Leitsatz (amtlich)

›1. Zum materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch unter Ehegatten.

2. Die Kostenvorschriften der ZPO können nicht entsprechend zur Begründung eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs herangezogen werden.‹

 

Tatbestand

Die Parteien sind Eheleute, die seit Mai 1981 getrenntleben. Zwischen ihnen schwebt das Scheidungsverfahren.

Der Beklagte reichte am 8. März 1985 gegen die Klägerin eine Klage ein, mit der er geltend machte, die Klägerin habe im Frühjahr 1984 ohne berechtigten Grund beim zuständigen Finanzamt die getrennte steuerliche Veranlagung verlangt, so daß die gemeinsame Veranlagung für das Jahr 1983 rückgängig gemacht worden sei und Steuernachforderungen gegen ihn in Höhe von 105.814 DM entstanden seien. Die Klage richtete sich auf Zahlung von 105.814 DM nebst 9% Zinsen sowie die Feststellung, daß die Klägerin auch zum Ersatz weiteren Schadens verpflichtet sei. Eine Abschrift der Klageschrift ließ der Beklagte formlos den Anwälten der Klägerin zukommen. Diese reichten am 20. März 1985 bei Gericht eine Klageerwiderung ein, in der u.a. darauf hingewiesen wurde, daß eine steuerliche Zusammenveranlagung der Parteien schon wegen ihres Getrenntlebens ausscheide. Die Zustellung der Klage unterblieb, weil der Beklagte den erforderlichen Gerichtskostenvorschuß nicht einzahlte. Durch einen bei Gericht am 21.Mai 1985 eingegangenen Schriftsatz erklärte der Beklagte die Zurücknahme der Klage. Dadurch wurde ein im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens am 22. April 1985 von der Klägerin gestellter Antrag gegenstandslos, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung einen Prozeßkostenvorschuß in Höhe von 3.750,60 DM zur Verteidigung gegen die eingereichte Klage zuzubilligen.

Die Klägerin beansprucht vom Beklagten den Ersatz der Anwaltskosten, die ihr für die Rechtsverteidigung gegen die seinerzeit eingereichte Klage (Prozeßgebühr aus einem Streitwert von 210.000 DM nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer = 2.610,60 DM) sowie für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Ehescheidungsverfahren (Prozeßgebühr aus einem Streitwert von 3.750 DM nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer = 276,63 DM), entstanden sind (zusammen 2.887,23 DM).

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist veröffentlicht in FamRZ 1986, 1240.

Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch hat die Klägerin nicht, weil in den zugrundeliegenden gerichtlichen Verfahren keine Kostenentscheidung zu ihren Gunsten ergangen ist. Entscheidend ist somit, ob ihr Erstattungsverlangen in einer sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage eine Stütze findet (vgl. BGHZ 52, 393, 396; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1982 - III ZR 148/81 - NJW 1983, 284). Das ist nicht der Fall.

a) Mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien, die Grundlage eines Schadensersatzanspruchs wegen positiver Forderungsverletzung sein könnten, hat das Oberlandesgericht erwogen, daß der Beklagte seinerzeit durch die Einreichung der Klage gegen aus § 1353 BGB herzuleitende Pflichten verstoßen und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht haben könnte. Zwischen Eheleuten bestehe ein besonderes, familienrechtlich geprägtes gesetzliches Schuldverhältnis, das u.a. die Verpflichtung zur Partnerschaft, zur Rücksichtnahme, zur Selbstdisziplin und zur Zurückstellung von eigenen Interessen begründe. Diese Pflichten könnten auch noch in der Zeit der Trennung bis zur Scheidung nachwirken. Das Oberlandesgericht hat sodann im einzelnen dargelegt, daß es ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten in diesem Sinne nicht festzustellen vermöge und daß die Klage auch an den Vorschriften des § 1359 BGB (Sorgfaltsmaßstab bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen) und des § 254 BGB (Mitverschulden) scheitern würde.

Dieser Beurteilung ist zwar nicht in allen Punkten der Begründung, aber im Ergebnis beizupflichten.

Die in § 1353 BGB statuierte Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, eine Rechtspflicht (BGHZ 37, 38, 41), steht der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche unter Ehegatten nicht allgemein entgegen; das Gesetz sieht etwa in § 1435 BGB einen Schadensersatzanspruch des einen Ehegatten gegen den anderen wegen fehlerhafter Verwaltung des Gesamtguts vor. Bei der Durchsetzung derartiger Ansprüche muß aber auf die durch die Ehe gebotenen Pflichten Rücksicht genommen werden. So ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Fall von Schadensersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall mehrfach erwogen worden, daß sich bei Berücksichtigung der sich aus der Ehe ergebenden Pflichten Beschränkungen ergeben können (vgl. BGHZ 53, 352, 356; 61, 101, 105; 63, 51, 58 ff.; 75, 134, 135 ff.; dazu Weber in KVR 18201 S. 7 ff.). Soweit erhobene Ansprüche den räumlich-gegenständlichen Lebensbereich des anderen Ehegatten berühren, ist anerkannt, daß aus § 1353 BGB ein Gegenrecht im Sinne von § 771 ZPO (vgl. BGHZ 37, 38 ff. und Urteil vom 22. März 1972 - IV ZR 25/71 - FamRZ 1972, 363, 364) sowie im Sinne von § 986 BGB (BGHZ 71, 216, 222 f.) hergeleitet werden kann. In diesen Fällen handelt es sich allerdings darum, daß § 1353 BGB Einwendungen gegen einen erhobenen Anspruch begründen kann, während es im vorliegenden Fall darum geht, ob die Verletzung einer aus § 1353 BGB abzuleitenden Verpflichtung unmittelbar einen Schadensersatzanspruch auslösen kann.

Insoweit hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13. Oktober 1976 (IV ZR 104/74 - FamRZ 1977, 38, 41) dargelegt, daß die Verletzung der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft in der Regel keinen Schadensersatzanspruch begründet, weil die Erfüllung der persönlichen Pflichten, die aus der ehelichen Lebensgemeinschaft fließen, nur durch die auf freier sittlicher Entscheidung beruhende eheliche Gesinnung gewährleistet werden kann. Damit ist jeder auch indirekte staatliche Zwang, etwa durch eine Vertragsstrafe oder eine Schadensersatzleistung, unvereinbar (ähnlich schon BGHZ 34, 80, 85; 37, 38, 42; 46, 392, 397).

Allerdings gilt dies nur für Pflichten, die dem eigentlichen, höchstpersönlichen Bereich der Ehe angehören, nicht für rein geschäftsmäßige Handlungen. So gehört die aus § 1353 BGB abzuleitende Verpflichtung der Ehefrau, der steuerlichen Zusammenveranlagung zuzustimmen, sofern dadurch die Steuerbelastung des Ehemannes verringert wird, ihr selbst aber keinerlei Nachteile erwachsen, dem rein geschäftsmäßigen Bereich an mit der Folge, daß sie sich durch eine unberechtigte Verweigerung der Zustimmung schadensersatzpflichtig machen kann (Urteil vom 13. Oktober 1976 aaO.). Darauf fußte die vom Beklagten im März 1985 eingereichte Klage; der Antrag auf Zahlung von 105.814 DM wurde damit begründet, daß die jetzige Klägerin nachträglich eine getrennte Veranlagung für das Steuerjahr 1983 verlangt und dadurch gegen ihre ehelichen Rücksichts- und Treuepflichten verstoßen habe. Wenn die Klage begründet gewesen wäre, hätte sich nach dem zuvor gesagten die Frage einer Verletzung des § 1353 BGB durch deren Einreichung nicht gestellt.

Es liegt allerdings nahe, daß der Beklagte seinerzeit die unbegründete Klage ohne sorgfältige Vorprüfung der Rechtslage eingereicht hat; nach Hinweis im Schriftsatz der Klägerin vom 18. März 1985, daß er bereits am 10. Mai 1981 die Ehewohnung verlassen habe und deswegen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG für das Steuerjahr 1983 die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung nicht mehr vorgelegen hätten, hat er sie auch alsbald fallen gelassen. Der Vorwurf der Klägerin, der Beklagte habe seinerseits gegen eine aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung verstoßen, als er sie voreilig mit einer Klage auf Zahlung einer ganz erheblichen Summe überzogen habe, ist daher nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Er wird allerdings dadurch erheblich abgeschwächt, daß die Parteien seinerzeit mehr als 3 1/2 Jahre getrennt gelebt und sich nach der Feststellung des Oberlandesgerichts bereits mehrfach, ohne einander zu schonen, gerichtlich auseinandergesetzt hatten. In einem in solcher Weise gestörten ehelichen Verhältnis bestehen Pflichten aus § 1353 BGB nicht mehr in gleichem Maße wie in einer intakten Ehe (vgl. etwa BGHZ 63, 51, 58). Schon aus diesem Grunde begegnet es Bedenken, ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten anzunehmen. Selbst wenn aber ein solches vorläge, vermöchte es keine Schadensersatzleistung auszulösen. Denn es wäre allenfalls eine jener höchstpersönlichen Pflichten verletzt, deren Erfüllung, wie ausgeführt, nicht erzwingbar und deren Verletzung nicht schadensersatzbewehrt ist. Auch wenn es um eheliches Wohlverhalten im Zusammenhang mit der Einklagung einer Forderung geht, ist eine Sanktion durch Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs unangemessen und mit dem Rechtsgedanken des § 888 Abs. 2 ZPO unvereinbar (vgl. auch Tiedtke FamRZ 1977, 686, 690 f.). Wird von einer derartigen Pflichtverletzung aber abgesehen, standen sich die Parteien ohne eine Rechtsbeziehung gegenüber, die im Falle einer unberechtigten Rechtsverfolgung aufgrund positiver Forderungsverletzung einen Kostenerstattungsanspruch begründen könnte. Die unberechtigte Klage als solche ist nicht pflichtwidrig; der Prozeß ist nicht nur ein Mittel zur Durchsetzung von Rechten, er dient auch der Klärung, ob sie überhaupt bestehen (vgl. dazu Becker-Eberhard, Grundlagen der Kostenerstattung bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche - 1985 - S. 67 ff., 103).

b) Wegen eines Ersatzanspruchs aus unerlaubter Handlung hat das Oberlandesgericht auf den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Grundsatz verwiesen, daß derjenige, der sich in subjektiv-redlicher Weise bei der Verfolgung seiner Rechte eines staatlichen, gesetzlich geregelten Verfahrens bedient, nicht außerhalb der im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen nach dem Recht der unerlaubten Handlung für die Folgen einer fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet (vgl. BGHZ 36, 18, 22; 74, 9, 15; Urteil vom 7. Oktober 1982 aaO.). Im vorliegenden Fall braucht auf diesen Grundsatz nicht einmal zurückgegriffen zu werden. § 823 Abs. 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage schon deshalb aus, weil sich aus dem Klagevorbringen kein Eingriff in eines der durch diese Vorschrift geschützten Rechtsgüter ergibt. Das Vermögen als solches gehört nicht dazu (vgl. Schneider ZZP 76, 32, 37; Becker-Eberhard aaO. S. 83 f.). Für die Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB oder für die Voraussetzungen des § 826 BGB sind keine zureichenden Anhaltspunkte vorgetragen worden. Die Revision erhebt auch keine Angriffe dagegen, daß eine Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung verneint worden ist.

c) Das Oberlandesgericht hat weiter angenommen, daß die Kostenvorschriften der ZPO außerhalb eines Prozeßrechtsverhältnisses, das hier mangels Zustellung der Klage nicht begründet worden sei, keine materiell-rechtliche Bedeutung hätten; die Klägerin könne darauf ihren Ersatzanspruch nicht stützen. Die Revision verweist demgegenüber darauf, daß der Beklagte der Klägerin seinerzeit eine Abschrift der Klageschrift hat zukommen lassen; das Unterbleiben einer förmlichen Zustellung sei eher zufällig gewesen. Eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO müsse möglich sein und sei angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles auch ein Gebot der materiellen Gerechtigkeit.

Dem kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, daß eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nur einen Teil der geltend gemachten Anwaltskosten decken würde - hinsichtlich der Kosten für den Antrag auf eine einstweilige Anordnung im Eheprozeß griffe die Sonderregelung der §§ 620g, 93a ZPO ein - ist dem Oberlandesgericht darin beizupflichten, daß die Kostenvorschriften der ZPO nicht als Anspruchsgrundlage für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch herangezogen werden können.

Dies hat der Bundesgerichtshof bereits für das Beweissicherungsverfahren (Urteil vom 7. Oktober 1982 aaO.) sowie für den Fall entschieden, daß nach dem Klagevortrag andere Anspruchsgrundlagen (insbesondere aus Verschulden beim Vertragsschluß oder positiver Vertragsverletzung) in Betracht kommen (Urteil vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85 -NJW 1986, 2243, 2245); in Wettbewerbs- und Warenzeichensachen ist die Frage ausdrücklich offengelassen worden (vgl. BGHZ 52, 393, 396; Urteil vom 13. Juni 1980 - I ZR 96/78 - NJW 1981, 224). Im vorliegenden Fall scheiden jedoch, wie ausgeführt, andere Anspruchsgrundlagen aus.

Im neueren Schrifttum wird kaum mehr vertreten, daß die Kostenvorschriften der ZPO zur Begründung eines sachlichrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs entsprechend angewendet werden können (vgl. etwa Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl. Vorbem. § 91 Rdn. 14 m.N., zur Gegenmeinung in Fußn. 38; Zöller/Schneider ZPO 15. Aufl. Vorbem. § 91 Rdn. 11; Thomas/Putzo ZPO 14. Aufl. Vorbem. § 91 Anm. IV 2; Becker-Eberhard aaO. S. 126 ff.; Schneider MDR 1981, 353, 354; Dittmar NJW 1986, 2088, 2090). Zwar befriedigt es wenig, daß in einem Fall wie dem vorliegenden der Verklagte die Kosten seiner letztlich erfolgreichen Rechtsverteidigung selbst tragen muß, während er bei Zurücknahme der Klage nach Begründung eines Prozeßrechtsverhältnisses einen Erstattungsanspruch nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO gehabt hätte. Dies reicht jedoch nicht aus, um die analoge Anwendung dieser Vorschrift oder anderer Kostenvorschriften der ZPO als Anspruchsgrundlage für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu rechtfertigen. Diese Vorschriften beruhen auf dem Grundsatz, daß der im Prozeß Unterliegende ohne Rücksicht auf ein Verschulden die notwendigen Prozeßkosten des Obsiegenden tragen soll. Diesen Gedanken auf das materielle Haftungsrecht zu übertragen, wäre schon deswegen bedenklich, weil außerhalb der ausdrücklich im Gesetz geregelten Fälle eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung eingeführt würde (vgl. Schneider aaO.). Wenn eine gerichtliche Entscheidung über die Hauptsache nicht ergangen ist, fehlt es auch an einem eindeutigen Anknüpfungspunkt für das Unterliegen - müßte erst im Haftungsprozeß geklärt werden, wer als unterlegen anzusehen ist, würde über das Prozeßrecht noch hinausgegangen, da in diesem, wie § 91a ZPO zeigt, allein wegen der Kostenfrage die Hauptsache nicht abschließend beurteilt werden soll (vgl. Dittmar aaO.). Wenn sich jemand - wie der Beklagte im Vorprozeß - durch die Aufgabe weiterer Rechtsverfolgung freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, ist nicht immer unbillig, daß er die Kosten des Gegners nicht erstatten muß. Dies gilt etwa dann, wenn er die weitere Rechtsverfolgung wegen des allgemeinen Prozeßrisikos, wegen mangelnder Realisierungschancen eines Titels oder aus Kulanz aufgegeben hat. Für den Fall, daß die Klage zusammen mit einem Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht und nach dessen Ablehnung nicht zugestellt worden ist, ergibt sich aus der positiven Regelung des § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO, daß zwischenzeitlich aufgewendete Rechtsverteidigungskosten nicht zu erstatten sind (vgl. OLG Celle AnwBl. 1983, 92). Letztlich entscheidend ist aber, daß das materielle Haftungsrecht keine planwidrige Lücke aufweist, die durch eine entsprechende Anwendung der Kostenvorschriften der ZPO auszufüllen wäre. Das materielle Recht strebt nämlich in keiner seiner Gestaltungsformen den lückenlosen Ausgleich der einem anderen zugefügten Vermögensnachteile an, sondern enthält auch sonst zahlreiche Fälle, in denen die Verursachung eines Schadens nicht zu einer Ersatzpflicht führt (vgl. Stein/Jonas/Leipold aaO.; eingehend Becker-Eberhard aaO. S. 128 ff.). Für eine Analogie fehlt somit nach allgemeinen Grundsätzen die rechtfertigende Grundlage.

2. Nach allem kann die Klägerin die geltend gemachten Anwaltskosten nicht als Schadensersatz erstattet verlangen. Die von den Vorinstanzen erörterte Vorschrift des § 1360a Abs. 4 BGB scheidet schon deswegen aus, weil ein Prozeßkostenvorschuß begrifflich nicht für die Vergangenheit und somit dann nicht mehr verlangt werden kann, wenn der zugrundeliegende Rechtsstreit bereits abgeschlossen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 94, 316, 319). Ob daneben die fraglichen Kosten als unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf geltend gemacht werden könnten, kann dahinstehen, weil die tatsächlichen Voraussetzungen dafür hier nicht vorliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. November 1981 - IVb ZR 608/80 - FamRZ 1982, 145, 146). Auch hilft die Erwägung der Revision nicht weiter, die Klägerin hätte seinerzeit eine negative Feststellungsklage erheben können, wodurch mindestens gleichhohe vom Beklagten zu erstattende Kosten entstanden wären. Eine solche Feststellungsklage ist tatsächlich nicht erhoben worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992914

NJW 1988, 2032

DRsp I(165)193a-b

FamRZ 1988, 143

JuS 1990, 790

MDR 1988, 300

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge