Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährung der Ansprüche aus einem Verbraucherdarlehensvertrag. Umfang der Verjährungshemmung
Leitsatz (amtlich)
a) Die Verjährung von Ansprüchen des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer aus einem Verbraucherdarlehensvertrag, die vor dem 31.12.2001 entstanden sind und zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, wird gem. § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ab dem 1.1.2002 gehemmt.
b) Die Verjährungshemmung nach § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst sowohl die in den Darlehensraten enthaltenen Tilgungsanteile, Vertragszinsen und Bearbeitungsgebühren als auch die Verzugszinsen.
Normenkette
BGB § 497 Abs. 3 S. 3; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 28.05.2009; Aktenzeichen 5 U 4/09) |
LG Lübeck (Urteil vom 12.12.2008; Aktenzeichen 2 O 351/07) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Schleswig vom 28.5.2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 8.478,57 EUR nebst Zinsen hinaus i.H.v. 16.878,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Diskont- bzw. Basiszinssatz auf monatlich jeweils 468,85 EUR beginnend ab dem 16.1.1998 und fällig jeweils zum 16. des Folgemonats bis einschließlich 16.12.2000 abgewiesen worden ist, und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Lübeck vom 12.12.2008 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.357,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Diskont- bzw. Basiszinssatz auf monatlich jeweils 468,85 EUR beginnend ab dem 16.1.1998 und fällig jeweils zum 16. des Folgemonats bis einschließlich 16.5.2002, sowie auf 508,12 EUR ab dem 16.6.2002 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3, von den Kosten der zweiten Instanz tragen die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5, die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Rückzahlung eines Verbraucherdarlehens nebst Vertrags- und Verzugszinsen.
Rz. 2
Der Beklagte schloss mit der Klägerin am 24.5.1993 einen als "Allzweckkredit" bezeichneten Darlehensvertrag mit einem Nettokreditbetrag von 61.000 DM (31.188,80 EUR), der bei einem monatlichen Zinssatz von 0,56 % und unter Berücksichtigung einer zweiprozentigen Bearbeitungsgebühr in 107 Raten á 917 DM (468,85 EUR) und einer Schlussrate zu 993,80 DM (508,12 EUR) zurückgeführt werden sollte. Der Beklagte zahlte die jeweils zum 15. eines Monats fälligen Raten nur bis einschließlich Oktober 1993. Die wegen Zahlungsverzugs erklärte Kündigung der Klägerin vom 4.7.1994 konnte dem Beklagten nicht zugestellt werden, weil er unbekannt verzogen war. Die vertraglich vereinbarte Laufzeit des Darlehens endete am 15.6.2002. Nachdem der Klägerin die Anschrift des Beklagten bekannt wurde, machte sie mit Scheiben vom 11.11.2004 ihre Ansprüche gegen ihn geltend.
Rz. 3
Das LG hat der ursprünglich auf Zahlung von 72.971,13 EUR gerichteten und dem Beklagten am 2.2.2008 zugestellten Klage i.H.v. 65.200,06 EUR stattgegeben und nur die Raten für den Zeitraum 15.11.1993 bis 15.1.1995 als verjährt angesehen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert, den Beklagten zur Zahlung von lediglich 8.478,57 EUR (Raten vom 15.1.2001 bis 15.6.2002) nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen (Raten bis einschließlich Dezember 2000) wegen Verjährung abgewiesen. Der erkennende Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zugelassen, soweit die Klage hinsichtlich der Raten von Januar 1998 bis Dezember 2000i.H.v. 16.878,60 EUR nebst Zinsen abgewiesen worden ist. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur Verurteilung des Beklagten in Höhe weiterer - über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 8.478,57 EUR hinausgehender - 16.878,60 EUR nebst Zinsen.
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 6
Das Darlehen sei vor seiner vertraglich bestimmten Beendigung von der Klägerin nicht wirksam gekündigt worden mit der Folge, dass die Klägerin lediglich die Darlehensraten einschließlich Verzugszinsen beanspruchen könne, soweit diese nicht bereits verjährt seien. Entgegen der Ansicht des LG habe die Klägerin Anspruch auf Zahlung von lediglich 8.478,57 EUR nebst Zinsen, da nicht nur die Raten für den Zeitraum vom 15.11.1993 bis 15.1.1995, sondern auch die bis einschließlich 31.12.2000 fälligen verjährt seien. Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB finde auf den Darlehensvertrag ab 1.1.2003 zwar das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner neuen Fassung Anwendung. Allerdings gelte für die periodisch fälligen Zins- und Tilgungszahlungen wegen Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. Die Sonderverjährungsvorschrift des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB n.F., die auch auf Altverträge Anwendung finde, führe dazu, dass die neue regelmäßige (dreijährige) Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB n.F. länger als die alte (vierjährige) Frist der §§ 197, 201 BGB a.F. sei. Deswegen verbleibe es bei der letztgenannten Frist, die am 31.12.2004 abgelaufen sei. Die allein auf § 195 BGB n.F. abstellende Gegenansicht widerspreche dem Sinn des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB, da der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsreform nicht die Verlängerung zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits laufender Verjährungsfristen habe bewirken wollen.
II.
Rz. 7
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, auch der Anspruch der Klägerin aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Darlehensraten im Zeitraum Januar 1998 bis einschließlich Dezember 2000 sei verjährt. Insoweit hat das Berufungsgericht die Klage auf Zahlung der Raten nebst Verzugszinsen zu Unrecht abgewiesen.
Rz. 8
1. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Darlehensraten nebst den auf sie zu zahlenden Verzugszinsen nach altem Recht am 31.12.2001 noch nicht verjährt waren und daher in den Anwendungsbereich des Art. 229 § 6 EGBGB fallen.
Rz. 9
a) Für die in den Darlehensraten enthaltenen Vertragszinsen und Teile der einmaligen Bearbeitungsgebühr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [186]) galt nach altem Recht die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. Diese war am 31.12.2001 noch nicht abgelaufen.
Rz. 10
b) Ob die in den Raten enthaltenen Tilgungsleistungen auch nach § 197 BGB a.F. in vier Jahren verjährten (so die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur: OLG Hamm WM 1990, 924 [926]; OLG Stuttgart WM 1992, 864 [865 ff.]; OLG Celle MDR 1994, 157 f.; OLG Schleswig, NJW-RR 2003, 627 f.; Grothe in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 197 Rz. 2; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2001, § 197 Rz. 24; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 197 Rz. 5; Bruchner in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 81 Rz. 211; Emmerich in Graf von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 11 Rz. 74; Beining, NJW 1990, 1464 [1466]; vgl. auch für Annuitätendarlehen BGH, Urt. v. 12.6.2001 - XI ZR 283/00, BGHZ 148, 90 [93 f.]) oder der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F. unterfielen (so LG Krefeld NJW 1991, 2026 f.; Schwachheim, NJW 1989, 2026 [2028 ff.]), kann dahinstehen, da sowohl die Frist des § 197 BGB a.F. als auch die andernfalls maßgebliche dreißigjährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB a.F. am 31.12.2001 noch nicht abgelaufen war.
Rz. 11
c) Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen auf die fälligen Raten war ebenfalls am 31.12.2001 noch nicht verjährt, da die insofern nach § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKrG a.F. maßgebliche dreißigjährige Frist des § 195 BGB a.F. zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Rz. 12
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB n.F. als Sonderverjährungsvorschrift angesehen, sie deswegen in einen Fristenvergleich nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB mit § 197 BGB a.F. einbezogen und danach die in der Revisionsinstanz noch streitigen Ansprüche aufgrund der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. als verjährt angesehen.
Rz. 13
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB n.F. nicht um eine Sonderverjährungsvorschrift, sondern nach ihrem eindeutigen Wortlaut um eine Norm, die die Hemmung einer aufgrund anderer Vorschriften in Gang gesetzten Verjährung bewirkt. Die Rechtsfolge der Hemmung ist wie bei anderen Hemmungstatbeständen auch, dass gem. § 209 BGB der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird.
Rz. 14
b) Soweit das Berufungsgericht meint, eine derartige Handhabung widerspreche dem Sinn und Zweck des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB, da der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe, zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits laufende Verjährungsfristen zu verlängern, so ist dies unzutreffend. Die erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Intervention des Bundesrates eingefügte (BT-Drucks. 14/6040 i.V.m. BT-Drucks. 14/6857, 34) Norm des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB hatte vor dem Hintergrund der nunmehrigen kurzen Regelverjährung nur den Zweck, es zu vermeiden, dass der Gläubiger trotz eingehender Zahlungen des Schuldners allein zur Verhinderung des Verjährungseintritts die Titulierung der Forderung betreibt und dadurch weitere Kosten zu Lasten des Schuldners verursacht (BT-Drucks. 14/6857, 65 f.). Dass sich dadurch die Verjährung eines vor dem 1.1.2002 entstandenen und noch nicht verjährten Darlehensrückzahlungsanspruchs im Verhältnis zum alten Recht faktisch verlängern kann (so auch Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rz. 7), hat der Gesetzgeber dabei in Kauf genommen. Dies zeigt sich schon daran, dass es für alle nach dem 1.1.2002 entstandenen Ansprüche auf Darlehensrückzahlung wegen der gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB geltenden dreijährigen Regelverjährung in Verbindung mit dem Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB im Vergleich zur vierjährigen Frist des § 197 BGB a.F. faktisch zu einer derartigen Verlängerung der Verjährungsfrist kommt. Dann ist aber nicht einzusehen, warum dies nicht auch für schon vor dem 1.1.2002 entstandene, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht verjährte und damit der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB unterfallende Ansprüche möglich sein soll (so auch OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2007, 417, 418).
Rz. 15
3. Die Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin ist nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der vorliegenden Klage gehemmt worden, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren.
Rz. 16
a) Die Verjährung ist mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ab dem 1.1.2002 gem. § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB n.F. auf die Dauer von längstens zehn Jahren von ihrer Entstehung an gehemmt worden. Das hat dazu geführt, dass die Verjährungsfristen - sowohl des § 197 BGB a.F. als auch der §§ 195, 199 BGB n.F. - bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen waren.
Rz. 17
b) Für die Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist gilt in Übergangsfällen das Stichtagsprinzip (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., EGBGB Art. 229 § 6 Rz. 7). Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden auf die am 1.1.2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit diesem Tag geltenden Fassung und damit auch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB Anwendung. Der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der der Senat zustimmt, aufgrund der eindeutigen Übergangsregelung in Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB vor dem Jahr 2002 entstandene, aber noch nicht verjährte Ansprüche wie die hier ab dem Jahr 1998 fällig gewordenen Raten, obwohl es nach altem Recht keine entsprechende Regelung gab (OLG Köln WM 2007, 1324 [1325]; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2006 - 6 U 248/05, juris Rz. 7 f.; OLG Hamm WM 2007, 1328 [1329]; OLG Celle WM 2007, 1319 [1323]; OLG Karlsruhe, OLGR 2007, 417, 418; OLG Jena, Urt. v. 25.8.2008 - 5 U 404/07, juris Rz. 20; MünchKomm/BGB/Schürnbrand, 5. Aufl., § 497 Rz. 38; Staudinger/Peters, BGB, Bearb. 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rz. 17; Erman/Schmidt-Ränsch, BGB, 12. Aufl., Anh. zu Vorb. §§ 194-218 Rz. 4; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., EGBGB Art. 229 § 6 Rz. 7; Budzikiewicz, WM 2003, 264 [374]).
Rz. 18
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, da dort lediglich geregelt ist, dass sich die Hemmung der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1.1.2002 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmt. Der schon vor dem 1.1.2002 vorliegende, aber über diesen Tag hinausreichende Dauertatbestand des Verzuges bewirkt über Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB ab dem 1.1.2002 den Eintritt der Hemmung.
Rz. 19
Daran vermag auch Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB, der § 497 BGB in der seit dem 1.8.2002 geltenden Fassung nur auf nach dem 1.11.2002 entstandene Schuldverhältnisse für anwendbar erklärt, nichts zu ändern. Denn das OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23.7.2002 (BGBl. I, 2850), auf das die Norm zurückgeht, betraf § 497 BGB lediglich insoweit, als es in seinem Art. 25 Nr. 14 dessen Abs. 1 änderte und einen neuen Abs. 4 aufnahm, den durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I, 3138) eingefügten Abs. 3 Satz 3 jedoch unberührt ließ. Die von Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB erst ab 1.11.2002 angeordnete Anwendbarkeit bezieht sich daher nicht auf den Sonderhemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB (so auch OLG Hamm WM 2007, 1328 [1329]).
Rz. 20
Was die im Jahr 1998 fällig gewordenen Raten angeht, zeitigt auch Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB kein anderes Ergebnis. Nach dieser Vorschrift findet zwar auf vor dem 1.1.2003 entstandene Dauerschuldverhältnisse bis zum 31.12.2002 das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung, so dass mangels Geltung eines § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechenden Hemmungstatbestandes im alten Recht gem. §§ 197, 198 Satz 1, § 201 Satz 1 BGB a.F. mit Ablauf des 31.12.2002 Verjährung eingetreten wäre. Indes ist § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB - als im materiellen Recht verortete, nichtsdestotrotz aber rein verjährungsrechtliche Regelung - gemäß dem für Vorschriften der Verjährung spezielleren Art. 229 § 6 EGBGB unabhängig davon anzuwenden, ob für Ansprüche aus einem Darlehensvertrag aus der Zeit vor dem 1.1.2003 gem. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB altes materielles Recht gilt (BGH, Urt. v. 13.7.2010 - XI ZR 27/10, WM 2010, 1596 Rz. 9 f.).
Rz. 21
c) Die Hemmung nach § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB mit Wirkung ab dem 1.1.2002 sowohl den streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vertragsgemäß geschuldeten Raten (Tilgung, Vertragszinsen, Bearbeitungsgebühr) als auch den Anspruch auf die auf die Raten zu zahlenden Verzugszinsen.
Rz. 22
Durch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB werden nach herrschender Meinung, der der Senat zustimmt, rückständige Darlehensraten in vollem Umfang, also auch soweit in ihnen Vertragszinsen enthalten sind, und die Verzugszinsen erfasst (MünchKomm/BGB/Schürnbrand, 5. Aufl., § 497 Rz. 38; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Bearb. 2004, § 497 Rz. 36; Erman/Saenger, BGB, 12. Aufl., § 497 Rz. 45; Nobbe/Müller-Christmann, Kommentar zum Kreditrecht, § 497 Rz. 22, 26; wohl auch Reiff in AnwKomm, BGB, § 497 Rz. 11).
Rz. 23
Die auf den Wortlaut der Vorgängerregelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKrG a.F. abstellende Gegenansicht (Budzikiewicz, WM 2003, 264 [273]; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7. Aufl., § 497 Rz. 73; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 497 Rz. 10) übersieht, dass sich die Gesetzesbegründung, die von einer inhaltlichen Entsprechung des neuen § 497 BGB und des bisherigen § 11 VerbrKrG spricht (BT-Drucks. 14/6040, 28, 256), auf eine Fassung bezieht, die § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB noch nicht enthielt. Dessen Einfügung diente gerade dazu, den Darlehensgeber davon abzuhalten, allein zur Vermeidung des Verjährungseintritts eine Titulierung seiner Forderung zu betreiben (BT-Drucks. 14/6857, 34, 65 f.) und dadurch die ohnehin schon bestehende Schuldenlast des Darlehensnehmers unnötig zu erhöhen. Dieser Gesetzeszweck trifft aber nicht nur für die in den monatlichen Darlehensraten enthaltenen, unstreitig der Hemmungsnorm des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB unterfallenden Tilgungs-, sondern auch für die darin eingeschlossenen Zinsanteile zu. Es ist nicht einzusehen, dass der - sich beim Annuitätendarlehen ständig verändernde, beim Ratenkredit gleich bleibende - (Zins-)Anteil einer einheitlichen monatlichen Summe früher als die Tilgungsleistung verjähren und den Gläubiger diesbezüglich zu kostenauslösenden Maßnahmen zwingen soll.
Rz. 24
Dies gilt umso mehr, als die von § 367 Abs. 1 BGB abweichende Verrechnungsnorm des § 497 Abs. 3 Satz 1 BGB ebenfalls nur zwischen Zinsen nach Abs. 2 (Verzugszinsen) und dem "übrigen geschuldeten Betrag" nach Abs. 1 (Darlehensraten) differenziert und gerade keine Unterscheidung zwischen (Vertrags-)Zinsleistungen und Tilgungsanteilen trifft, so dass die aus der Gegenansicht folgende frühere Verjährung der Zinsleistungen auch nicht durch eine vorrangige Verrechnung der Zahlungen auf diese Schuld des Darlehensnehmers abgefangen wird.
Rz. 25
Der Wortlaut des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB spricht dementsprechend nicht nur - insoweit noch mit § 11 Abs. 3 VerbrKrG übereinstimmend - von "Zinsen", sondern darüber hinausgehend auch von "Darlehensrückerstattung" bzw. - der sprachlichen Vereinheitlichung im Gelddarlehensbereich geschuldet (vgl. BT-Drucks. 16/11643, 12, 84 i.V.m. BT-Drucks. 16/13669, 18, 123) - seit dem 11.6.2010 (Art. 1 Nr. 27 Buchst. c des Gesetzes vom 29.7.2009, BGBl. I, 2355) von "Darlehensrückzahlung", worunter nach dem oben Gesagten sowohl Tilgungs- als auch (Vertrags-)Zinsleistungen zu verstehen sind.
Rz. 26
d) Der Eintritt der Hemmung gem. § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB ist auch nicht davon abhängig, ob der Schuldner überhaupt Teilleistungen erbringt oder sich die gegenüber § 367 Abs. 1 BGB veränderte Tilgungsreihenfolge auswirkt (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2007 - XI ZR 263/06, juris). Daher war der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der bis zum 31.12.2001 fällig gewordenen Darlehensraten nebst Zinsen wegen des infolge der kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit gem. § 284 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BGB eingetretenen Verzugs vom 1.1.2002 an bis zum Ablauf der Höchstfrist von zehn Jahren ab Anspruchsentstehung gem. § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB gehemmt.
Rz. 27
Die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der am 15.1.1998 fälligen Darlehensrate nebst Zinsen war danach vom 1.1.2002 an bis zum 15.1.2008 (Ablauf der Höchstfrist von zehn Jahren ab Anspruchsentstehung) gehemmt. Die ab dem 16.1.2008 wieder laufende Verjährungsfrist wurde sodann durch die Klageerhebung am 2.2.2008 erneut gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Sowohl die Frist des § 197 BGB a.F. als auch die der §§ 195, 199 BGB n.F. war infolge der zuvor durch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB bewirkten Hemmung bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen (§ 209 BGB). Was die übrigen, erst später fällig gewordenen Raten sowie die Verzugszinsen angeht, dauerte die durch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB seit dem 1.1.2002 bewirkte Hemmung zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch an, so dass auch diesbezüglich Verjährung noch nicht eingetreten ist.
III.
Rz. 28
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da der Sachverhalt vom Berufungsgericht ausreichend geklärt worden ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und - mangels Verjährung der Darlehensraten nebst Verzugszinsen für die Monate Januar 1998 bis Dezember 2000 - unter teilweiser Zurückweisung der Berufung und Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Verurteilung des Beklagten in Höhe weiterer 16.878,60 EUR nebst Zinsen mit der Kostenfolge aus §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO selbst aussprechen.
Fundstellen
Haufe-Index 2692313 |
BGHZ 2012, 104 |
BB 2011, 1345 |
DB 2011, 8 |
NJW 2011, 1870 |
NJW 2011, 8 |
EBE/BGH 2011 |
EWiR 2011, 373 |
NZG 2011, 835 |
WM 2011, 973 |
WuB 2011, 499 |
ZAP 2011, 912 |
ZIP 2011, 996 |
MDR 2011, 743 |
NJ 2011, 337 |
VuR 2011, 350 |
BKR 2011, 289 |
GWR 2011, 263 |
ZGS 2011, 325 |
FMP 2011, 112 |