Beklagte auf Grund des Vertrags vom 21. Dezember 1965 eine Fabrikhalle.
Die Geltung der VOB und der allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin war vereinbart. In diesen Bedingungen ist wegen der Mängelhaftung bestimmt, daß die Klägerin alle fehlerhaften Teile unentgeltlich nach ihrer Wahl auszubessern oder neu zu liefern hat. Voraussetzung ist jedoch die vorherige Erfüllung der dem Besteller obliegenden Vertragsverpflichtungen, insbesondere der vereinbarten Zahlungsbedingungen. Zurückbehaltungsrechte, das Recht zur Aufrechnung und alle weiteren Ansprüche des Bestellers wegen Mängeln sind ausgeschlossen.
Entgegen der vertraglichen Vereinbarung stellte die Klägerin die Decke der Fabrikhalle nicht aus Sillan-, sondern aus Rigipsplatten her und verlegte statt eines Duralit-, einen Brikadurfußboden.
Die Fabrikhalle weist ferner folgende Mängel auf: Die Decke schließt nicht an die Giebel- und Seitenwände an und ist fehlerhaft verfüllt. Dadurch bildet sich Schwitzwasser. Im Fußbodenbelag haben sich Risse gebildet, die zum Teil auf zu schmale Dehnfugen im Belag zurückgehen und zum Teil auf Risse im Betonboden, der nicht mit den erforderlichen Dehnfugen versehen ist.
Die Beklagte hat von der Rechnung der Klägerin in Höhe von 297.764,95 DM nur 257.000,00 DM bezahlt.
Die Klägerin hat den Restbetrag von 40.764,95 DM nebst Zinsen eingeklagt. Die Beklagte hat die Zahlung dieses Betrags wegen ihres Anspruchs gegen die Klägerin auf Nachbesserung der bezeichneten Mängel verweigert. Sie hat Widerklage erhoben mit dem Antrag, die Klägerin zu verurteilen, die Wärmeisolierung der Decke der Industriehalle so zu verbessern, daß eine Schwitzwasserbildung nicht möglich ist, wobei die Decke an die Außenwände anstoßen muß, um einen Lufteintritt in den Bodenraum zwischen Außenwänden und Decke zu verhindern.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 40.764,95 DM verurteilt. Es hat die Zahlungspflicht jedoch davon abhängig gemacht, daß die Klägerin die Mängel der Decke und des Fußbodens nachbessere. Das Landgericht hat außerdem der Widerklage stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Es hat den die Widerklage betreffenden Urteilsspruch anders gefaßt als das Landgericht.
Die Klägerin begehrt mit der Revision, um deren Zurückweisung die Beklagte bittet, die Verurteilung der Beklagten auf ihre Zahlungsklage und die Abweisung der Widerklage.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht versagt der Klausel in den Verkaufs- und Lieferungsbedingungen die Wirksamkeit, wonach die Klägerin die Nachbesserung des fehlerhaften Werks verweigern dürfe, solange die Beklagte ihre Zahlungspflicht nicht erfüllt habe.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. Der Senat hat bei Werkverträgen und Werklieferungsverträgen über eine nicht vertretbare Sache die in allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltenen Klauseln, wonach der Unternehmer die Mängel des Werks nicht nachzubessern braucht, solange der Besteller seine Vertrags-, insbesondere Zahlungspflichten nicht erfüllt hat, für unwirksam gehalten in einem Fall, in welchem die Rechte des Bestellers, unter Ausschluß weiterer Ansprüche, einschließlich etwaiger Zurückbehaltungsrechte, nach dem Ermessen des Unternehmers auf Nachbesserung bzw. Nachlieferung neuer Teile beschränkt waren (BGH Urteil vom 18. Juni 1959 – VII ZR 181/58 –); ferner in einem Fall, in welchem auch noch der Schadensersatzanspruch des Bestellers wegen Verletzung der Nachbesserungspflicht durch ein Rücktrittsrecht ersetzt worden war (BGHZ 48, 264, 268-271).
Das Berufungsgericht hat diese Rechtsfolge zu Recht auch für die entsprechende Klausel in den Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin angenommen. Entscheidend ist folgendes:
Die Klägerin ist nach ihren Verkaufs- und Lieferungsbedingungen nur verpflichtet, fehlerhafte Teile ihrer Lieferung nach ihrer Wahl nachzubessern oder neu zu liefern. Weitere Ansprüche des Bestellers sind ausgeschlossen.
Angesichts dieser starken Beschneidung der Rechte des Bestellers wegen Mängeln der Werkleistung ist es bei verständiger Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nicht mit Treu und Glauben vereinbar, dem Unternehmer die Berufung auf die absolute Vorleistungspflicht des Bestellers hinsichtlich des Werklohns zu gestatten. Das gilt erst recht, wenn – wie hier – die Mängel unstreitig sind. Es würde Treu und Glauben widersprechen, wenn der Unternehmer, angesichts der weitgehenden Sicherung seiner Rechte durch die allgemeinen Vertragsbedingungen, trotz unstreitiger Fehler der Werkleistung vom Besteller ohne Rücksicht auf diese Fehler Bezahlung des Werklohns verlangen könnte.
2. Was die Revision für ihre gegenteilige Meinung vorbringt, greift nicht durch.
a) Die Bereitschaft der Klägerin, die Mängel nach Zahlung des restlichen Werklohns durch die Beklagte zu beseitigen, schließt nicht aus, daß die Berufung auf die beanstandete Vertragsklausel eine unzulässige Rechtsausübung ist.
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht der Tatsache keine Bedeutung beigemessen, daß die Parteien Kaufleute sind. Auch bei den oben genannten Entscheidungen des Senats handelte es sich um Verträge zwischen Kaufleuten.
c) Bereits in BGHZ 48, 264, 270 f ist dargelegt, daß die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. November 1957 – VIII ZR 314/56 – (NJW 19589 419) auf das Werkvertragsrecht nicht anwendbar ist, weil sie einen Kaufvertrag betrifft und die Gewährleistungsrechte des Käufers dort nicht so weitgehend eingeschränkt waren wie im vorliegenden Fall die Rechte des Bestellers.
II.
Das Berufungsgericht hält die Klägerin für verpflichtet, die Risse – mit Ausnahme desjenigen über dem Heizungskanal – und die sonstigen Schäden des Fußbodenbelags zu beseitigen, sowie die Decke nachzubessern. Da die Parteien die Geltung der VOB vereinbart haben, richtet sich dieser Anspruch nach § 13 Nr. 5 VOB (B) und nicht auch nach den §§ 633, 634 BGB, wie das Berufungsgericht annimmt.
Die Revision meint, dieser Anspruch sei wegen einer der Beklagten anzulastenden schuldhaften Mitverursachung durch den Architekten L… und den bei L… angestellten Bauleiter S… ausgeschlossen. Die Rüge ist nicht begründet.
1. Soweit der Architekt L… oder der Bauführer S… als sein Erfüllungsgehilfe die Bauaufsicht mangelhaft geführt haben sollen, kommt ein der Beklagten zuzurechnendes mitwirkendes Verschulden nicht in Betracht.
a) Das bei Schadensersatzansprüchen nach §§ 254, 278 BGB und bei dem Mängelbeseitigungsanspruch nach §§ 242, 278 BGB anrechenbare Mitverschulden setzt die Verletzung vertraglicher Pflichten oder Obliegenheiten voraus, die der Bauherr gegenüber dem Bauunternehmer zu erfüllen hat. Das Berufungsgericht führt zutreffend aus, daß der Architekt mit der Ausübung der Bauaufsicht nicht eine dem Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer obliegende Pflicht erfüllt; der Bauunternehmer hat keinen Anspruch darauf, daß ihn der Bauherr bei der Ausführung der ihm übertragenen Leistungen überwacht oder überwachen läßt (Urteile des Senats vom 29. November 1971 – VII ZR 101/70 – = NJW 1972, 447, 448; vom 15. Juni 1972 – VII ZR 64/71 – und vom 18. Januar 1973 – VII ZR 88/70 – = WM 1973, 393, 394 mit weiteren Nachweisen).
b) Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Architekt L… die Anbringung und Verlegung der Dachisolierung nur „in allgemeiner Weise, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der Termine” zu überwachen hatte, wie das Berufungsgericht unter Bezug auf das Urteil des Landgerichts meint, oder ob seine Bauaufsicht sich auch auf die fachgerechte Ausführung erstreckte, was die Revision behauptet.
c) Um eigene Planungs- bzw. Ausführungsfehler der Klägerin oder ihrer Subunternehmerin (§ 278 BGB) handelt es sich auch, soweit die Risse in dem Fußboden auf die fehlerhafte Verlegung des Belags zurückgehen. Deshalb scheidet auch hier ein der Beklagten zuzurechnendes Mitverschulden des Architekten selbst dann aus, wenn dieser die fachgerechte Verlegung des Belags zu überwachen hatte.
2. Ein Mitverschulden kommt auch nicht in Betracht wegen der Längsrisse im Fußbodenbelag, die durch fehlende Dehnfugen im Betonunterboden verursacht worden sind.
Das Berufungsgericht führt dazu aus:
Nach dem Vertrag der Parteien seien die Fundamente sorgfältig und maßgerecht nach Angaben der Klägerin auszuführen gewesen. Wenn der Rohboden als Teil der Fundamente anzusehen sei, wofür manches spreche, so sei auch er nach den Angaben der Klägerin auszuführen gewesen. Wenn der Rohboden als besonderer Bauteil anzusehen wäre, so erschiene es ungewöhnlich, die Anbringung von Dehnfugen im Boden zur Bauplanung und nicht zur Bauausführung zu rechnen. Aber selbst wenn der Architekt L… die Fugenpläne zur Verfügung hätte stellen müssen, wäre es dennoch in erster Linie Aufgabe der für die Klägerin arbeitenden Firma B… und K… gewesen, vor Einbringung des Bodenbelags auf ein etwaiges Fehlen oder eine ungenügende Zahl von Dehnfugen im Betonrohboden schriftlich hinzuweisen. Da ein derartiger schriftlicher oder auch nur mündlicher Hinweis nicht dargelegt sei, sei die Klägerin nicht gemäß § 4 Nr. 3, § 13 Nr. 3 VOB (B) von der Gewährleistung für die auf den unzureichenden Unterboden zurückgehenden Längsrissen frei geworden.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Gehörte die Planung und Anordnung der Dehnfugen zu den Vertragspflichten der Klägerin, so gingen die Längsrisse auf unmittelbare Fehler ihrer Leistung zurück. Dem Architekten hätte dann insoweit allenfalls die Bauaufsicht über die Klägerin obgelegen.
b) Mußte dagegen der Architekt die Dehnfugen im Betonunterboden planen und anordnen, so läge der Fall vor, daß die Leistungen anderer Unternehmer, auf denen die Leistung der Klägerin aufbaute (§ 4 Nr. 3 VOB (B)), ungeeignet wären. Dann würde die Klägerin für die Längsrisse des Fußbodenbelags, die auf die mangelhafte Rohbetondecke zurückzuführen sind, nur dann nicht haften, wenn sie entweder deren Mängel nicht erkannt hätte und nicht hätte erkennen können (BGH Urteil vom 11. April 1957 – VII ZR 308/56 – = LM Nr. 3 zu § 633 BGB) oder die Beklagte schriftlich auf die Bedenken gegen die Geeignetheit der Rohbetondecke hingewiesen hätte (§ 4 Nr. 3, § 13 Nr. 3 VOB (B). Beide Voraussetzungen für eine Haftungsfreiheit der Klägerin scheiden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus.
aa) Dadurch – und durch das Unterlassen einer auch nur mündlichen Warnung – würde allerdings die Berufung auf mitwirkendes Verschulden noch nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BGH Urteil vom 23. Juni 1960 – VII ZR 71/59 NJW 1960, 1813 Nr. 9; BGH Urteil vom 18. Januar 1973 – VII ZR 88/70 – = WM 1973, 393, 394 mit weiteren Nachweisen).
bb) Im vorliegenden Fall schiede aber ein der Beklagten zuzurechnendes Mitverschulden des Architekten Lob bei der Planung und Anordnung der Dehnfugen im Betonunterboden deshalb aus, weil dieses Verschulden gegenüber dem der Klägerin überhaupt nicht ins Gewicht fiele, wie auch das Berufungsgericht ersichtlich annimmt, wenn es die Verpflichtung, vor Einbringung des Belags auf die fehlenden Dehnfugen im Rohbetonboden hinzuweisen, als eine Aufgabe bezeichnet, die „in erster Linie” der für die Klägerin arbeitenden Firma B… und K… oblag. Für diese ihre Subunternehmerin muß aber die Klägerin gemäß § 278 BGB einstehen. Sie selbst als mit der Verlegung des Bodenbelags betraute Fachfirma war in besonderem Maße verpflichtet, auf die Eignung des Rohbetonbodens zu achten.
Unter diesen Umständen hat gegenüber dem groben Verschulden der Klägerin ein etwaiges Verschulden des Architekten L… bei der Planung und Anordnung der Dehnfugen außer Betracht zu bleiben.
cc) Die Revision meint schließlich, ob die Klägerin ihrer Hinweispflicht mindestens mündlich genügt habe, unterliege der Beweislast der Beklagten, da die Unterlassung der Klägerin Voraussetzung des Nachbesserungsanspruchs der Beklagten sei.
Das Gegenteil ist richtig.
§ 13 Nr. 3 V0B (B) ist die Ausnahme von der grundsätzlichen Gewährleistungspflicht nach § 13 Nr. 1, 2 VOB (B (Ingenstau/Korbion, 6. Aufl. § 13 VOB (B) Rn. 31). Deshalb hat der Auftragnehmer (hier die Klägerin) zu beweisen, daß er die ihm nach § 4 Nr. 3 VOB (B) obliegenden Hinweise gegeben hat (BGH Urteil vom 15. Januar 1968 – VII ZR 84/65 – = Schäfer/Finnern Z 2.50 Bl. 24, 26 Rs.).
dd) Die weiteren von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft. Sie greifen nicht durch (Art. 1 Nr. 4 BGHEntlG).
III.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts führt die vom Besteller mit seinem Anspruch auf Beseitigung des Werkmangels begründete Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB) nicht zu seiner Verurteilung Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel, sondern zur Abweisung der Klage des Unternehmers, weil dessen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung zur Zeit noch nicht begründet sei.
Die dagegen erhobene Rüge der Revision greift durch.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats und der herrschenden Meinung im Schrifttum führt das dem Besteller zustehende Recht auf Beseitigung von Mängeln des Werks (§ 633 Abs. 2 Satz 1, § 634 Abs. 1 Satz 2 BGB) zur Abweisung der Klage des Unternehmers auf Entrichtung der Vergütung, solange der Besteller das Werk nicht abgenommen hat und er die Abnahme zu Recht verweigern darf. Nach Abnahme des Werks ist dagegen gemäß §§ 320, 322 Abs. 1 BGB nur eine Verurteilung des Bestellers zur Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel zulässig (BGHZ 26, 337, 339; 55, 354, 358; BGH Urteile vom 10. Mai 1962 – VII ZR 204/60 – und vom 18. Januar 1965 – VII ZR 155/63 –; OLG Nürnberg OLGZ 1965, 12; Korintenberg, Erfüllung und Gewährleistung beim Werkvertrag, 1935, S. 182; Palandt/Heinrichs, BGB, 32. Aufl., § 320 Anm. 2 c, bb und Palandt/Thomas a.a.O.. Vorbem. 4 a vor § 633). Das gilt auch für Verträge, die der VOB unterliegen (BGHZ 55, 354, 357, 358; Ingenstau/Korbion, 6. Aufl. § 13 VOB (B) Rn. 85).
2. Demgegenüber vertritt das Berufungsgericht die Meinung, daß trotz Abnahme des Werks ein Fall des § 322 Abs. 2 BGB vorliege mit der Folge, daß bei berechtigter Einrede nach §§ 320, 633 Abs. 2 BGB 9 § 13 Nr. 5 VOB (B) die Klage des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung als zur Zeit unbegründet abzuweisen sei (vgl. auch Schneider, Betrieb 1969, 115; OLG Breslau SeuffA 59 Nr. 77).
Diese Meinung ist jedoch rechtsirrig. Sie steht in Widerspruch zu der gesetzlichen Regelung des § 322 Abs. 1 BGB und würde praktisch dazu führen, daß diese Vorschrift für den Bereich des Werkvertrags außer Kraft gesetzt wäre.
a) § 322 Abs. 2 BGB ist im Gegensatz zu § 322 Abs. BGB nur anwendbar, wenn der klagende Teil vorzuleisten hat. Das ist aber hinsichtlich der Verpflichtung des Unternehmers, das Werk herzustellen, nur bis zu dessen Abnahme der Fall. Mit der Abnahme des Werks durch den Besteller fällt, wie sich aus § 641 Abs. 1 BGB ergibt, die Vorleistungspflicht des Unternehmers weg. Vom Zeitpunkt der Abnahme an sind die gegenseitigen Vertragspflichten Zug um Zug abzuwickeln.
b) Die Vorleistungspflicht des Unternehmers entfällt, was das Berufungsgericht verkennt, gemäß § 641 Abs. 1 BGB nicht nur bei Abnahme eines mangelfreien Werks. Denn die Abnahme einer Leistung bedeutet nur die Anerkennung des Werks als eine der Hauptsache nach vertragsgemäße Erfüllung (BGHZ 48, 257, 262; 50, 160, 162; BGH Urteil vom 24. November 1969 – VII ZR 177/61 – = NJW 1970, 421, 422). Deshalb schließt das Vorhandensein und selbst die Rüge von Mängeln die Abnahme nicht aus (BGHZ 54, 352, 354; BGH Urteil vom 2. März 1972 – VII ZR 146/70 – = VersR 1972 640).
c) Daraus, daß der Anspruch des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Beseitigung der Mängel allgemein als Erfüllungsanspruch des Bestellers auf Herstellung des versprochenen Werks (§ 632 Abs. 1 BGB) angesehen wird, folgt nichts Gegenteiliges. Daraus ergibt sich nur, daß dem Besteller, der die Beseitigung von Mängeln verlangen kann, gegenüber dem Vergütungsanspruch des Unternehmers das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB noch nach Abnahme des Werks zusteht (BGHZ 26, 337, 339, 340; Korintenberg a.a.O. S. 177 bis 187; Larenz, Schuldrecht II, 10. Aufl., § 53 II, S. 226f.; Palandt a.a.O.; Soergel/Ballerstedt BGB, 10. Aufl., § 633 Rn. 7; Staudinger BGB, 11. Aufl., § 633 Rn. 7). Entscheidend ist, daß sich der Erfüllungsanspruch durch die Abnahme des Werks inhaltlich ändert. Zum einen beschränkt er sich auf das abgenommene Werk, so daß der Unternehmer nur dessen Mängel abzustellen hat (BGHZ 26, 337, 340; 55, 534). Zum anderen entfällt die Vorleistungspflicht des Unternehmers. Das ist auch bei einem der VOB (B) unterliegenden Bauvertrag nicht anders (vgl. BGHZ 55, 354).
d) Da die Abnahme des Werks die Vorleistungspflicht des Unternehmers beseitigt, bedeutet die Verurteilung des Bestellers zur Zahlung der Vergütung „Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel”, daß der Unternehmer die Vergütung nur verlangen und aus einem etwa erwirkten Zahlungstitel vollstrecken kann gegen den Nachweis der erfolgten Nachbesserung (§ 756 ZPO). Damit verlagert sich allerdings die Prüfung, ob ordnungsgemäß nachgebessert ist, ins Zwangsvollstreckungsverfahren. Das ist aber eine zwangsläufige Folge der vom Gesetzgeber in § 322 Abs. 1 BGB bewußt getroffenen gesetzlichen Regelung.
e) Gegen eine Zug um Zug – Verurteilung kann nicht angeführt werden, eine solche liefe „nach der Natur der Sache”” auf eine Vorleistung des Unternehmers hinaus. Bei jeder Zug um Zug – Verurteilung muß derjenige, der seine Forderung nur Zug um Zug gegen eine von ihm zu erbringende Leistung verlangen kann, im Zwangsvollstreckungsverfahren die Erbringung dieser Leistung nachweisen. Einer Zug um Zug – Verurteilung steht dabei nicht entgegen, daß das Werk bereits abgenommen ist; denn gerade bei Mängeln des Werks hat der Besteller nach der Abnahme die Einrede aus § 320 BGB (vgl. oben unter III 1).
f) Der Unternehmer kann zwar vor Beseitigung der Mängel keine Zinsen auf die Werklohnforderung verlangen (BGHZ 55, 198, 200; vgl. auch BGH WM 1973, 641, 642); denn das Zurückbehaltungsrecht begründet eine verzögerliche Einrede. Das ändert aber nichts daran, daß der Werklohn grundsätzlich bei der Abnahme des Werks zu entrichten ist (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Werklohnforderung kann jedoch erst durchgesetzt werden, wenn die Mängel, wegen derer das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt wird, beseitigt sind. Erst dann hat der Besteller Zinsen nach § 291 BGB oder § 353 HGB zu zahlen.
g) Für die Zug um Zug – Verurteilung spricht schließlich folgendes:
aa) Die Abnahme ist ein besonders bedeutsames Ereignis im Zuge der Vertragsdurchführung.
Die Vergütung ist bei der Abnahme zu entrichten (§ 641 Abs. 1 BGB). Mit der Abnahme entfällt die Vorleistungspflicht des Unternehmers und der Erfüllungsanspruch des Bestellers beschränkt sich auf das konkrete abgenommene Werk, so daß der Unternehmer nur noch etwaige Mängel dieses Werks zu beseitigen hat, sofern nicht der Besteller den Anspruch auf Mängelbeseitigung infolge der Abnahme überhaupt verloren hat (§ 640 Abs. 2 BGB). Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Besteller über (§ 644 Abs. 1 BGB) und die Beweislast für die vertragsgerechte Erfüllung kehrt sich zu seinen Lasten um, weil er von nun an das Vorhandensein von Mängeln zu beweisen hat.
Aus den unterschiedlichen Regelungen für die Zeit vor und nach der Abnahme folgt, daß der Unternehmer nach der Abnahme in angemessener Weise besser gestellt sein soll als vorher. Dieser gesetzgeberische Zweck läßt sich aber nur durch eine Zug um Zug – Verurteilung des Bestellers verwirklichen.
bb) Diese Zug um Zug – Verurteilung ist entgegen der Meinung des Berufungsgerichts auch die sachgerechtere und verfahrensrechtlich bessere Lösung, weil sie die umfassendere Erledigung des Streits in einem einzigen Prozeß ermöglicht. Der Besteller wird gezwungen, sein gesamtes Verteidigungsvorbringen zu konzentrieren, weil er später Einwendungen gegen den Anspruch des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung nur noch unter den strengeren Voraussetzungen des § 767 Abs. 2 ZPO geltend machen kann.
cc) Die Möglichkeit eines nach durchgeführter Nachbesserung verbleibenden Minderwertes spricht entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ebenfalls nicht gegen die Zug um Zug – Verurteilung. Der Besteller kann seine Rechte durch eine Feststellungsklage wahren, wenn ein solcher Minderwert zu erwarten ist, seine Höhe aber vor durchgeführter Nachbesserung nicht beziffert werden kann. Ist ein verbleibender Minderwert innerhalb der zeitlichen Grenze des § 767 Abs. 2 ZPO nicht vorauszusehen, so kann er, wenn er sich später herausstellt, denn noch geltend gemacht werden.
Im Gegensatz zur Zug um Zug – Verurteilung führt die Klageabweisung „mangels Fälligkeit” zu keiner Beschränkung des Verteidigungsvorbringens des Bestellers. Da jede neue Klage des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung abgewiesen werden mußte, wenn sich herausstellen sollte, daß die Mängel immer noch nicht vollständig beseitigt sind, so könnte sich eine Kette von Prozessen entwickeln. Das würde dem Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit widersprechen.
IV.
Widerklage:
1. Die Revision meint, für eine Verurteilung der Klägerin zur Nachbesserung der Decke fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin diese Nachbesserung auch ohnedies vornehmen werde, sobald die Beklagte den Werklohn gezahlt habe.
Diese Rüge ist nicht begründet, da, wie oben ausgeführt, die Beklagte nicht vorzuleisten braucht, die Klägerin aber zur Nachbesserung verpflichtet ist. Daraus ergibt sich ohne weiteres das Rechtsschutzbedürfnis für die Widerklage auf Nachbesserung (vgl. RGZ 91, 390, 398).
2. Das Berufungsgericht hat in dem die Widerklage betreffenden Urteilsspruch die technische Art und Weise der Beseitigung der Mängel der. Decke im einzelnen festgelegt. Im Urteilsspruch des Landgerichts fehlen diese Einzelheiten. Das Berufungsgericht sieht darin keine inhaltliche Änderung der Verurteilung, sondern nur eine Klarstellung.
Die Revision rügt Verletzung von § 308 ZPO, weil das Berufungsgericht über den Antrag der Beklagten hinausgegangen sei.
Die Rüge ist nicht begründet.
a) Der Urteilsspruch muß zwar so genau gefaßt werden, daß das Urteil vollstreckt werden kann. Die Bestimmung des Inhalts der Verurteilung im einzelnen darf nicht der Zwangsvollstreckung überlassen werden (RG JW 1906, 240 Nr. 27).
Andererseits dürfen dem Schuldner durch das Urteil seine Rechte nicht beschnitten werden. Der Besteller hat keinen Anspruch darauf, daß der Unternehmer einen Mangel in bestimmter Weise nachbessert. Der Unternehmer hat grundsätzlich das Recht, selbst zu bestimmen, auf welche Weise er den Mangel beseitigen will (BGH Urteil vom 19. März 1964 – VII ZR 137/62 – S. 9 und Urteil vom 5. Mai 1969 – VII ZR 26/69 – S. 7).
Eine Verurteilung nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB oder nach § 13 Nr. 5 VOB (B) erfordert im allgemeinen also lediglich die genaue Bezeichnung des Mangels des Werks, den der Unternehmer zu beseitigen hat. Die Beifügung von Anordnungen, wie die Beseitigung technisch vorzunehmen sei, hat in der Regel zu unterbleiben.
b) Die Beifügung solcher Anordnungen ist jedoch dann unschädlich, wenn der Unternehmer mit der Beseitigung auf diese Weise einverstanden ist. Denn ist er durch solche Anordnungen nicht beschwert.
So ist es hier. Der Urteilsspruch des Berufungsgerichts entspricht bezüglich der darin genannten technischen Maßnahmen dem Vorschlag den gerichtlichen Sachverständigen. Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht erklärt, daß sie, soweit sie zur Mängelbeseitigung überhaupt verpflichtet sei, gemäß den Vorschlag dieses Sachverständigen verfahren volle.
V.
Da die Klage nicht abgewiesen werden durfte, ist das angefochtene Urteil insoweit – sowie im Kostenpunkt aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 ZPO).
Das Berufungsgericht wird nunmehr über die Hilfsanträge der Beklagten zu befinden haben. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß die Beklagte im zweiten Rechtszuge nur noch einen Hilfsantrag hinsichtlich der Nachbesserung der Decke gestellt hat, während der weiterhin hilfsweise gestellte Feststellungsantrag die Minderungs-, und Schadensersatzansprüche sowohl hinsichtlich der Decke als auch wegen des Fußbodens betrifft. Allerdings sagt das Berufungsgericht (BU 28), aus den Berufungsanträgen der Beklagten ergebe sich, daß sie sich damit begnügen volle, von der Klägerin eine Beseitigung der Mängel am Fußbodenbelag im Umfang der im landgerichtlichen Urteil unter 1 b Abs. 1 des Urteilstenors bezeichneten Maßnahmen zu verlangen. Die Anträge der Beklagten, so wie sie ausweislich der Protokolle verlesen worden sind, ergeben das aber nicht. Die Beklagte hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit das klarzustellen. Dem Berufungsgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen.
Fundstellen
BGHZ, 42 |
NJW 1973, 1792 |
ZfBR 2000, 110 |