Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung eines Pflichtteils im Wege der Stufenklage
Normenkette
ZPO § 511a
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Januar 1997 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger, vertreten durch seinen Betreuer, verlangt von seinem Bruder, den die Mutter der Parteien schon 1982 zu ihrem Alleinerben eingesetzt hat, im Wege der Stufenklage seinen Pflichtteil. Er hat seine Mutter aus Wut und aus Angst vor der bevorstehenden Einweisung in das Landeskrankenhaus am 18. Februar 1994 erschlagen, die Leiche zerstückelt und die Leichenteile im Wald versteckt. Aufgrund dieser Tat wurde in einem Sicherungsverfahren seine Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Der Beklagte meint, die Mutter habe durch ihr weiteres, nur einen Monat vor der Tat errichtetes Testament dem Kläger wegen ihr kurz zuvor zugefügter Mißhandlungen auch den Pflichtteil entzogen.
Das Landgericht ist aufgrund der im Sicherungsverfahren erhobenen Beweise davon ausgegangen, daß der Kläger nicht nur die Tötung, sondern auch die früheren Mißhandlungen im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat. Deshalb hat es in der ersten Stufe durch Teilurteil dem Auskunftsbegehren stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil dessen Beschwer einen Betrag von 1.000,00 DM nicht überschreite.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet.
Sie hat Ermessensfehler des Berufungsgerichts bei der Festsetzung des Beschwerdewertes nicht dargetan (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1982 - IVa ZR 58/81 - LM ZPO § 511a Nr. 18 = NJW 1982, 1765). Ein Geheimhaltungsbedürfnis ist nicht ersichtlich und wird vom Beklagten auch nicht geltend gemacht. Er erkennt vielmehr mit dem Berufungsgericht an, daß für den Wert der Beschwer des zur Auskunft verurteilten Beklagten grundsätzlich nur die Höhe der Kosten maßgeblich ist, die bei Nichterteilung der Auskunft erspart werden (BGHZ 128, 85, 89 f.). Die dafür wesentlichen Umstände sind im Berufungsurteil entgegen der Auffassung der Revision hinreichend berücksichtigt.
Der Beklagte ist lediglich dazu verurteilt, Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Er braucht also keine Angaben über den Wert der einzelnen Nachlaßgegenstände zu machen, etwa darüber, ob solche durch die Tat des Klägers in ihrem Wert gemindert oder gar wertlos geworden sind. Deshalb kommt es auf Gutachterkosten, die nach dem Beklagtenvortrag zur Ermittlung des Schätzwertes der ererbten Hausgrundstückshälfte aufgewendet worden sind, ebensowenig an wie auf kostenpflichtige behördliche Auskünfte. Deren Erforderlichkeit ist überdies nicht substantiiert vorgetragen. Darauf weist der Tatrichter zutreffend hin. Dasselbe gilt für den sogenannten fiktiven Nachlaßbestand, der erstmals von der Revision erwähnt wird.
Auch war es nicht ermessensfehlerhaft, daß das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten zu seinem Zeitaufwand dahin verstanden hat, allenfalls seien zwei bis drei Tage mit zweimaliger Fahrt vom Wohnort des Beklagten zum Haus der Erblasserin anzusetzen; dadurch sei der festgesetzte Betrag von 1.000,00 DM nicht überschritten. Insoweit legt der Beklagte zu Unrecht wiederum den Aufwand auch für eine Wertermittlung zugrunde. Er hat diesbezüglich vorgetragen, es bedürfe eines Aufwandes von mehreren Tagen "um alle Gegenstände und Unterlagen, die sich in deneinzelnen Zimmern befinden, zu sichten, zu sortieren und schließlich auch dem Wert nach einzuschätzen".
Für die Beschwer des zur Auskunft verurteilten Erben ist entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung betonten Auffassung unbeachtlich, daß er schon in der Auskunftsstufe das Persönlichkeitsrecht und das Testierinteresse der Erblasserin verteidigen will. Das gilt unabhängig von der Erwägung, daß das Erbrecht nur die vermögensrechtlichen Verhältnisse über den Tod hinaus regelt (Lange/Kuchinke, Erbrecht 4. Aufl. § 1 VI S. 9), und daß das ebenfalls von der Verfassung geschützte (BGHZ 109, 306, 313) Pflichtteilsrecht grundsätzlich den Erblasserwillen übergeht (BGHZ 88, 102, 106). Der Große Senat für Zivilsachen hat hervorgehoben, das Interesse, der mit der Auskunftsklage vorbereiteten Durchsetzung des Leistungsanspruchs entgegenzutreten, müsse bei der Bewertung außer Betracht bleiben, weil sich diese nur am unmittelbaren Gegenstand der Auskunftsklage, nicht an anderen, über diesen Gegenstand hinausgehenden Interessen orientiert (BGHZ 128, 85, 89). In dem vorliegenden außergewöhnlichen Fall kann allerdings der Beklagte durch den Rechtsstreit in allen Stufen einer schwerwiegenden psychischen Belastung ausgesetzt sein. Aber auch diese kann ebensowenig zu einer Werterhöhung führen. Sie liegt überdies zwangsläufig dem gesamten Rechtsstreit zugrunde, weil der Betreuer des Klägers dessen trotz etwaiger Pflichtteilsentziehung und trotz der Tat immerhin wegen Schuldunfähigkeit (§§ 2334 und 2335 BGB: "... schuldig macht ..."; h.M., vgl. etwa MünchKomm/Frank, BGB 3. Aufl. § 2333 Rdn. 2 Fn. 9) möglichen Pflichtteilsanspruch durchzusetzen gehalten ist. Daß in einem solchen Fall nicht geringe Anforderungen an den vom Kläger für jeden maßgeblichen Zeitpunkt konkret zu erbringenden Beweis seiner Schuldunfähigkeit (vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 227) zu stellen sind, hat der Tatrichter bei seiner noch zu treffenden Entscheidung in der Hauptsache demnächst zu berücksichtigen.
Unterschriften
Dr. Schmitz
Dr. Zopfs
Dr. Ritter
Terno
Seiffert
Fundstellen
Haufe-Index 1456094 |
FamRZ 1998, 364 |