Leitsatz (amtlich)
a) Die in einem öffentlich geförderten Darlehensvertrag (sog. Existenzgründungsdarlehen) enthaltene AGB-Klausel, nach der die Geltendmachung des Darlehensrückzahlungsanspruches ausgeschlossen ist, soweit und solange sie zu einer vom Darlehensnehmer nicht verschuldeten Existenzgefährdung führen würde, ist so auszulegen, daß die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs bei einer Gefährdung der Existenz des Darlehensnehmers und nicht nur bei einer solchen des geförderten Unternehmens ausgeschlossen ist.
b) Auch im Bereich öffentlich geförderter Darlehen ist die Prüfung, ob die Begründung der Mithaftung des Ehegatten nach § 138 Abs. 1 BGB wirksam ist, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalles vorzunehmen.
Normenkette
AGBG § 5; BGB § 138 Abs. 1, § 607
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 25.07.1995) |
LG München I |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Juli 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 18. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Bank nimmt in Prozeßstandschaft für die Bundesrepublik Deutschland den Beklagten zu 1) und seine Ehefrau, die Beklagte zu 2), als Gesamtschuldner aus einem Darlehen in Anspruch.
Im Jahre 1987 gewährte die Klägerin dem Beklagten zu 1) ein Eigenkapitalhilfedarlehen in Höhe von 300.000 DM für die Gründung einer Metallhandels GmbH. Für das Darlehen übernahm die Beklagte zu 2) die gesamtschuldnerische Mithaftung und die Bundesrepublik Deutschland eine Garantie. Für den Fall einer Inanspruchnahme aus der Garantieerklärung war vorgesehen, daß die Rechte aus dem Darlehensvertrag auf die Bundesrepublik Deutschland übergehen und von der Klägerin für Rechnung des Bundes treuhänderisch verwaltet und verwertet werden. In Ziffer 7.2 des Darlehensvertrages wurde hierzu vereinbart:
„Für den Fall, daß der Bund aus seiner Garantie in Anspruch genommen worden ist, geht die Forderung des Darlehensgebers insoweit auf den Bund über (im folgenden Regreßforderung genannt). Die Geltendmachung der Regreßforderung ist ausgeschlossen, soweit und solange sie zu einer vom Darlehensnehmer nicht verschuldeten Existenzgefährdung führen würde. Des weiteren wird der Bund im Falle des Konkurses des Darlehensnehmers seine Regreßforderung gegen die Masse nicht geltend machen. Unberührt bleibt die Geltendmachung nach Aufhebung des Konkurses.”
Nachdem die Metallhandels GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte zu 1) war, wegen erheblicher Steuerschulden zahlungsunfähig geworden war und der Beklagte zu 1) die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt hatte, wurde mit Schreiben vom 5. Juni 1991 der Darlehensvertrag gekündigt. Da der Beklagte zu 1) zur Rückzahlung des Darlehens nicht in der Lage war, nahm die Klägerin die Bundesrepublik Deutschland aus der Garantie in Höhe von 300.000 DM nebst Zinsen in Anspruch.
Mit der Klage fordert die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldner die Rückzahlung eines Darlehensteilbetrages von 10.500 DM. Die Beklagten begehren demgegenüber mit der in zweiter Instanz erhobenen Widerklage die Feststellung, daß sie nicht verpflichtet sind, einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 51.000 DM an die Klägerin zu zahlen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten zu 1) sei nicht durch die Regelung in Ziffer 7.2 Satz 2 des Darlehensvertrages ausgeschlossen. Denn durch diese Klausel werde – wie sich aus dem Sinn und Zweck des der staatlichen Wirtschaftsförderung dienenden Eigenkapitalhilfeprogramms ergebe – nicht die „reale wirtschaftliche Existenz” des Darlehensnehmers, sondern nur die „geförderte Existenz” geschützt. Daher sei die Vertragsbestimmung nach dem endgültigen Scheitern des geförderten Unternehmens nicht …ehr anwendbar.
Die Zahlungspflicht der Beklagten zu 2) folge aus der übernommenen gesamtschuldnerischen Mithaftung. Deren Übernahme sei nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Zwar könne zu Gunsten der Beklagten zu 2) von einem groben Mißverhältnis zwischen der von ihr übernommenen Verpflichtung und ihrer Leistungsfähigkeit ausgegangen werden. Es dürfe aber nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich die Beklagte zu 2) aus der mit dem Darlehensbetrag zu finanzierenden Existenzgründung wirtschaftliche Vorteile habe versprechen dürfen in Form eines infolge des höheren Geschäftsführergehalts ihres Ehemannes gesteigerten Familieneinkommens und einer damit zusammenhängenden zusätzlichen Vermögensbildung und Vergrößerung eines eventuellen Zugewinnausgleichs. Es habe zudem auch keinerlei Druck des Ehemannes der Beklagten zu 2) bedurft, um sie zur Übernahme der Mithaftung zu veranlassen. Im übrigen seien wegen der Besonderheiten eines öffentlich geförderten Eigenkapitalhilfedarlehens, bei dem der Familien-Unterstützungszweck im Vordergrund stehe, die verfassungsrechtlichen Grundsätze zur Übernahme einer persönlichen Vertragshaftung für eine fremde Verbindlichkeit auf einen Schuldbeitritt eines Ehegatten grundsätzlich nicht anwendbar.
II.
Diese Ausführungen halten in Richtung auf beide Beklagten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Ziffer 7.2 Satz 2 des Darlehensvertrages findet im Vertrag keine hinreichende Grundlage. Sie widerspricht zudem der Bestimmung des § 5 AGBG.
a) Bei den Regelungen in Ziffer 7.2 des Darlehensvertrages handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG. Da die streitige Klausel über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Anwendung findet, wie dem vorgelegten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. November 1989 entnommen werden kann, unterliegt die Auslegung des Berufungsgerichts der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (st.Rspr., vgl. BGHZ 98, 256, 258).
b) Die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Differenzierung zwischen „geförderter Existenz” und „realer wirtschaftlicher Existenz” findet im Wortlaut der Klausel keine Stütze. Eine Auslegung, die sich an den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden orientiert, läßt eine solche Unterscheidung auch nicht zu. Da es zu einer Inanspruchnahme der Bundesgarantie nach den Garantiebedingungen vorwiegend in Fällen kommen wird, in denen das geförderte Unternehmen zahlungsunfähig wird, kann ein Kunde kaum auf den Gedanken kommen, gerade dann sei die Regelung der Ziffer 7.2 unanwendbar. Er wird die Klausel vielmehr dahin verstehen, daß ihm zwar, wenn er bei dem Versuch, eine selbständige Existenz aufzubauen, unverschuldet scheitert, seine Schuld aus dem Förderdarlehen nicht endgültig erlassen wird, daß aber der Bund die „Regreßforderung” nicht geltend machen darf, soweit und solange dies ihn als Darlehensschuldner in existenzgefährdende wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen und daran hindern würde, sich anderweitig eine neue wirtschaftliche Existenz aufzubauen, Nur eine solche Auslegung entspricht § 5 AGBG. Wenn die Darlehensgeberin Ziffer 7.2 Satz 2 anders verstanden wissen wollte, hätte sie ihre AGB-Klausel klarer formulieren können und müssen.
c) Zu Recht verweist in diesem Zusammenhang die Revision auch darauf, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Differenzierung zudem dann keinen Sinn ergibt, wenn das geförderte Unternehmen – anders als im vorliegenden Fall – über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, sondern etwa in Form einer Einzelfirma des Darlehensnehmers betrieben wird. In einem solchen Fall wäre eine Trennung zwischen der „geförderten Existenz” und der „realen wirtschaftlichen Existenz” nicht durchführbar. Erst recht würde sich eine derartige Differenzierung nicht dem Verständnis eines Durchschnittskunden erschließen.
d) Das angefochtene Urteil beruht auf der fehlerhaften Auslegung der Ziffer 7.2 Satz 2 des Darlehensvertrages. Denn nach dem bisherigen Vorbringen des Beklagten zu 1), das für das Revisionsverfahren mangels tatrichterlicher Feststellungen durch das Berufungsgericht zugrundezulegen ist, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, daß die Voraussetzungen einer unverschuldeten Existenzgefährdung im Sinne dieser Regelung gegeben sind. Danach ist es zum Zusammenbruch des geförderten Unternehmens nur gekommen, weil die Finanzbehörden aufgrund einer von dem Beklagten angefochtenen Rechtsauffassung Umsatzsteuernachzahlungen in erheblicher Höhe forderten, welche das Unternehmen nicht aufbringen konnte. Ein entsprechendes Verfahren ist vor dem Finanzgericht anhängig; das eingeleitete Steuerstrafverfahren hat zu einem Freispruch des Beklagten geführt. Der Beklagte ist jetzt vermögenslos. Er verfügt nur über ein Monatsnettoeinkommen von 2.150 DM, mit welchem er den eigenen Unterhalt und den seiner Ehefrau bestreiten muß. Er möchte sich erneut selbständig machen, gibt diesem Vorhaben jedoch keine Erfolgsaussicht, wenn die Klägerin versucht, den Regreßanspruch sofort, durchzusetzen.
2. Gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Mithaftung der Beklagten zu 2) bestehen in wesentlichen Punkten ebenfalls durchgreifende rechtliche Bedenken.
a) Rechtsfehlerhaft ist bereits die Auffassung, daß wegen der Besonderheiten eines öffentlich geförderten Eigenkapitalhilfedarlehens, bei dem der Familien-Unterstützungszweck im Vordergrund stehe, die verfassungsrechtlichen Grundsätze zur übernähme einer persönlichen Vertragshaftung für eine fremde Verbindlichkeit auf einen Schuldbeitritt des Ehegatten grundsätzlich nicht anwendbar seien.
aa) Zum einen ist schon nicht ersichtlich, worauf sich die Feststellung des Berufungsgerichts gründet, daß für Eigenkapitalhilfedarlehen der vorliegenden Art der „Familien-Unterstützungszweck” im Vordergrund steht. Denn ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Richtlinie des Bundesministers für Wirtschaft für die Gewährung von Eigenkapitalhilfe zur Förderung selbständiger Existenzen in der Fassung vom 17. Dezember 1984 war es Verwendungszweck der Eigenkapitalhilfe, Existenzgründern im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe zusätzliche risikotragende Mittel zur Verstärkung der Eigenkapitalbasis für angemessene und erfolgsversprechende Existenzgründungen zur Verfügung zu stellen (Ziffer 1 Satz 1 der Richtlinie). Antragsberechtigt waren natürliche Personen, die nicht älter als 50 Jahre sein sollten und im Regelfall eine entsprechende fachliche und kaufmännische Qualifikation nachweisen konnten (Ziffer 2 der Richtlinie). Von einem wie auch immer zu definierenden „Familien-Unterstützungszweck” ist nicht die Rede.
bb) Zum anderen vermag der Senat nicht der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen, die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes entwickelten Grundsätze zur Wirksamkeit der Übernahme einer Mithaftung durch nahe Familienangehörige seien auf öffentlich geförderte Eigenkapitalhilfedarlehen grundsätzlich nicht übertragbar.
Das Oberlandesgericht Hamm hat in der im Berufungsurteil zitierten Entscheidung (WM 1995, 332 = WuB I F 1 a. – 6.95 mit Anm. Ahrend Weber) die Frage, ob die Besonderheiten eines Eigenkapitalhilfedarlehens im Regelfall der Annahme einer sittenwidrigen Mitverpflichtung des Ehegatten entgegenstehen, letztlich offen gelassen. Das Oberlandesgericht Celle hat demgegenüber in zwei Urteilen (OLG-Report 1994, 249 und 1994, 290 = BB 1995, 219) die Ansicht vertreten, daß der hinter der Darlehensgewährung stehende wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zweck im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB zivilrechtlich neutral sei und er es daher auch nicht rechtfertige, bei staatlich geförderten sogenannten Existenzgründungs- oder Mittelstandsdarlehen für die Bewertung einer Mithaft von Familienangehörigen andere Maßstäbe anzulegen als bei nicht staatlich geförderten Darlehen dieser Art (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart DZWir 1996, 421). Hierbei hat das Oberlandesgericht Celle in den beiden zu entscheidenden Fällen gerade aus dem Umstand, daß die Forderung der Darlehensgeberin nach einer Mithaft des Ehegatten nicht einem konkreten Sicherungsbedürfnis im Einzelfall entsprang, sondern darauf zurückzuführen war, daß die Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums (vgl. Ziffer 4 i der hier maßgeblichen Richtlinie in der Fassung vom 17. Dezember 1984) dies als Regelfall vorsehen, auf das Vorliegen einer strukturell ungleichen Verhandlungsstärke und damit auch auf eine Verletzung der Privatautonomie der Mitschuldnerin geschlossen. Die Ansicht des Oberlandesgericht Celle hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung erfahren (vgl. die Urteilsanmerkung von Ahrend Weber zu OLG Hamm, WuB I F 1 a. – 6.95 sowie Kerls DZWir 1996, 9; a.A. Schütze/Edelmann DZWir 1996, 423).
Der Senat schließt sich dieser Auffassung aus folgenden Überlegungen an: Ziel der von der Rechtsprechung, entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit der Mithaftung naher Angehöriger ist es, Angehörige, die für hohe Kredite mithaften, ohne von ihnen unmittelbar zu profitieren, unter bestimmten Voraussetzungen vor einer lebenslangen Inanspruchnahme zu schützen (vgl. Kerls a.a.O. S. 13). Dies gebietet schon der Schutz verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechtspositionen, die über die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB auch im Zivilrecht zu beachten sind (BVerfGE 89, 214 sowie Beschluß vom 5. August 1994, WM 1994, 1837; Senatsurteile vom 22. Januar 1991 – XI ZR 111/90, WM 1991, 313, vom 24. November 1992 – XI ZR 98/92, BGHZ 120, 272 und vom 26. April 1994 – XI ZR 184/93, WM 1994, 1022). Der betroffene Ehegatte ist gerade im Bereich sogenannter Existenzgründungsdarlehen, bei denen die Gefahr einer Inanspruchnahme für den Mithaftenden besonders groß ist, schutzwürdig. Diese Schutzwürdigkeit ist nicht minder gegeben, wenn die Konditionen des zugrundeliegenden Darlehensvertrages infolge öffentlicher Förderung besonders günstig sind oder mit der Darlehensgewährung bestimmte staatliche Wirtschaftsziele verfolge werden. Die Wahrung der grundrechtlich geschützen Rechtspositionen des in die Haftung einzubeziehenden Ehegatten kann nicht von derartigen, ausschließlich das Verhältnis zwischen Darlehensgeber und -nehmer betreffenden Umständen abhängen. Die Prüfung, ob die Begründung der Mithaftung eines Ehegatten im Lichte des § 138 Abs. 1 BGB wirksam ist, ist daher auch im Bereich öffentlich geförderter Darlehen aufgrund einer Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. Senatsurteil BGHZ 120, 272, 275).
Hierbei ist zu beachten, daß nach der Rechtsprechung des Senats allein das Ziel, späteren Vermögensverschiebungen vom Kreditnehmer auf den zunächst einkommens- und vermögenslosen Ehepartner vorzubeugen, eine mit unangemessenen Mitteln herbeigeführte unbeschränkte Mitverpflichtung nicht rechtfertigt (Urteil vom 22. Januar 1991 – XI ZR 111/90, WM 1991, 313, 315; Urteil vom 24. November 1992 – XI ZR 98/92, BGHZ 120, 272, 278). An dieser Auffassung wird festgehalten. Soll eine Mitverpflichtung der Unterbindung zukünftiger Vermögensverschiebungen unter Ehegatten dienen, so ist es Sache des Kreditgebers, dies durch entsprechende vertragliche Regelungen hinreichend klarzustellen.
b) Nicht gefolgt werden kann auch der Ansicht des Berufungsgerichts, trotz des zu Gunsten der Beklagten zu 2) zu unterstellenden Mißverhältnisses zwischen Leistungsfähigkeit und Umfang der Verpflichtung könne bei der gebotenen Gesamtschau ein Sittenverstoß bereits deshalb nicht angenommen werden, weil die Beklagte jedenfalls mittelbar in Form eines großzügigeren Familienunterhaltes sowie der Aussicht auf eine vermehrte Vermögensbildung und auf einen eventuellen höheren Zugewinnausgleich wirtschaftliche Vorteile aus der Darlehensgewährung gezogen habe oder hätte ziehen können. Der Senat hat bereits bei früherer Gelegenheit ausgeführt, daß bloß mittelbare Vorteile, die zudem bei einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des in die Haftung einzubeziehenden Angehörigen vom Darlehensnehmer oftmals geradezu typisch sind, nicht geeignet sind, eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auszuschließen (Senatsurteil BGHZ 120, 272, 278; vgl. hierzu auch Kerls DZWir 1996, 9, 12).
c) Schließlich berücksichtigt – wie die Revision zu Recht rügt – die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, daß es keinerlei Druck des Beklagten zu 1) auf seine Ehefrau bedurfte, um sie zur Übernahme der Mithaftung zu veranlassen, den Prozeßstoff nicht vollständig und verstößt daher gegen § 286 ZPO. Denn die Beklagten haben unter Antritt von Zeugenbeweis vorgetragen, der Beklagte sei als Hauptschuldner veranlaßt worden, seinen persönlichen Einfluß auf seine Ehefrau einzusetzen, um diese zu der Unterzeichnung der Mithaftungserklärung zu gewinnen. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen weder gewürdigt noch den angebotenen Beweis erhoben.
III.
Da weitere Feststellungen zu treffen sind, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Hierbei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Unterschriften
Schimansky, Schramm, Dr. Bungeroth, Nobbe, Dr. Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 1530787 |
BGHZ |
BGHZ, 42 |
NJW 1997, 257 |
NWB 1997, 10 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1996, 2157 |
MDR 1997, 251 |
ZBB 1997, 71 |