Entscheidungsstichwort (Thema)

Auftragsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Die Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gem. § 259 II BGB im Rahmen eines Auftragsverhältnisses geht auf den Erben des Beauftragten über.
  2. Räumt der Erbe des Beauftragten durch eigene Ergänzungen und Berichtigungen alle Mängel der Abrechnung des Erblassers von sich aus vor der Verurteilung zur Offenbarungsversicherung aus, dann kann dadurch entsprechend dem Rechtsgedanken des § 259 III BGB der Anspruch auf die eidesstattliche Versicherung nachträglich wieder entfallen.
 

Normenkette

BGB § 259 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Beklagte ist die Witwe und Alleinerbin des am 14. September 1978 verstorbenen Rechtsanwalts Dr. M. Dieser hatte umfangreiches Vermögen seiner Schwester, der Witwe M., verwaltet. Dr. M. erteilte seiner Schwester unter dem 5. und 14. April 1978 Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben der Vermögensverwaltung. Die Witwe M. sah die Abrechnung nicht als ausreichend an und hat im Jahre 1979 Stufenklage auf Rechnungslegung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Zahlung erhoben. Die Klage richtet sich (noch) gegen die Witwe und Alleinerbin des Rechtsanwalts Dr. M. Nach dem Tode der Klägerin am 8. Oktober 1980 ist deren Alleinerbe als neuer Kläger in den Rechtsstreit eingetreten.

Die Beklagte hat mehrere Abrechnungsposten korrigiert, daraus einen Betrag zu ihren Gunsten errechnet und macht diesen (nebst Zinsen) mit der Widerklage geltend. Der Kläger bringt vor, die Abrechnung sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt, so daß die Beklagte zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet sei. Die Beklagte hält die Voraussetzungen für eine derartige Pflicht für nicht gegeben und die Pflicht selbst für unvererblich.

Das Landgericht hat unter anderem die Beklagte zur Zahlung von 36 139,47 DM nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Das Kammergericht hat dagegen die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Klage u. a. wegen des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiter und erstrebt ferner die Abweisung der Widerklage. Sie führte zur Teilaufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

Entscheidungsgründe

I.

1.

Das Berufungsgericht hält die Klage, soweit der Kläger mit ihr einen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verfolgt, für unbegründet, weil es sich dabei um eine höchstpersönliche und daher unvererbliche Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten handele. § 259 Abs. 2 BGB begründe eine Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nur für denjenigen, der selbst Rechnung gelegt habe; die Pflicht könne sich nur auf eigene Angaben beziehen. Die beanstandete Abrechnung vom 5. und 14. April 1978 stamme aber nicht von der Beklagten, sondern von deren Rechtsvorgänger, dem Erblasser. Zwar sei die Beklagte als Alleinerbin in dessen Rechtsstellung eingetreten; das beziehe sich aber nicht auf dessen höchstpersönliche, allein in seiner Person begründete Verbindlichkeiten. Daß die Beklagte sich auch zur Begründung ihrer Widerklage auf die Aufstellungen des Erblassers stütze, begründe die Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nicht (auch) in ihrer Person. Soweit sie im Laufe des Rechtsstreits eigene ergänzende Auskünfte erteilt habe, ließen diese eine Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen.

2.

Diese Begründung kann den Angriffen der Revision nicht standhalten. Abweichend von der Auffassung des Berufungsgerichts hält der Senat dafür, daß die Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB mit dem Tode des Verpflichteten nicht endet, sondern auf dessen Erben übergeht.

Richtig ist allerdings, daß der aus § 259 Abs. 2 BGB Verpflichtete die eidesstattliche Versicherung zu seinen Lebzeiten grundsätzlich in Person abgeben muß (vgl. §§ 889 Abs. 1, 478 ZPO). Auch kann der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, wie die Beklagte zutreffend hervorhebt, als Hilfsanspruch nicht für sich allein abgetreten oder gepfändet werden (vgl. RG HRR 1931 Nr. 107). Daraus folgt aber nicht, daß die Pflicht zur Abgabe der Versicherung mit dem Tode des Verpflichteten unterginge. Die gesetzliche Ausgestaltung der Erbfolge als Universalsukzession bringt es mit sich, daß die Erbschaft als Ganzes mit dem Erbfall einschließlich aller Verbindlichkeiten des Erblassers (§ 1967 BGB) und aller Rechtsverhältnisse, an denen der Erblasser beteiligt ist, auf die Erben übergeht (Boehmer, Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, 3. Bd. S. 216, 247, zum Offenbarungseid S. 253; BGHZ 32, 367, 369; Senatsurteil vom 5. Juni 1985 - IVa ZR 257/83 - NJW 1985, 3068 = FamRZ 1985, 1019 mit Anm. v. Dieckmann FamRZ 1985, 1247 und Hohloch JuS 1986, 315). Ebenso wie nicht alle Vermögensgegenstände des Erblassers vererblich sind (z. B. Nießbrauch, vgl. § 1061 BGB), gibt es freilich auch Verpflichtungen, die mit dem Tode des Schuldners erlöschen und nicht vererbt werden. Das ist aber im Bereich des Zivilrechts auf Ausnahmefälle beschränkt (Lange/Kuchinke, Erbrecht 2. Aufl. § 49 II 1 d; Münch/Komm/Siegmann § 1967 Rdn. 9, 10). Dementsprechend hat der erkennende Senat (Urteil vom 5. Juni 1985 aaO) in Übereinstimmung mit dem Reichsgericht (HRR 1933 Nr. 569) angenommen, daß eine bürgerlich-rechtliche Verbindlichkeit (wenn das Gesetz nichts anderes vorsieht) nur dann unvererblich ist, wenn sie nach der Natur der geschuldeten Leistung ausschließlich von dem Erblasser persönlich und von dessen Erben überhaupt nicht erfüllt werden könnte. Diese Voraussetzung trifft jedoch bei einem Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB aus Anlaß einer Geschäftsbesorgung (§§ 662 ff., 675 BGB) ebensowenig zu wie bei einem Anspruch auf Rechnungslegung oder auf Erteilung einer Auskunft (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 1985 aaO).

Das berechtigte Informationsbedürfnis des Auftraggebers (§ 666 BGB), um dessen Befriedigung es auch im Rahmen des § 259 Abs. 2 BGB geht, endet bei einem Auftrag oder einem ähnlichen Geschäft auch dann nicht, wenn der Auftrag durch den Tod des Beauftragten endet, wie es § 673 Satz 1 BGB für den Zweifelsfall vorschreibt. § 673 BGB betrifft lediglich die eigentliche Geschäftsbesorgung, die dem Verstorbenen übertragen war; die Abwicklung des erloschenen Auftrages wird davon nicht berührt. Vielmehr ordnet § 673 Satz 2 BGB ausdrücklich an, daß der Erbe des Beauftragten dessen Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen hat. Damit ist dem Informationsbedürfnis des Auftraggebers aber keineswegs genügt. Das gilt zunächst für die Besorgung des Geschäfts, die der Erbe nach dem Tode des Beauftragten selbst vornimmt (§ 673 Satz 2 BGB) und über die der Auftraggeber vollständige Unterrichtung nur von dem Erben erwarten kann. Aber auch, soweit es sich um die Geschäftsbesorgung durch den verstorbenen Beauftragten selbst handelt, kann die Berechtigung eines entsprechenden Aufklärungsverlangens, das der Auftraggeber an den Erben richtet, füglich nicht in Zweifel gezogen werden. Das wird besonders deutlich, wenn es sich - wie im vorliegenden Falle - um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung handelt, bei der die erforderlichen Unterrichtungen des Auftraggebers einen ins Gewicht fallenden Teil der Bemühungen des Beauftragten ausmachen, die daher bei der Bemessung der Vergütung im Zweifel mitberücksichtigt sind.

Daß der Erbe überhaupt nicht imstande und seine Erklärungen daher im Grundsatz ungeeignet seien, dem Informationsbedürfnis des Auftraggebers - wenn auch nur teilweise - zu entsprechen, kann jedoch entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht zugegeben werden. Gewiß kann der Erbe den Auftraggeber letzthin nur nach Maßgabe seines eigenen Wissensstandes unterrichten. Das kann aber nicht dazu führen, den Erben nicht in die entsprechenden Pflichten des Erblassers einrücken zu lassen und ihm damit praktisch zu gestatten, etwa vorhandenes Eigenwissen zurückzuhalten. Darüber hinaus wird sich der Erbe in Fällen dieser Art anhand der für ihn erreichbaren Erkenntnisquellen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit eigenes Wissen zu verschaffen und solches - notfalls mit Unterstützung durch Hilfspersonen - zu vervollständigen haben. Auf der Grundlage derartiger Vorarbeiten kann der Erbe etwa nötige Ergänzungen und Berichtigungen zu der vom Erblasser gelegten Rechnung anbringen und alsdann erklären, "daß und in welchem Umfang er die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausgeschöpft habe und daß er die Aufstellung nach bestem Wissen so vollständig berichtigt und ergänzt habe, als er dazu imstande sei". Das Gesetz läßt für entsprechend flexible Fassungen der an Eides Statt zu versichernden Formel in § 261 Abs. 2 BGB genügend Raum (BGHZ 33, 373, 375; 92, 62, 68; RGZ 125, 256, 260). Damit wird dem berechtigten Informationsbedürfnis des Auftraggebers im Rahmen des Möglichen entsprochen, ohne daß der Erbe damit überfordert wäre (vgl. dazu Dieckmann FamRZ 1985, 1248). Da der Auftraggeber bei Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit einer gelegten Rechnung im allgemeinen keine Ergänzung verlangen kann (Ausnahmen: BGHZ 89, 137, 140; 92, 62, 69), ist der Kläger darauf angewiesen, von dem (einzigen) vom Gesetz zur Verfügung gestellten Zwangsmittel zur Erzielung vollständiger und zutreffender Informationen, nämlich von dem Anspruch auf Abgabe der Offenbarungsversicherung, Gebrauch zu machen (BGHZ 92, 62, 65; vgl. auch Urteil vom 29. Oktober 1957 - I ZR 192/56 - LM Nr. 3 zu § 254 ZPO - Bl. 2 -; RGZ 84, 41, 44).

Das Informationsbedürfnis des Auftraggebers könnte allerdings entfallen, wenn der Erbe durch eigene Ergänzungen und Berichtigungen alle Mängel der Abrechnung des Erblassers von sich aus vor der Verurteilung zur Offenbarungsversicherung ausräumt. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 259 Abs. 3 BGB könnte der Anspruch auf die eidesstattliche Versicherung dadurch nachträglich wieder wegfallen. (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456154

BGHZ, 369

NJW 1988, 2729

ZIP 1988, 1058

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