Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG |
Tatbestand
Der Schlossermeister Thomas Ch., Ehemann und Vater der jetzigen Kläger, erlitt am 15. August 1955 in H. auf seinem Motorrad (NSU 600 ccm) einen Unfall. Er stieß auf der 5,50 m breiten Straße von P. nach K. mit dem ihm entgegenkommenden Trecker eines landwirtschaftlichen Zuges zusammen, als dieser kurz vor ihm - in der Fahrtrichtung des Treckers gesehen - nach links in ein Grundstück abbog. Der Trecker wurde von dem Beklagten Johannes M. gesteuert. Dieser hatte vor dem Einbiegen nach vorne auf mindestens 120 m unbehinderte Sicht. Ch. fuhr, nachdem er gebremst und eine Bremsspur von 7,20 m hinterlassen hatte, mit dem Motorrad gegen das rechte Vorderrad des Treckers und stürzte. Dabei erlitt er einen Schädelbasisbruch, eine Gehirnerschütterung, einen Unterarmbruch und einen komplizierten Unterschenkelbruch. Er war bewusstlos und kam erst im Krankenhaus in F. wieder zu sich. Dort wurde er bis zum 13. Dezember 1955 stationär und bis zum 7. Februar 1956 ambulant behandelt.
Der Beklagte M. war damals landwirtschaftlicher Lehrling bei dem Beklagten Peter G. und fuhr den Trecker, der nach seiner Bauart nur eine Höchstgeschwindigkeit von 18 km/h erreichen kann, im Auftrag seines Lehrherrn. Eigentümer des Treckers war der Beklagte Hans G.
Thomas O. hat für seinen Schaden die Beklagten verantwortlich gemacht. Mit der Klage hat er von ihnen 6.000 DM nebst Zinsen als Teil seines Schadens und ein Schmerzensgeld verlangt, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte. Ferner hat er beantragt, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihm allen weiteren aus dem Unfall entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger übergegangen sind oder übergehen.
Die Beklagten haben gebeten, die Klage abzuweisen.
Johannes M. hat geltend gemacht, ihn treffe keine Schuld an dem Unfall, da er seine Absicht nach links einzubiegen rechtzeitig durch Handzeichen angezeigt habe. Jedenfalls sei der Schlossermeister Ch. mitschuldig an dem Unfall, denn er hätte in den vier Sekunden, die der Trecker zum Einbiegen gebraucht habe, ohne weiteres anhalten können, wenn er rechtzeitig gebremst hätte. Ch. habe auch für die Betriebsgefahr seines aus dem Jahre 1930 stammenden alten Motorrades einzustehen.
Schließlich hat M. ebenso wie die beiden weiteren Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben und zwar aufgrund folgenden unstreitigen Sachverhalts:
Die Ehefrau des Schlossermeisters Ch., jetzige Klägerin Maria Magdalena Ch., beauftragte Anfang Oktober 1955 den Rechtsanwalt T. in F. mit der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes. Der Anwalt kündigte mit Schreiben vom 12. und 13. Oktober 1955 den Beklagten Peter G. und Johannes M. unbezifferte Schadensersatzansprüche an und wandte sich am 25. Oktober 1955 an den Haftpflichtversicherer dieser Beklagten, den Landwirtschaftlichen Haftpflichtversicherungsverein in I. mit der Aufforderung, die inzwischen eingegangene erste Arzt- und Krankenhausrechnung in Höhe von etwa 800 DM zu übernehmen. Darauf bot die Versicherung zum Ausgleich aller Schäden eine Abfindungssumme von 6.000 DM an. Sie wiederholte dieses Angebot, das abgelehnt wurde, noch mehrmals. Der Anwalt des Ch. - inzwischen hatte Rechtsanwalt Hans-Ludwig P. die Praxis des Rechtsanwalts T. übernommen - erklärte jedoch nur ein Vergleichsangebot in der Größenordnung von 15.000 bis 20.000 DM für diskutabel.
Im August 1956 zahlte die Versicherung 3.658,24 DM teils an Abtretungsempfänger, teils an Ch. selbst. Rechtsanwalt P. spezifizierte in einem Antwortschreiben vom 26. Oktober 1956 die Forderungen seines Mandanten und forderte dabei einen Verdienstausfall für 10 1/2 Monate in Höhe von 6.800 DM und ein Schmerzensgeld von 8.000 DM. Am 13. Juli 1957 reichte er beim Landgericht F. ein Armenrechtsgesuch für eine Teilklage mit den oben genannten Klageanträgen ein. In dem beigefügten Armutszeugnis war angegeben, dass das Einkommen des Antragstellers Ch. wegen seiner Arbeitsunfähigkeit nur 120 bis 150 DM monatlich betrage. Dem Landgericht genügte dieses Zeugnis nicht. Es gab Ch. durch Verfügung vom 29. Juli 1957 auf, Unterlagen über sein Einkommen in den Jahren 1955, 1956 und im ersten Halbjahr 1957 vorzulegen, seine Bankguthaben anzugeben und darzulegen, was er aus Anlass des Unfalls an Versicherungsleistungen erhalten habe. Rechtsanwalt P. gab diese Verfügung sowie vier schriftliche und telefonische Mahnungen des Gerichts an Ch. weiter. Er erhielt jedoch von seinem Mandanten keine Informationen. Mit Beschluss vom 20. Januar 1958 versagte das Landgericht das Armenrecht, weil die Armut nicht nachgewiesen sei. Rechtsanwalt P. übersandte Ch. diesen Beschluss am 27. Januar 1993. Dabei bemerkte er: Gegen diesen Beschluss könne er Beschwerde einlegen. Die nötigen Informationen müsse aber Ch. selbst beschaffen. Sonst könne er seinen Anspruch niemals durchsetzen. Es liege also an ihm. Darauf sandte Ch. seinem Anwalt einen als Wirtschaftsbericht überschriebenen Schriftsatz vom 7. April 1958, in dem er seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten seit der Währungsreform schildert und der mit den Sätzen schließt: Sein kranker Kopf könne unter diesen geistigen Foltern nicht genesen. Die Bruchstellen täten bitter weh und er sei selten klar, meist liege periodischer Schwindel und Vergesslichkeit vor. Er bitte, seine Sache mit allen Mitteln vorwärts zu treiben.
Im April und im Juli 1958 wies Rechtsanwalt P. seinen Mandanten auf den bevorstehenden Ablauf der Verjährungsfrist hin; er wiederholte, dass er ohne Unterlagen nichts für ihn tun könne. Mit einem Schreiben vom 21. Oktober 1958 wandte er sich dann unmittelbar an den Steuerberater des Ch. Der Steuerberater stellte ihm eine Bilanz für die Jahre 1954 bis 1957 auf. Unter Vorlage dieser Bilanz, einiger Bankauszüge und des Steuerbescheids für 1956 legte Rechtsanwalt P. dann am 5. Dezember 1958 gegen den das Armenrecht versagenden Beschluss Beschwerde ein. Das Landgericht behandelte diese Eingabe als neues Armenrechtsgesuch und beschied es unter dem 18. Juni 1959 wiederum ablehnend, diesmal mit der Begründung, dass die von den Gegnern erhobene Einrede der Verjährung durchgreife. Die Beschwerde, die Rechtsanwalt P. hiergegen einlegte, wurde vom Oberlandesgericht am 11. August 1959 zurückgewiesen.
Ch. wandte sich dann hilfesuchend an die Handwerkskammer, an Regierungsstellen des Landes und des Bundes sowie mit einer Beschwerde an die Anwaltskammer Schleswig-Holstein. Am 12. November 1960 reichte er ein neues, ohne anwaltliche Hilfe verfasstes Armenrechtsgesuch beim Landgericht ein. Das Landgericht verweigerte wiederum das Armenrecht. Das Oberlandesgericht bewilligte schließlich auf Beschwerde des Ch. durch Beschluss vom 19. Januar 1961 das Armenrecht. Es hielt für naheliegend, dass die Einrede der Verjährung nicht durchgreife, weil die Verjährung nach § 203 oder 206 BGB gehemmt gewesen sei. Darauf erhob Rechtsanwalt Dr. Hermann W., der dem Antragsteller Ch. auf dessen Wunsch als Anwalt beigeordnet wurde, die jetzige Klage vom 15. März 1961.
Im Verlauf des Rechtsstreits wurde am 7. Juni 1966 Rechtsanwalt Dr. W. aus F. durch das Vormundschaftsgericht als Pfleger für Thomas Ch. bestellt mit der Aufgabe, den Pflegling in dem jetzigen Schadensersatzprozess zu vertreten. Er hat den Prozess, wie er bis dahin geführt worden war, genehmigt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die mit ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüche verjährt seien.
Auf die Berufung des damaligen Klägers Thomas Ch. hat das Oberlandesgericht in einem Teil- und Zwischenurteil
1. den Zahlungsanspruch (6.000 EM nebst Zinsen) gegenüber dem Beklagten M. dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt,
2. den Beklagten M. verurteilt, an Thomas Ch. ein Schmerzensgeld von 10.000 DM abzüglich gezahlter 3.658,24 DM zu zahlen,
3. festgestellt, dass der Beklagte M. verpflichtet sei, dem Thomas Ch. allen weiteren aus dem Unfall entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte M. Revision eingelegt. Er erstrebt mit seinem Rechtsmittel die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es die gegen ihn gerichtete Klage abweist.
Thomas Ch. ist im Verlauf des Revisionsverfahrens gestorben. Seine Erben sind die Witwe und der Sohn Berthold Ch. Sie haben den Rechtsstreit aufgenommen. Als jetzige Kläger beantragen sie, die Revision des Beklagten M. zurückzuweisen:
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Beklagte M. nach § 823 BGB verpflichtet ist, den Schaden aus dem Unfall zu ersetzen. Er hatte sich, als er mit dem Trecker nach links in das Grundstück einbog, nach § 17 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung des Straßenverkehrs ausgeschlossen war. Dabei musste er auf den Gegenverkehr achten und entgegenkommende Fahrzeuge entsprechend § 8 Abs. 3 Satz 3 StVO erst vorbeifahren lassen. Dass M. diese Verkehrspflichten schuldhaft verletzt hat, ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt. Es ist unstreitig, dass er nach vorne auf eine Strecke von mindestens 120 m freie Sicht hatte. Ferner ist unangefochten festgestellt, dass das Motorrad des Thomas Ch. das rechte Vorderrad des Treckers getroffen hat, als dieser sich schon 2 m jenseits der Straßenmitte (Straßenbreite 5,50 m) und kurz vor dem Rand der Straße befand. Daraus hat das Berufungsgericht mit Recht gefolgert, dass M. es an der nötigen Aufmerksamkeit hat fehlen lassen, denn bei gehöriger Sorgfalt hätte er das herankommende Motorrad bemerken müssen. Das gilt umso mehr, als ihn beim Einbiegen in das Grundstück nach 17 StVO eine gesteigerte Sorgfaltspflicht traf, die eine Gefährdung des Straßenverkehrs ausschloss.
Die Revision kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass M. beim Einleiten des Einbiegevorgangs das Motorrad noch nicht habe sehen können, denn er musste nicht nur beim Beginn des Abbiegens, sondern auch beim Einbiegen selbst die Fahrbahn sorgfältig beobachten und anhalten, sobald er das herankommende Motorrad bemerkte.
II. Ein Mitverschulden des Thomas Ch. hält das Berufungsgericht nicht für bewiesen. Nach seiner Ansicht ist nichts dafür dargetan, dass Ch. zu schnell gefahren oder unaufmerksam gewesen ist oder zu spät gebremst hat. Auch in diesem Punkte gibt das Berufungsurteil keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Es ist nicht auszuschließen, dass Ch. das verkehrswidrige Einbiegen des Treckers erst in einem Zeitpunkt bemerken konnte, in dem der Zusammenstoß nicht mehr zu vermeiden war.
III. Da sich andererseits nicht feststellen lässt, dass der Unfall für Ch. ein unabwendbares Ereignis war (§ 7 StVG), hat das Berufungsgericht mit Recht bei der Abwägung nach § 17 StVG zu Lasten der Kläger die Betriebsgefahr des von Thomas Ch. gefahrenen Motorrades berücksichtigt. Es ist aber der Ansicht, dass sie gegenüber dem groben Verschulden des Beklagten M. und der Betriebsgefahr des Treckers so sehr zurücktritt, dass es gerechtfertigt ist, dem Beklagten M. den gesamten Schaden zur Last zu legen.
Diese Abwägung der Unfallursachen enthält keinen Rechtsfehler und bindet daher den Senat.
IV. 1. Die Einrede der Verjährung hält das Berufungsgericht für unbegründet. Es ist davon ausgegangen, dass Thomas Ch. wahrscheinlich am 12. September 1955 bei seiner Vernehmung durch die Polizei im Krankenhaus den Namen und die Anschrift des Schädigers erfahren bat, ihn aber mit Sicherheit kannte, als er Anfang Oktober 1955 durch seine Ehefrau Rechtsanwalt T. damit beauftragte, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB wäre also bei regelmäßigem Ablauf Anfang Oktober 1958 und damit lange Zeit vor Erhebung der Klage beendet gewesen. Das Berufungsgericht ist aber der Ansicht, dass der Ablauf der Verjährung nach § 206 BGB gehemmt war. Es hat die Überzeugung gewonnen, dass Thomas Ch. seit 1958 geschäftsunfähig war. Bei Geschäftsunfähigkeit konnte, da Ch. damals ohne gesetzlichen Vertreter war, nach § 206 Abs. 1 BGB die gegen ihn laufende Verjährung nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt eintreten, in welchem er unbeschränkt geschäftsfähig wurde oder der Mangel der Vertretung aufhörte. Das Berufungsgericht ist überzeugt, dass Ch. mindestens bis zum 12. Mai 1960, das sind sechs Monate, bevor er sein neues Armenrechtsgesuch einreichte, geschäftsunfähig war, hält es aber für wahrscheinlich, dass die Verjährung sogar bis sechs Monate nach dem Zeitpunkt gehemmt wer, in welchem dem Thomas Ch. im Jahre 1966 durch das Vormundschaftsgericht ein Pfleger bestellt wurde.
2. Die Revision wendet sich insoweit nur gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass Thomas Ch. geschäftsunfähig war. Die Bedenken, die sie in diesem Punkte gegen das Berufungsurteil erhebt, sind jedoch unberechtigt.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht seiner Feststellung die Bestimmung des § 104 Nr. 2 BGB zugrunde gelegt. Hiernach ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden - nicht bloß vorübergehenden - Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Das Berufungsgericht hat unter diesem Gesichtspunkt alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ausgewertet, insbesondere die Aussagen von Zeugen, die früher und in der in Betracht kommenden Zeit mit Thomas Ch. in Berührung gekommen sind, den persönlichen Eindruck, den es in der mündlichen Verhandlung und aufgrund seines Verhaltens im Armenrechtsverfahren von ihm gewonnen hat, sowie schließlich das Gutachten, das vom Institut für gerichtliche und soziale Medizin der Universität K. erstattet und von dem Dipl.-Psychologen Dr. med. von K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erläutert worden ist. Es hat das gesamte Material ausführlich und gründlich gewürdigt und ist dabei zu der Überzeugung gekommen, dass Thomas Ch. in der maßgebenden Zeit jedenfalls auf einem bestimmten Gebiet, nämlich in den mit seinem Schadensersatzprozess zusammenhängenden Angelegenheiten geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB war. Dabei ist offen geblieben, ob die Unfähigkeit Ch. zur Willensbildung auf dieses bestimmte Gebiet beschränkt war oder sich auf alle Lebensgebiete erstreckt hat.
b) Die Revision hält eine partielle Geschäftsunfähigkeit, wie sie das Berufungsgericht festgestellt habe, nicht für ausreichend. Sie meint, die Verjährungseinrede könne nur ausgeschaltet werden, wenn es sich um eine alle Lebensgebiete umfassende Geschäftsunfähigkeit gehandelt habe. Hierin kann ihr nicht gefolgt werden.
Allerdings hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14. Juli 1953 - V ZR 97/52, NJW 1953, 1342 die Möglichkeit einer auf besonders schwierige Geschäfte beschränkten partiellen Geschäftsunfähigkeit verneint. Diese Entscheidung steht aber der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen, denn in dem jetzt zu entscheidenden Fall geht es nicht darum, dass der Ausschluss der Geschäftsfähigkeit auf einen nach dem Grad der Schwierigkeit abgegrenzten Kreis von Angelegenheiten beschränkt gewesen sein soll. Das Berufungsgericht hat die Geschäftsfähigkeit vielmehr für einen bestimmten gegenständlich (nicht schwierigkeitmäßig) abgegrenzten Kreis von Angelegenheiten für ausgeschlossen gehalten. Dass dies rechtlich möglich ist, hat der BGH ebenso wie das Reichsgericht mehrfach entschieden. Beide Gerichte haben die Möglichkeit einer auf ein bestimmtes Gebiet oder auf einen bestimmten Lebensbereich beschränkten Geschäftsunfähigkeit anerkannt (BGHZ 18, 184, 186, 187; 30, 112, 117, 118; RGZ 162, 223, 229). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.
c) Die Revision verkennt das Berufungsurteil, wenn sie meint, das Oberlandesgericht habe nur Feststellungen getroffen, die den Intellekt des Thomas Ch. betreffen, es habe aber nicht festgestellt, dass die freie Bestimmung des Willens beeinträchtigt gewesen sei. Ihr ist zuzugeben, dass für die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit nicht so sehr die Fähigkeiten des Verstandes als die Freiheit des Willensentschlusses ausschlaggebend sind.
Es kommt darauf an, ob eine freie Entscheidung aufgrund einer Abwägung des Für und Wider eine sachliche Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist, oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann (Urteil des BGH vom 14. Juli 1953 - V ZR 97/52, NJW 1953, 1342). Das hat aber auch das Berufungsgericht nicht übersehen. Es hat diesen Gesichtspunkt ausdrücklich hervorgehoben und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Seine Feststellungen zeigen, dass es den Grund für das Versagen des Thomas Ch. beim Besorgen der Armenrechtsunterlagen vor allem in dessen Unfähigkeit zu einer selbständigen freien Willensentscheidung sieht. Ihm war es, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei feststellt, in dem entscheidenden Jahr zwischen der gerichtlichen Auflage und dem Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht möglich, das für den Fortgang des Armenrechtsverfahrens Erforderliche zu übersehen und naheliegende einfache Entschlüsse zu fassen und auszuführen. Das ist nach der Überzeugung des Berufungsgerichts darauf zurückzuführen, dass durch das Schädeltrauma und durch die einsetzenden Alterserscheinungen nicht nur die funktionellen Leistungen des Gehirns beeinträchtigt waren, dass sich vielmehr auch die geistig-seelischen Kräfte verändert haben.
d) Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen seine Annahme, dass Thomas Ch. in Fragen, die mit seiner Prozesssache zusammenhingen, geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB war.
Diese Folgerung wird zwar in dem Gutachten des Instituts für gerichtliche und soziale Medizin der Universität K. nicht gezogen. Das steht aber der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Es hatte die Frage der Geschäftsfähigkeit in freier Würdigung des gesamten Tatsachenstoffs selbständig zu prüfen und zu entscheiden und war dabei an das Ergebnis des Gutachtens nicht gebunden. Seine Entscheidung ist umso weniger zu beanstanden, als auch der Sachverständige annimmt, dass Thomas Ch. nicht in der Lage war, den prozessgebundenen Anforderungen zu entsprechen, dass er im besonderen nicht imstande war, die erforderlichen Unterlagen selbst zu beschaffen oder bei ihrer Herstellung mitzuwirken.
V. Das Berufungsurteil enthält auch sonst keinen Rechtsfehler. Daher war die Revision des Beklagten M. zurückzuweisen.
Fundstellen