Leitsatz (amtlich)
a) Zum Grund eines Schadensersatzanspruchs gehört die Feststellung, dass aus dem geltend gemachten Haftungsgrund ein Schaden entstanden sein kann. Ist dies bei einem Anspruch aus abgetretenem Recht davon abhängig, ob sich der Schaden nach der Person des Zedenten oder - in Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation - nach der des Zessionars berechnet, nimmt die in einem Grundurteil hierzu ergangene Festlegung an dessen innerprozessualer Bindungswirkung teil.
b) Wurde ein Grundstück durch verschiedene Ereignisse kontaminiert, so ist die erforderliche Bodensanierung auch dann als durch jedes der Ereignisse verursacht anzusehen, wenn sich alle vorhandenen Schadstoffbelastungen ohne zusätzlichen Aufwand mit derselben Sanierungsmethode beseitigen lassen.
c) Hat der Verkäufer in diesem Fall die aus einem der Ereignisse herrührende Schadstoffbelastung arglistig verschwiegen, während die weitere Kontamination einem Gewährleistungsausschluss unterfällt, muss sich der Käufer den mit der Ersatzleistung aus § 463 S. 2 BGB a.F. verbundenen Vorteil, auch von den Folgen des dem Gewährleistungsausschluss unterfallenden Mangels entlastet zu werden, nicht durch einen Abzug "neu für alt" anrechnen lassen.
Normenkette
ZPO § 304; BGB §§ 249, 463, 476 a.F.
Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Urteil vom 13.02.2003; Aktenzeichen 13 U 2576/01) |
LG Nürnberg-Fürth |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Nürnberg v. 13.2.2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte veräußerte 1980 ein gewerblich genutztes Grundstück unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung an I. C. Dabei verschwieg sie, dass 1970 etwa 8.000 bis 10.000 Liter Heizöl aus einem beschädigten Erdtank ausgelaufen waren und den Boden des Grundstücks verunreinigt hatten. 1987 veräußerte I. C. das Grundstück ebenfalls unter Gewährleistungsausschluss an die Klägerin. Nachdem diese die Bodenverunreinigung festgestellt hatte, nahm sie I. C. (im Folgenden: die Erstkäuferin) mit Erfolg auf Abtretung ihrer Gewährleistungsansprüche aus deren Vertrag mit der Beklagten in Anspruch (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.1996 - V ZR 259/95, MDR 1997, 328 = NJW 1997, 652).
Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten aus abgetretenem Recht Schadensersatz in Höhe der für die Dekontamination des Grundstücks erforderlichen Kosten. Das LG hat mit nicht angefochtenem Grundurteil entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den durch den Ölunfall aus dem Jahr 1970 ausgelösten Schaden zu ersetzen. Im Betragsverfahren hat das LG der Klage in Höhe des geltend gemachten Teilbetrags von 1.200.000 DM (613.550,26 EUR) stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG der Klägerin lediglich einen Betrag i.H.v. 254.000 DM (129.868,13 EUR) zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Endurteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält es für erwiesen, dass das Grundstück nicht nur infolge des Heizölschadensfalls mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) verunreinigt ist, sondern dass es außerdem eine Kontamination mit polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aufweist, die bereits bei Abschluss des Kaufvertrags zwischen der Beklagten und der Erstkäuferin im Jahr 1980 vorhanden war und auf die Ablagerung von asphalthaltigem Abbruchmaterial zurückzuführen ist. Es meint, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gem. § 463 S. 2 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) nur in Höhe der Kosten zu, die für die Sanierung des ausschließlich mit MKW verunreinigten Bodenbereichs erforderlich seien. Soweit der Boden zugleich mit PAK belastet sei, fehle es dagegen nach den für die (Schadens-) Anlagefälle entwickelten Grundsätzen an einem ersatzfähigen Schaden der Klägerin. In diesem Bereich müsse der Boden unabhängig von der arglistig verschwiegenen MKW-Kontamination bereits wegen der nicht auf dem Heizölschadensfall beruhenden Belastung mit PAK saniert werden. Da beide Schadstoffarten ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand durch ein und dieselbe Sanierungsmethode beseitigt werden könnten, habe die Verunreinigung mit MKW keine Erhöhung der ohnehin erforderlichen Sanierungskosten und damit keine zusätzliche Minderung des Grundstückswerts zur Folge gehabt. Die durch die PAK-Kontamination bedingte Wertminderung müsse die Klägerin wegen des insoweit wirksam vereinbarten Gewährleistungsausschlusses hinnehmen. Könne sie auch hierfür Schadensersatz verlangen, erwürbe sie einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil.
II.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Klägerin von der Beklagten aus abgetretenem Recht Ersatz des Schadens verlangen kann, der ihr infolge des Heizölschadensfalls aus dem Jahr 1970 und der dadurch verursachten Verunreinigung des Bodens mit MKW entstanden ist (§ 398 BGB, § 463 S. 2 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB). Das ergibt sich bereits aus dem vom LG erlassenen Grundurteil, welches innerprozessuale Bindungswirkung im Betragsverfahren einschließlich des Rechtsmittelverfahrens entfaltet (§§ 318, 512 ZPO, vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1959 - VI ZR 160/58, LM § 304 ZPO Nr. 12; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 304 Rz. 11).
Ihrem Umfang nach reicht die Bindungswirkung so weit, wie das erk. Gericht den Streit der Parteien über den Anspruchsgrund tatsächlich entschieden hat (vgl. BGH BGHZ 35, 248 [252]; Urt. v. 29.11.2002 - V ZR 40/02, BGHReport 2003, 349 [351]). Hierfür ist nicht allein die Urteilsformel maßgeblich, vielmehr müssen zu ihrem Verständnis die Entscheidungsgründe mit herangezogen werden (BGH, Urt. v. 26.9.1996 - VII ZR 142/95, NJW-RR 1997, 188 [189]).
Durch das Grundurteil ist entschieden, dass die Klägerin nicht auf die Geltendmachung des der Erstverkäuferin entstandenen Schadens beschränkt ist, sondern ihren eigenen Schaden ersetzt verlangen kann. Denn das LG hat die auf Erstattung der gegenwärtig erforderlichen Sanierungskosten gerichtete Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Drittschadensliquidation (vgl. hierzu Büdenbender, JuS 1976, 153 [154 f.]; Pfister, JuS 1976, 373 [374]) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und ist damit der Auffassung der Beklagten entgegengetreten, der abgetretene Schadensersatzanspruch bestehe nicht, weil die Erstkäuferin infolge des günstigen Weiterverkaufs keinen Schaden erlitten habe.
Diese Festlegung nimmt als notwendiger und damit zulässiger Inhalt des Grundurteils an der Bindungswirkung teil (vgl. BGHZ 10, 361 [362]). Zum Grund eines Schadensersatzanspruchs gehört die Feststellung, dass ein aus dem geltend gemachten Haftungsgrund resultierender Schaden entstanden sein kann, so dass es zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner rechnerischen Höhe besteht (BGH v. 9.6.1994 - IX ZR 125/93, BGHZ 126, 217 [219]= MDR 1995, 419; Urt. v. 29.11.2002 - V ZR 40/02, BGHReport 2003, 349 [350]). Wenn bei einer Schadensersatzklage aus abgetretenem Recht ausnahmsweise zweifelhaft ist, ob sich der Schaden nach der Person des Zedenten oder des Zessionars berechnet, muss die Frage jedenfalls dann im Grundurteil beantwortet werden, wenn ein Schadenseintritt, wie hier, bei einer der in Betracht kommenden Personen fraglich ist (einen Schaden des arglistig getäuschten Käufers nach Weiterverkauf der Sache abl.: Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., Vor § 459 Rz. 71 a.E.; Pfister, JuS 1976, 373 [374]; gegen eine Anrechnung des Veräußerungserlöses auf den Schaden im Wege der Vorteilsausgleichung BGH, Urt. v. 22.6.1992 - II ZR 178/90, AG 1993, 29 = MDR 1993, 130 = AG 1993, 28 = NJW 1992, 3167 [3175]; Urt. v. 19.9.1980 - V ZR 51/78, MDR 1981, 128 = NJW 1981, 45 [47]; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 463 Rz. 55) und es deshalb möglich erscheint, dass die Klage mangels Schadens bereits dem Grunde nach abgewiesen werden muss.
Ist somit für das vorliegende Betragsverfahren bindend festgestellt, dass der Schaden der Klägerin maßgeblich ist, hat die Beklagte im Rahmen des sog. "kleinen" Schadensersatzes nicht nur den nach den Kosten der Mängelbeseitigung zu berechnenden (vgl. BGH v. 23.6.1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156 [159 f.] = MDR 1989, 1088; Urt. v. 14.6.1996 - V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332 [1333]) Minderwert des Grundstücks im Zeitpunkt der Übergabe an die Erstkäuferin (vgl. OLG Hamm NJW 1974, 2091 [2092]; OLG München v. 20.3.1980 - 27 W 22/80, NJW 1980, 1581 [1582]) oder im Zeitpunkt der Weiterveräußerung an die Klägerin auszugleichen; vielmehr muss sie, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, den Betrag erstatten, der heute, d.h. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung, zur Beseitigung der auf den Heizölschadensfall zurückzuführenden Bodenverunreinigung erforderlich ist.
2. Unzutreffend ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, es fehle an einem ersatzfähigen Schaden der Klägerin, soweit der zu sanierende Grundstücksbereich nicht nur mit MKW, sondern auch mit PAK belastet ist.
a) Richtig ist allerdings, dass nach § 463 S. 2 BGB a.F. nur der Schaden zu ersetzen ist, der auf dem arglistig verschwiegenen Fehler beruht (BGH, Urt. v. 3.4.1987 - V ZR 35/86, NJW-RR 1987, 1277). Vermögenseinbußen, die mit dem offenbarungspflichtigen Mangel in keinem ursächlichen Zusammenhang stehen, sind von der Ersatzpflicht ausgenommen (BGH, Urt. v. 3.3.1995 - V ZR 43/94, MDR 1995, 897 = NJW 1995, 1549 [1550]). Dementsprechend hat das LG in seinem Grundurteil die Ersatzpflicht der Beklagten auf den Schaden beschränkt, der durch den Ölunfall, d.h. durch die hierauf zurückzuführende, arglistig verschwiegene MKW-Kontamination verursacht worden ist.
Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen diesem Mangel und den von der Klägerin geltend gemachten Sanierungskosten (haftungsausfüllende Kausalität) wird jedoch nicht dadurch infrage gestellt, dass diese Kosten zum überwiegenden Teil auch ohne die Verunreinigung des Grundstücks mit MKW wegen dessen Belastung mit PAK anfallen würden. Ist ein bestimmter Schaden durch mehrere gleichzeitig wirkende Umstände, etwa durch mehrere Mängel einer Sache, verursacht worden und hätte, wie hier, jede dieser Ursachen für sich allein ausgereicht, um den ganzen Schaden herbeizuführen, dann sind sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich zu behandeln, obwohl keiner von ihnen als "conditio sine qua non" qualifiziert werden kann (BGH, Urt. v. 17.3.1988 - IX ZR 43/87, MDR 1988, 771 = NJW 1988, 2880 [2882]; Urt. v. 16.5.1983 - III ZR 89/82, MDR 1983, 1001 = VersR 1983, 731 [732]; Urt. v. 6.5.1971 - VII ZR 302/69, VersR 1971, 818 [819 f.]; v. 21.5.1992 - III ZR 14/91, BGHZ 118, 263 [266 f.] = MDR 1992, 875; v. 30.3.1993 - 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195 [198] = MDR 1993, 670). In diesen Fällen der so genannten Doppelkausalität bedarf es einer entsprechenden Modifikation der Äquivalenztheorie (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 4.7.1994 - II ZR 126/93, MDR 1995, 268 = NJW 1995, 126 [127] m.w.N.), weil der eingetretene Schadenserfolg ansonsten auf keine der tatsächlich wirksam gewordenen Ursachen zurückgeführt werden könnte. Aus diesem Grund kann die Verursachung eines Schadens durch die MKW-Kontamination nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden, dass eine Sanierung des Grundstücks wegen der Verunreinigung mit PAK ohnehin erforderlich gewesen sei. Ebenso ließe sich argumentieren, eine Dekontamination sei schon wegen der Verunreinigung mit MKW notwendig, sodass sich die PAK-Kontamination nicht nachteilig auswirke, womit im Ergebnis beide Sachmängel als Schadensursachen ausscheiden würden, obwohl sie tatsächlich zu einer Wertminderung des Grundstücks geführt haben.
b) Soweit das Berufungsgericht in der Verunreinigung des Grundstücks mit PAK eine die Haftung der Beklagten ausschließende Reserveursache sieht, geht dies bereits deshalb fehl, weil die PAK-Kontamination den eingetretenen Schaden nicht nur hypothetisch (vgl. BGH v. 7.10.1980 - VI ZR 176/79, BGHZ 78, 209 [214] = MDR 1981, 218; Staudinger/Schiemann, BGB, 1998, § 249 Rz. 93), sondern real, wenn auch in Konkurrenz mit der MKW-Kontamination, herbeigeführt hat. Damit liegt ein Fall der entlastenden Reserveursache nicht vor (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1983 - III ZR 89/82, MDR 1983, 1001 = VersR 1983, 731 [732]).
3. Eine Begrenzung der die Beklagte treffenden Schadensersatzpflicht ist auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin ansonsten einen ungerechtfertigten Vorteil aus dem Schadensereignis ziehen würde. Zwar wird die Klägerin durch die Gewährung von Schadensersatz in Höhe der zur Beseitigung der MKW-Belastung erforderlichen Sanierungskosten auch von den nachteiligen Folgen der PAK-Kontamination entlastet, welche sie bzw. die Erstkäuferin ohne den arglistig verschwiegenen Heizölschaden auf Grund des jeweils vereinbarten Gewährleistungsausschlusses selbst hätte tragen müssen. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um einen auf den Schadensersatzanspruch aus § 463 S. 2 BGB a.F. anzurechnenden Vorteil.
a) Das folgt allerdings nicht schon aus den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung im engeren Sinne. Sie betreffen die Anrechnung positiver Auswirkungen auf das Vermögen des Geschädigten, welche durch das zur Haftung führende Ereignis und die nachfolgende Schadensentwicklung adäquat kausal verursacht werden (vgl. BGH BGHZ 10, 107 [108]; BGH v. 17.5.1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206 [209 f.] = MDR 1984, 833; Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., Bd. 2a, § 249 Rz. 227 ff.). Darum geht es hier nicht. Die PAK-Belastung ist nicht durch die MKW-Kontamination verursacht worden. Vermögensvorteile, die erst durch die Ersatzleistung des Schädigers entstehen, also auf der Ebene der Schadensbeseitigung liegen, werden demgegenüber nach den Regeln über einen Abzug "neu für alt" ausgeglichen. Obwohl sich dies der Vorteilsausgleichung i.w.S. zuordnen lässt (vgl. BGH BGHZ 30, 29 [32]; Urt. v. 30.6.1997 - II ZR 186/96, MDR 1997, 938 = NJW 1997, 2879 [2880]), handelt es sich um einen eigenständigen rechtlichen Gesichtspunkt (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 Abs. 5 S. 3, § 9 Abs. 1 S. 3; Staudinger/Schiemann, BGB, 1998, § 249 Rz. 175; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, Vor § 249 Rz. 11). Die geschuldete Ersatzleistung geht insb. bei der Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (§ 249 BGB) häufig über die Beseitigung des effektiv verursachten Schadens hinaus und führt so zu ausgleichsbedürftigen Wertzuwächsen bei dem Geschädigten (vgl. Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., Bd. 2a, § 249 Rz. 333). Solche, infolge der Art des Ausgleichs entstehenden Vorteile werden durch einen Abzug "neu für alt" berücksichtigt.
b) Der Anspruch aus § 463 S. 2 BGB a.F. ist, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, zwar nicht auf Naturalrestitution, sondern auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gerichtet. Ein Ausgleich nach den Grundsätzen eines Abzugs "neu für alt" ist dennoch erwägenswert, weil die Klägerin den sog. kleinen Schadensersatz zulässigerweise nach der Höhe der zur Beseitigung der arglistig verschwiegenen MKW-Belastung erforderlichen Kosten berechnet (vgl. BGH v. 12.7.1989 - VIII ZR 286/88, BGHZ 108, 156 [159 f.] = MDR 1989, 1096), und damit zu berücksichtigen sein kann, dass die Ersatzleistung sie in die Lage versetzt, ohne zusätzliche Kosten auch die PAK-Kontamination zu beseitigen (vgl. zu einem ähnlichen Fall BGH, Urt. v. 26.1.1983 - VIII ZR 227/81, MDR 1983, 573 = NJW 1983, 1424 [1425]).
Steht der zu Schadensersatz wegen Nichterfüllung berechtigte Gläubiger infolge der Ersatzleistung besser als er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der nicht erbrachten Leistung stünde, so ist diese Differenz grundsätzlich auszugleichen (vgl. BGH v. 6.6.1997 - V ZR 115/96, BGHZ 136, 52 [54]). Das gilt allerdings nicht ausnahmslos. Der Schadensersatzanspruch strebt zwei nicht immer restlos zu vereinbarende Ziele an. Er soll dem Geschädigten einerseits vollen Ausgleich verschaffen, ihn andererseits aber nicht bereichern. Dieses zweite Ziel gebietet einen Abzug "neu für alt", wenn damit nicht in unzumutbarer Weise in das Erste eingegriffen wird (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 6 Abs. 5 S. 3; vgl. auch Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., Bd. 2a, § 249 Rz. 333; sowie BGH, Urt. v. 25.10.1996 - V ZR 158/95, MDR 1997, 237 = NJW 1997, 520).
Ein solcher unzumutbarer Eingriff in das Prinzip des vollen Ausgleichs wäre hier gegeben, wenn der zur Sanierung der arglistig verschwiegenen MKW-Belastung erforderliche Betrag im Hinblick auf die Belastung des Grundstücks mit PAK gekürzt würde. Die ursprüngliche vertragliche Leistungspflicht der Beklagten beinhaltete nämlich die Lieferung eines vertragsgerechten und damit auch nicht mit PAK kontaminierten Grundstücks. Der Ausschluss der Sachmängelgewährleistung hatte diese Verpflichtung bis zum Gefahrübergang nicht eingeschränkt (vgl. BGH v. 10.3.1995 - V ZR 7/94, BGHZ 129, 103 [104 f.] = MDR 1995, 790; Urt. v. 26.1.1983 - VIII ZR 227/81, MDR 1983, 573 = NJW 1983, 1424 [1425]), so dass die Erstkäuferin, hätte sie von der PAK-Kontamination erfahren, bis dahin berechtigt gewesen wäre, das Grundstück zurückzuweisen (vgl. BGH v. 8.3.1991 - V ZR 351/89, BGHZ 114, 34 [40] = MDR 1991, 633). War die Beklagte aber zur Lieferung eines schadstofffreien Grundstücks verpflichtet, so ist eine Ersatzleistung, die über die Beseitigung eines arglistig verschwiegenen Mangels hinaus auch die Herstellung dieses ursprünglich geschuldeten Zustands ermöglicht, nicht als ungerechtfertigter Vermögenszuwachs der Käuferseite anzusehen. Andernfalls stünde die Beklagte infolge des - neben dem arglistig verschwiegenen Mangel bestehenden - weiteren Fehlers besser, als sie auf Grund der Arglist bei Lieferung eines im Übrigen fehlerfreien Grundstücks stünde (i.E. ebenso BGH, Urt. v. 26.1.1983 - VIII ZR 227/81, MDR 1983, 573 = NJW 1983, 1424 [1425]; Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 463 Rz. 15; H.P. Westermann in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 463 Rz. 22; Staudinger/Honsell, BGB, 1995, § 463 Rz. 75).
c) Aus denselben Gründen ist der für die Klägerin eintretende Vorteil, von den Folgen eines dem Gewährleistungsausschluss unterfallenden Mangels entlastet zu werden, auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des für das Schadensersatzrecht geltenden allgemeinen Bereicherungsverbots (vgl. BGH v. 4.6.1992 - IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 [338] = MDR 1992, 1181 = CR 1993, 274; Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., Bd. 2a, § 249 Rz. 20) auszugleichen. Denn dieses Verbot ist nicht schematisch anzuwenden, sondern bildet nur eine Leitlinie, von der bei Vorliegen besonderer, im Recht angelegter Wertungen abgewichen werden kann (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., III 2a).
III.
Soweit die Klage abgewiesen worden ist, kann das angefochtene Urteil damit keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil sich das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, mit den Einwendungen der Beklagten gegen die von dem LG festgestellten Sanierungskosten für den sowohl mit MKW als auch mit PAK verunreinigten Grundstücksbereich nicht befasst hat. Damit dies nachgeholt werden kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1170768 |
DB 2004, 2807 |
NJW 2004, 2526 |
BGHR 2004, 1211 |
BauR 2004, 1772 |
IBR 2004, 648 |
JurBüro 2005, 105 |
WM 2005, 189 |
ZfIR 2004, 898 |
MDR 2004, 1051 |
MuA 2004, 517 |
NuR 2005, 68 |
NZBau 2004, 508 |
UPR 2004, 349 |
ZGS 2004, 285 |
ZfW 2005, 135 |
JT 2005, 72 |
LMK 2004, 218 |
ProzRB 2004, 295 |
altlasten spektrum 2004, 291 |
www.judicialis.de 2004 |