Leitsatz (amtlich)
a) Ein Rechtsanwalt, der einen Gläubiger wegen der Vollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil berät, muß diesen über das Risiko mangelnder Insolvenzfestigkeit der Sicherungsvollstreckung belehren, wenn er weiß oder wissen muß, daß der Schuldner in angespannten finanziellen Verhältnissen lebt und seinen Sitz in den neuen Bundesländern hat oder ihn dorthin verlegen will.
b) Wenn im Haftpflichtprozeß die Frage, ob dem Anspruchsteller durch die schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängt, muß das Regreßgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden (gewesen) wäre. Dies gilt auch dann, wenn das andere Verfahren unterbrochen ist und noch fortgesetzt werden kann.
Normenkette
BGB § 675; DDR-GesO § 7 Abs. 3; ZPO § 720a
Verfahrensgang
OLG Köln (Aktenzeichen 2 U 136/97) |
LG Köln (Aktenzeichen 8 O 134/97) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 5. Mai 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 86.000 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes M. S., vormals F. (nachfolgend: Zedent), den Beklagten auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags in Anspruch.
Der Zedent erwirkte, vertreten durch den Beklagten, am 3. Februar 1994 ein rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Köln (83 O 124/93), mit dem die H. E. H. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) zur Zahlung einer Geschäftsführervergütung in Höhe von 20.645,16 DM nebst Zinsen verurteilt wurde. Das Urteil war gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000 DM vorläufig vollstreckbar. Wegen weiterer gleichartiger Ansprüche gegen die Schuldnerin erwirkte der Zedent, wiederum vertreten durch den Beklagten, ein Urteil des Landgerichts Köln (91 O 13/94) vom 15. Juni 1994 auf Zahlung von 84.056,64 DM nebst Zinsen. Es war gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 93.000 DM vorläufig vollstreckbar. Dagegen haben beide Seiten Berufung eingelegt (OLG Köln – 12 U 180/94).
Wegen der Forderungen aus den Urteilen ließ der Beklagte für seinen Mandanten im April und August 1994 die Ansprüche der Schuldnerin aus einer Kontobeziehung mit ihrer Bank gemäß § 720 a ZPO pfänden. Die Bank bestätigte die „Separierung” der Pfändungsbeträge von 23.000 DM und 86.000 DM (insgesamt 109.000 DM) auf Unterkonten.
Die Schuldnerin verlegte ihren Sitz nach Sachsen-Anhalt. Dort wurde durch Beschluß vom 30. November 1994 über das Vermögen der Schuldnerin die Gesamtvollstreckung eröffnet. Seither ist das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln – 12 U 180/94 – unterbrochen. Auf entsprechende Aufforderung durch den Gesamtvollstreckungsverwalter überließ die Bank die für den Zedenten „separierten” Beträge der Masse.
Die Klägerin hat deswegen gegen den Beklagten Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 109.000 DM nebst Zinsen erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilung hinsichtlich des Betrages von 23.000 DM mit der Maßgabe bestätigt, daß dieser nur Zug um Zug gegen Übergabe einer Abtretungserklärung des Zedenten bezüglich der durch das Urteil vom 3. Februar 1994 titulierten Ansprüche zu zahlen sei. Wegen des Betrages von 86.000 DM hat es die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Die Anschlußrevision des Beklagten, mit der dieser die vollständige Klageabweisung erstrebte, hat der Senat nicht angenommen.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel der Klägerin führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Der Beklagte habe die ihm aus dem Anwaltsvertrag obliegenden Verpflichtungen gegenüber dem Zedenten schuldhaft verletzt. Er habe diesen nicht ausreichend über die mit einer bloßen Sicherungsvollstreckung nach § 720 a ZPO im Falle der Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens verbundenen Risiken belehrt und ihm nicht zu einer gesamtvollstreckungsfesten Zwangsvollstreckung durch Pfändung und Überweisung geraten. Dazu sei er verpflichtet gewesen, weil er mit dem Eintritt einer Insolvenz der Schuldnerin und der Anwendbarkeit der Gesamtvollstreckungsordnung habe rechnen müssen. Die fehlgeschlagene Sicherungsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 15. Juni 1994 habe aber noch nicht zu einem Schaden des Zedenten geführt. Solange dieses Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, daß der der Klägerin abgetretene Anspruch bestehe. Der Ausgang des derzeit unterbrochenen Rechtsstreits des Zedenten mit der Schuldnerin sei nicht absehbar.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe seine anwaltlichen Pflichten gegenüber dem Zedenten schuldhaft verletzt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, der Beklagte, dem die rechtliche Problematik des § 7 Abs. 3 Satz 1 GesO nach seinen eigenen Angaben bekannt war, habe den Zedenten nicht über das Risiko mangelnder Insolvenzfestigkeit der Sicherungsvollstreckung belehrt, obwohl er die desolate wirtschaftliche Situation der Schuldnerin und deren Absicht, den Firmensitz in die neuen Bundesländer zu verlegen, rechtzeitig erkannt habe, werden in der Revisionsinstanz nicht angegriffen und sind somit für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO).
Der Beklagte meint, das Risiko mangelnder Insolvenzfestigkeit habe überhaupt nicht bestanden. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte verkennt nicht, daß nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats vor Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens im Wege der Zwangsvollstreckung begründete Sicherungsrechte ihre Wirksamkeit nach § 7 Abs. 3 Satz 1 GesO verlieren (BGHZ 128, 365 ff). Er hält diese Grundsätze im vorliegenden Fall aber nicht für anwendbar. Dieser weise die Besonderheit auf, daß die Sicherungspfandrechte des Zedenten allesamt vor Wirksamwerden der Sitzverlegung der Schuldnerin in den Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung begründet worden seien. Eine solche einseitige Maßnahme der Schuldnerin könne die Pfandrechte des Zedenten, die im Geltungsbereich der Konkursordnung konkursfest gewesen wären, nicht entwerten.
Damit kann der Beklagte nicht durchdringen. Es ist schon fraglich, ob die Sicherungspfandrechte des Zedenten vor dem Zeitpunkt entstanden sind, der für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts – und damit der Anwendung entweder der Konkursordnung oder der Gesamtvollstreckungsordnung (BGHZ 138, 40, 42) – maßgeblich war. Es kommt weder allein auf den satzungsändernden Beschluß (v. 26. November 1993) an, mit dem die Sitzverlegung beschlossen wurde, noch auf die Eintragung der Sitzverlegung in das Handelsregister (am 20. September 1994), sondern auf den tatsächlichen Mittelpunkt der wirtschaftlichen Betätigung (Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 71 KO Anm. 3, § 1 GesO Anm. 4; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO 4. Aufl. § 1 Rdnr. 297). Ab wann die Schuldnerin von Sachsen-Anhalt aus ihre Geschäfte betrieben hat, steht nicht fest.
Selbst wenn dies erst nach den von dem Zedenten ausgebrachten Pfändungen geschehen sein sollte, wären diese durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens entwertet worden. Die Aussicht des Zedenten, im Falle einer späteren Konkurseröffnung durch seine Pfändungspfandrechte absonderungsberechtigt zu sein, stellte kein „wohlerworbenes” und durch einseitige Maßnahmen der Schuldnerin nicht mehr zu beeinträchtigendes Recht dar. Absonderungsrechte entstehen erst mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Ob nach materiellem Recht Absonderungsrechte begründet werden, hängt – solange im Inland zwei Insolvenzordnungen nebeneinander gelten – unter anderem davon ab, in welchem Teil Deutschlands das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Das Recht des Schuldners, dessen Insolvenz noch nicht unmittelbar bevorsteht, auf freie Wahl seines Unternehmenssitzes kann nicht deshalb eingeschränkt werden, weil die Rechte seiner Gläubiger in den verschiedenen Insolvenzordnungen unterschiedlich ausgebildet sind (vgl. BGHZ 132, 195, 197; 138, 40, 45 f).
2. Demgegenüber halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht hinsichtlich des Betrages von 86.000 DM den Eintritt eines Schadens verneint hat, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Ob und in welchem Umfang ein nach §§ 249 ff BGB zu ersetzender Schaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach einem rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis bewirkten Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenen Umstand eingetreten wäre (BGHZ 98, 212, 217; 99, 182, 196; 123, 96, 99; BGH, Urt. v. 18. November 1999 – IX ZR 153/98, NJW 2000, 734). Der haftpflichtige Rechtsanwalt hat den Mandanten vermögensmäßig so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters stünde (BGH, Urt. v. 28. Juni 1990 – IX ZR 209/89, NJW-RR 1990, 1241, 1244; v. 20. Oktober 1994 – IX ZR 116/93, NJW 1995, 449, 451).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, daß der Zedent durch die Vorgehensweise des Beklagten einen Schaden erlitten hat. Hätte der Beklagte rechtzeitig die Forderung der Schuldnerin pfänden und dem Zedenten zur Einziehung überweisen lassen, wäre dieser zur Einziehung befugt gewesen (§ 836 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Zedent von dieser Befugnis rechtzeitig Gebrauch gemacht hätte und auf diese Weise befriedigt worden wäre. Dann wäre seine Rechtsposition durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht mehr beeinträchtigt worden. Tatsächlich hat der Zedent nichts erlangt, weil der von den Beklagten eingeschlagene Weg der Sicherungsvollstreckung unter den gegebenen Umständen untauglich war.
b) Das nach der Differenzmethode rein rechnerisch gewonnene Ergebnis bedarf einer normativen, am Schutzzweck der Haftung sowie an Funktion und Ziel des Schadensersatzes ausgerichteten Kontrolle (BGHZ 98, 212, 217 f; BGH, Urt. v. 31. Mai 1994, – VI ZR 12/94, NJW 1994, 2357, 2359; v. 26. September 1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll der Geschädigte im Wege des Schadensersatzes grundsätzlich nicht mehr erhalten als das, was er nach der materiellen Rechtslage verlangen kann (BGHZ 124, 86, 95; 125, 27, 34; BGH, Urt. v. 21. September 1995 – IX ZR 228/94, NJW 1996, 48, 49; v. 28. September 1995 – IX ZR 158/94, NJW 1995, 3248, 3249).
Im vorliegenden Fall steht noch nicht rechtskräftig fest, ob der Zedent den Betrag, der ihm durch das Verschulden des Beklagten entgangen ist, materiell-rechtlich verlangen kann. Die Klägerin kann nicht darauf verwiesen werden, den Ausgang des bereits seit sechs Jahren unterbrochenen Verfahrens in der Sache 91 O 13/94 abzuwarten.
Wenn im Haftpflichtprozeß die Frage, ob dem Anspruchsteller durch die schuldhafte Pflichtverletzung des Anwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Prozesses, des sogenannten Inzidenzverfahrens, abhängt, muß das Regreßgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren – falls es abgeschlossen ist – richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 124, 86, 96; 133, 110, 111) oder – falls es nicht abgeschlossen ist – richtigerweise zu entscheiden wäre. Daß im zuletzt genannten Fall die Gefahr divergierender Entscheidungen besteht, ändert daran nichts. Ihr kann zum Beispiel durch eine Streitverkündung vorgebeugt werden.
Diese materiell-rechtliche Prüfung hat das Berufungsgericht unterlassen. Es hat gemeint, der Ausgang des Verfahrens 91 O 13/94 sei „nicht absehbar”. Es sei denkbar, daß das Oberlandesgericht Köln im Berufungsverfahren die Wirksamkeit der von der Schuldnerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung anders beurteile oder daß die Schuldnerin mit ihren Gegenansprüchen in weiterem Umfang als bisher noch die Aufrechnung erkläre. Zu beiden Punkten hätte sich das Berufungsgericht jedoch eine eigene Meinung bilden müssen. Der Beklagte hat dahingehend vorgetragen und sich – zulässigerweise – alle Einwendungen zu eigen gemacht, welche die Schuldnerin als Beklagte des Verfahrens 91 O 13/94 geltend gemacht hatte.
In Ermangelung entsprechender Feststellungen kann der Senat nicht überprüfen, ob dem Zedenten der im Vorprozeß geltend gemachte Anspruch von Rechts wegen zusteht.
III.
Die Abweisung der Klage auf Ersatz des in Höhe von 86.000 DM eingetretenen Schadens erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO).
1. Die Pflichtverletzung (s.o. II 1) war für den geltend gemachten Schaden ursächlich.
a) Zwar findet sich im Berufungsurteil die Bemerkung, vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Ansprüche des Zedenten gegen die Schuldnerin stehe nicht fest, ob und inwieweit das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten für einen Schaden ursächlich geworden sei. Damit hat das Berufungsgericht aber – richtig verstanden – nicht die Ursächlichkeit, sondern bereits den Schadenseintritt verneinen wollen. Dazu wird auf die Ausführungen oben zu II 2 verwiesen.
b) Das Berufungsgericht hat aufgrund der von ihm erhobenen Beweise die Überzeugung gewonnen, daß der Zedent im Jahre 1994 die Sicherheiten, die er benötigte (§ 709 ZPO), wenn er sich die gepfändeten Forderungen überweisen lassen wollte, hätte beschaffen können. Dagegen sind durchgreifende Bedenken nicht ersichtlich.
aa) Auch der Beklagte geht davon aus, daß der Zedent befriedigt worden wäre, wenn im August 1994 nicht nur ein Pfändungs-, sondern auch ein Überweisungsbeschluß ergangen wäre. Er beanstandet lediglich, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, ob der Zedent bis zu diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen wäre, die ihm obliegende Sicherheitsleistung zu erbringen und gegenüber dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen. Indes hat das Berufungsgericht aufgrund der von ihm erhobenen Beweise die Überzeugung gewonnen, daß der Zedent „im Jahre 1994” die erforderlichen Sicherheiten hätte stellen können. Diese Feststellung ist, weil das Berufungsgericht den Zeitraum nicht näher eingegrenzt hat, auf das gesamte Jahr 1994 – also auch auf die Zeit vor August 1994 – zu beziehen.
bb) Die dagegen erhobenen prozessualen Rügen des Beklagten greifen nicht durch.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Hausbank des Zedenten, die K. K., ihm mit Bürgschaften die Zwangsvollstreckung ermöglicht hätte. Zwar hätte sie dies davon abhängig gemacht, daß der Zedent ihr seinerseits Sicherheiten stellte. Indes habe der Zedent Guthaben auf Bankkonten und andere Vermögenswerte gehabt. Als Sicherheit sei auch die Verpfändung der Forderungen, derentwegen der Zedent nunmehr die Zwangsvollstreckung habe durchführen wollen, in Betracht gekommen. Dagegen wird in der Revisionsinstanz nichts Stichhaltiges vorgebracht.
cc) Der Beklagte vermißt ferner eine Auseinandersetzung des Berufungsgerichts mit dem Einwand, der Zedent sei jedenfalls nicht gewillt gewesen, die erforderlichen Sicherheiten zu leisten. Ob er einem Rat, wegen der mit der Sitzverlegung in den Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung verbundenen Gefahren aus den zu seinen Gunsten vorliegenden Titeln nicht lediglich die Sicherungsvollstreckung zu betreiben, gefolgt wäre, sei offen. Da es im vorliegenden Fall nicht nur eine Möglichkeit gegeben habe, sachgerecht zu reagieren, scheide die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. dazu BGHZ 123, 311, 315 f.; Fischer, in: Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung 1999 Rdnr. 1053 ff.) aus.
Diese Argumentation bleibt erfolglos. Allerdings hat der Zedent – jedenfalls nach dem Vorbringen des Beklagten – darauf vertraut, die Schuldnerin werde keinen Insolvenzantrag stellen. Darüber hinaus mag er davon ausgegangen sein, er werde auch ohne Zwangsvollstreckung zu seinem Geld kommen. Indes ergibt sich daraus allenfalls ein mangelhaftes Problembewußtsein des Zedenten, der sich in einer trügerischen Sicherheit wiegte. Daß er sich nach einer Aufklärung über die mit § 7 Abs. 3 GesO verbundenen Gefahren einem Rat des Beklagten, Sicherheit zu leisten und einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zu erwirken, verschlossen hätte, wird dadurch nicht nahegelegt.
c) Den Einwand des Beklagten, es fehle an der Kausalität, weil die Schuldnerin bei einem Antrag des Zedenten auf Pfändung und Überweisung die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung erreicht hätte (§ 712 ZPO), hat das Berufungsgericht nicht gelten lassen. Es sei nicht ersichtlich, daß die Schuldnerin damals noch in der Lage gewesen wäre, Sicherheit zu leisten. Das wird in der Revisionsinstanz nicht gerügt (§ 561 Abs. 2 ZPO).
2. Ein dem Zedenten anzulastendes Mitverschulden hat das Berufungsgericht verneint. Das nimmt die Revisionserwiderung hin und läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
IV.
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben, soweit es um den Schadensersatz in Höhe von 86.000 DM geht (§ 564 Abs. 1 ZPO). Insofern hat eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zu erfolgen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil die Sache noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob dem Zedenten der vom Landgericht Köln zugesprochene Anspruch zusteht.
Unterschriften
Kreft, Richter am Bundesgerichtshof Kirchhof ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft, Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Zugehör ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.07.2000 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539279 |
NJW 2001, 673 |
NWB 2000, 3908 |
EWiR 2000, 1083 |
KTS 2000, 625 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 2001, 225 |
WM 2000, 1814 |
WuB 2001, 45 |
ZAP-Ost 2000, 656 |
ZAP 2000, 1276 |
ZIP 2000, 1584 |
InVo 2000, 337 |
MDR 2000, 1279 |
NZI 2001, 14 |
NZI 2001, 25 |
NZI 2001, 83 |
VersR 2001, 1024 |
MittRKKöln 2001, 153 |
BRAK-Mitt. 2000, 286 |
BRAK-Mitt. 2001, 196 |