Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperverletzung mit Todesfolge
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 3. Dezember 1998 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihm liegt zur Last, am 18. Mai 1998 auf einem Waldparkplatz G. H., seinen Nebenbuhler, der sich dort mit der Ehefrau des Angeklagten traf, mit einem Fichtenholzprügel erschlagen zu haben. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft die Verurteilung des Angeklagten wegen Totschlags; zugleich wendet sie sich gegen die Annahme eines minder schweren Falles i. S. v. § 227 Abs. 2 StGB. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht ein Handeln des Angeklagten mit bedingtem Tötungsvorsatz verneint, halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt der Täter in Fällen der vorliegenden Art vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, daß er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt; hingegen ist bewußte Fahrlässigkeit gegeben, wenn er mit der als möglich erkannten Todesfolge nicht einverstanden ist und ernsthaft darauf vertraut, sie werde nicht eintreten. Da diese Schuldformen im Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement, umfassend geprüft werden. Insbesondere die Beurteilung der Frage, ob der Täter einen tödlichen Ausgang billigend in Kauf nahm, muß sich mit dessen Persönlichkeit befassen und auch die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände in Betracht ziehen. Geboten ist somit eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände (BGHSt 36, 1, 9 f.; vgl. auch BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 24, 41 sowie BGH, Urt. vom 25. März 1999 - 1 StR 26/99, zur Veröffentlichung bestimmt). Diesen Anforderungen entspricht das angefochtene Urteil:
Die Strafkammer hat nicht übersehen, daß es bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen naheliegt, der Täter habe die Möglichkeit eines tödlichen Ausganges erkannt und diese Folge seines Tuns billigend in Kauf genommen. Zu Recht berücksichtigt sie indes die Umstände, unter denen es zu der folgenschweren Auseinandersetzung kam, die Tatsache, daß der nach einem Streitgespräch mit dem Geschädigten in höchste Erregung geratene Angeklagte zwar in Richtung des Körpers des Opfers zuschlug, „ohne jedoch auf konkrete Teile des Körpers – wie etwa den Kopfbereich – zu zielen oder gar mit lebensgefährlichen Treffern zu rechnen”, und letztlich auch das Persönlichkeitsbild des sozial integrierten Angeklagten. Daß die landgerichtliche Beweiswürdigung einen Rechtsfehler aufweise, vermag die Revision nicht aufzuzeigen und ist auch nicht ersichtlich.
2. Vergeblich wendet sich die Revision dagegen, daß das Landgericht einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge angenommen hat. Bei dieser Entscheidung hat die Strafkammer die erforderliche Gesamtbetrachtung aller für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommenden Umstände vorgenommen, ohne daß ein Rechtsfehler zutage tritt (vgl. BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall - Gesamtwürdigung, fehlerfreie 1 sowie BGH, Urt. vom 10. März 1998 - 1 StR 19/98). Zutreffend ist berücksichtigt, daß dem Angeklagten hinsichtlich der Todesfolge grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht zu besorgen, das brutale Vorgehen des strafrechtlich voll verantwortlichen Angeklagten gegenüber dem unbewaffneten Opfer sei außer Betracht geblieben. Es ist nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer gleichwohl von einem Überwiegen der im Urteil aufgeführten Milderungsgründe ausgeht. Bei der ihr obliegenden Abwägung der be- und entlastenden Umstände durfte sie berücksichtigen, daß das Opfer, das der Angeklagte schon wiederholt in verfänglichen Situationen mit seiner Frau angetroffen hatte, ihn mit provozierenden Äußerungen wie „Hau ab, du dummer Bub” oder „Laß uns in Ruhe, du hast keine Beweise” in einen Zustand höchster Erregung versetzte. Hierbei durfte der Umstand, daß erst dann der Angeklagte ein auf dem Waldboden liegendes Fichtenholzstück ergriff und sich zur Tat entschloß, Bedeutung gewinnen.
Die Bemessung der Strafe innerhalb des sich aus § 227 Abs. 2 StGB ergebenden Strafrahmens weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Auf Grund der gemäß § 301 StPO gebotenen Prüfung bemerkt der Senat:
Die Erwägungen, mit denen die sachverständig beratene Strafkammer verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten i. S. v. § 21 StGB verneint, begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Allerdings hat der psychiatrische Sachverständige dargelegt, bei einem Zusammentreffen der vom Angeklagten geltend gemachten Amnesie und der Auswirkungen der bei diesem festgestellten Arachnoidalzyste könne eine tiefgreifende Bewußtseinsstörung mit erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit nicht sicher ausgeschlossen werden. Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang ausführt, daß sie „sich von einer Amnesie nicht überzeugen kann”, weshalb weitere Untersuchungen des Angeklagten im Hinblick auf eine etwaige Veränderung des Hirnstoffwechsels nicht angezeigt seien, erweckt diese Wendung Bedenken. Den ausführlichen Erörterungen des Landgerichts zu dieser Frage ist jedoch zu entnehmen, daß es nicht bloße Zweifel am Vorliegen einer Amnesie hatte, sondern eine solche Amnesie für ausgeschlossen erachtet.
Unterschriften
Schäfer, Granderath, Brüning, Wahl, Boetticher
Fundstellen