Leitsatz (amtlich)
›Zur Strafbarkeit eines deutschen Staatsangehörigen, der ohne Erlaubnis des Bundesgesundheitsamts im Ausland Heroin erwirbt.‹
Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt und das sichergestellte Heroin eingezogen. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten Revision eingelegt. Mit der Sachrüge erstrebt sie den Freispruch des Angeklagten. Das Rechtsmittel, das von dem Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat keinen Erfolg.
Der Angeklagte fuhr am 21. Dezember 1982 nach Amsterdam und erwarb dort für 150 Gulden zwei Päckchen Heroin mit einem Gewicht von 1,565 Gramm. Er beabsichtigte, dieses Rauschgift während seines Aufenthaltes in den Niederlanden zu verbrauchen. Unmittelbar nach der Abwicklung des Rauschgiftgeschäftes wurde er von der niederländischen Polizei festgenommen, die das erworbene Rauschgift sicherstellte. Der Angeklagte hatte keine Erlaubnis der niederländischen Behörden zum Erwerb des Heroins.
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Der Angeklagte hat das Heroin ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG gekauft. Diese Vorschrift macht den Verkehr mit Betäubungsmitteln und damit auch ihren Erwerb von einer Erlaubnis des Bundesgesundheitsamts abhängig. Eine solche Erlaubnis besaß der Angeklagte nicht. Er war daher nicht befugt, Heroin innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereiches des Betäubungsmittelgesetzes zu erwerben. Das in diesem Gesetz enthaltenen grundsätzliche Verbot des Verkehrs mit Betäubungsmitteln, das durch § 29 BtMG strafrechtlich abgesichert wird, ist nicht auf seinen Geltungsbereich beschränkt. Die Revision geht deshalb von falschen Voraussetzungen aus, wenn sie eine Verpflichtung zur Einholung der Erlaubnis des Bundesgesundheitsamts nur im Inland anerkennt und meint, der Angeklagte habe den Normbefehl des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG nicht mißachtet, wenn er ohne diese Erlaubnis in Amsterdam Heroin eingekauft habe. Der Bundesgerichtshof ist bisher stets davon ausgegangen, daß der Verkehr mit Betäubungsmitteln auch dann den Tatbestand des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (früher: § 11 Abs. 1 Nr. 1 BtMG 1972) erfüllt, wenn er ausschließlich im Ausland stattgefunden hat (vgl. BGHSt 27, 30; BGH, Beschluß vom 10. Juni 1983 - 2 StR 98/83 = NStZ 1983, 5112; Beschluß vom 15. Mai 1984 - 5 StR 257/84 - für unerlaubtes Handeltreiben; Urteil vom 20. April 1977 - 2 StR 120/77 - für unerlaubten Erwerb). Entgegen der Auffassung der Revision war im Fall der Entscheidung BGHSt 27, 30 der niederländische Täter ersichtlich kein Teilnehmer an den späteren Taten seiner deutschen Abnehmer des Rauschgiftes.
Diese Auslegung entspricht nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Sinn der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit diesen Bestimmungen Strafvorschriften geschaffen, die die Strafverfolgung der Täter auch dann sicherstellen, wenn der Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz in einem anderen Staat begangen worden ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist deshalb davon auszugehen, daß der Gesetzgeber mit der von ihm gewählten Tatbestandsfassung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG auch den unerlaubten Auslandserwerb von Betäubungsmitteln erfassen wollte. Das Betäubungsmittelgesetz will nicht nur die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen, worauf die Revision abstellt, sondern verfolgt auch den Zweck, den Mißbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten von Betäubungsmittelabhängigkeiten soweit wie möglich auszuschließen (§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BtMG). Das Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28 Juli 1981 (BGBl I S. 681), mit dem die Straftatbestände des Betäubungsmittelrechts grundsätzlich neu gestaltet worden sind, diente dem Schutz der menschlichen Gesundheit und dem Zweck, den Verkehr mit Betäubungsmitteln so zu regeln, daß neben den in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG genannten Zielen auch dessen Sicherheit und Kontrolle umfassend gewährleistet ist (Begr. - BT-Drucks. 9/27 S. 25). Diesen Zielen entspricht es, wenn das grundsätzliche Verkehrsverbot mit Erlaubnisvorbehalt einer lückenlosen Kontrolle unterworfen und jeder unerlaubte Verkehr auch im Ausland mit Strafe bedroht wird. Auf die vom Landgericht mit Recht offengelassene Frage, ob die Erlaubnis der in den Niederlanden zuständigen Behörde (vgl. Art. 6 Abs. 1 Opiumwert vom 10. Mai 1978 - Staatsblad 1978, 251) zu einer Straflosigkeit führen könnte, kommt es hier nicht an, weil der Angeklagte auch eine solche Erlaubnis nicht hatte. Auf den Angeklagten war als deutschen Staatsangehörigen das deutsche Strafrecht nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB anzuwenden. Die von ihm begangene Tat war, wie das Landgericht zutreffend bemerkt, unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Besitzes von Heroin nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a iVm Buchst. C Opiumwet auch in den Niederlanden mit Strafe bedroht.
Fundstellen
Haufe-Index 2992818 |
NJW 1986, 1444 |
DRsp III(380)221b |
NStZ 1986, 320 |
NStZ 1986, 323 |
EzSt StGB § 7 Nr. 2 |
MDR 1986, 160 |
NStE StGB § 4 Nr. 1 |