Leitsatz (amtlich)
a) Bei Elektrohaushaltsgroßgeräten (hier: Gefrierschränken, Gefriertruhen, Kühlschränken, Waschmaschinen, Wäschetrocknern, Wäscheschleudern, Geschirrspülern, Elektroherden und Bügelmaschinen) besteht grundsätzlich eine Hinweispflicht des Handels, wenn das fragliche Modell vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt oder von ihm selbst zum Auslaufmodell erklärt worden ist.
b) Die Erklärung des Herstellers, daß es sich bei einem bestimmten Gerät um ein Auslaufmodell handelt, braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen. Sie kann sich auch aus den Umständen ergeben – etwa daraus, daß das betreffende Gerät in dem aktuellen Katalog des Herstellers nicht mehr enthalten, sondern durch ein Nachfolgemodell ersetzt ist.
Normenkette
UWG § 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 19. März 1997 – unter Zurückweisung der Revision im übrigen – im Kostenpunkt und in dem aus der nachfolgenden Neufassung des Tenors ersichtlichen Umfang aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bamberg vom 22. Februar 1996 teilweise abgeändert und unter Aufrechterhaltung von dessen Ziffer 2 insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Gefrierschränke, Gefriertruhen, Kühlschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Wäscheschleudern, Geschirrspüler, Elektroherde und Bügelmaschinen zu bewerben, bei denen es sich um Auslaufmodelle handelt, wenn in der Werbung nicht gleichzeitig auf diese Eigenschaft hingewiesen wird, es sei denn, daß es um den Absatz von Geräten geht, die die Beklagte noch aus der laufenden Produktion erworben hat und die entweder vor Erscheinen eines Nachfolgemodells im Handel oder – wenn es kein Nachfolgemodell gibt – im regelmäßigen Geschäftsverkehr der Beklagten abgesetzt werden.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5. Von den Kosten der Rechtsmittel trägt der Kläger 1/10, die Beklagte 9/10.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber im Einzelhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten (weißer Ware).
Die Beklagte warb am 1. Juni 1995 in der Tageszeitung „Fränkischer Tag” für eine Gefriertruhe Siemens GT 22 S 01.
Der Kläger hat diese Werbung beanstandet, weil das beworbene Gerät bereits zu diesem Zeitpunkt ein Auslaufmodell gewesen sei. Die Produktion des Gerätes sei eingestellt gewesen; in dem im Februar 1995 gedruckten und alsbald erschienenen Gesamtprospekt der Herstellerin sei es nicht mehr enthalten, sondern durch ein Nachfolgemodell GT 22 S 03 ersetzt worden; dieses Gerät sei nicht nur, wie das beworbene Modell, FCKW-frei, sondern darüber hinaus auch FKW-frei gewesen. Es habe damit unter Umweltschutzgesichtspunkten eine wesentliche Verbesserung dargestellt. Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat sich darauf berufen, daß die Produktion des beworbenen Gerätes zum Zeitpunkt der Werbung noch nicht eingestellt gewesen sei. Das Gerät sei noch viele Monate nach Erscheinen der Anzeige von der Herstellerin ausgeliefert worden.
Das Landgericht hat der Beklagten – einem Hilfsantrag des Klägers entsprechend – untersagt, elektrische Haushaltsgroßgeräte zu bewerben, soweit es sich hierbei um Auslaufmodelle handele und in der Werbung nicht auf die Eigenschaft der Geräte als Auslaufmodelle hingewiesen werde.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten – weitgehend einem neu formulierten Antrag des Klägers entsprechend – mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dieser untersagt wird,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Gefrierschränke, Gefriertruhen, Kühlschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Wäscheschleudern, Geschirrspüler, Elektroherde und Bügelmaschinen zu bewerben, die nicht mehr hergestellt werden, weil ihre Produktion entweder ganz eingestellt wird oder weil sie durch ein Nachfolgemodell mit wesentlichen Verbesserungen im technischen Bereich und/oder im Bereich des Umweltschutzes ersetzt werden (Auslaufmodelle), wenn in der Werbung nicht gleichzeitig auf diese Eigenschaft hingewiesen wird.
Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten nach § 3 UWG bejaht. Es hat dazu ausgeführt:
Der von dem Kläger im Berufungsrechtszug gestellte Antrag enthalte keine Klageänderung, da der Begriff der elektrischen Haushaltsgroßgeräte lediglich konkretisiert und ferner umschrieben werde, was unter Auslaufmodellen zu verstehen sei, nämlich Geräte, die entweder nicht mehr hergestellt würden oder jedenfalls nur noch mit Veränderungen.
Die Werbung für Auslaufmodelle könne grundsätzlich unter § 3 UWG fallen, wenn auf diese Eigenschaft nicht hingewiesen werde. Bei elektrischen Haushaltsgroßgeräten erwarteten nicht zu vernachlässigende Teile der Verbraucher wegen des verhältnismäßig hohen Preises und der langen Lebensdauer dieser Geräte, daß ein redlicher Händler bereits in der Werbung darüber aufkläre, wenn er ein Auslaufmodell anbiete. Die Aufklärungspflicht bestehe für die beworbenen Haushaltsgroßgeräte zwar nicht in allen Auslaufphasen, jedenfalls aber unter den hier vorliegenden Umständen. Die angebotenen Geräte würden nicht mehr hergestellt, so daß sie im Handel in Kürze nicht mehr erhältlich seien. Dies gelte unabhängig davon, in welcher Anzahl sie bei Produkteinstellung entweder beim Erzeuger oder im Vertriebssystem noch vorhanden seien und ob und wie lange sie tatsächlich noch ausgeliefert würden. Denn der die Wertschätzung beeinträchtigende Umstand, daß die Geräte – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr hergestellt würden, sei bereits eingetreten. Entsprechendes gelte, wenn die Produktion nicht völlig eingestellt, sondern – unmittelbar oder in absehbarer Zukunft – mit Veränderungen fortgesetzt werde und diese Veränderungen zu einer Verbesserung im technischen Bereich oder in der Umweltverträglichkeit führten.
Danach habe für die Beklagte eine Aufklärungspflicht bestanden. Gegen diese habe sie verstoßen. Es sei bewiesen, daß die von der Beklagten beworbene Gefriertruhe im Zeitpunkt der Werbung so nicht mehr hergestellt worden sei. Das Gerät sei auch in dem bereits im Februar 1995 gedruckten Herstellerkatalog nicht mehr enthalten gewesen. Darauf, daß es noch bis November 1995 ausgeliefert worden sei, komme es nicht an. Der Umstand, daß die Herstellung zum Zeitpunkt der Werbung nicht völlig eingestellt worden, sondern bereits ein Nachfolgemodell in Produktion gegangen sei, ändere nichts daran, daß das beworbene Gerät schon damals ein Auslaufmodell gewesen sei. Denn die bessere Umweltverträglichkeit des Nachfolgemodells, die darauf beruhe, daß umweltschädliche Schaumstoffe nicht mehr verwendet würden (FKW-frei), sei für die Wertschätzung der Verbraucher von erheblicher Bedeutung.
Die erforderliche Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr sei auch für beide Antragsalternativen (völlige Produkteinstellung und Ersatz durch ein Nachfolgemodell) gegeben.
Es bestehe nicht nur die Gefahr, daß die Beklagte in Fällen, in denen ein Nachfolgemodell mit verbesserten Eigenschaften hergestellt werde, in der beanstandeten Weise werben werde, sondern dem Gesamtvorbringen der Beklagten sei darüber hinaus zu entnehmen, daß sie sich auch in Fällen völliger Produkteinstellung für berechtigt halte, ohne Hinweis auf die Eigenschaft „Auslaufmodell” zu werben.
II. Die Revision hat nur zum Teil Erfolg.
Die Beklagte hat dadurch gegen § 3 UWG verstoßen, daß sie für die Gefriertruhe Siemens GT 22 S 01 geworben hat, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich um ein Auslaufmodell handelt. Dieser Verstoß rechtfertigt jedoch nicht das ohne Einschränkungen ausgesprochene Verbot.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings eine mangelnde Bestimmtheit des Antrags (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und des darauf beruhenden Urteilsausspruchs (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO), soweit darin der Bestandteil „mit wesentlichen Verbesserungen im technischen Bereich und/oder im Bereich des Umweltschutzes” enthalten ist.
Ein Verbotsantrag darf zwar nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und in der Zwangsvollstreckung, wenn dem gestellten Antrag im Erkenntnisverfahren Rechnung getragen würde, die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre. Das bedeutet nicht, daß die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Antrag und in der Urteilsformel grundsätzlich und generell unzulässig wäre. Auch der Gebrauch solcher Begriffe kann hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten sein, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, so daß die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 5.6.1997 – I ZR 69/95, GRUR 1998, 489, 491 = WRP 1998, 42 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; Urt. v. 15.7.1999 – I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017 f. = WRP 1999, 1035 – Kontrollnummernbeseitigung). So liegt der Fall hier.
Die beanstandete Formulierung ist zwar nicht eindeutig. Ihr Gebrauch berührt aber die Bestimmtheit des Klageantrags nicht. Sie wird nämlich nicht verwandt, um den Inhalt des Verbots selbständig festzulegen, sondern hat lediglich die nähere Umschreibung von Fällen zum Inhalt, in denen vom Vorliegen eines Auslaufmodells ausgegangen werden kann. Insofern ist sie nur Teil der Begründung, wobei über das Verständnis der Begriffe zwischen den Parteien nicht einmal Streit bestanden hat. Im übrigen hat der Senat bei der Neufassung der Urteilsformel ohnehin davon absehen können, die angegriffene Umschreibung in die Urteilsformel aufzunehmen, sondern sich – wie auch schon in anderen Fällen (vgl. BGH, Urteile v. 3.12.1998 – I ZR 63 und 74/96, GRUR 1999, 757 und 760 = WRP 1999, 839 und 842 – Auslaufmodelle I und II) – mit der Angabe „Auslaufmodell” begnügt.
2. Das Berufungsgericht hat die Sachbefugnis des Klägers aus seiner Eigenschaft als Mitbewerber (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG) abgeleitet. Diese Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Nach den getroffenen Feststellungen ist der Kläger daneben unmittelbar aus der verletzten Norm (hier: § 3 UWG) berechtigt, gegen die Beklagte vorzugehen, so daß es auf die Frage nicht ankommt, ob der behauptete Verstoß geeignet wäre, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen (BGH, Urt. v. 5.3.1998 – I ZR 229/95, GRUR 1998, 1039 = WRP 1998, 973 – Fotovergrößerungen).
3. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die beanstandete Werbung deshalb als irreführend beurteilt, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen hat, daß es sich bei der von ihr beworbenen Gefriertruhe um ein Auslaufmodell handelt.
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß das beworbene Gerät ein Auslaufmodell ist.
Der Senat ist in der Entscheidung „Auslaufmodelle I” (BGH GRUR 1999, 757) aufgrund der dort getroffenen Feststellungen davon ausgegangen, daß ein Auslaufmodell ein Gerät ist, das vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt oder von ihm selbst als Auslaufmodell bezeichnet wird. Legt man – da der vorliegende Sachverhalt keinen Anlaß zu einem abweichenden Verständnis bietet – diese Umschreibung auch hier zugrunde, so unterfällt das Angebot der Beklagten zwar nicht der ersten Modalität, weil es nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts beim Erscheinen der Werbung am 1. Juni 1995 noch im Sortiment der Herstellerin geführt wurde. Wenn es auch nicht mehr hergestellt wurde, so lieferte die Herstellerin es aber noch über Monate hinaus (bis November 1995) aus.
Die verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts begründen aber die Annahme, daß die Herstellerin des von der Beklagten beworbenen Modells bei Erscheinen der Werbung am 1. Juni 1995 dieses zwar nicht ausdrücklich, aber doch erkennbar zum Auslaufmodell erklärt hat. Dies ergibt sich aus den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen und den von ihm in Bezug genommenen Unterlagen. Diese lassen vorliegend den Schluß zu, daß das in Rede stehende Modell aus der Sicht der Herstellerin ein Auslaufmodell war. Denn Geräte der am 1. Juni 1995 von der Beklagten beworbenen Art wurden bereits seit Anfang März 1995 nicht mehr hergestellt. Demzufolge waren sie auch in dem im Februar 1995 gedruckten und alsbald ausgelieferten Katalog 1995 der Herstellerin nicht mehr enthalten, vielmehr war an der entsprechenden Stelle nunmehr das Modell GT 22 S 03 aufgeführt. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht dem Umstand, daß Gefriertruhen der beworbenen Art noch bis November 1995 ausgeliefert wurden, in diesem Zusammenhang keine Bedeutung beigemessen. Denn die bloße Auslieferung schon produzierter und noch vorhandener Geräte zu einer Zeit, in der bereits ein anderes Modell an dessen Stelle produziert und auch in der Werbung angeboten wird, besagt – anders als die Revision meint – eindeutig, daß die Herstellerin ihr Marketing auf das neue Modell eingestellt hat und das bisherige Produkt lediglich „auslaufen” läßt.
b) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß angenommen, daß die Beklagte verpflichtet war, in ihrer Werbung für die Gefriertruhe auf die bestehende Auslaufeigenschaft des Gerätes hinzuweisen.
Es ist dabei in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, daß das Verschweigen einer Tatsache – wie derjenigen, daß es sich um ein Auslaufmodell handelt – nur dann als eine irreführende Angabe i.S. von § 3 UWG angesehen werden kann, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft. Eine solche Pflicht besteht, sofern sie nicht schon aus Gesetz, Vertrag oder vorangegangenem Tun begründet ist, im Wettbewerb nicht schlechthin. Denn der Verkehr erwartet nicht ohne weiteres die Offenlegung aller – auch der weniger vorteilhaften – Eigenschaften einer Ware oder Leistung. Die Pflicht zur Aufklärung besteht jedoch in den Fällen, in denen das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluß zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht würde. Dabei deutet es im allgemeinen auf eine entsprechende Verkehrserwartung hin, wenn derartige Hinweise auf eine bestimmte negative Eigenschaft im Wettbewerb üblich sind. Allerdings müssen auch die Interessen des Werbenden beachtet werden: Seine wettbewerbsrechtliche Aufklärungspflicht bezieht sich nicht auf jede Einzelheit der geschäftlichen Verhältnisse. Vielmehr besteht aus dem Gesichtspunkt des § 3 UWG eine Verpflichtung, negative Eigenschaften des eigenen Angebots in der Werbung offenzulegen, nur insoweit, als dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerläßlich ist (BGH GRUR 1999, 757 – Auslaufmodelle I; GRUR 1999, 760 – Auslaufmodelle II, jeweils m.w.N.).
Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Verkehr erwarte zumindest bei Geräten der hier beworbenen Art grundsätzlich, daß es sich um Modelle aus der laufenden Produktion und nicht um nicht mehr hergestellte Geräte handelt. Dabei hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, daß die Frage, ob bei dem Angebot einer bestimmten Ware auf die Eigenschaft als Auslaufmodell hingewiesen werden muß, nicht generell, sondern allenfalls nach Warengruppen beantwortet werden kann. Für Waren der Art wie das beworbene Gerät hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung darauf abgestellt, daß der Verkehr bei derartigen Geräten, die einen verhältnismäßig hohen Preis und eine längere Lebensdauer haben, Wert darauf legt, daß sie nicht schon nach kurzer Zeit „veraltet” sind. Es handelt sich mithin für den jeweiligen privaten Endabnehmer um eine Kaufentscheidung, die der Deckung eines nicht alltäglichen, sondern auf Dauer angelegten Bedarfs dient und die er in der Regel nicht spontan, sondern nach einiger Überlegung trifft, nachdem er sich über das zu erwerbende Produkt informiert hat. Die nicht zu beanstandende Erwägung des Berufungsgerichts, daß der Verkehr wegen der Langlebigkeit der Geräte Wert auf Möglichkeiten der Ersatzteilbeschaffung legt und von daher daran interessiert ist, zu erfahren, ob es sich um ein Auslaufmodell handelt, steht auch der Überlegung der Revision entgegen, die Verbraucher erwarteten wegen der Auslieferung der noch vorhandenen und nicht mehr produzierten Geräte durch die Herstellerin keinen Hinweis auf Auslaufmodelle. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch zu Recht die bessere Umweltverträglichkeit des neuen Modells hervorgehoben und angeführt, daß dieser Gesichtspunkt in den letzten Jahren zunehmend ins Bewußtsein der Verbraucher gerückt und für ihre Kaufentscheidung von wesentlicher Bedeutung ist.
c) Die Erwartung des Verkehrs, bei einem Angebot von Auslaufmodellen über diese Eigenschaft unterrichtet zu werden, ist auch hinsichtlich der im Antrag und dem ausgesprochenen Verbot weiter aufgeführten Geräte begründet. Auch bei diesen recht teuren Geräten ist, wie der Senat bereits im Urteil vom 3. Dezember 1998 (I ZR 61/97, NJWE-WettbR 1999, 145) für einen Abluftwäschetrockner angenommen hat, die Erwartung der Verbraucher begründet, eine technische Fortentwicklung sei insbesondere hinsichtlich der Leistung, der wirtschaftlichen Arbeitsweise, der Geräuschentwicklung und der Umweltverträglichkeit möglich, so daß sie bei – regelmäßig nicht spontan stattfindenden – Einkäufen eine Aufklärung darüber erwarten, ob ein Auslaufmodell angeboten wird. Es bestehen unter diesen Umständen keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht die Erwartungen, die der Verkehr an Gefriertruhen gestellt hat, auf Gefrierschränke, Kühlschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Wäscheschleudern, Geschirrspüler, Elektroherde und Bügelmaschinen übertragen hat.
d) Ohne dies näher zu begründen, ist das Berufungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Frage, ob es sich um ein Auslaufmodell handelt, für die Kaufentscheidung der Verbraucher von wesentlicher Bedeutung ist. Wie der Senat bereits in den vorgenannten Entscheidungen „Auslaufmodelle I” und „Auslaufmodelle II” – dort handelte es sich allerdings um Geräte der Unterhaltungselektronik – im einzelnen ausgeführt hat, sehen nach allgemeiner Lebenserfahrung viele Verbraucher einen preisbildenden Faktor in dem Umstand, daß es sich bei einem angebotenen Gerät um ein Auslaufmodell handelt. Bei einem solchen Gerät wird der Verkehr im allgemeinen einen günstigeren Preis erwarten als bei einem Gerät aus der laufenden Produktion, und zwar unabhängig davon, ob im Einzelfall mit dem neuen Modell ein technischer Fortschritt verbunden ist und ob gegebenenfalls ein Interesse an der technischen Verbesserung besteht oder nicht. Allein daraus, daß es sich um einen preisbildenden Faktor handelt, ergibt sich die für die Anwendung des § 3 UWG erforderliche wettbewerbliche Relevanz.
4. Gleichwohl kann das Verbot in dem zugesprochenen Umfang keinen Bestand haben. Es geht über den dem Kläger zustehenden Anspruch hinaus.
a) Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, für eine Verurteilung zur Unterlassung von Werbung für Geräte, deren Produktion ohne Nachfolgemodell völlig eingestellt worden sei, fehle es an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits ein Nachfolgemodell angeboten worden sei. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil die völlige Produkteinstellung ohne Nachfolgemodell nicht zum Begriff des Auslaufmodells gehört (vgl. oben unter II 3 a) und der vom Senat neu formulierte Verbotsausspruch dies auch nicht einbezieht.
b) Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot kann nicht aufrechterhalten bleiben, soweit es auch Fälle erfaßt, in denen die Beklagte lediglich die vor der Modellumstellung eingekaufte Ware in einer Übergangszeit abverkauft, in der sich noch kein Nachfolgemodell im Handel befindet. Ein derart weitreichender Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Das Verbot war deshalb dahin einzuschränken, daß der Beklagten untersagt ist, die im einzelnen genannten Elektrohaushaltsgroßgeräte zu bewerben, bei denen es sich um Auslaufmodelle handelt, wenn in der Werbung nicht gleichzeitig auf diese Eigenschaft hingewiesen wird, es sei denn, daß es um den Absatz von Geräten geht, die die Beklagte noch aus der laufenden Produktion erworben hat und die entweder vor Erscheinen eines Nachfolgemodells im Handel oder – wenn es kein Nachfolgemodell gibt – im regelmäßigen Geschäftsverkehr der Beklagten abgesetzt werden. Der Verkehr erwartet nämlich, wie der Senat im einzelnen ausgeführt hat (BGH GRUR 1999, 757, 759 – Auslaufmodelle I), vernünftigerweise nicht, daß mit dem Tag, an dem der Hersteller seine Produktion ändert oder einstellt, alle noch im Handel befindlichen Geräte der früheren Bauweise als Auslaufmodelle bezeichnet werden. Zudem stünden einer derart weitgehenden Hinweispflicht die berechtigten Interessen des Werbenden entgegen, die zu berücksichtigen sind, wenn aus § 3 UWG eine Aufklärungspflicht hergeleitet werden soll. Denn der Händler hat ein berechtigtes Interesse daran, die aus dem aktuellen Sortiment erworbene Ware im üblichen Warenumschlag absetzen zu können, ohne bereits auf den – die Absatzchancen schmälernden – Umstand hinweisen zu müssen, daß alsbald ein neues Modell im Handel sein wird. Ebensowenig wie der Händler im allgemeinen verpflichtet ist, auf bevorstehende Modelländerungen oder -einstellungen, von denen er bereits Kenntnis hat, hinzuweisen, kann ihm die Pflicht auferlegt werden, einen im Handel noch nicht vollzogenen Modellwechsel zu offenbaren.
Die vom Berufungsgericht angenommene uneingeschränkte Hinweispflicht ginge danach zu weit, da sie auch Produkte erfaßt, die der Händler noch vor dem Modellwechsel als aktuelle Geräte bestellt hat und die er noch vor Erscheinen des Nachfolgemodells im Handel anbietet oder, falls es ein Nachfolgemodell nicht gibt, im Rahmen des üblichen Warenumschlags absetzt. Es waren danach durch die Einschränkungen des ausgesprochenen Verbots die Fälle auszunehmen, in denen die Beklagte in der Publikumswerbung Geräte nicht als Auslaufmodelle bezeichnen muß, obwohl sie nicht mehr hergestellt werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Beklagte als Händlerin die Geräte während einer noch laufenden Produktion erworben hat, sei es, daß sie diese bestellt oder schon ausgeliefert erhalten hat, und sie diese noch anbietet, bevor ein Nachfolgemodell im Handel ist. Ebenso besteht keine Hinweispflicht, wenn sie aus einer laufenden Produktion erworbene Geräte weiter in dem bei ihr für den regelmäßigen Geschäftsverkehr üblichen Warenumschlag noch absetzt, auch wenn die Produktion zwischenzeitlich eingestellt worden ist und kein Nachfolgemodell angeboten wird.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben, soweit es die vorbezeichnete Einschränkung nicht enthielt, und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts entsprechend abzuändern. Hinsichtlich des weitergehenden Antrags waren die Klage abzuweisen und die Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, Mees, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Büscher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.10.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556186 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 1204 |
GRUR 2000, 616 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 2000, 1024 |
WRP 2000, 514 |
RdW 2000, 307 |