Leitsatz (amtlich)
Es ist zulässig, im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, daß ein Kommanditist durch Beschluß der Gesellschaftermehrheit ohne Nachweis eines wichtigen oder sachlichen Grundes aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann.
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Entscheidung vom 27.10.1971) |
LG Stuttgart |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 1971 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Tatbestand
Paul J. war Inhaber einer Strickwarenfabrik in N.. Nach dem von ihm und seiner Ehefrau errichteten gemeinschaftlichen Testament fiel der Gesamtnachlaß, zu dem das Untenehmen gehörte, zu 2/3 an die Verwandten des Mannes (Gruppe J.) und zu 1/3 an die Verwandten der Frau (Gruppe F.). 1952 gründeten die Erben - damals neunzehn Personen - eine Kommanditgesellschaft, in die sie das Unternehmen einbrachten. Alleiniger geschäftsführender und persönlich haftender Gesellschafter wurde der Nicht-Erbe Dr. Alfred R.. Außerdem wurde ein Verwaltungsrat eingesetzt, in den die Gruppe J. zwei Mitglieder, die Gruppe F. ein Mitglied entsandte.
Zur Gruppe J. gehörten auch einige in den USA lebende Gesellschafter: die vier Kläger (von denen einer während des Rechtsstreits gestorben und vom jetzigen Kläger zu 3 beerbt worden ist) und die Gesellschafterin Elsie T., die ihren Anteil 1959 an einige der in Deutschland wohnenden Gesellschafter der Gruppe J. und den persönlich haftenden Gesellschafter Dr. R. veräußert hat. Die Kläger hatten zuletzt einen Anteil von insgesamt 10,41 %.
Mit Schreiben vom 15. Februar 1969 beantragte die Mehrzahl der deutschen Gesellschafter die Einberufung einer Gesellschafterversammlung, um den Ausschluß der Kläger aus der Gesellschaft zu beschließen. Die Ausschließung sollte auf § 17 des Gesellschaftsvertrags gestützt werden, der bestimmt:
"Auf Grund eines mit 3/4-Mehrheit zu fassenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung ist der Verwaltungsrat berechtigt, durch einstimmigen Beschluß die Beteiligung eines Kommanditisten mit der Wirkung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten auf den Schluß eines Geschäftsjahres zu kündigen, daß der betreffende Kommanditist auf den Zeitpunkt aus der Gesellschaft ausscheidet. ..."
In der auf den 25. April 1969 einberufenen Gesellschafterversammlung beantragte der Kommanditist Dr. H. (der Beklagte zu 2), die Beschlußfassung über den Ausschluß der Kläger zurückzustellen, um mit ihnen zunächst über ein freiwilliges Ausscheiden zu verhandeln. Den Klägern sollte auch angeboten werden, äußerstenfalls bis Ende 1975 in der Gesellschaft zu verbleiben, dies allerdings unter der Voraussetzung, daß sie ab sofort der Geschäftsführung der Gesellschaft Vollmacht für die Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte erteilten und sich ferner verpflichteten, eine etwaige Veräußerung ihrer Gesellschafteranteile nur zugunsten sämtlicher Mitglieder der Gruppe J. vorzunehmen. Nach der Behauptung der Kläger soll der Antrag weiterhin folgenden Zusatz enthalten haben:
"Die Gesellschafter der Gruppe J. und F., welche die qualifizierte Mehrheit darstellen, möchten jeden Gesellschafter mit Hinweis auf die äußersten Konsequenzen davor warnen, die mit den USA-Kommanditisten zu führenden Verhandlungen irgendwie zu beeinflussen oder durch Beauftragte beeinflussen zu lassen. Dazu gehört auch, daß die Unterrichtung der US-Gesellschafter über diesen Beschluß ausschließlich durch die berufenen Organe der Gesellschaft erfolgt."
Den Antrag Dr. H.s nahmen, abgesehen von den Klägern, sämtliche Gesellschafter an.
Da die mit dem Klägern in der Folgezeit geführten Verhandlungen keinen Erfolg hatten, wurde in einer weiteren Gesellschafterversammlung am 20. Juni 1969 beschlossen, den Klägern zum 31. Dezember 1969 zu kündigen. Für den Beschluß stimmten siebzehn Gesellschafter (die Beklagten zu 2 und 4 bis 18 sowie eine weitere vor Prozeßbeginn verstorbene Gesellschafterin), die eine Kapitalmehrheit von 75,69 % hatten; gegen ihn stimmten die Kläger und - als einziger deutscher Gesellschafter - die Kommanditistin Sigrid G.. Die Mitglieder des Verwaltungsrats (die Beklagten zu 1 bis 3) schlossen sich in einer Sitzung am gleichen Tag einstimmig dem Votum der Gesellschaftermehrheit an.
Die Kläger halten die gegen sie gefaßten Beschlüsse vom 25. April und 20. Juni 1969 für unwirksam. Ihre dahingehende Feststellungsklage ist von beiden Vorinstanzen abgewiesen worden, vom Oberlandesgericht teilweise als unzulässig, zum Teil als unbegründet.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihre Feststellungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit sie sich gegen die Ausschließungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung und des Verwaltungsrats vom 20. Juni 1969 wendet, zu Recht abgewiesen.
1.
§ 17 des Gesellschaftsvertrags sieht vor, daß die Kläger aufgrund eines mit 3/4-Mehrheit gefaßten Gesellschafterbeschlusses und eines einstimmigen Beschlusses des Verwaltungsrats aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden konnten. Entsprechend seinem klaren Wortlaut hat das Berufungsgericht § 17 dahin ausgelegt, daß für die Ausschließung ein wichtiger Grund nicht vorhanden sein müsse; insofern unterscheide sich die Bestimmung von § 11 des Vertrags, nach dem die Kündigung gegenüber dem persönlich haftenden Gesellschafter von einem wichtigen Grunde abhängig sei. Diese Auslegung ist möglich und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen den vom Berufungsgericht unterstützend herangezogenen Umkehrschluß aus § 11 des Gesellschaftsvertrags. § 11, so meint sie, betreffe lediglich die Herabstufung des persönlich haftenden Gesellschafters zum Kommanditisten; dessen Gesellschafterstellung (seine Kapitalbeteiligung, die er erst nach Abschluß des Gesellschaftsvertrages erworben hat) werde durch § 11 nicht berührt; im Vergleich zur bloßen Herabstufung aber sei der völlige Entzug der Gesellschafterposition (§ 17) ein schwerwiegenderer Eingriff, der, verglichen mit der Herabstufungsregelung in § 11, erst recht einen wichtigen Grund erfordere.
Diese Folgerung ist nicht zwingend. Die vertragschließenden Gesellschafter konnten die Abberufung des persönlich haftenden Gesellschafters, der eine Anstellung auf Lebenszeit aufgegeben hatte und dessen Bestellung zum Komplementär offensichtlich als Lebensstellung gedacht war, durchaus als schwereren Eingriff ansehen als den Entzug der rein kapitalmäßigen Beteiligung eines Kommanditisten. Außerdem war nach dem Gesellschaftsvertrag für die Abberufung des persönlich haftenden Gesellschafters (§ 11) nur ein Mehrheitsbeschluß des Verwaltungsrats nötig, während die Kommanditistenausschließung (§ 17) den Beschluß einer 75 prozentigen Gesellschaftermehrheit und einen einstimmigen Verwaltungsratsbeschluß erforderte; wegen der erschwerten personellen Voraussetzungen in § 17 konnte es also eher vertretbar erscheinen, in diesem Fall auf das zusätzliche Erfordernis des wichtigen Grundes zu verzichten. Wenn demnach das Berufungsgericht § 11 und § 17 entsprechend ihrem verschiedenen Wortlaut unterschiedlich ausgelegt hat, so läßt dies - zumal bei einem so sorgfältig ausgearbeiteten Vertragswerk wie dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag - keinen Rechtsfehler erkennen.
Unzutreffend ist auch die Auffassung der Revision, zur Ausschließung der Kläger sei, wenn schon nicht ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 133, 140 HGB, doch zumindest ein "sachlicher" Grund erforderlich gewesen. Auch diese Auslegung widerspricht dem klaren Wortlaut des § 17 des Gesellschaftsvertrags, der die Ausschließung der Kommanditisten an keinerlei sachliche Voraussetzungen knüpft.
2.
Das Berufungsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, daß die Ausschließung ohne wichtigen Grund weder gesetz- noch sittenwidrig war. Wie das Reichsgericht und der erkennende Senat in mehreren Entscheidungen ausgesprochen haben, ist die Vereinbarung in einem Personengesellschaftsvertrag, daß Gesellschafter ohne wichtigen Grund ausgeschlossen werden können, grundsätzlich zulässig (RG ZAkdR 1938, 818; BGH Urt. v. 16.12.60 - II ZR 162/59 -, WM 1961, 171 unter 1 b [In BGHZ 34, 80 insoweit nicht vollständig abgedruckt]; Urt. v. 29.1.62 - II ZR 172/60 -, WM 1962, 462; Urt. v. 18.3.68 - II ZR 26/66 -, WM 1968, 532 = LM BGB § 138 [Bb] Nr. 24; Urt. v. 23.10.72 - II ZR 31/70 -, WM 1973, 326). Dies gilt auch für den Ausschluß von Kommanditisten, die an der Gesellschaft lediglich kapitalmäßig beteiligt sind. Zwar sind - verglichen etwa mit den Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft, die alle in der Gesellschaft mitarbeiten - die Beziehungen zu den lediglich kapitalistisch beteiligten Kommanditisten normalerweise weniger eng, weswegen auch das Bedürfnis nach einem Gesellschafterausschluß, wenn das gute Einvernehmen mit den betreffenden Gesellschaftern gestört ist, im allgemeinen weniger groß ist. Immerhin bedeutet aber die Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses auch mit nur kapitalmäßig beteiligten Gesellschaftern noch eine weitgehende vertragliche Bindung, an deren Aufhebung nach freiem Ermessen die Mitgesellschafter ein berechtigtes Interesse haben können. Im übrigen wird, wenn man das Interesse des ausgeschlossenen Gesellschafters betrachtet, der nur kapitalistisch beteiligte Kommanditist durch den Ausschluß vielfach weniger hart betroffen als etwa ein persönlich haftender Gesellschafter, der über die rein kapitalmäßige Beteiligung hinaus in der Gesellschaft mitgearbeitet und die Geschicke des Gesellschaftsunternehmens mitgelenkt hat.
Der Senat hat in seinen bisherigen Entscheidungen die Zulässigkeit des freien Ausschlusses von Kommanditisten allerdings nur für solche Fälle ausgesprochen, in denen zu Lasten der betreffenden Kommanditisten - die ihre Beteiligung im Erbwege oder durch unentgeltliche Zuwendungen erlangt hatten - von vornherein ein einseitiges Ausschließungsrecht vereinbart war, die ausgeschlossenen Gesellschafter also bereits nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine minderberechtigte Stellung innehatten (BGHZ 34, 80; WM 1962, 462; 1968, 532). Dies ist aber nicht als Einschränkung zu verstehen. Vielmehr ist der Gesellschafterausschluß ohne wichtigen Grund auch dann möglich, wenn es sich, wie vorliegend, um grundsätzlich gleichberechtigte Gesellschafter handelt, bei denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ungewiß ist, wen von ihnen eine spätere Ausschließung trifft.
3.
Die Kläger haben in ihrer mündlichen Revisionsbegründung weiterhin die Frage aufgeworfen, ob ein Gesellschafterausschluß ohne Nachweis eines wichtigen oder sonstigen sachlichen Grundes nicht jedenfalls dann sittenwidrig ist, wenn den ausgeschlossenen Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag eine unangemessen niedrige Abfindung zusteht. Hierbei beruft sich die Revision auf das Urteil vom 23. Oktober 1972 (a.a.O.), in dem der Senat ausgesprochen hat, daß bei einem Gesellschafterausschluß nach freiem Ermessen die Abfindung zum bloßen Buchwert des Kapitalanteils unter Umständen gegen die guten Sitten verstößt. In dem damals entschiedenen Fall war jedoch der ausscheidende Gesellschafter nicht nur vom Firmenwert, sondern auch von den stillen Reserven ausgeschlossen; der ihm nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Abfindungsanspruch betrug, wie behauptet war, nur 1/5 des wirklichen Werts seines Anteils. Hingegen haben die Kläger im vorliegenden Fall, wenn man von § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ausgeht, einen Abfindungsanspruch, der sich nach dem wahren Wert der Aktiven und Passiven unter Berücksichtigung der stillen Reserven bemißt.
Indessen braucht die Frage, ob die gesellschaftsvertragliche Abfindungsregelung und die Abfindungsangebote der Beklagten (GA Bl. 25, 78, 42/180, 174/75) angemessen waren, für die Entscheidung des jetzigen Rechtsstreits nicht abschließend beurteilt zu werden. In dem genannten Urteil hat der Senat für den Fall, daß die Mehrheit nach freiem Ermessen einen persönlich haftenden Gesellschafter zum Kommanditisten herabstuft, ihm die Geschäftsführungsbefugnis entzieht und sich hieraus für den Gesellschafter ein wichtiger Grund zum Ausscheiden aus der Gesellschaft ergibt, entschieden, der Beschluß sei auch dann wirksam, wenn der Gesellschaftsvertrag für den Ausscheidensfall eine unangemessen niedrige Abfindung vorsehe. Dieser Grundsatz muß auf den vorliegenden Sachverhalt, in dem es nicht um einen "mittelbaren Gesellschafterausschluß", sondern um eine unmittelbare Ausschließung geht, übertragen werden. Auch hier sprechen die überwiegenden Gründe, insbesondere praktische Erwägungen, dafür, die mehrheitlich beschlossene Maßnahme (den Ausschluß) auf jeden Fall als wirksam anzusehen und die Frage, ob die Abfindung angemessen ist, notfalls einem besonderen Rechtsstreit vorzubehalten: Die Abhängigkeit der Ausschließung von einer angemessenen Abfindungsregelung würde zu einer erheblichen, möglicherweise länger dauernden Rechtsunsicherheit führen. Außerdem würden die Mehrheitsgesellschafter zur sofortigen Berechnung der angemessenen Abfindung gezwungen, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Wirksamkeit der Ausschließung unter Umständen noch zweifelhaft ist. Der Grundsatz, daß der Gesellschafterausschluß als solcher auch ohne angemessenes Abfindungsangebot wirksam ist, entspricht im übrigen auch der Regelung des Aktienrechts und des Umwandlungsgesetzes. Hiernach kann, wenn ein Gesellschafter infolge des Abschlusses eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§§ 291 Abs. 1, 305 AktG), einer Eingliederung (§§ 319, 320 AktG) oder einer Umwandlung (§§ 369, 375 AktG, 9 ff, 15, 19, 20, 22, 24, 25 UmwG) aus der Gesellschaft ausscheidet und der betreffende Beschluß der Gesellschaftermehrheit keine angemessene Abfindung vorsieht, der Beschluß als solcher nicht angefochten werden (§§ 305 Abs. 5, 320 Abs. 6, 375 Abs. 2 AktG; 13, 15 Abs. 1, 19 Abs. 3, 20, 22 Abs. 2, 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 UmwG); für die Bemessung der Abfindungshöhe ist vielmehr ein besonderes gerichtliches Verfahren vorgesehen (§§ 306 AktG, 30 ff UmwG).
4.
Gegen die Wirksamkeit der Ausschließung haben die Kläger ferner geltend gemacht, die Beschlüsse vom 20. Juni 1969 beruhten auf dem vorangegangenen Gesellschafterbeschluß vom 25. April 1969, der eine rechtswidrige, gegen die Kläger gerichtete Drohung enthalten habe. Auch insoweit ist jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, das Vorbringen der Kläger nicht begründet. Die Entschließung der Gesellschaftermehrheit vom 25. April 1969 hatte im wesentlichen zum Inhalt, daß die Kläger nicht, wie ursprünglich beantragt, sogleich aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, sondern der persönlich haftende Gesellschafter mit ihnen zunächst über ein freiwilliges Ausscheiden verhandeln sollte. Daß hierbei zugleich den übrigen Gesellschaftern mit Androhung "äußerster Konsequenzen" verboten wurde, während der Dauer der vorgesehenen Verhandlungen mit den Klägern Kontakt aufzunehmen, enthält keinen Rechtsverstoß. Zwar wurde es durch den Beschluß den Klägern für die Dauer der Verhandlungen unmöglich gemacht, ihre Gesellschafteranteile, wie § 18 Abs. 2 a des Gesellschaftsvertrages es vorsieht, an einzelne Gesellschafter der Gruppe J. zu veräußern. Dies war jedoch weder vertragswidrig noch in sonstiger Weise verwerflich (vgl. § 240 Abs. 2 StGB). Vielmehr hat die Gesellschaftermehrheit insoweit nur ihre Position gewahrt, die sie gehabt hätte, wenn sie die Kläger sogleich aus der Gesellschaft ausgeschlossen hätte. In diesem Fall wäre die Beteiligung der Kläger entweder allen übrigen Gesellschaftern (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder den übrigen Gesellschaftern der Gruppe J. (§ 18 Abs. 2 b des Gesellschaftsvertrags) zugewachsen, und eine Veräußerung der Anteile an einzelne Gesellschafter, die die Mehrheit verhindern wollte, wäre nicht in Betracht gekommen. Daß aber eine sofortige Ausschließung der Kläger bereits am 25. April 1969 rechtlich zulässig gewesen wäre, steht außer Zweifel. Die Gesellschaftermehrheit wäre nicht etwa, wie die Revision meint, verpflichtet gewesen, den Klägern vor der Ausschließung zunächst Gelegenheit zu geben, ihre Anteile einzelnen Mitgesellschaftern zum Erwerb anzubieten. Soweit sich die Revision zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auf § 18 Abs. 2 a des Gesellschaftsvertrags beruft, übersieht sie, daß die dort vorgesehene Befugnis, die Gesellschafteranteile an einzelne Mitgesellschafter desselben Stammes zu veräußern, gegenüber den sonstigen gesellschaftsvertraglichen Regelungen - insbesondere gegenüber dem jederzeitigen freien Ausschließungsrecht gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrags - nicht vorrangig war.
5.
Um die Unwirksamkeit der Beschlüsse vom 20. Juni 1969 darzutun, haben die Kläger sich außerdem auf einen Vertrag vom 30. Mai/22. August 1968 berufen, den sie mit den Beklagten zu 2, 5, 6 und 7 geschlossen hatten. Dieser Vertrag betraf folgendes: Die Kläger und die genannten Beklagten waren Erben der früheren Gesellschafterinnen Emilie und Hildegard J., die ihre Gesellschafteranteile am 18. Oktober 1965 auf die Beklagten übertragen hatten. Da die Kläger die Wirksamkeit der lebzeitigen Anteilsübertragung bestritten, einigten sich beide Parteien am 30. Mai/22. August 1968 vergleichsweise dahin, daß die Kläger die Wirksamkeit der Anteilsübertragung anerkannten, wogegen sie den restlichen Nachlaß der Erblasserinnen erhielten. Gegen diesen Vergleich, so meinen die Kläger, hätten die am Vertrag beteiligten Beklagten dadurch verstoßen, daß sie die aufgrund des Vergleichs erlangten Stimmrechte dazu benutzt hätten, bei der Ausschließungsabstimmung am 20. Juni 1969 gegen die Kläger zu stimmen.
Demgegenüber hat aber das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, daß durch den Vertrag vom 30. Mai/22. August 1968 die Freiheit der am Vertrag beteiligten Beklagten, für den Ausschluß der Kläger zu stimmen, nicht beschränkt worden ist. Der Vergleich, so führt das Berufungsgericht aus, habe in seinem Wortlaut keinen Hinweis auf eine dahingehende Verpflichtung der Beklagten zu 2, 5, 6 und 7 enthalten; selbst wenn er, wie die Kläger vortragen, dazu bestimmt gewesen wäre, den beteiligten Gesellschaftern eine gute Zusammenarbeit in der Gesellschaft zu erleichtern, schließe das nicht aus, daß die Beklagten, wenn in der Folgezeit erneut Differenzen auftraten, nunmehr von ihrem Recht nach § 17 des Gesellschaftsvertrags Gebrauch machten. Gegen diese Auslegung des Berufungsgerichts hat die Revision nichts Wesentliches vorgetragen. Überdies hätte der Vergleich die beteiligten Beklagten nur zu einer bestimmten Stimmabgabe verpflichten, die Stimmabgabe selbst und den auf ihr beruhenden Beschluß dagegen nicht unwirksam machen können (RGZ 107, 67, 70; 119, 386, 388 f; 133, 90, 93; 145, 99, 105; Peters, AcP 156, 313 m.w.N.).
6.
Gegen den Ausschließungsbeschluß des Verwaltungsrats schließlich haben die Kläger als besonderen Nichtigkeitsgrund geltend gemacht, daß der Beklagte Dr. H. im Verwaltungsrat nicht habe mitstimmen dürfen: Dr. H. habe den Ausschluß der Kläger in besonderer Weise betrieben; zudem habe er als Mitglied der Gesellschaftergruppe J., die gemäß § 18 Abs. 2 a des Gesellschaftsvertrags die Anteile der ausgeschlossenen Kläger habe erwerben können, durch die Ausschließung einen Sondervorteil erlangt; aus beiden Gründen sei er befangen und zu einer Stimmabgabe, die die Interessen aller Gesellschafter berücksichtigt, nicht in, der Lage gewesen.
Auch dieser Angriff der Kläger hat jedoch keinen Erfolg. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich ein Stimmrechtsausschluß der Verwaltungsratsmitglieder wegen Interessenkollision weder aus dem Gesellschaftsvertrag noch aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erwägungen. Das Gesellschaftsrecht kennt kein allgemeines Stimmverbot wegen Interessenwiderstreits (Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden [1963] S. 189; Fischer in Großkomm. HGB § 119 Anm. 22). Dies gilt für die Verwaltungsratsmitglieder einer Personengesellschaft nicht anders als für die Gesellschafter selbst. Lediglich für bestimmte Sonderfälle ist im Gesetz ein Stimmrechtsausschluß vorgesehen (§§ 34 BGB, 43 Abs. 3 GenG, 47 Abs. 4 GmbHG, 136 Abs. 1 AktG; für die Persönengesellschaften vgl. Zöllner a.a.O. S. 190 ff einerseits, Fischer a.a.O. und Hueck, Recht der oHG 4. Auflage S. 170 ff andererseits). Keiner dieser besonderen Kollisionsfälle war jedoch im vorliegenden Fall gegeben.
7.
Nach allem hat das Berufungsgericht die Ausschließungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung und des Verwaltungsrats mit Recht als wirksam angesehen und die Feststellungsklage, soweit sie gegen die Mitgesellschafter gerichtet war, als unbegründet abgewiesen. Die gegen die Verwaltungsratsmitglieder gerichtete Klage hat es dagegen - ebenfalls zutreffend - als unzulässig abgewiesen: Gegenstand des Rechtsstreits ist der Fortbestand der Mitgliedschaft der Kläger. Hierüber sind aber nach materiellem Recht nur die Gesellschafter verfügungsbefugt, woraus sich für den Prozeß ihre alleinige Aktiv- und Passivlegitimation ergibt (vgl. das Urteil des Senats vom 23.10.67 - II ZR 164/65 - WM 1968, 98 zur Frage der Passivlegitimation eines Verwaltungsratsmitglieds, wenn über dessen weitere Mitgliedschaft im Verwaltungsrat gestritten wird).
II.
Soweit das Berufungsgericht die Feststellungsklage gegen den Gesellschafterbeschluß vom 25. April 1969 abgewiesen hat, hat die Revision ebenfalls keinen Erfolg. Allerdings wird man insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein Rechtsschutzinteresse der Kläger nicht bestreiten können; wäre nämlich der Beschluß rechtswidrig gewesen, so hätten sich hieraus für die Kläger Schadensersatzansprüche ergeben können, deren Darlegung und Beweis unter Umständen erst nach der Beseitigung des Beschlusses durch Gerichtsurteil möglich war. Die Klage ist aber, wie sich aus den Ausführungen unter I 4 ergibt, nicht begründet: denn der Beschluß vom 25. April 1969 war nicht rechtswidrig.
Fundstellen
Haufe-Index 3018683 |
DB 1973, 1445-1446 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1973, 1606 |
NJW 1973, 1606-1607 (Volltext mit amtl. LS) |
DNotZ 1974, 31 |
DNotZ 1974, 31-33 |
MDR 1973, 837 (Volltext mit amtl. LS) |