Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 08.02.1985) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 8. Februar 1985 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die durch das Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten (R.), einem Jahr (H.) sowie zehn Monaten (H.-W.) verurteilt und die Vollstreckung der Strafen zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf einer Umsatzsteuerverkürzung, der gegen die Angeklagten H. und H.-W. erhoben worden war, hat die Strafkammer diese Angeklagten freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer auf den Strafausspruch gegen den Angeklagten R. und die Teilfreisprüche beschränkten – vom Generalbundesanwalt nur bezüglich der Teilfreisprüche vertretenen – Revision die Verletzung sachlichen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. a) Die den Angeklagten R. betreffenden Strafzumessungserwägungen enthalten keine Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten. Soweit sich bei der gemäß § 301 StPO erfolgten Überprüfung des Urteils ein Bedenken ergeben hat, handelt es sich nicht um einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten. Im Rahmen der Erschwerungsgründe hat das Landgericht u.a. ausgeführt, es habe schließlich nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, daß die Subunternehmergeschäfte, zu denen er Hilfe geleistet habe, von vornherein auf die Begehung von Straftaten angelegt gewesen seien (Bl. 126 UA). Diese Würdigung ist zwar mit dem Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB) unvereinbar. Sie hat sich jedoch auf die Höhe der sehr maßvollen Strafe nicht ausgewirkt.
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bietet die Begründung der Strafaussetzung, die das Landgericht dem Angeklagten gewährt hat, keinen Anlaß zu Beanstandungen. Die Strafkammer hat ihre Entscheidung nicht auf einen einzigen Milderungsgrund gestützt, sondern durch ihren Hinweis auf die „Vielzahl von Milderungsgründen” ersichtlich die auf Bl. 123 bis 126 UA dargelegten Umstände in ihre Gesamtwürdigung einbezogen. Die Feststellung, daß eine Vollstreckung der Strafe die neue berufliche Existenz des Angeklagten gefährden würde, hält sich in den Grenzen zulässiger tatrichterlicher Beweiswürdigung.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Teilfreisprüche der Angeklagten H. und H.-W..
Als Geschäftsführer eines Tief- und Straßenbauunternehmens beschäftigten sie von Februar 1979 bis März 1982 ausländische Arbeitnehmer, die ihnen von Drittfirmen auf Grund unerlaubter Arbeitnehmerüberlassungsverträge zur Verfügung gestellt wurden. Sie nahmen zumindest billigend in Kauf, daß ihre Vertragspartner in größerem Umfang Schwarzarbeiter einsetzten, für die sie keine Lohnsteuer und Sozialabgaben abführten. In den Rechnungen der betreffenden Firmen wurden nicht die Arbeitsstunden, sondern angeblich erbrachte Werkleistungen bezeichnet.
Den beiden Angeklagten wird in der zugelassenen Anklage Steuerhinterziehung zur Last gelegt, weil sie die in den Rechnungen ausgewiesenen Mehrwertsteuerbeträge als Vorsteuer von der Umsatzsteuerschuld ihres Unternehmens abgezogen hatten. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war der Vorsteuerabzug wegen der falschen Angabe des Leistungsgegenstandes unzulässig. Das Landgericht hat die Angeklagten von diesem Vorwurf mit der Begründung freigesprochen, ihnen sei nicht zu widerlegen, daß sie geglaubt hätten, trotz der unrichtigen Leistungsangabe zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Unter den gegebenen Umständen könne nicht ausgeschlossen werden, daß sie dem falschen Leistungsausweis im Hinblick auf den späteren Vorsteuerabzug keine weitere Bedeutung zugemessen, sondern gedacht hätten, es reiche aus, wenn der leistende Unternehmer und das Gesamtentgelt richtig bezeichnet und die Mehrwertsteuer zutreffend ausgewiesen seien. In diesem Fall hätten sie sich über den umsatzsteuerrechtlichen Rechnungsbegriff geirrt. Ein Irrtum über das Bestehen des Steueranspruchs stelle einen (vorsatzausschließenden) Tatbestandsirrtum dar.
Die Angriffe der Revisionsführerin gegen diese Würdigung gehen fehl. Das gilt sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht. Die Beweiswürdigung zur Vorstellung der Angeklagten läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Soweit in der Revisionsbegründung darauf abgestellt wird, die beiden Angeklagten hätten nach der Parallelwertung in der Laiensphäre erfaßt, daß Rechnungen mit falscher Leistungsbeschreibung nicht zum Vorabzug der in ihnen angegebenen Mehrwertsteuerbeträge berechtigten, entfernt sich die Beschwerdeführerin von den getroffenen Tatsachenfeststellungen. Davon abgesehen verkennt sie, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Irrtum des Steuerschuldners über das Bestehen des Steueranspruchs den Vorsatz ausschließt (BGHSt 5, 90; NJW 1980, 1005 f).
Da jedenfalls der subjektive Tatbestand nicht gegeben ist, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob die Angeklagten den objektiven Tatbestand erfüllt haben.
Angesichts der kontroversen Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit unrichtiger Leistungsbeschreibung ist auch die Verneinung einer leichtfertigen Steuerverkürzung rechtsfehlerfrei.
Unterschriften
Herdegen, Meyer, Maier, Niemöller, Gollwitzer
Fundstellen