Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Februar 1998 aufgehoben und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 14. Oktober 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger begehrt Feststellung, daß das Mietverhältnis mit der Beklagten durch die von ihm unter dem 19. März 1997 erklärte Kündigung zum 30. September 1997 beendet wurde. Er stützt diese Kündigung auf § 566 BGB.
Mit Vertrag vom 30. November 1993 vermietete die Beklagte dem Kläger noch nicht errichtete Gewerberäume zum Betrieb einer Zahnarztpraxis für Zeit vom 17. Dezember 1993 bis mindestens 30. November 2008.
§ 1 Abs. 1 des Mietvertrages lautet auszugsweise:
›Der Vermieter ist/wird Eigentümer des Grundstücks … (Grundbuchbezeichnung). Er beabsichtigt, auf diesem Grundstück ein „Stadtteilzentrum” mit Läden, Büros und Wohnungen und ein Büro- und Ärztehaus mit Büros und Wohnungen und Tiefgaragen zu bauen. Ausführung und Ausstattung des Bauwerks ergeben sich aus der Vermieterbaubeschreibung (Anlage 1).
Von dem Bauwerk vermietet der Vermieter die folgenden Teilflächen an den Mieter: A. H., Gebäudeteil E, 1. OG Büro rechts.
Dem Mieter, seinen Mitarbeitern oder Kunden werden folgende Kfz.-Tiefgaragenplätze zur Mitbenutzung überlassen: Tiefgaragenplatz Nummer (1 Stellplatz im Doppelparker).
Die Lage der Mietgegenstände/Stellplätze ist in dem Lageplan (Anlage 2) durch rote Umrandung gekennzeichnet.
Die besonderen Anforderungen des Mieters hinsichtlich der von ihm angemieteten Bauteile und Flächen sind Gegenstand der Mieterbaubeschreibung (Anlage 3). Diese geht im Zweifel der Vermieterbaubeschreibung vor.‹
Der Mietvertrag besteht aus 18 fortlaufend paginierten Einzelblättern. Der Vertragstext ist in fortlaufend numerierte Paragraphen unterteilt, weist ein einheitliches Schriftbild auf und ist am Ende der Seite 18 von beiden Parteien unterzeichnet. Die übrigen Seiten sind jeweils vom Kläger unterzeichnet und vom Abschlußvertreter der Beklagten paraphiert.
Mit diesem Vertrag nicht fest verbunden sind 22 Seiten Anlagen, die mit den Seitenzahlen 19 bis 40 versehen, ebenfalls auf jeder Seite vom Kläger unterzeichnet sowie vom Abschlußvertreter der Beklagten paraphiert sind. Blatt 19 und 20 sind Geschoßpläne, die als „Obergeschoß Büros 1:100 A.” bzw. „Kellergeschoß Büros 1:100 A.” gekennzeichnet sind, während der Plan Blatt 21 die Bezeichnung „Garagen- sowie Kellergeschosse 1 und 2” trägt und im Bereich „Tiefgarage mit 72 Stellplätzen” eine handschriftliche Markierung mit dem Zusatz „22 unten” enthält. Blatt 22 bis 40 enthalten die „Baubeschreibung Bauteil E: Büros”, deren einzelne Seiten die Überschrift „Umbau und Neubau A. H.” tragen.
Eine Anlage 3 (Mieterbaubeschreibung) existiert nicht. Die Parteien haben nicht vorgetragen, daß der Kläger besondere Anforderungen hinsichtlich der von ihm angemieteten Bauteile und Flächen gestellt habe.
Mit „Nachtrag zum Mietvertrag vom 30.11.1993” vom 19. April 1994, der von beiden im Nachtrag namentlich aufgeführten Parteien unterzeichnet ist, wurde die Mietfläche des Büros mit 88,06 qm (statt der in § 6 Abs. 1 genannten Fläche von ca. 83,20 qm) festgelegt und der Mietzins hierfür von 32,20 DM auf 28,00 DM pro qm, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, ermäßigt.
Das Feststellungsbegehren hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin Abweisung der Klage begehrt.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht sieht die Schriftform des Mietvertrages als nicht gewahrt an, weil es an der erforderlichen festen Verbindung der Anlagen mit dem Hauptvertrag fehle. Allein durch die fortlaufende Paginierung auch der Anlagen werde die Urkundeneinheit nicht gewahrt, weil sich daraus nicht ersehen lasse, wo der Mietvertrag ende, und weil die Paraphe der Beklagten deren notwendige Unterschrift nicht ersetzen könne. Auch der inhaltliche Zusammenhang reiche nicht aus, die Urkundeneinheit zu wahren, weil die in § 1 des Mietvertrages erwähnten Anlagen 1, 2 und 3 weder als solche noch ausdrücklich als Vermieterbaubeschreibung, Lageplan und Mieterbaubeschreibung bezeichnet worden seien.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
Die Feststellungsklage ist unbegründet, weil die Kündigung vom 19. März 1997 das Mietverhältnis nicht beendet hat. Die Bestimmung in § 4 Abs. 2 des Mietvertrages, derzufolge das Mietverhältnis frühestens zum 30. November 2008 gekündigt werden kann, ist wirksam, weil der Mietvertrag die nach § 566 BGB erforderliche Schriftform wahrt.
1. Auch ohne körperlich feste Verbindung der einzelnen Blätter entspricht der Hauptvertrag (Seiten 1 bis 18) den Anforderungen an die Urkundeneinheit, die der Senat in seiner Entscheidung BGHZ 136, 357 dargelegt hat.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedurfte es auch nicht einer festen körperlichen Verbindung zwischen dem Hauptvertrag und den Anlagen hierzu.
a) Das Fehlen der im Mietvertrag erwähnten Anlage 3 steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen, weil dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen ist, daß die Parteien sich über Sonderwünsche des Klägers geeinigt hätten. Nur der Inhalt der tatsächlichen Vereinbarungen der Parteien bedarf der Beurkundung.
b) Es kann dahinstehen, ob das Mietobjekt bereits in § 1 Abs. 1 des Mietvertrages durch die Bezeichnung „A. H., Gebäudeteil E, 1. OG Büro rechts” hinreichend konkretisiert ist und die Anlage Blatt 19 deshalb nur als bloßer Orientierungsbehelf und damit als nicht notwendiger Bestandteil der Urkunde anzusehen ist (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 1999 – XII ZR 55/97 – ZIP 1999, 1311, 1313 und vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98 – NJW 2000, 354, 357 f).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Urkundeneinheit zwischen dem Hauptvertrag und den Anlagen 1 und 2 nämlich durch hinreichende wechselseitige Bezugnahme gewahrt.
Zwar ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß sich die Zusammengehörigkeit von Anlagen und einer Haupturkunde besonders leicht und zuverlässig dann ergibt, wenn die Anlagen ebenso bezeichnet sind wie in der Haupturkunde, die auf sie Bezug nimmt. Unabdingbare Voraussetzung ist dies allerdings nicht. Eine eindeutige Zusammengehörigkeit kann sich außer durch übereinstimmende Bezeichnung auch aus anderen Umständen ergeben. Das ist hier der Fall.
aa) Der Hauptvertrag verweist auf eine „Vermieterbaubeschreibung (Anlage 1)”. Dem Vertragstext ist ferner zu entnehmen, daß der Vermieter Bauherr eines größeren Bauvorhabens ist, in dessen Gebäudeteil E sich das nach Maßgabe der Vermieterbaubeschreibung zu errichtende Mietobjekt befindet. Aus dem Inhalt der als „Baubeschreibung – Bauteil E” bezeichneten Anlage (Blatt 22 ff.) ergibt sich, daß darin nicht spezielle Ausstattungswünsche eines einzelnen Mieters niedergelegt sind, sondern daß es sich um eine Beschreibung des gesamten Baukomplexes E nebst Außenanlagen der Bauteile A bis F und somit um eine „Vermieterbaubeschreibung” handelt.
Abgesehen von diesem Zusammenhang, der sich zwischen der im Hauptvertrag verwendeten Bezeichnung „Vermieterbaubeschreibung” und dem Inhalt dieser Anlage ergibt, haben die Vertragsparteien die Blätter der Anlage, beginnend bei den Lageplänen, im Anschluß an die Blätter des Hauptvertrages fortlaufend paginiert und jedes einzelne Blatt der Anlage – in gleicher Weise wie die Blätter des Hauptvertrages – mit einer Paraphe abgezeichnet bzw. unterschrieben. Dies reicht aus, um Zweifel an der Einheit zwischen Haupturkunde und Anlagen nahezu ebenso zuverlässig auszuschließen wie eine Unterzeichnung jeder Seite mit den vollständigen Namensunterschriften beider Parteien (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1999 aaO S. 357). Letzteres ist – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch nicht im Hinblick auf die mit der Schriftform bezweckte Warnfunktion notwendig, denn diesem Erfordernis genügt bereits die Unterzeichnung des Hauptvertrages, der die Anlagen durch Verweisung zum Vertragsbestandteil macht (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1999 aaO S. 357).
bb) Daß die Lagepläne nicht mit der in der Haupturkunde verwendeten Bezeichnung „Anlage 2” versehen sind, ist ebenfalls ohne Bedeutung. Auch insoweit wird deren Zusammengehörigkeit mit der Haupturkunde zum einen dadurch verbürgt, daß sie die Unterschrift des Klägers und die Paraphe der Beklagten tragen, und zum anderen durch ihre Kennzeichnung als „Obergeschoß Büros 1:100 A.” (Bl. 19), „Kellergeschoß Büros 1:100 A.” (Bl. 20), beide mit dem das Bauteil kennzeichnenden Zusatz „E”, sowie „Garagen- sowie Kellergeschosse 1 und 2” (Bl. 21) mit eingezeichneter Tiefgarage, innerhalb derer der dem Kläger vermietete Stellplatz – wie in § 1 Abs. 1 des Mietvertrages erwähnt – durch eine Umrandung markiert ist.
3. Auch der „Nachtrag zum Mietvertrag vom 30.11.1993” vom 19. April 1994 wahrt die Urkundeneinheit mit dem Hauptvertrag, weil er auf diesen Bezug nimmt, von beiden Parteien unterzeichnet wurde und im übrigen erkennen läßt, bis auf die vereinbarte Änderung solle es bei dem verbleiben, was ursprünglich beurkundet worden sei (vgl. Gerber/Eckert, Gewerbliches Miet- und Pachtrecht, 3. Aufl. Rdn. 49 m.w.N.).
Unterschriften
Blumenröhr, Hahne, Sprick, Weber-Monecke, Wagenitz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 05.07.2000 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen