Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Keine Kürzung des auf Gesamtversorgung anzurechnenden Altersgelds um Krankenversicherungsbeitrag
Orientierungssatz
Das auf die Gesamtversorgung eines Angestellten anzurechnende Altersruhegeld ist nicht um den gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrag des Rentners zu kürzen.
Normenkette
RAG Art. 2; RVO §§ 380-381; RAG 1982 Art. 2; VBLSa §§ 40, 56; RVO § 1304e
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 15.11.1986; Aktenzeichen 6 O 338/85) |
OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 02.10.1986; Aktenzeichen 12 U 44/86) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) bei der Berechnung der Versorgungsrente des Klägers das von ihm bezogene Altersruhegeld in voller Höhe oder abzüglich des gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrages des Rentners zu berücksichtigen hat (vgl. § 40 Abs. 2a der Satzung der VBL).
Der 1919 geborene Kläger war bis 1979 als Flugingenieur bei der Deutschen Lufthansa AG beschäftigt. Er bezieht seit dem 1. Juni 1984 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ein Altersruhegeld und von der Beklagten eine zusätzliche Versorgungsrente. Am 1. Juni 1984 stellte die Beklagte die Höhe der Versorgungsrente des Klägers für die Zeit ab dem 1. Juli 1984 auf 2.346,17 DM monatlich fest. Sie ging dabei von einer Gesamtversorgung von 4.599,04 DM und einem Altersruhegeld von 2.252,87 DM aus. In dieses Altersruhegeld ist ein Betrag von 265,84 DM, den die BfA für die Krankenversicherung des Klägers einbehält und an den Versicherungsträger abführt, eingerechnet worden; weitere 198,26 DM, die die BfA zwecks Deckung der Krankenversicherungskosten zuschießt, sind unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger hat die Feststellung beantragt, daß die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 1. Juli 1984 der Berechnung der ihm geschuldeten Versorgungsrente den Betrag der gesetzlichen Altersrente zugrunde zu legen, der sich nach Abzug seines Krankenkassenbeitrages ergibt.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. Oktober 1986 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Das Berufungsgericht nimmt an, daß das auf die Gesamtversorgung des Klägers anzurechnende Altersruhegeld nicht um den gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrag des Rentners zu kürzen ist. Das ist richtig (ebenso: Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes Stand Januar 1987 § 40 Anm. 2; Berger/Kiefer, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Stand August 1987 § 40 Anm. 2a ee = Bl. 88.24).
1. Nach § 40 Abs. 1 VBLS steht dem Kläger eine Versorgungsrente in Höhe des Differenzbetrages zwischen der Gesamtversorgung und den in § 40 Abs. 2a VBLS genannten Bezügen zu. Bezüge im Sinne dieser Vorschrift sind u.a. das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Höhe, in der es jeweils (§ 56 Abs. 1 VBLS) gewährt wird. Hiernach kommt es für die Berechnung der Versorgungsrente darauf an, ob der von der BfA einbehaltene Krankenversicherungsbeitrag des Rentners Teil des dem Kläger gewährten Altersruhegeldes ist.
2. Durch das Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1982 (BGBl. 1981 I 1205, nachfolgend RAG 1982) ist die Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner neu geregelt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Sozialversicherungsrentner von der Pflicht zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen befreit. Die Mittel für die Krankenversicherung wurden u.a. von den Trägern der Rentenversicherung aufgebracht. Diese leisteten pauschale Beitragszahlungen an die Krankenkassen und Ersatzkassen (§§ 380, 381 Abs. 2, 385 Abs. 2, 393a Abs. 1 RVO a.F.). Durch die Neufassung der Reichsversicherungsordnung durch das RAG 1982 sind ab dem 1. Januar 1983 die Rentenversicherungsträger als Beitragsschuldner in der Krankenversicherung weggefallen (§ 380 RVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 10 RAG 1982). An ihre Stelle sind die pflichtversicherten Rentner (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO) getreten (§ 381 Abs. 2 RVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 11b RAG 1982). Sie haben nunmehr selbst aus ihrer Rente Krankenversicherungsbeiträge an die Krankenkassen und Ersatzkassen zu zahlen, und zwar in der Höhe, in der bisher die Rentenversicherungsträger pauschal zahlten (Beitragssatz: 11,8 v.H. der Rente; § 385 Abs. 2 und 2a RVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 13b und c RAG 1982); zum Ausgleich erhalten sie allerdings zu ihrer Rente einen Zuschuß durch den Träger der Rentenversicherung (§ 1304e RVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 30 RAG 1982 (vgl. zur derzeitigen Fassung Aichberger, AVG § 83e)). Lediglich zur Vereinfachung des Einzugs werden die Beiträge aus den Renten vom Rentenversicherungsträger einbehalten und - wie bis zur Novellierung die Pauschalzahlung - an die Krankenkassen und Ersatzkassen abgeführt (§ 393a Abs. 1 RVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 15 RAG 1982; vgl. insgesamt zu den Einzelheiten der Neuregelung Krauskopf in Krauskopf/ Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung Stand November 1986 RVO § 380 Anm. 1 und 6, § 381 Anm. 3.1, § 385 Anm. 6.3, § 393a Anm. 3 und 3.1; Kierstein Die Betriebskrankenkasse 1982, 2, 3, 7 und 8). Die dem Kläger von der BfA gewährte Rente wird folglich durch den Einbehalt nicht geschmälert.
3. Das seit 1967 geltende Leistungssystem der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gesteht den Arbeitnehmern eine an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zu (vgl. BGHZ 69, 171, 177; Urteile vom 26.2.1986 - IVa ZR 139/84 - VersR 1986, 386, 387 zu I 2; vom 6.5.1987 - IVa ZR 242/85 - VersR 1987, 724, 725 zu II 2a). Indessen rechtfertigt das entgegen der Ansicht der Revision nicht, im Wege einer einschränkenden Auslegung des § 40 Abs. 2a VBLS - durch Gleichsetzung der "gewährten" mit der tatsächlich von der BfA an den Rentner ausgezahlten Rente - die Kostenlast für den gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrag des Rentners der Zusatzversorgungskasse aufzubürden und so den betroffenen Rentnern beitragslosen Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, umfaßt auch die beamtenrechtliche Versorgung nicht die vollständige Freiheit des Versorgungsberechtigten von den Krankheitskosten. Der Beamte hat lediglich Anspruch auf eine prozentual beschränkte Erstattung dieser Kosten nach Beihilfegrundsätzen und muß zur vollen Absicherung eigene Bezüge einsetzen. Nichts grundsätzlich anderes wird den Leistungsempfängern der öffentlichen Zusatzversorgung durch den gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrag zugemutet. Nach der Novellierung der Reichsversicherungsordnung durch das RAG 1982 haben sie unter Berücksichtigung des - auf die Gesamtversorgung nicht angerechneten - beträchtlichen Zuschusses nach § 1304e RVO nur einen Teil der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge aus ihren Rentenbezügen zu entrichten. Daß sich ihre Nettoversorgungsquote trotz dieser und weiterer Belastungen immer noch über oder zumindest im Bereich der Netto-Pensionen der Beamten in vergleichbaren Besoldungsgruppen hält, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. März 1988 zur Wirksamkeit der 19. Satzungsänderung der VBL (IVa ZR 154/87 - VersR 1988, 575, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, vgl. dort im einzelnen II 2c) ausgesprochen.
Fundstellen
Haufe-Index 541192 |
ZTR 1988, 434-434 (ST1) |
VersR 1988, 1142 (KT) |