Leitsatz (amtlich)
Zur Umdeutung einer Leistungsklage auf Zahlung von Unterhalt in eine Abänderungsklage.
Normenkette
ZPO § 323
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 1990 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien, österreichische Staatsangehörige, schlossen im Jahre 1960 die Ehe, aus der drei inzwischen volljährige Söhne hervorgingen. Im April 1981 verließ der Beklagte das gemeinsam bewohnte Familienanwesen und zog zu seiner jetzigen Ehefrau. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verurteilte ihn am 28. Juni 1984 unter anderem, an die Klägerin ab 1. Januar 1983 Unterhalt in Höhe von monatlich 1.259 DM abzüglich bis einschließlich Mai 1984 gezahlter 650 DM zu leisten. Durch seit 18. April 1986 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Sinsheim vom 14. Februar 1986 wurde die Ehe der Parteien nach österreichischem Recht aus überwiegendem Verschulden des Beklagten geschieden (§§ 55 Abs. 1 und 2, 61 Abs. 3 des österreichischen Ehegesetzes – im folgenden: öEheG).
Mit ihrer am 25. März 1988 erhobenen Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten ab Juni 1986 monatlich 215,84 DM Krankenvorsorgeunterhalt und 1.600 DM Elementarunterhalt (insgesamt: 1.815/84 DM) abzüglich freiwillig gezahlter 1.340 DM. Das Amtsgericht – Familiengericht – hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ab Juni 1986 monatlich 1.707,84 DM (215,84 DM Krankheitsvorsorge- und 1.492 DM Elementarunterhalt) zu zahlen, abzüglich freiwillig gezahlter 1.340 DM. In den Elementarunterhalt hat es dabei monatlich 311,20 DM als Altersvorsorgeunterhalt aufgenommen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hiergegen haben der Beklagte Berufung, die Klägerin Anschlußberufung eingelegt, die am 19. Februar 1990 zugestellt worden ist. Der Beklagte hat sich gegen den Ansatz eines Postens für die Altersvorsorge der Klägerin gewendet und beanstandet, daß höhere freiwillige Zahlungen nicht berücksichtigt worden seien. Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zu folgenden monatlichen Unterhaltszahlungen beantragt: ab Dezember 1988 insgesamt 1.707,84 DM (215,84 DM Krankheitsvorsorge- und 1.492 DM Elementarunterhalt), ab 1. November 1989 insgesamt 2.060,84 DM (215,84 DM Krankheitsvorsorge- und 1.845 DM Elementarunterhalt) sowie ab Rechtshängigkeit des mit der Anschlußberufung verfolgten Anspruchs insgesamt 3.158,86 DM (298,08 DM Krankheitsvorsorge- und 2.860,72 DM Elementarunterhalt), jeweils abzüglich freiwillig, gezahlter 1.515 DM. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. April 1990 hat die Klägerin hilfsweise erklärt, ihre Klage solle auch Abänderungsklage sein.
Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Familiengerichts geändert und das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 1984 dahin abgeändert, daß der Beklagte an die Klägerin über einen freiwillig gezahlten Krankheitsvorsorgeunterhalt von monatlich 216 DM sowie über den in dem Urteil zuerkannten Betrag von monatlich 1.259 DM und weitere freiwillig gezahlte 40 DM hinaus ab 19. Februar 1990 monatlich 82,08 DM Krankheitsvorsorgeunterhalt und folgenden Elementarunterhalt zu zahlen hat: 25. März 1988 bis Dezember 1988 monatlich 184 DM, Januar bis März 1989 monatlich 51 DM, April bis Oktober 1989 monatlich 193 DM, November und Dezember 1989 sowie Januar bis 18. Februar 1990 monatlich 301 DM, 19. Februar bis 12. September 1990 monatlich 571 DM und ab 13. September 1990 monatlich 829 DM. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Im übrigen hat es Berufung und Anschlußberufung zurückgewiesen. Für den Beklagten hat es – beschränkt auf den Zeitraum bis 5. April 1990 – die Revision zugelassen. In diesem Umfang verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I. Das Unterhaltsbegehren der Klägerin ist materiellrechtlich nicht nach deutschem, sondern nach österreichischem Recht zu beurteilen. Das ergibt sich aus dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II 837; im folgenden Übk 73), das für die Bundesrepublik Deutschland am 1. April 1987 in Kraft getreten ist (Bekanntmachung vom 26. März 1987, BGBl. II 225).
Nach Art. 8 Übk 73 (entsprechend Art. 18 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) ist in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen worden ist, für die Unterhaltspflichten zwischen den geschiedenen Ehegatten und die Änderung von Entscheidungen über diese Pflichten das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend. Das ist hier das österreichische Recht, da das Amtsgericht – Familiengericht – Sinsheim die Ehe der Parteien nach dem österreichischen Ehegesetz vom 6. Juli 1938 geschieden hat.
Wegen des staatsvertraglichen Charakters der Anknüpfungsnorm (Art. 8 Übk 73; Art. 18 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) wird allgemein angenommen, daß nur auf das ausländische Sachrecht verwiesen wird. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das österreichische internationale Privatrecht auf das deutsche Recht zurückverweist, was einer Prüfung durch das Revisionsgericht zugänglich wäre (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1958 – VIII ZR 10/57 – NJW 1958, 750, 751), vielmehr entscheidet das materielle Recht Österreichs über den Unterhaltsanspruch der Klägerin (vgl. Palandt/Heldrich, BGB 50. Aufl. EGBGB Art. 18 Rdn. 3; EGBGB Art. 4 Rdn. 13 m.N.; Ferid, Internationales Privatrecht JA 3. Aufl. 3–101; 8–385, 27).
II. 1. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß nach österreichischem Recht über Trennungsunterhalt ergangene Titel vorbehaltlich einer Umstandsänderung über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus fortwirken, wenn – wie hier – das Scheidungsurteil einen Schuldausspruch nach § 61 Abs. 3 öEheG enthält. Nach § 69 Abs. 2 Satz 1 öEheG i.V. mit § 94 ABGB. stehe nämlich dem an der Zerrüttung der Ehe nicht schuldigen Ehegatten nach der Scheidung der gleiche Unterhaltsanspruch wie vorher zu. Nach dem Sprachgebrauch des deutschen Rechts sei in diesem Falle also der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt mit dem Anspruch auf Trennungsunterhalt identisch. Die Klägerin könne deshalb lediglich Abänderung des Urteils vom 28. Juni 1984 nach Maßgabe der veränderten Verhältnisse begehren.
An diese Feststellung und Auslegung des österreichischen Rechts ist das Revisionsgericht gebunden. Denn nach den §§ 549, 562 ZPO kann die Feststellung und Auslegung ausländischen Rechts mit der Revision nicht angegriffen werden. Dies ist für die Entscheidung materiellrechtlicher Fragen allgemein anerkannt. Darüber hinaus binden Feststellungen des Tatrichters zum ausländischen Recht das Revisionsgericht auch für Vortragen einer von Amts wegen zu prüfenden Prozeßvoraussetzung. § 562 ZPO bestimmt ohne jegliche Einschränkung, daß das Revisionsgericht an die Entscheidung des Berufungsgerichts gebunden ist, und stellt damit die Feststellung über das Bestehen und den Inhalt ausländischen Rechts einer Tatsachenfeststellung gleich (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1958 – IV ZR 148/57 – NJW 1958, 830, 831). Der Senat hat deshalb davon auszugehen, daß das Urteil vom 28. Juni 1984 auch für den Unterhaltsanspruch der Klägerin nach der Scheidung Vollstreckungstitel ist.
Die weitere Frage, ob es zur Änderung dieses titulierten Anspruchs einer Abänderungsklage bedarf, ist nach deutschem Recht zu beantworten und daher zu bejahen (§ 323 ZPO). Sie ist eine verfahrensrechtliche (Haupt-)Frage, über welche das Recht der lex fori entscheidet (vgl. Kegel, Internationales Privatrecht 6. Aufl. S. 688; Aretz/Korth, Internationales Privat- und Verfahrensrecht 1989 Rdn, 15). Anlaß, ausnahmsweise ausländisches Verfahrensrecht zu berücksichtigen, besteht nicht. Es ist deshalb ohne Bedeutung, daß es bei einer Änderung des anspruchsbegründenden Sachverhalts nach österreichischem Recht keiner Abänderungsklage bedarf, vielmehr ein Anspruch auf Erhöhung oder Herabsetzung zugesprochener Beträge mit einer neuen Klage geltend gemacht werden kann (vgl. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts 2. Aufl. Wien 1990 Rdn. 1532).
2. Die Revision wendet sich dagegen, daß das Berufungsgericht die Klage schon ab Klageerhebung als Abänderungsklage behandelt hat, obwohl die Klägerin erst im zweitinstanzlichen Termin vom 6. April 1990 hilfsweise erklärt hat, die Klage solle auch als Abänderungsklage angesehen werden.
Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
Die Umdeutung einer fehlerhaften Prozeßhandlung kommt in Betracht, wenn sie wegen ihrer Eindeutigkeit und Klarheit einer berichtigenden Auslegung nicht zugänglich ist, aber den Voraussetzungen einer anderen, den gleichen Zwecken dienenden entspricht, die prozessual zulässig ist; die Umdeutung darf erfolgen, wenn ein entsprechender Parteiwille genügend deutlich erkennbar ist und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht. Denn der Zivilprozeß hat die Verwirklichung des materiellen Rechts zum Ziel; die für ihn geltenden Vorschriften sind nicht Selbstzweck, sondern Zweckmäßigkeitsnormen, die auf eine sachliche Entscheidung des Rechtsstreits im Wege eines zweckmäßigen und schnellen Verfahrens gerichtet sind. Wenn irgend vertretbar, müssen die Verfahrensvorschriften daher so verstanden und angewendet werden, daß sie eine Entscheidung über die materielle Rechtslage nicht verhindern, sondern ermöglichen, damit tunlichst vermieden wird, daß die bereits in den Vorinstanzen erlassene Sachentscheidung in der Revisionsinstanz aus formalen Gründen aufgehoben werden muß und der aufgewendete Einsatz von Kosten und Zeit sich als sinnlos erweist (Senatsurteil vom 1. Juni 1983 – IVb ZR 365/81 – FamRZ 1983, 892, 893 m.N.).
Nach diesen Grundsätzen bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht die Leistungsklage in eine Abänderungsklage umgedeutet hat. Die Klägerin hat in dem ihrem Prozeßkostenhilfeantrag vom 2. Dezember 1986 beigefügten Klageentwurf erklärt, eine Abänderungsklage komme wegen fehlender Identität zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt nicht in Betracht. Diese Erklärung, mit der sie die Erhebung einer Leistungsklage angekündigt hat, ist eindeutig und damit, wie die Revision zutreffend hervorhebt, grundsätzlich einer Auslegung nicht zugänglich. Jedoch ergibt sich aus dieser Erklärung der Klägerin auch, daß sie eine Abänderungsklage gegen die von ihr genannte Entscheidung vom 28. Juni 1984 erwogen und die beabsichtigte Klage nur wegen einer irrigen Beurteilung der Rechtslage nicht als Abänderungsklage bezeichnet hat. Zwar mag im allgemeinen eine Partei an ihren ihr ungünstigen verfahrensrechtlichen Erklärungen festzuhalten sein. Das ist aber weitgehend anders, wenn sie bei ihrer Erklärung einem Irrtum zum Opfer gefallen ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 1962 – III ZR 214/61 – NJW 1962, 1820).
Die von der Klägerin erhobene Klage (Schriftsatz vom 19. Februar 1988 i.V. mit dem Schriftsatz vom 2. Dezember 1986) erfüllt – mit Ausnahme des Antrags – auch die Voraussetzungen einer Abänderungsklage. Dafür ist es erforderlich, daß der Kläger Tatsachen behauptet, die eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ergeben, die für die Verurteilung zu den Leistungen, für ihre Höhe oder Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 – IVb ZR 347/81 – FamRZ 1984, 353, 355). Während das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 1984 bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin für die Zeit ab Januar 1983 von einem monatlichen Einkommen des Beklagten in Höhe von 5.155 DM ausgegangen war, hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 2. Dezember 1986 und 19. Februar 1988 vorgetragen, der Beklagte habe jetzt ein monatliches Einkommen von 6.150 DM, woraus sich nach Abzug von Kindesunterhalt und Krankenvorsorgeunterhalt ein Elementarunterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von 1.600 DM monatlich ergebe. Ferner hat sie Tatsachen dafür behauptet, daß sie nach Scheidung der Ehe zusätzlich Krankenvorsorgeunterhalt beanspruchen könne. Damit hat sie in ausreichendem Umfang eine wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse vorgetragen, die für die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 28. Juni 1984 maßgebend waren. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem dem Senatsurteil vom 30. Januar 1985 – IVb ZR 63/83 – NJW 1985, 1345 zugrunde liegenden, in welchem der Senat die erhobene Leistungsklage nicht in eine Abänderungsklage umzudeuten vermochte (a.a.O. S. 1346).
Der Umdeutung stehen keine schutzwürdigen Interessen des Beklagten entgegen. Sein Begehren ist darauf gerichtet, eine materiellrechtliche Entscheidung darüber zu erhalten, daß er, zu keinen höheren Unterhaltsleistungen verpflichtet ist, als er freiwillig leistet. Dies ergibt sich neben seinem Antrag auf Klageabweisung daraus, daß er das über seine freiwilligen Zahlungen hinausgehende Unterhaltsbegehren der Klägerin in vorprozessualer Korrespondenz stets abgelehnt und mit seiner Berufung u.a. die Berücksichtigung höherer freiwilliger Zahlungen erstrebt hat, als das Familiengericht angenommen hatte. Diesem Begehren des Beklagten wird auch bei einer Umdeutung der Leistungsklage in eine Abänderungsklage in vollem Umfang Rechnung getragen.
Eine Umdeutung der Leistungsklage in eine Abänderungsklage scheitert jedenfalls bei dem hier gegebenen Sachverhalt auch nicht daran, daß einer Leistungsklage regelmäßig das einer Abänderungsklage eigene Begehren auf Rechtsgestaltung in Form der Abänderung eines Unterhaltstitels fehlt (so OLG Koblenz FamRZ 1990, 426, 427). Es wäre eine mit dem wiedergegebenen Sinn und Zweck verfahrensrechtlicher Vorschriften unvereinbare Betrachtungsweise, wenn eine Umdeutung aus dogmatischen Gründen abgelehnt würde, obwohl die Klägerin den abzuändernden Titel genannt und eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO vorgetragen, ihre Klage aber lediglich aus Irrtum über die – zudem durch ausländische Vorschriften beeinflußte – Rechtslage nicht als Abänderungsklage erhoben hat (zustimmend Zöller/Vollkommer, ZPO 16. Aufl. § 323 Rdru 20).
Daß die Umdeutung in eine Abänderungsklage dem Beklagten eine Verteidigungsmöglichkeit in einem Teilbereich nimmt, wie die Revision behauptet, ist nicht erkennbar und wird auch nicht näher dargelegt. Die Umdeutung in eine Abänderungsklage durchbricht auch nicht die Rechtskraft, da der Titel nur für die Zeit nach Klageerhebung abgeändert wird. Klageerhebung im Sinne des § 323 Abs. 3 ZPO ist dabei im Falle einer Umdeutung der Zeitpunkt der Erhebung der Leistungsklage. Denn die Umdeutung besteht gerade darin, die erhobene Klage von Anfang an als Abänderungsklage zu betrachten. Damit muß sie auch zu dem Zeitpunkt als erhoben angesehen werden, zu dem die Leistungsklage erhoben worden ist. Ein besonderer Vertrauensschutz des Beklagten steht dem nicht entgegen. Denn schon bei der Erhebung der Leistungsklage konnte der Beklagte nicht mehr darauf vertrauen, die Klägerin werde sich mit den bisher ausgeurteilten Beträgen zufriedengeben. Im übrigen hat der Beklagte sich nicht darauf berufen, die Verhältnisse hätten sich seit Erlaß des Urteils vom 28. Juni 1984 nicht wesentlich geändert.
III. 1. Die Revision beanstandet ferner, bei der Bestimmung des anrechnungsfähigen Nettoeinkommens des Beklagten seien dem Oberlandesgericht Berechnungsfehler unterlaufen. Nachdem ersichtlich der gesamte ab 1988 geltend gemachte Aufwand habe berücksichtigt werden sollen, errechne sich der durchschnittliche monatliche Aufwand für das Jahr 1988 nicht auf 653 DM, sondern auf 778 DM und für das Jahr 1989 nicht auf 877 DM, sondern auf 993 DM. Dementsprechend reduzierten sich die zuerkannten Unterhaltsansprüche auf Beträge, deren Höhe keine Abänderung des Urteils vom 28. Juni 1984 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse rechtfertige.
Dieser Rüge ist nicht schon deshalb der Erfolg zu versagen, weil es sich bei der Frage, ob und in welcher Höhe beim Einkommen des Beklagten berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen sind, um die Anwendung österreichischen Rechts handelt, das nicht revisibel ist (§ 549 ZPO). Denn das Berufungsgericht hat vom Standpunkt der Auslegung, die es dem österreichischen Recht gegeben hat, die Anrechnung berufsbedingter Aufwendungen für geboten gehalten. Für diesen Fall kann gerügt werden, daß der Berufungsrichter ein Vorbringen übersehen und damit § 286 ZPO verletzt habe (BGHZ 3, 342, 347).
Einen Rechenfehler zeigt die Revision jedoch nicht auf. Bei der Frage, welcher Monatsbetrag für die geltend gemachten Aufwendungen anzusetzen ist, steht dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die monatlichen Beträge ersichtlich gerundet und ausweislich der Urteilsgründe (S. 12) größere Anschaffungen auf mehrere Jahre verteilt hat. Dabei hatte es auch zu beurteilen, auf welche Zeiträume die Anschaffungen zu verteilen waren. Die Addition der so ermittelten Einzelposten ergibt 453 DM für das Jahr 1988 und 677 DM für 1989 (jeweils zuzüglich 200 DM Krankenversicherungsbeiträge des Beklagten). Wieso die Revision zu anderen Beträgen kommt, legt sie nicht dar.
2. Die Revision rügt schließlich, das Berufungsgericht habe in rechtsfehlerhafter Weise Krankenversicherungsbeiträge für die zweite Ehefrau des Beklagten, ein ihr gegenüber abgegebenes Schuldanerkenntnis über 110.000 DM mit monatlichen Tilgungsraten von 2.000 DM und eine mit ihr getroffene Unterhaltsvereinbarung über monatlich 2.200 DM unbeachtlich gelassen. Dies sei mit § 69 Abs. 2 Satz 3 des österreichischen Ehegesetzes unvereinbar (§ 286 ZPO).
Damit kann die Revision nicht gehört werden.
Dem Berufungsgericht war, wie die Entscheidungsgründe ergeben, die einschlägige Vorschrift des öEheG bekannt. Es hat die danach gebotene Abwägung aller Umstände und eine Billigkeitsprüfung vorgenommen. Es hat damit ausländisches materielles Recht angewendet. Seine Entscheidung unterliegt insoweit nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (§ 549 ZPO). Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht die Aufwendungen des Beklagten für die Krankenversicherung seiner zweiten Ehefrau nicht einkommensmindernd berücksichtigt hat, und für die weiteren Beanstandungen der Revision, das Berufungsgericht habe die angespannte finanzielle Situation des Beklagten ebenso außer acht gelassen wie die Tatsache, daß seine zweite Ehefrau ihr Medizinstudium abgebrochen habe, um ihm den Haushalt zu führen und ihn „über Wasser zu halten”. Denn ob diese Umstände im Rahmen der Billigkeitsprüfung von Bedeutung sind, richtet sich ausschließlich nach österreichischem Recht. Hierzu können jedoch grundsätzlich keine Revisionsrügen aus § 286 ZPO erhoben werden (BGHZ 3, 342, 346; Senatsurteil vom 1. April 1987 – IVb ZR 40/86 – BGHR ZPO § 549 Abs. 1, Ausländisches Recht 1).
Unterschriften
Lohmann, Krohn, Zysk, Nonnenkamp, Knauber
Fundstellen
Haufe-Index 3420830 |
NJW 1992, 438 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
IPRspr. 1991, 6 |