Leitsatz (redaktionell)
Die Gesellschafter haben bei der Bewertung ihrer Einlagen zwar grundsätzlich freie Hand. Deshalb kann allein aus dem Umstand, dass ein Gesellschafter dadurch übervorteilt wird, dass seine Einlage niedriger als der objektive Verkehrswert bewertet wird und auf dieser Grundlage das Beteiligungsverhältnis festgelegt wird, jedoch nicht der Schluss gezogen werden, der oder die Gesellschafter, zu deren Gunsten sich diese Unterbewertung auswirkt, handelten sittenwidrig.
Normenkette
BGB § 826
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. November 1972 aufgehoben, soweit es den damaligen Beklagten Dr. S… betrifft und der Klägerin Kosten auferlegt werden.
In diesem Umfange wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Alleinerbin ihrer am 15. Januar 1964 verstorbenen Mutter. Diese hat nach dem Tode ihres Ehemannes am 4. April 1962 das von diesem als Einzelkaufmann betriebene Ziegeleiunternehmen fortgeführt und Mitte 1963 – mit Datum vom 1. Juli 1963 – mit dem (inzwischen aus dem Rechtsstreits ausgeschiedenen) Beklagten zu 1, dem (nach Erlaß des Berufungsurteils verstorbenen) früheren Beklagten zu 2, Rechtsanwalt Dr. S… (weiterhin Beklagter zu 2 genannt), und der damals noch minderjährigen Klägerin eine Kommanditgesellschaft errichtet. Sie wurde persönlich haftende Gesellschafterin, die übrigen Gesellschafter übernahmen Kommanditeinlagen von je 60.000 DM. In dem Gesellschaftsvertrag heißt es unter anderem:
„§ 4
… Der Kommanditist Dr. H… S… hat seine Einlage erbracht durch Dienstleistungen aus Anlaß und im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft im Betrage von 6.000 DM, die ihm auf Kapitalkonto gutgeschrieben werden und weiter dadurch, daß sein Gehalt als Geschäftsführer auf Einbringungskonto gutgeschrieben wird.
Frau M… W… (Mutter der Klägerin)als Komplementärin bringt in die Gesellschaft ein ihre Ziegelei, wie sie liegt und steht mit allen Gebäuden und Anlagen und allem Zubehör, im Flächenumfang, wie sich dieser aus der beiliegenden Skizze ergibt, die zum wesentlichen Bestandteil dieses Vertrages erklärt wird. Diese Teilfläche ist nach dem Auszug aus dem Veränderungsnachweis des Vermessungsamtes München vom 18.2.1962 als Teilfläche Nr. 181/1 (18.859 qm) ausgewiesen. Weiterhin wird aus dem Grundstück Fläche Nr. 181 die noch zur Lehmausbeute anstehende Teilfläche von ca. 3,5 ha in die Firma zu dem in der Bilanz zum 30.4.1963 der bisherigen Einzelfirma angesetzten Buchwert von 1.613 DM eingebracht.
…
Frau W… verpflichtet sich ferner, der Gesellschaft für die Dauer des von ihr betriebenen Unternehmens, gleich in welcher Form auch immer, zu gestatten, die Teilfläche ihres Grundstückes Plan-Nr. 181, die zwischen dem Grundstück Plan-Nr. 181/1 und der oben erwähnten Lehmgrube liegt … in der bisherigen Weise voll und ganz für die Zwecke der Ziegelei unentgeltlich zu benützen. Sie verpflichtet sich, in notarieller Form eine entsprechende Grunddienstbarkeit zugunsten der Gesellschaft bzw. der Plan-Nr. 181/1 zu bestellen.
§ 5
Die Gesellschaft begann am 1. Mai 1963. Sie endet am 31. Dezember 1966. Wird die Gesellschaft von einem der Gesellschafter nicht sechs Monate vor ihrem Ablauf gekündigt, so verlängert sie sich jeweils um ein weiteres Jahr. …
§ 6
Zur Geschäftsführung und Vertretung ist jeder voll haftende Gesellschafter einzeln berechtigt. Der voll haftende Gesellschafter verzichtet jedoch auf die Ausübung dieser seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, solange die Gesellschaft vertreten wird durch den Gesellschafter Dr. H… S…, dem bereits Einzelprokura erteilt ist. …”
§ 11 legt fest, daß die Erblasserin 51% und die Kommanditisten 16,5% bzw. 16% des Gewinnes erhalten. Dem geschäftsführenden Gesellschafter wird außerdem ein Gehalt von monatlich 1.000 DM garantiert. An dem Verlust sollen die Kommanditisten„nur in Höhe ihres eingebrachten oder rückständigen Kapitals teilnehmen mit der Maßgabe, daß der ihr Kapitalkonto überschreitende Verlustbetrag ihnen weder in der Jahresbilanz noch in der Auseinandersetzungsbilanz belastet werden darf”.
„§ 16
Im Auseinandersetzungsfalle ist von dem geschäftsführenden Gesellschafter unverzüglich eine Abschlußbilanz aufzustellen. In diese Bilanz sind alle Vermögensgegenstände einzusetzen, und zwar mit ihrem wirklichen Wert, abgestellt auf den Auseinandersetzungszeitpunkt.
Der Geschäftswert (Firmenwert) ist bei der Auseinandersetzung nicht in Ansatz zu bringen.
§ 18
Die Auflösung der Gesellschaft kann nur durch Kündigung und nur verlangt werden, wenn die Gesellschaft in zwei aufeinander folgenden Jahren mit Verlust abgeschlossen hat. …”
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 21. November 1963 zwischen der Erblasserin und dem Beklagten zu 2 als Prokurist der Kommanditgesellschaft brachte diese„nach Maßgabe der in § 4 des Gesellschaftsvertrages vom 1.7.1963 getroffenen Regelung” in die Kommanditgesellschaft unter anderem ein:
- das Grundstück Flst. Nr. 181/1 zu 1,8859 ha und darauf befindliche Gebäude im Wert von 83.857 DM,
- aus dem neu gebildeten Grundstück Flst. Nr. 181 eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 4,0467 ha im Werte von 1.630 DM.
Sie erklärte die Auflassung des Grundstücks 181/1, räumte auf einer weiteren Teilflüche ein Geh- und Fahrtrecht so wie das Recht zum Betrieb einer Feldbahn ein und verpflichtete sich, hierfür eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu bestellen,„bezüglich der unter b) veräußerten Teilfläche sofort nach Vorliegen des amtlichen Vermessungsergebnisses die Messungsanerkennung und Auflassung in einem Nachtragsvertrag zu erklären” und die eingebrachten Grundstücke von Sicherungshypotheken in Höhe von 10.500 DM lastenfrei zu stellen.
Nach dem Tode der, Erblasserin wurde die Gesellschaft – wie vorgesehen – fortgesetzt, wobei die inzwischen volljährig gewordene Klägerin als Alleinerbin ihrer Mutter an deren Stelle trat. Am 6. Oktober 1964 wurde der Gesellschaftsvertrag dahin geändert, daß der Ehemann der Klägerin mit einer Einlage von 30.000 DM als persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft eintrat und der Kapitalanteil der Klägerin einschließlich des auf sie übergegangenen Anteils ihrer Mutter auf 200.000 DM herabgesetzt wurde. Die Gewinnverteilung sollte nunmehr in der Weise erfolgen, daß die Klägerin 57%, ihr Ehemann 10% und die beiden Beklagten je 16,5% erhielten.
Mit Schreiben vom 16. Juni 1965 widerriefen die Klägerin und ihr Ehemann die dem Beklagten zu 2 erteilte Prokura. Am 18. Juni 1965 kündigten sie das Gesellschaftsverhältnis zum 31. Dezember. 1965 mit der Begründung, die Gesellschaft habe in den beiden vergangenen Jahren mit Verlust abgeschlossen (§ 18 des Gesellschaftsvertrages). Der Beklagte zu 2 übertrug danach seinen Gesellschaftsanteil auf den Beklagten zu 1.
In der Folgezeit verhandelten die Parteien ohne Ergebnis über die Frage, ob das Eigentum an den Grundstücken, die noch auf den Namen der Erblasserin eingetragen waren, zum Zwecke der Auseinandersetzung auf die Gesellschaft zu übertragen sei. Die Klägerin vertrat die Ansicht, die Verträge seien wegen Formmangels, Wuchers und Sittenwidrigkeit, jedenfalls aber aufgrund der vorsorglich erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig. Der Beklagte zu 2 habe das ihm entgegengebrachte Vertrauen mißbraucht und seine Stellung als Rechtsberater und Generalbevollmächtigter ihrer Mutter ausgenutzt, um sich auf deren Kosten zu bereichern. Sie hat deshalb Klage mit dem Antrag erhoben,
- gegenüber dem Beklagten zu 1 festzustellen, daß sie nicht verpflichtet sei, Grundstücke der Kommanditgesellschaft zu übereignen,
- festzustellen, daß der Beklagte zu 2 verpflichtet sei, der Klägerin allen aus dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages vom 1. Juli 1963 und aus der Änderung dieses Vertrages vom 6. Oktober 1964 entstandenen Schaden zu ersetzen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen haben beide Beklagte Berufung eingelegt. Nach Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs mit der Klägerin, der diese unter anderem verpflichtete, an den Beklagten zu 1 in Teilbeträgen insgesamt 200.000 DM zu zahlen und die ihr durch den Vergleich entstandenen eigenen Kosten von 14.950 DM zu übernehmen, hat der Beklagte zu 1 seine Berufung zurückgenommen. Hinsichtlich des Beklagten zu 2 ist die Klägerin von der Feststellungsklage zur Leistungsklage übergegangen; sie hat unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangt, ihr den aufgrund dieses Vergleichs gezahlten Betrag von 157.050 DM nebst Zinsen zu erstatten und sie von der restlichen Verpflichtung gegenüber dem Beklagten zu 1 in Höhe von 57.900 DM freizustellen.
Das Berufungsgericht hat die geänderte Klage als unbegründet abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Zahlungs- und Freistellungsantrag weiter. Die an die Stelle des Beklagten zu 2 getretenen Erben haben mit dem Antrag, die der Klägerin nachgelassene Sicherheitsleistung auf 75.000 DM zu erhöhen, Anschlußrevision eingelegt, diese jedoch vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der von der Klägerin geltend gemachte Schaden seine Ursache in dem Gesellschaftsvertrag vom 1. Juli 1963 habe und der Abschluß dieses Vertrages im wesentlichen auf den Beklagten zu 2 zurückzuführen sei. Er habe als Generalbevollmächtigter und Rechtsberater der Erblasserin deren uneingeschränktes Vertrauen genossen und sowohl den Abschluß des Gesellschaftsvertrages an sich als auch dessen für die Erblasserin nachteilige Ausgestaltung weitgehend in der Hand gehabt. Die F rage, ob der zuletzt geltend gemachte Schaden auchadäquat auf den Gesellschaftsvertrag zurückzuführen sei, hat es offengelassen. Dem Beklagten könne zwar ein vorsätzliches, nicht aber ein sittenwidriges zum Schadensersatz nach § 826 BGB verpflichtendes Verhalten vorgeworfen werden.
Den hiergegen gerichteten Angriffen der Revision kann ein Erfolg nicht versagt bleiben.
1. a) Das Berufungsgericht ist angesichts der gesellschaftsvertraglichen Regelungen (§ 4) und der hierauf fußenden notariellen Vereinbarungen vom 21. November 1963 zutreffend davon ausgegangen, daß die Erblasserin verpflichtet war, das Eigentum – nicht nur die Ausbeutungsrechte – an den dort näher beschriebenen Grundstücken zu übertragen. Es hat ferner rechtsfehlerfrei festgestellt, daß bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages die einzubringenden Grundstücke von 18.859 und 35.000 qm (= 53.859 qm) – ohne Berücksichtigung der darauf errichteten Gebäude – einen Wert von 1.077.180 DM hatten; es ist hierbei dem Gutachten des Gutachterausschusses beim Landratsamt gefolgt, der bei der Ermittlung des Verkehrswertes unter anderem die von den Parteien vorgelegten Gutachten vom 2. August 1966 (Dr. F…), vom 3. April 1968 (Architekt S…) und vom 1. Juli 1968 (Architekt M…) vorliegen hatte und insbesondere die Tatsache berücksichtigt hat, daß das Grundstück der Erblasserin im Flächennutzungsplan der Gemeinde U… zwar als Bebauungsgebiet ausgewiesen ist, die Gemeinde aber noch keine konkreten Absichten hat, einen Bebauungsplan aufzustellen und derzeit noch nicht abzusehen ist, wann dieser Bereich endgültig der Bebauung zugeführt werden wird. Zwischen den Parteien ist weiterhin unstreitig, daß diese Grundstücke bei der Errechnung des Kapitalanteils der Erblasserin nur mit dem Buchwert von 1.613 DM (für die Teilfläche von 35.000 qm) und 83.857 DM (für die teilweise bebaute Teilfläche von 18.859 qm) angesetzt und auch ein etwaiger mit dem Unternehmen verbundener Firmenwert nicht berücksichtigt wurde (vgl. die Eröffnungsbilanz der Gesellschaft). Mangels gegenteiligen Vortrags ist ferner davon auszugehen, daß die übrigen Werte der Eröffnungsbilanz, aus denen sich der Kapitalanteil der Erblasserin in Höhe von 242.516,77 DM errechnet, jedenfalls nicht überhöht angesetzt wurden.
b) Bei Zugrundelegung dieser Werte ergibt sich, daß die Einlage der Erblasserin um über 990.000 DM unterbewertet worden ist. Das in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene Eigenkapital hätte danach nicht 422.516,77 DM, sondern mehr als 1.412.000 DM betragen müssen. Da der Beklagte zu 2 – wie die übrigen Kommanditisten – nur 60.000 DM einzubringen hatte, hätte sein Beteiligungsverhältnis nicht 16,5%, sondern nur 4,25% betragen.
Dem Beklagten zu 2 kann nicht gefolgt werden, wenn er meint, der Grundstückswert sei deshalb niedriger zu bewerten, weil die Gesellschaft das Ziegeleiunternehmen der Erblasserin übernehmen sollte und das Interesse des Unternehmens nur auf die Ausbeutung der Lehmvorräte gerichtet gewesen sei. Er muß sich entgegenhalten lassen, daß durch den Gesellschaftsvertrag der Erblasserin die Verpflichtung auferlegt werden sollte, das Eigentum an den hier in Frage stehenden Grundstücken auf die Gesellschaft zu übertragen, und nicht nur ein Ausbeutungsrecht wie dies in ähnlicher Weise für eine andere Teilfläche des Grundstücks der Erblasserin geschehen ist (vgl. § 4 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages). Die Beklagten haben demgemäß in den vorprozessualen Verhandlungen auch geltend gemacht, daß die Grundstücke im Rahmen der Auseinandersetzung zu berücksichtigen seien.
c) Die Gesellschafter haben bei der Bewertung ihrer Einlagen grundsätzlich zwar freie Hand (BGHZ 17, 130, 134). Deshalb kann allein aus dem Umstand, daß ein Gesellschafter dadurch übervorteilt wird, daß seine Einlage niedriger als der objektive Verkehrswert bewertet und auf dieser Grundlage das Beteiligungsverhältnis festgelegt wird, nicht der Schluß gezogen werden, der oder die Gesellschafter, zu deren Gunsten sich diese Unterbewertung auswirkt, handelten sittenwidrig. Auch in diesem Zusammenhang ist von dem Grundsatz auszugehen, daß Sittenwidrigkeit nur dann vorliegt, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und der begünstigte Teil aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat oder andere Umstände hinzutreten, die das Verhalten als dem Anstandsgefühl zuwiderlaufend erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 16.6.71 – KZR 11/70, LM BGB § 138 [Cc] Nr. 4). Im vorliegenden Falle zeigt sich jedoch die Besonderheit, daß ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen dem Betrag, der der Erblasserin in der Eröffnungsbilanz gutgebracht worden ist, und dem tatsächlichen Wert ihrer Sacheinlagen besteht, und der Beklagte zu 2 – wie das Berufungsgericht festgestellt hat (vgl. hierzu die Ausführungen zu I 2) – den hier in Frage stehenden Schaden der Erblasserin vorsätzlich zugefügt hat, so daß schon aus diesem Grunde der Schluß naheliegt, der Beklagte zu 2 habe in dem dargelegten Sinne sittenwidrig gehandelt (vgl. hierzu RGZ 150, 1, 6). Etwaige noch bestehende Zweifel werden insoweit jedenfalls durch die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts und dem unstreitigen Sachverhalt ausgeräumt:
Das Berufungsgericht hat es mit zutreffenden Gründen als erwiesen erachtet, daß der Gesellschaftsvertrag im wesentlichen auf die Initiative des Beklagten zu zurückzuführen ist und er den tatsächlichen Wert der Grundstücke kannte; er hat vor Abschluß des Gesellschaftsvertrages den bei der Gemeinde U… ausliegenden Flächennutzungsplan eingesehen. Er hat ferner das uneingeschränkte Vertrauen der Erblasserin genossen, war ihr Rechtsvertreter und seit 9. Mai 1962 als Generalbevollmächtigter„zur Besorgung aller persönlichen und Vermögensangelegenheiten mit der Befugnis ermächtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, bei welchen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist”. Schließlich hatte er es – mit Rücksicht auf seine Vertrauensstellung und die Tatsache, daß er der einzige Rechtskundige im Kreise der Beteiligten war – in der Hand, den Gesellschaftsvertrag auszugestalten und dadurch die nachteilige und unbillige Festsetzung der Kapitalanteile zu vermeiden. Darüber hinaus hat er selbst vorgetragen, daß er die schwierige Finanzlage kannte, in der sich die Erblasserin vor allem deshalb befand, weil sie den Ziegeleibetrieb ihres verstorbenen Ehemannes fortführen wollte.
Dem Berufungsgericht kann deshalb nicht zugestimmt werden, wenn es meint, der Beklagte zu 2 habe dennoch nicht sittenwidrig gehandelt: Daß er mit der Gründung der Kommanditgesellschaft den Wunsch der Erblasserin erfüllte, den Ziegeleibetrieb unter dem Namen ihres Ehemannes zu erhalten, kann diesen Vorwurf ebensowenig entkräften wie der Umstand, daß er den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages nicht aufgedrängt, sondern zuvor mehrere anderen Möglichkeiten erwogen und sich persönlich eingesetzt hat, um den Betrieb auf eine solide Grundlage zu stellen, zumal er für seine persönlichen Leistungen abgegolten worden ist (u. a. durch Anrechnung auf seine Einlageverpflichtung). Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit setzt auch keineswegs voraus, daß der Betroffene„nur das Ziel verfolgt, sich durch Gründung einer Gesellschaft mit begrenzter Dauer auf Kosten seiner Mandantin zu bereichern” (BU S. 25 unten). Der Umstand, daß der Beklagte zu 2 bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages nicht in seiner Eigenschaft als Generalvertreter der Erblasserin gehandelt und nicht in deren Namen mit sich selbst kontrahiert hat, spricht ebensowenig dagegen, das dargelegte Verhaltendes Beklagten zu 2 als sittenwidrig zu erachten, wie die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Klägerin sei auch beweisfällig für ihre Behauptung geblieben, der Beklagte zu 2 habe sie auch im Rahmen der Verhandlungen über den Gesellschaftsvertrag anwaltschaftlich beraten. Denn insoweit ist das den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründende Verhalten darin zu erblicken, daß er die Möglichkeit zu seinem Vorteil ausnutzte, infolge des Vertrauens, das ihm wegen seiner herausgehobenen Stellung im Kreis der Gesellschafter als Rechtsanwalt, allgemeinem Rechtsberater und Generalbevollmächtigtem der Erblasserin entgegengebracht wurde, den Vertrag so gestalten zu können, wie er es für zweckmäßig hielt (BU S. 27 oben). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein Mißbrauch einer derartigen durch Beruf und Tätigkeit erworbenen Vertrauensstellung nicht nur dann vor, wenn der Vertragspartner zusätzlich getäuscht oder über die von ihm getroffenen Maßnahmen im unklaren gelassen wird. Er nutzt diese Stellung vielmehr bereits dann aus, wenn er – wie das Berufungsgericht annimmt – einen Vertragspartner umfassend unterrichte, aber weiß oder annehmen muß, daß dieser auch einen ungünstigen Vertrag in Kauf nimmt, weil er ihm vertraut, deshalb Bedenken unterdrückt und von der Zuziehung eines eigenen Rechtsbeistandes absieht.
Die Sittenwidrigkeit könnte selbst dann nicht verneint werden, wenn der Beklagte zu 2 davon ausgehen konnte, die Erblasserin werde die ihm und den anderen Kommanditisten zu ihren Lasten zukommenden Vorteile bewußt billigen. Das käme nur dann in Betracht, wenn er die redliche Überzeugung gehabt hätte, in erlaubter Wahrnehmung eigener Interessen zu handeln. Davon aber kann angesichts des besonders groben Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung und seiner Kenntnis von der schwierigen Wirtschaftslage der Erblasserin keine Rede sein.
d) Das Verhalten des Beklagten zu 2 kann auch bei Berücksichtigung des von ihm übernommenen Risikos nicht als zulässig angesehen werden. Im Gegenteil, der von ihm ausgearbeitete Gesellschaftsvertrag hat das Risiko der Kommanditisten so eingeschränkt, daß sie bei Auflösung der Gesellschaft mit Sicherheit erhebliche Gewinne erwarten konnten. Er hatte eine Bestimmung aufgenommen, daß die Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung schon dann herbeigeführt werden konnte, wenn diese in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit Verlust abschloß (§ 18 des Gesellschaftsvertrages); in jedem Falle konnte er die Gesellschaft – ohne Vorliegen sachlicher oder gar wichtiger Gründe – zum 11. Dezember 1966 durch ordentliche Kündigung mit der Folge der Auflösung beenden (§ 5).
2. Für den nach § 826 BGB weiter zu fordernden Schädigungsvorsatz reicht bedingter Vorsatz aus. Es genügt, wenn der Beklagte zu 2 die Möglichkeit einer Schädigung erkannt hat und sie für den Fall des Eintritts billigend in Kauf genommen hat. Daß diese Voraussetzungen gegeben sind, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dargelegt. Seine Beurteilung findet insoweit eine hinreichende Grundlage in der Feststellung, daß der Beklagte zu 2 die Tatsache der Unterbewertung des Kapitalanteils der Erblasserin und die Folgen, die sich daraus vor allem bei der Auseinandersetzung ergeben müßten, erkannt und gewollt hat.
II.
Der Revision ist zuzustimmen, daß der Beklagte zu 2 auch aus Verschulden bei Vertragsschluß haftet. Zwischen der Erblasserin und dem Beklagten zu 2 entstand mit dem Eintritt in die Verhandlungen über den Gesellschaftsvertrag ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis, das diesen verpflichtete, auf die Belange seiner Vertragspartner angemessene Rücksicht zu nehmen. Nach dem festgestellten Sachverhalt steht auch außer Zweifel, daß er das ihm entgegengebrachte Vertrauen enttäuscht und seine vorvertraglichen Verhaltenspflichten verletzt hat.
III.
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es kann auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, der Gesellschaftsvertrag sei nach § 138 Abs. 1 und §§ 313, 125 BGB in den den Beklagten zu 2 begünstigenden Teilen nichtig; nichtige Bestimmungen könnten aber nicht Schadensursache sein. Sowohl § 826 BGB als auch die Grundsätze Über die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluß können Schadensersatzansprüche der hier in Frage stehenden Art auch dann begründen, wenn das Rechtsgeschäft unwirksam ist (vgl. RGZ 143, 48, 51; BGH, Urt. v. 29.1.65 – V ZR 53/64, WM 1965, 315, 316).
Die Entscheidung über den noch anhängigen Teil des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob und inwieweit der von der Klägerin geltend gemachte Schaden seine adäquate Ursache in den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags hat, durch die die Erblasserin übervorteilt worden ist. Das Berufungsgericht hat diese Frage bisher nicht abschließend geprüft. Sie bedarf nunmehr der Entscheidung. Da der Senat anhand des bisherigen Vorbringens der Parteien zu einer umfassenden Beurteilung dieser im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiete liegenden Frage nicht in der Lage ist, muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, soweit es den Beklagten zu 2 betrifft und der Klägerin Kosten auferlegt worden sind.
Ihm ist auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen, da sie vom Ausgang des Rechtsstreits abhängt. Der Senat hat davon abgesehen, den Beklagten die Kosten der zurückgenommenen Anschlußrevision aufzuerlegen; die Zuvielforderung war verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlaßt (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Fundstellen