Leitsatz (amtlich)
Auch bei enger wirtschaftlicher Verflechtung des Maklers mit dem Vertragsgegner seines Kunden (hier: des Verwalters einer Wohnungseigentumsanlage) kann ein von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängiges Provisionsversprechen – auch als Vertrag zugunsten Dritter – vorliegen. Dafür genügt tatsächliche Kenntnis des Kunden von den die Verflechtung begründenden Umständen; Rechtskenntnis, daß der Makler keine echte Maklerleistung erbringen kann, ist nicht erforderlich.
Normenkette
BGB §§ 652, 328
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 8. Zivilsenat, vom 24. Juli 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 12. März 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beklagte Immobilienmaklerin ist Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage. Die Veräußerung eines Wohnungseigentums bedarf gemäß § 12 WEG ihrer Zustimmung. Die Klägerin, der die Beklagte auf der Grundlage ihrer „Verkaufsaufgabe” (Exposé) den Kauf einer Eigentumswohnung vermittelt hat, verlangt Rückzahlung der im notariellen Kaufvertrag vereinbarten und an die Beklagte gezahlten Maklerprovision von 15.900 DM. In der „Verkaufsaufgabe” der Beklagten heißt es:
„Die Wohnanlage, in der die Wohnung liegt, wird von uns verwaltet. Daher können wir Ihnen sämtliche, die Gemeinschaft betreffenden Auskünfte erteilen. Gemäß Teilungserklärung ist die Zustimmung des Verwalters bei dem Verkauf erforderlich. Darüber hinaus sind wir hier für den Verkäufer vermittelnd tätig. In Kenntnis dieser Tatsache verspricht der Käufer eine Provision in Höhe von 6 % des Kaufpreises incl. gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen.”
Entsprechend bestimmt § 10 des notariellen Kaufvertrags unter der Überschrift „Maklerprovision”:
„Zum Verkauf der Wohnung ist gemäß der Teilungserklärung die Zustimmung des Verwalters erforderlich. Dem Käufer ist bekannt, daß der Makler auch Verwalter der Wohnungseigentumsanlage ist und für den Verkäufer vermittelnd tätig wurde.
Die Parteien teilen übereinstimmend mit, daß die Maklerprovision vereinbart ist mit DM 15.900 (einschließlich DM 2.193,10 gesetzlicher Mehrwertsteuer).
Sie ist verdient und fällig mit Beurkundung dieses Kaufvertrages. Verkäufer und Käufer sind sich darüber einig, daß der Maklerfirma ein direkter, unmittelbarer Zahlungsanspruch aus diesem Vertrag gegen den Käufer zusteht.
Der Käufer hat sich verpflichtet gegenüber dem Verkäufer und der Maklerfirma, diese Provision an die Maklerfirma zu zahlen.
…
Es war im Maklervertrag von vornherein vereinbart, daß der Käufer die Provision zahlen muß.”
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe aufgrund ihrer Verflechtung mit der Verkäuferseite eine echte Maklerleistung nicht erbringen können. Kenntnis davon, daß sie deswegen zur Zahlung eines Maklerlohns nicht verpflichtet gewesen sei, habe sie erst nach Zahlung der Provision erhalten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen Bereicherungsanspruch der Klägerin. Es vertritt unter Hinweis auf BGHZ 112, 240 (= NJW 1991, 168) die Auffassung, die Beklagte habe sich als Verwalterin der Wohnungsanlage in einem institutionalisierten Interessenkonflikt befunden und aus diesem Grunde keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Maklerprovision nach § 652 BGB erworben. Ein selbständiges, von einer echten Maklerleistung unabhängiges Schuldversprechen gemäß § 10 des Kaufvertrages liege schon nach dessen Wortlaut nicht vor. Vielmehr sei hiermit gerade eine Maklerprovision, mithin eine Gegenleistung für eine Maklertätigkeit, versprochen worden. Für ein abstraktes Schuldversprechen habe der Klägerin die Rechtskenntnis gefehlt. Dafür, daß ihr vor oder bei Abschluß des Kaufvertrags bekannt gewesen sei, daß der Beklagten aus Rechtsgründen kein Provisionsanspruch zugestanden habe oder daß die Klägerin gerade auf die Beklagte als Maklerin erhöhten Wert gelegt hätte, ergäben sich keine zureichenden Anhaltspunkte. Deswegen stehe auch § 814 BGB der Rückforderung nicht entgegen.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs befindet sich allerdings der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, von dessen Zustimmung gemäß § 12 WEG die Gültigkeit des Wohnungsverkaufs abhängt, in einem institutionalisierten Konflikt mit den Interessen des Käufers. Er hat die Interessen seines Kunden als Käufer ebenso wahrzunehmen wie die der Wohnungseigentümer, die unter Umständen gegenläufig sind. Seine selbständige, unabhängige Willensbildung wird dadurch zumindest gefährdet. Diese Interessenkollision hindert ihn an einer dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Maklertätigkeit und schließt damit einen Anspruch auf Zahlung von Maklerlohn nach § 652 BGB aus (BGHZ 112, 240, 241 f.; BGH, Urteil vom 14. November 1990 – IV ZR 36/90 – ZMR 1991, 71; s. ferner Senatsbeschluß vom 26. März 1998 – III ZR 206/97, NJW-RR 1998, 992, 993; zustimmend Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl., Rn. 660 f., 694; abweichend MünchKomm/Roth, BGB, 3. Aufl., § 652 Rn. 109 f.; Staudinger/Reuter, BGB, 13. Bearb., §§ 652, 653 Rn. 137 f., 145 f.). Das zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indes ein von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängiges Provisionsversprechen der Klägerin auf der Grundlage von § 10 des notariellen Kaufvertrags verneint.
a) Der das Schuldrecht beherrschende Grundsatz der Vertragsfreiheit erlaubt es den Parteien eines Maklervertrags, eine Provision auch für den Fall zu vereinbaren, daß zwischen dem Makler und dem Verkäufer eine provisionshindernde Verflechtung besteht. Eine dahingehende Abrede kann auch innerhalb des vermittelten Hauptvertrags als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) erfolgen (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 112, 240, 242; Senatsurteil vom 15. Oktober 2000 – III ZR 240/99 – NJW 2000, 3781 f.; s. auch BGHZ 138, 170, 172 f.). Erforderlich ist stets eine Vertragsauslegung. Für die Ermittlung des Parteiwillens hat der Bundesgerichtshof jedoch Auslegungshilfen gegeben. Insbesondere hat er es regelmäßig für ausreichend erachtet, daß dem Versprechenden die tatsächlichen Umstände bekannt waren, die einer echten Maklerleistung entgegenstanden, und es für unerheblich gehalten, ob der Maklerkunde außerdem über die entsprechenden Rechtskenntnisse verfügte (BGH, Urteil vom 22. März 1978 – IV ZR 175/76 – WM 1978, 711, 712; Urteil vom 20. Oktober 1982 – IVa ZR 97/81 – WM 1983, 42 f.; Senatsurteil vom 15. Oktober 2000 aaO S. 3782 m.w.N.; anders Schwerdtner aaO Rn. 699 ff., 704, 706).
Daran ist nach nochmaliger Prüfung festzuhalten. Bei hinreichender Kenntnis der die Verflechtung begründenden Umstände, worüber nach Lage des Einzelfalls zu entscheiden ist, kann sich der Maklerkunde schlüssig darüber werden, ob es ihm auf eine echte Maklerleistung ankommt oder er sich auch unabhängig hiervon zur Zahlung einer Provision für den Erwerb des Kaufobjekts bereitfindet. Eine zutreffende rechtliche Würdigung seiner Erklärung ist dabei nicht erforderlich.
b) Wie im Ansatz nicht zu beanstanden ist, hat das Berufungsgericht im Streitfall eine Auslegung des Kaufvertrags vorgenommen. Das Ergebnis der tatrichterlichen Auslegung ist jedoch für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind. So verhält es sich hier. Das Berufungsgericht stellt einseitig den Wortlaut der Vertragsklausel (Maklerprovision) heraus und verkennt dabei, indem es für ein abweichendes Verständnis rechtliche Kenntnis der Klägerin von der Unwirksamkeit einer Vereinbarung der gesetzlichen Maklerprovision verlangt (wobei es hier ohnehin nicht um ein abstraktes Schuldversprechen geht), den entscheidenden Gesichtspunkt. Da weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat den Inhalt der maßgebenden Klausel selbst bestimmen. Er versteht diese mit Rücksicht insbesondere auf die dort eingangs wiederholte, nicht mißzuverstehende und von der Klägerin auch nicht mißverstandene Aufklärung über die Verwalterstellung der Beklagten und das Erfordernis ihrer Zustimmung zum Verkauf der Eigentumswohnung als eine von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängige Provisionsabrede. Sie bildet demnach den Rechtsgrund für die Zahlung der Klägerin.
Infolgedessen ist unter Aufhebung des Berufungsurteils das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.
Unterschriften
Rinne, Streck, Schlick, Kapsa, Galke
Fundstellen
Haufe-Index 905820 |
DB 2003, 1383 |
NJW 2003, 1249 |
BGHR 2003, 420 |
BGHR |
EBE/BGH 2003, 87 |
EWiR 2003, 623 |
IBR 2003, 280 |
NZM 2003, 284 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 2055 |
ZMR 2003, 359 |
MDR 2003, 680 |
VersR 2003, 591 |
WuM 2003, 221 |
ZWE 2003, 374 |
GuT 2003, 96 |
RdW 2003, 274 |
RdW 2003, 538 |
AIM 2003, 63 |
AIM 2003, 82 |
IWR 2003, 68 |
LL 2003, 469 |
LMK 2003, 121 |
MK 2003, 59 |