Entscheidungsstichwort (Thema)
materielle Rechtskraft eines Urteils
Leitsatz (amtlich)
Ein Urteil, durch das die Wirksamkeit eines mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts abgeschlossenen Mietvertrages festgestellt wird, schafft keine Rechtskraft zur Frage, ob die Gesellschafter für die Erfüllung des Vertrages mit ihrem Privatvermögen haften.
Normenkette
ZPO § 322 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth |
OLG Nürnberg |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten zu 2 und 26 wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. November 1988 insoweit aufgehoben, als in der Hauptsache zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten zu 2 und 26 gründeten im Jahre 1979 eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung B. I. F. (nachfolgend: Gesellschaft). Nach dem Gesellschaftsvertrag war Zweck der Gesellschaft der Kauf, die Bebauung, Vermietung und Verpachtung eigenen Grundeigentums. § 12 des Vertrages nennt in zwei von den Beklagten zu 3 bis 24 vorgelegten Fassungen als geschäftsführende Gesellschafter einmal allein den Beklagten zu 1, und das anderemal die Beklagten zu 1 und 26. Dem entsprechend heißt es darin, daß der bzw. die geschäftsführenden Gesellschafter
„mit der Geschäftsführung der laufenden Verwaltung die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Firma „B. I. T. – Dr. jur. Z. GmbH”
beauftragt/beauftragen.
In § 13 wird über die Vertretung bestimmt:
„1. Die Gesellschaft wird durch die geschäftsführenden Gesellschafter vertreten.
2. Zur Wahrnehmung der Geschäftsführung erhalten die Geschäftsführer je entsprechende Vollmacht. Bis zur Fertigstellung der gewerblichen Immobilien umfaßt die Vollmacht auch die Befugnisse, Grundstücke der Gesellschaft mit Grundpfandrechten zu belasten, sowie alles Erforderliche für die Erfüllung des Gesellschaftszweckes gemäß § 2 dieses Vertrages zu tun. Die Vollmacht ist jedoch nach Maßgabe der folgenden Vorschriften beschränkt:
a) Die Vollmacht berechtigt zu Rechtshandlungen jeder Art, durch welche die Gesellschaft Forderungen erwirbt.
b) Soweit die Gesellschaft Verbindlichkeiten eingeht, kann der Bevollmächtigte die Gesellschaft nur mit dem vorhandenen Aktivvermögen verpflichten und soweit, als ein Gesellschafter noch Beiträge zu leisten hat. Die Vollmacht berechtigt nicht zu Rechtshandlungen, durch welche ein Gesellschafter darüber hinaus verpflichtet wird”.
Die Beklagten zu 2 und 26 erwarben für die Gesellschaft ein Grundstück in A… zum Zweck der Bebauung und Vermietung. Am 12. Juli 1979 schloß die Firma B. I. T. Dr. jur. Z. GmbH als Vertreterin der Gesellschaft mit dem Kläger einen schriftlichen Vertrag, durch den ihm Räume des Grundstücks in Amberg zur Nutzung als Diskothek auf die Dauer von 15 Jahren vermietet wurden. Den Mietvertrag unterzeichnete für die Vermieterseite der von der genannten GmbH beauftragte T. M..
In der Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 1979 nahm die Gesellschaft die Beklagten zu 1 und 3 bis 25 als Gesellschafter auf. Nach Fertigstellung des Gebäudes auf dem A. Grundstück überließ die Gesellschaft Anfang 1980 die an den Kläger vermieteten Räume einem Dritten, der seitdem dort eine Diskothek betreibt. Sie bestritt mit Schreiben vom 5. Februar 1980 dem Kläger gegenüber die Wirksamkeit der Vertretung durch T. M. beim Abschluß des Mietvertrages vom 12. Juli 1979 und erklärte vorsorglich den Rücktritt von diesem Vertrag. Daraufhin erhob der Kläger gegen die Beklagten Klage auf Feststellung der fortdauernden Wirksamkeit des Mietvertrages. Das Oberlandesgericht Nürnberg gab der Klage in zweiter Instanz durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 1. Juli 1982 statt.
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Mietvertrages in Höhe des ihm angeblich entgangenen Gewinns von zuletzt 316.046, 77 DM zuzüglich Zinsen geltend. Die Klageschrift wurde den Rechtsanwälten B… und Kollegen in Erlangen zugestellt. Rechtsanwalt B… teilte daraufhin mit, daß er „sämtliche Beklagte” vertrete.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 101.500,– DM nebst Zinsen stattgegeben. Gegen das Urteil ist sowohl vom Kläger als auch von den Beklagten Berufung eingelegt worden. Die Beklagten haben geltend gemacht, die Klage sei nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Sie hätten Rechtsanwalt B… keine Prozeßvollmacht erteilt und dessen Prozeßführung auch nicht genehmigt. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Beklagten zu 3 bis 25 insgesamt und die Klage gegen die Beklagten zu 1, 2 und 26 insoweit als unzulässig abgewiesen, als der Kläger Zahlung aus dem Gesellschaftsvermögen begehrt. Soweit der Klageanspruch die Haftung der Beklagten zu 1, 2 und 26 aus ihrem Privatvermögen betreffe, hat es den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagen zu 3 bis 25 hat es den Beklagten zu 1, 2 und 26 nach dem Veranlasserprinzip” auferlegt. Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten zu 2 und 26 ihr Begehren, die Klage insgesamt abzuweisen, weiter. Die zu ihren Lasten getroffene Kostenentscheidung nehmen sie hin.
Entscheidungsgründe
I.
In der Revisionsinstanz ist nur noch darüber zu befinden, ob das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten zu 2 und 26 mit ihrem Privatvermögen zu Recht bejaht hat.
Hierzu hat es ausgeführt, soweit es um diese Haftungsmasse gehe, bestehe zwischen den einzelnen Beklagten keine notwendige, sondern eine einfache Streitgenossenschaft, so daß keine einheitliche Sachentscheidung getroffen werden müsse. Da ferner die Beklagten zu 2 und 26 ihren Prozeßbevollmächtigten erster Instanz eine wirksame Prozeßvollmacht erteilt hätten, sei die gegen sie gerichtete Gesamtschuldklage zulässig. Sie sei auch in der Sache dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Beklagten zu 2 und 26 hafteten ebenso wie der Beklagte zu 1 mit ihrem Privatvermögen. Dies ergebe sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg im vorangegangenen Feststellungsprozeß. Dieses Urteil stelle die Wirksamkeit des Mietvertrages nicht nur zwischen den Mietvertragsparteien, sondern zwischen allen Parteien des damaligen Rechtsstreits fest. Aufgrund der Entscheidung stehe rechtskräftig fest, daß die Beklagten zu 2 und 26 aus dem Mietvertrag sowohl mit dem Gesellschafts- als auch mit ihrem Privatvermögen hafteten. Dies gelte nach allen Haftungsmodellen für die BGB-Gesellschaft. Gemäß der „individualistischen Auffassung”, die als Vertragssubjekte nur die Gesellschafter selbst ansehe, würden diese aufgrund eines vom vertretungsberechtigten Gesellschafter in ihrem Namen und mit ihrer Vollmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäfts sowohl mit dem Gesellschafts- als auch mit dem Privatvermögen verpflichtet. Zu einer Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen komme es nur dann, wenn die Gesellschafter die Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters beschränkt hätten. Von diesem Tatbestand sei jedoch das Oberlandesgericht in dem genannten Urteil offensichtlich nicht ausgegangen. Es hätte sonst auch einer Beschränkung des Urteilstenors dahin bedurft, daß die Wirksamkeit des Mietvertrages lediglich zu Lasten des Gesamthandsvermögens der Gesellschafter festgestellt werde. Hinsichtlich der persönlichen Haftung der Gesellschafter hätte die Klage abgewiesen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, müsse angenommen werden, daß das Oberlandesgericht von einer unbeschränkten Haftung aller Gesellschafter ausgegangen sei. Dies nehme – da es sich um eine Frage des Streitgegenstandes handele – an der Rechtskraft des Urteils teil. Ebenso sei es nach der Lehre von der „Doppelverpflichtung” aller Gesellschafter, die aus einem Verpflichtungsgeschäft sowohl die Gesamthand als Gruppe als auch die einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen als verpflichtet ansehe, sowie nach der „Akzessorietätstheorie”, die als Vertragspartner die Gesellschaft ansehe und die persönliche Haftung der Gesellschafter aus einer Analogie zu § 128 HGB herleite. In beiden Fällen bedürfe es einer Beschränkung der Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters oder eines ausdrücklichen Haftungsausschlusses mit dem Gläubiger, um eine persönliche Haftung zu vermeiden. Eine derartige Haftungsbegrenzung komme in dem Feststellungsurteil aber nicht zum Ausdruck.
II.
Diese Begründung vermag das angefochtene Urteil nicht zu tragen.
1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, daß die Beklagten zu 2 und 26 dem Kläger ungeachtet der Frage, ob sie ihm gegenüber nur mit dem Gesellschaftsvermögen oder auch mit ihrem Privatvermögen haften, zum Schadensersatz verpflichtet sind. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus den §§ 541, 538 Abs. 1 BGB. Die Beklagten als Vermieter haben die gemietete Diskothek aufgrund eines später geschlossenen weiteren Mietvertrages einem Dritten überlassen. Hierdurch haben sie einen Rechtsmangel der Mietsache herbeigeführt (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1961 – VIII ZR 46/61 = WM 1962, 272, 273 unter 1 2.; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht und Leasingrechts, 5. Aufl. 1987, Rdnr. 65). Der oder die Gesellschafter, die als Geschäftsführer den zweiten Mietvertrag abgeschlossen haben, haften als Handelnde, die anderen Beklagten müssen sich das Verschulden der geschäftsführenden Gesellschafter zurechnen lassen (§ 278 Abs. 1 BGB, weil diese als Erfüllungsgehilfen der übrigen Gesellschafter anzusehen sind (vgl. MünchKomm/Hanau, 2. Aufl. 1985, § 278 Rdnr. 24; MünchKomm/Ulmer, 2. Aufl. 1986, § 718 Rdnr. 35; Nicknig, Die Haftung der Mitglieder einer BGB-Gesellschaft für Gesellschaftsschulden, 1972, Seite 12f.; Palandt/Thomas, BGB, 49. Aufl. 1990, § 714 Anm. 3 d; anders Soergel/Hadding, BGB, 11. Aufl. 1985, § 714 Rdnr. 36, der aber mit anderer Begründung ebenfalls zu einer Zurechnung kommt, ebenda Rdnr. 37).
2.
Nach der Theorie von der sogenannten Doppelverpflichtung, die auch vom Bundesgerichtshof vertreten wird (BGHZ 74, 240, 241; 79, 374, 377), begründen die Geschäftsführer beim Handeln namens der Gesellschaft nicht nur eine Haftung der Gesamthand (mit dem Gesellschaftsvermögen), sondern daneben grundsätzlich auch eine solche der Gesellschafter persönlich (mit ihrem Privatvermögen – vgl. auch MünchKomm/Ulmer, § 714 Rdnrn. 24ff. m.w.Nachw.). Etwas anderes gilt nur, wenn die Mitglieder der BGB-Gesellschaft ihre Haftung auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt haben (dazu unter III 1). Da die Gesamthandsklage gegen die Beklagten zu 2 und 26 in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen worden ist, ist nur noch zu entscheiden, ob diese mit der Gesamtschuldklage in Anspruch genommen werden können, d.h., ob sie mit ihrem gesamten Vermögen haften. Dies läßt sich mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht bejahen.
Seine Auffassung, daß die unbeschränkte Haftung der Beklagten zu 2 und 26 aufgrund des Urteils im Vorprozeß rechtskräftig feststehe, ist unzutreffend. Die Frage des Haftungsumfanges der Beklagten bzw. der Haftungsmassen ist in dem Feststellungsurteil nicht mit Rechtskraftwirkung entschieden worden. Gemäß § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile nur insoweit der Rechtskraft fähig, als über den durch die Klage erhobenen prozessualen Anspruch erkannt worden ist. Die Rechtskraft beschränkt sich hiernach auf den unmittelbaren Streitgegenstand des Urteils, d.h., auf die Rechtsfolge, die aufgrund eines bestimmten Sachverhaltes am Schluß der mündlichen Verhandlung den Gegenstand der Entscheidung bildet (BGHZ 94, 29, 32f m.w.Nachw.).
Die im Vorprozeß vom Kläger erstrebte und vom Oberlandesgericht bejahte Rechtsfolge war allein die fortdauernde Wirksamkeit des Mietvertrages. Ob die Beklagten für die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Verpflichtungen haften, ist dagegen nicht entschieden worden. Das Verhältnis zwischen der Wirksamkeit des Mietvertrages und dem Umfang der Haftung der Gesellschafter ist vielmehr seinerseits ein solches von Tatbestandsvoraussetzung und Rechtsfolge: Die Haftung setzt voraus, daß der Mietvertrag wirksam ist. Für den Eintritt der Rechtsfolge der (beschränkten oder unbeschränkten) Haftung ist die Wirksamkeit des Mietvertrages somit nur eine Vorfrage. Daraus ergibt sich, daß der Haftungsumfang eine gegenüber der Wirksamkeit des Mietvertrages weitergehende Frage war. Über diese hatte das Gericht des Vorprozesses nach dem dortigen Streitstoff und dem gestellten Antrag nicht zu befinden. Demgemäß durfte in den Tenor des Urteils auch nicht die vom Berufungsgericht vermißte Beschränkung aufgenommen werden, daß die Wirksamkeit des Mietvertrages lediglich zu Lasten des Gesamthandsvermögens festgestellt werde.
Der hier zu beurteilende Rechtsstreit unterscheidet sich darin von der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Januar 1979 (VI ZR 199/77 = NJW 1979, 1046, 1047 unter 11.2.) zugrundeliegenden Fallgestaltung. Dort war in einem Vorprozeß die Feststellung der Schadensersatzpflicht schlechthin begehrt, im nachfolgenden Leistungsprozeß aber vom Schuldner die Begrenzung der Haftung auf einen Höchstbetrag eingewandt worden. Der Bundesgerichtshof hat seinerzeit ausgesprochen, daß dieser Einwand wegen Fehlens einer Haftungseinschränkung in der Formel und in den Entscheidungsgründen des Feststellungsurteils rechtskräftig erledigt sei. Dies beruhte darauf, daß – anders als hier – die Begrenzung der Haftung Teil der Rechtsfolge war, über die das Gericht im Feststellungsrechtsstreit zu entscheiden hatte. Aus dem gleichen Grunde läßt sich auch nichts zuungunsten der Beklagten aus der Rechtsprechung herleiten, die dem Schadensersatzschuldner die Berufung auf ein Mitverschulden des Geschädigten versagt, wenn seine Schadensersatzverpflichtung in einem Vorprozeß rechtskräftig und einschränkungslos festgestellt worden ist und der Mitverschuldenseinwand in dem früheren Verfahren hätte erhoben werden können (RGZ 144, 220, 222ff.; Senatsurteil vom 20. November 1961 – VIII ZR 160/60 = LM § 254 (G) BGB Nr. 5 unter II 1.). In einem solchen Falle gehört die Frage des Mitverschuldens, die für die Haftungsquote bestimmend ist, gleichfalls zum Gegenstand des Feststellungsrechtsstreits und damit zu der im Urteil ausgesprochenen Rechtsfolge.
III.
Das Berufungsurteil kann auch nicht mit einer anderen Begründung aufrechterhalten werden, weil die Sache nach dem bisher festgestellten Sachverhältnis nicht zur Endentscheidung reif ist. Aus diesem Grunde kommt eine ersetzende, klagabweisende Entscheidung ebenfalls nicht in Betracht.
1. Die Haftung der Beklagten zu 2 und 26 mit ihrem Privatvermögen könnte sich aus der materiellen Rechtslage ergeben.
a) In der Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 25. Oktober 1984 – VII ZR 2/84 = WM 1985, 56, 57 unter 1, 2; vom 6. April 1987 – II ZR 101/86 = WM 1987, 689, 690 unter 4.= BGHR BGB § 714 Vertretung 1; vom 8. Dezember 1988 – VII ZR 242/87 = WM 1989, 377, 379 unter II 1.= BGHR BGB § 427 Bauherrengesellschaft 2) und Literatur (z.B. MünchKomm/Ulmer § 714 Rdnr. 24, 32, 33; Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972 Seite 47ff.) ist anerkannt, daß die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag die Vollmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter dahin begrenzen können, für sie nur Verpflichtungen mit einer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung einzugehen. Diese Beschränkung ist dem Gesellschaftsgläubiger gegenüber wirksam, wenn er sie erkennen konnte. Eine derartige Regelung ist im Streitfall in § 13 Nr. 2 der vorgelegten Gesellschaftsverträge enthalten.
b) Waren die Beklagten zu 2 und 26 geschäftsführende Gesellschafter, so käme ihnen die Vollmachtsbegrenzung nicht zugute.
Der geschäftsführende Gesellschafter handelt bei der Vornahme von Rechtsgeschäften zum einen als Vertreter der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter, zum anderen aber auch im eigenen Namen. Insoweit liegt ein Fall der Vertretung nicht vor. Der geschäftsführende Gesellschafter verpflichtet sich mit dem Abschluß eines Vertrages persönlich und haftet – wie jeder Schuldner – grundsätzlich mit seinem gesamten Vermögen. Die Beschränkung der durch die übrigen Gesellschafter erteilten Vollmacht wirkt sich bei ihm selbst nicht aus. Zu einer Begrenzung seiner Haftung kann es deshalb nur kommen, wenn er dies mit dem Vertragspartner vereinbart oder mindestens eindeutig darauf hinweist (MünchKomm/Ulmer, § 714 Rdnr. 36; Nicknig, a.a.O., Seite 23; K. Schmidt, Betrieb 1973, 653, 655; L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 1977, Seite 70; Lindacher, JuS 1981, 818, 819).
Im Streitfall wären die Beklagten zu 2 und 26 den Mietvertrag als geschäftsführende Gesellschafter auch für sich selbst eingegangen. Daran würde nichts ändern, daß für die Gesellschafter und damit auch für sie als deren Vertreter die Firma B. I. T. Dr. jur. Z. GmbH aufgetreten ist, sofern diese GmbH von ihnen in ihrer Eigenschaft als geschäftsführende Gesellschafter zum Vertragsschluß bevollmächtigt worden war. Die Vollmacht würde im Zweifel ihren eigenen Befugnissen entsprechen: Soweit es um die Begründung von Verpflichtungen ihrer Person selbst ging, wäre sie nicht auf eine Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen beschränkt. Dasselbe würde für die weitere Bevollmächtigung des T. M., der als Vertreter der GmbH den Mietvertrag unterzeichnete, gelten.
Da nach dem bisherigen Vortrag der Kläger beim Abschluß des Mietvertrages weder auf eine nur beschränkte Haftung der Beklagten zu 2 und 26 hingewiesen, noch eine Vereinbarung dieses Inhalts getroffen worden ist, würden sie für die Verpflichtungen aus dem Vertrag mit ihrem gesamten Vermögen haften.
Ob die genannten tatsächlichen Voraussetzungen dafür, nämlich die Stellung als geschäftsführende Gesellschafter, allerdings vorliegen, wird das Berufungsgericht noch aufzuklären haben.
2. Sofern einer der Beklagten zu 2 und 26 zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses – abweichend vom Regelfall des § 709 Abs. 1 BGB – nicht geschäftsführender Gesellschafter war und, was das Berufungsgericht gleichfalls noch zu klären haben wird, der Gesellschaftsvertrag zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses eine dem § 13 Nr. 2 der im Prozeß vorgelegten Gesellschaftsverträge entsprechende Regelung enthielt, würde dies dazu führen, daß er nicht mit seinem Privatvermögen haftet.
a) Die Beschränkung galt nicht nur für vertragliche Erfüllungsansprüche, sondern auch für Ansprüche auf Schadensersatz wegen einer Leistungsstörung. Die Auslegung der Vollmachtsklausel nach dem Willen der Gesellschafter (§ 133 BGB) ergibt, daß sie grundsätzlich nicht wegen Verbindlichkeiten aus der Tätigkeit der Gesellschaft mit ihrem Privatvermögen in Anspruch genommen werden wollten. Dementsprechend war die dem geschäftsführenden Gesellschafter erteilte Vollmacht dahin begrenzt, daß er Verträge nur einzugehen befugt war, wenn der Vertretene für sämtliche sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen allein mit dem Gesellschaftsvermögen haftete.
b) Die Beschränkung der Vollmacht gemäß § 13 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages bezog sich auch auf Schadensersatzansprüche aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung. Die Annahme, die geschäftsführenden Gesellschafter hätten den Mietvertrag mit dem Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, liegt hier deshalb nahe, weil sie den weiteren Vertrag mit dem Dritten geschlossen und diesem die Diskothek überlassen haben, obwohl sie von dem Mietvertrag mit dem Kläger Kenntnis hatten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 14. März 1956 – VI ZR 336/54 = LM § 157 (Gf) BGB Nr. 2 unter II.; Senatsurteil vom 8. Dezember 1971 – VIII ZR 86/70 (unveröffentlicht), Seite 20 des Umdrucks) erfaßt eine Freizeichnung in der Regel allerdings nicht die Haftung für grobe Vernachlässigung übernommener Pflichten, sofern dies nicht in der Freizeichnungsregelung klar und eindeutig zum Ausdruck kommt.
Dieser Grundsatz findet im Streitfall jedoch keine Anwendung. Für die Auslegung einer Vollmacht gelten andere Maßstäbe als für die Auslegung von Verträgen, bei denen die Interessen des Vertragspartners zu berücksichtigen sind. Bei der Auslegung einer Vollmachtserklärung, die dem Bevollmächtigten gegenüber abgegeben wird („Innenvollmacht”), ist entscheidend, wie dieser die Erklärung bei objektiver Würdigung aller Umstände und der Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen mußte (BGH, Urteil vom 19. November 1979 – II ZR 57/79 = WM 1980, 196, 197 unter 1.). Auf das Verständnis eines Dritten, dem gegenüber der Vertreter von seiner Vollmacht Gebrauch macht, kommt es hingegen nicht an. Der geschäftsführende Gesellschafter, der Adressat der Vollmacht war, kannte indessen das Interesse der Gesellschafter, nicht über das Gesellschaftsvermögen hinaus in Anspruch genommen zu werden. Aus seiner Sicht war nicht zweifelhaft, daß die Gesellschafter nur in diesem Umfang verpflichtet werden wollten, gleichgültig um welche Art von Verbindlichkeit es sich handelte. Kommt der Haftungsbeschränkungswille in der Bevollmächtigung unmißverständlich zum Ausdruck, so ist die Beschränkung für jede Art Verschulden des Erfüllungsgehilfen wirksam (§ 278 Satz 2 BGB).
c) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, mangels Feststellungen im Berufungsurteil könne nicht angenommen werden, daß der beim Mietvertragsschluß aufgetretene T. M. nur über eine dermaßen beschränkte Vollmacht verfügt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Seine Vertretungsbefugnis hatte er nämlich als Untervertreter vom Beklagten zu 26 sowie der B. I. T. Dr. jur. Z. GmbH erhalten. Die Untervollmacht konnte in Bezug auf die Gesellschafter als die Hauptvertretenen nicht weiterreichen als die Hauptvollmacht selbst (Soergel/Leptien, BGB, 12. Aufl. 1988, § 167 Rdnr. 59; Palandt/Heinrichs, § 167 Anm. 3 b).
d) Das Berufungsgericht bejaht – wenn auch in anderem Zusammenhang – zu Recht die Erkennbarkeit der Vollmachtsbeschränkung. Dafür genügt, daß sie – wie hier – aus dem Gesellschaftsvertrag ersichtlich ist (Kornblum a.a.O. Seite 51, Nicknig a.a.O. Seite 25), so daß der Kläger sie bei einer Nachprüfung hätte erkennen können (vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Oktober 1984 a.a.O.). Überdies findet sich bei einem Immobilienfonds in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft in den meisten Fällen einer derartige Haftungsbegrenzung (vgl. Mink, Immobilienkapitalanlagen, 1988, Seite 25), so daß der Kläger schon aus diesem Grunde damit rechnen mußte.
Fundstellen
Haufe-Index 609699 |
ZIP 1990, 610 |