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BGH Urteil vom 04.06.1984 - II ZR 230/83

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Leitsatz (amtlich)

Der Rechtssatz, daß nach Auflösung einer Gesellschaft Einzelansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern oder der Gesellschafter untereinander nicht mehr isoliert bezahlt verlangt werden können, sondern bloße Einzelposten der Auseinandersetzungsrechnung werden, schließt nicht die Klage aus festzustellen, ein bestimmter streitiger Einzelanspruch zugunsten oder zuungunsten eines Beteiligten gehöre in die Auseinandersetzungsrechnung oder sei unbegründet und deshalb dort nicht zu berücksichtigen.

 

Orientierungssatz

(Zitierungen)

Festhaltung BGH, 1957-06-13, II ZR 133/56, WM IV 1957, 1027; Festhaltung BGH,1964-07-09, II ZR 186/62, WM IV 1964, 1052; Festhaltung BGH, 1983-12-19, II ZR 40/83, WM IV 1984, 361.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie ein Bauträgergeschäft abzuwickeln ist, das von 1972 bis zum Jahre 1979 in N. eine Anzahl von Bauvorhaben durchgeführt hat. Nach dem Vortrag der Beklagten soll es die ganze Zeit über ein gemeinschaftliches Geschäft gewesen sein, an dem der Kläger mit 50 % und sie, die Beklagten, zusammen ebenfalls mit 50 % beteiligt gewesen seien. Der Kläger dagegen behauptet, anfangs habe das Geschäft nur für Rechnung der Beklagten laufen sollen; es sei jedoch auf seinen Namen betrieben worden, weil der Beklagte zu 2, sein Schwiegervater, als Stadtbaumeister nicht habe in Erscheinung treten wollen. Im Jahre 1975 habe er, der Kläger, die Gewerbeerlaubnis bekommen. Seither habe er das Geschäft allein auf eigene Rechnung geführt.

Nach Beendigung der Geschäftstätigkeit hat der Kläger in den Vorinstanzen verschiedene Aufwendungsersatz- und sonstige Zahlungsansprüche erhoben und mehrere Feststellungsanträge gestellt. In die Revisionsinstanz sind hiervon drei Anträge gelangt. Es handelt sich um folgendes:

1. Bei dem Bankhaus S. in N. wurde ein Konto Nr. 6609 zunächst auf den Namen der Beklagten, seit 1972 auf den Namen des Klägers geführt. Über das Konto haben nur die Beklagten verfügt. Seit 24. September 1979 betrug der Schuldsaldo 141.265,34 DM. Dafür haben sich die Beklagten verbürgt. Während sie behaupten, die Schuld rühre allein aus Verfügungen zugunsten des Bauträgerunternehmens her, macht der Kläger geltend, die Beklagten hätten von dem Konto private Schulden, insbesondere solche aus der Zeit vor Beginn der gemeinschaftlichen Tätigkeit, beglichen. Insoweit beantragt er festzustellen, daß den Beklagten aus dieser Bürgschaft kein Rückgriffsrecht gegen ihn zustehe (Antrag II).

2. Die Beklagten haben im Jahre 1975 ein Darlehen von 175.000 DM aufgenommen, davon sind inzwischen 79.525,40 DM getilgt. Wegen der Restverbindlichkeit von 95.474,60 DM machen die Beklagten geltend, es handele sich um eine Geschäftsschuld, die der Kläger ausgleichen müsse. Der Kläger behauptet dagegen, die Darlehensvaluta sei den Beklagten persönlich zugeflossen und von ihnen privat verwendet worden. Er betreibt daher die Feststellung, daß den Beklagten ein Darlehensrückzahlungsanspruch gegen ihn nicht zustehe (Antrag IV. 1).

3. Mit ihrer Behauptung, das Geschäft mit dem Kläger die ganze Zeit über gemeinschaftlich betrieben zu haben, haben die Beklagten zugleich Anspruch auf einen hälftigen Gewinnanteil erhoben. Ihnen bereits zugeflossene Beträge sind sie bereit, sich anrechnen zu lassen. Der Kläger habe selbst einmal eingeräumt, daß ihnen ein Anspruch von 125.000 DM zustehe; dieser sei jedoch in Wirklichkeit noch höher. Deswegen will der Kläger festgestellt haben, daß dieser „behauptete Anspruch auf Auszahlung eines Gewinnanteils” den Beklagten nicht zustehe (Antrag IV. 2).

Beide Vorinstanzen haben die drei Feststellungsanträge abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger die Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet. Es läßt sich zwar rechtlich nichts gegen die Feststellung des Berufungsgerichts einwenden, daß zwischen den Parteien ein Gesellschaftsverhältnis bestand, das den Betrieb des Bauträgerunternehmens während des ganzen Zeitraums von 1972 bis 1979 umfaßte und nach seiner Beendigung zunächst eine Gesamtabrechnung erfordert. Das rechtfertigt aber nicht, alle jetzt noch anhängigen Feststellungsanträge als zur Zeit unbegründet abzuweisen.

1. Dem Land- und dem Oberlandesgericht ist allerdings zuzustimmen, daß gegenseitige Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern sowie zwischen den Gesellschaftern untereinander mit Auflösung der Gesellschaft unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung bilden und nicht mehr selbständig geltend gemacht werden können. Das ist bei einer Innengesellschaft, um die es sich hier wohl handelt, ebenso: Auch hier ist eine Endabrechnung erforderlich, und erst wenn sie vorliegt, können die Gesellschafter untereinander ausgezahlt verlangen, was sich abschließend zu ihren Gunsten ergibt. Zahlung aufgrund von Einzelansprüchen kann daher in diesem Stadium nicht mehr geltend gemacht werden (stdg. Rechtspr., zuletzt SenUrt. v. 6.2.1984 – II ZR 88/83 = WM 1984, 491). Das schließt aber nicht aus, streitige Einzelansprüche vorweg einer gerichtlichen Klärung zuzuführen, um auf diese Weise die endgültige Abrechnung zu fördern. Wenn das in der Weise geschieht, daß die Feststellung verlangt wird, ein bestimmter Anspruch gehöre zugunsten oder zuungunsten eines Beteiligten in die Endabrechnung, oder ein Anspruch, dessen sich jemand berühme, sei ganz oder teilweise unbegründet und daher nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe als Einzelposten in die Auseinandersetzungsrechnung einzusetzen, dann ist dagegen nichts einzuwenden; es besteht daran im Gegenteil ein berechtigtes Interesse, um feste Grundlagen für die endgültige Abrechnung zu gewinnen (SenUrt. v. 13.6.1957 – II ZR 133/56 = WM 1957, 1027 unter III., v. 9.7.1964 – II ZR 186/62 = WM 1964, 1052 unter II. 2. b und v. 19.12.1983 – II ZR 40/83 = WM 1984, 361). Darum aber geht es, soweit sich der Kläger gegen die Behauptungen der Beklagten wendet,

Befreiungs- oder Rückgriffsansprüche aus einer von ihnen für den Schuldsaldo des Kontos 6609 dem Bankhaus S. eingeräumten Bürgschaft gehörten in die geschäftliche Abrechnung und auch bei den von den Beklagten geltend gemachten Ansprüchen handele es sich um Geschäftsdarlehen, die sie, die Beklagten, zwar aufgenommen, aber dem gemeinschaftlichen Geschäft zugeführt hätten.

Ob aus diesen Gründen Rückgriffs- oder Darlehensansprüche der Beklagten bestehen, läßt sich unabhängig von der übrigen Abrechnung feststellen. Die sinngemäß dahingehend zu verstehenden Anträge zu II. und IV. 1, jene beiden Ansprüche seien – weil Privatangelegenheit der Beklagten – nicht als Einzelposten zu deren Gunsten in die Abrechnung des Gesellschaftsverhältnisses einzustellen, können daher nicht abgewiesen, sondern müssen sachlich beschieden werden. Ihretwegen ist somit das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

2. Mit dem Feststellungsantrag zu IV. 2 hat der Kläger den Beklagten dem Grunde und der Höhe nach „Gewinnanteilsansprüche” bestreiten wollen, die diese (gegen Zahlungsansprüche des Klägers aufrechnungsweise) in Höhe von mindestens 125.000 DM geltend gemacht hatten. Dieser Antrag ist ohne weiteres unbegründet, soweit der Kläger den Beklagten überhaupt eine Gewinnbeteiligung und damit, was jetzt nur noch in Betracht kommt, einen Anspruch auf Verteilung eines etwaigen Überschusses nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses bestreitet. Denn das Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses unter Gewinnbeteiligung der Beklagten zu 50 % steht fest, nachdem das Berufungsgericht eine entsprechende Folgerung aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gezogen und die Revision dagegen nichts mehr eingewandt hat.

Der Antrag ist aber auch unbegründet, soweit der Kläger festgestellt haben möchte, daß die Beklagten der Höhe nach keine 125.000 DM (oder mehr) verlangen könnten. Denn für die Feststellung, ob den Beklagten im Endergebnis – wie der Kläger meint – nichts zusteht, gibt es keine Grundlage, solange die Auseinandersetzungsrechnung nicht aufgemacht worden ist. Ebensowenig, wie ein Gesellschafter vorweg einen Anspruch auf Zahlung erheben kann, kann er vorweg schon beantragen festzustellen, daß dem anderen kein Zahlungsanspruch zustehe; Gewinnansprüche aus früheren Jahren gehen als Einzelposten in die Auseinandersetzungsrechnung ein, und jede abschließende Feststellung setzt positiv oder negativ die Abrechnung voraus. Auch einen Anspruch, den Beklagten gegenüber lediglich festzustellen, daß diese zur Zeit keinen Gewinn ausgezahlt verlangen können, hat der Kläger nicht; denn die Beklagten haben das gar nicht beansprucht, sondern nur vorsorglich gegen (zur Zeit unberechtigte) Zahlungsansprüche des Klägers aufgerechnet. Schließlich wendet die Revision zu Unrecht ein, durch das klagabweisende Urteil des Berufungsgerichts in diesem Punkte werde rechtskräftig die unzulässige (umgekehrte) Feststellung getroffen, daß den Beklagten letzten Endes ein Gewinnanspruch von 125.000 DM oder mehr zustehe. Das ist nicht der Fall. Auch bei der negativen Feststellungsklage ergibt sich die Tragweite der Rechtskraft eines Urteils aus den Entscheidungsgründen. Insofern hatte aber schon das Berufungsgericht klargestellt, die Klage sei (nur) „im gegenwärtigen Zeitpunkt” nicht begründet. Ebenso ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen des Senats nicht mehr, als daß der Kläger den Beklagten die Gewinnbeteiligung als solche nicht bestreiten und daß er vorerst bis zur Endabrechnung auch nicht geltend machen kann, daß den Beklagten nichts zustehe. Mehr wird unter den Parteien rechtskräftig nicht entschieden; ob und für welche Seite im Endergebnis etwas auszugleichen sein wird, wird damit offengehalten.

Es verbleibt nach alledem bei der Abweisung des Feststellungsantrages zu IV. 2.

 

Fundstellen

Haufe-Index 649013

NJW 1985, 1898

ZIP 1984, 1084

JZ 1984, 902

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