Leitsatz (redaktionell)
1. Eine atypische, auf Mitgeschäftsführung und Mitsprache des stillen Gesellschafters ausgerichtete stille Gesellschaft kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn der Unternehmer dem stillen Gesellschafter die ins Auge gefaßte Mitarbeit in einer geplanten KG versagt.
2. Eine fristlose Kündigung verstößt dann regelmäßig auch nicht gegen BGB § 723 Abs. 2 S. 1.
3. Der stille Gesellschafter kann Rückzahlung bereits ohne Auseinandersetzung fordern, wenn schon vor der Beendigung der Auseinandersetzung mit Sicherheit feststeht, daß er jedenfalls einen bestimmten Betrag verlangen kann.
Tatbestand
Die Parteien betreiben Brotfabriken, der Beklagte als Alleininhaber, der Kläger als Gesellschafter einer GmbH & Co KG. Sie nahmen Ende 1972 Verhandlungen über eine tätige Beteiligung des Klägers am Unternehmen des Beklagten auf. Nach vorbereitendem Schriftwechsel trafen sie sich am 10. Februar 1973 und schlossen dabei privatschriftlich folgende Vereinbarung ab:
„1. Herr V. (Beklagter) betreibt in D. eine Brotfabrik. Herr H. (Kläger) beteiligt sich mit Wirkung vom 1.1.1973 an diesem Einzelunternehmen, als atypischer stiller Gesellschafter mit 40 vom Hundert.
2. Aufgrund dieser Beteiligung hat Herr H. eine Bareinlage in Höhe von 4 Mio DM (in W: vier Millionen Deutsche Mark) zu zahlen.
Die Einlage wird wie folgt fällig:
- 2 Mio DM am 1. April 1973
- 2 Mio DM am 1. September 1973.
3. An der Gesellschaft sind Herr V. und Herr H. demnach wie folgt beteiligt:
- Herr V. 60vH
- Herr H. 40vH.
Die Gewinnverteilung erfolgt entsprechend dieser Beteiligung. Solange die Einlage nicht erfolgt ist, steht Herrn V. ein Gewinnvorab in Höhe von 5vH des nicht eingezahlten Kapitals zu.
4. Auf die Gesellschaft sollen die Bestimmungen über die Kommanditgesellschaft entsprechend angewendet werden. Hinsichtlich der Geschäftsführung und des Mitspracherechts des eintretenden Gesellschafters wird im endgültigen Gesellschaftsvertrag eine Vereinbarung getroffen”.
Von den zum 1. April 1973 fälligen 2 Mio DM entrichtete der Kläger 100.000 DM am 31. März 1973 und 400.000 DM am 3. April 1973. Die restlichen 1.500.000 DM zahlte er – nach Anmahnung durch den Beklagten – am 7. Juni 1973; dieser Zahlung war am 30. Mai 1973 eine Besprechung zwischen den Parteien über die künftige Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses vorausgegangen. Die weiteren Verhandlungen der Parteien konzentrierten sich auf einen mit Wirkung vom 1. Januar 1973 zu schließenden Kommanditgesellschaftsvertrag. Ein Entwurf des Klägers vom 6. April 1973 sah unter anderem vor, daß der Beklagte als einziger persönlich haftender Gesellschafter nur im Einverständnis mit der Kommanditistin, nämlich der GmbH & Co KG, tätig werden durfte und der Kläger sowie seine beiden Söhne zu Prokuristen bestellt werden sollten. Nach dem Gegenentwurf des Beklagten vom 9. Mai 1973 waren die Söhne des Klägers als Angestellte zu beschäftigen und hatte der Beklagte als Geschäftsführer zu einer Reihe im einzelnen aufgeführten außergewöhnlicher Geschäfte die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Ein weiterer Entwurf des Beklagten, der beim Kläger am 23. August 1973 einging, sah dann weder eine Beschäftigung der Söhne des Klägers noch eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnisse des Beklagten vor.
Am 15. und 17. August 1973 war es zwischen dem Beklagten und dem seit kurzem in seinem Betrieb als Techniker beschäftigten O. H. (Sohn des Klägers) zu – von den Parteien unterschiedlich dargestellten – Differenzen gekommen. Der Kläger zog aus ihnen keine unmittelbaren Folgerungen, brachte aber in einem Brief vom 16. August 1973 an den Beklagten zum Ausdruck, daß er keine Basis für eine Zusammenarbeit sehe, falls der Beklagte an der gegenüber dem Sohn geäußerten Meinung festhalte, sein (des Klägers) Geschäftsgebaren entspreche nicht dem eines ehrenhaften Kaufmanns und er (der Beklagte) könne dem Kläger nicht mehr vertrauen.
Am 1. September 1973 ließ der Kläger dem Beklagten durch seinen Anwalt mitteilen, er lehne eine weitere Verhandlung über die Gründung einer Kommanditgesellschaft ab, weil – wie die Entwürfe erkennen ließen – die in Aussicht genommene enge Zusammenarbeit und Geschäftsführung nicht gewährleistet seien. Zugleich forderte er die bisher gezahlten 2 Mio DM zurück. Als der Beklagte am 5. September 1973 auf Erfüllung der Vereinbarung vom 10. Februar 1973 bestand, kündigte der Kläger am 8. September 1973 vorsorglich fristlos für den Fall, daß ein Gesellschaftsverhältnis bereits bestünde.
Der Kläger macht mit der Klage die Rückzahlung eines Teilbetrags (500.000 DM) der von ihm geleisteten Einlage geltend. Der Beklagte hat demgegenüber unter anderem vorgetragen, daß der Kläger noch im Schreiben vom 21. August 1973 zu erkennen gegeben habe, daß er trotz der Auseinandersetzungen mit dem Sohn die Zusammenarbeit fortsetzen wolle, das Vertragsverhältnis also nicht gestört gewesen sei. Es dränge sich der Verdacht auf, daß der Kläger gekündigt habe, weil er die am 1. September 1973 fällige Rate von 2 Mio DM nicht habe aufbringen können. Jedenfalls habe der Kläger ohne Grund zur Unzeit gekündigt. Die Rückzahlung der Einlage würde einen Schaden von über 500.000 DM verursachen, da der Beklagte dann Maschinen verkaufen und die neue von ihm geplante Backstraße stillegen müßte, so daß ein sonst sicherer Gewinn nicht würde erwirtschaftet werden können und die Zinslasten aus der Substanz aufzubringen sein würden. Mit dem Anspruch auf Ersatz des Schadens hat der Beklagte aufgerechnet. Er macht ferner geltend, daß ein Anspruch des Klägers zumindest nicht fällig sei, weil zunächst eine Abschichtungsbilanz erstellt werden müsse. In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 1974 hat der Beklagte den Hilfsantrag des Klägers auf Zahlung von 500.000 DM am 1. Januar 1975 (dann wäre das Gesellschaftsverhältnis bei ordentlicher Kündigung im September 1973 beendet gewesen) nebst 12,5% Zinsen seit diesem Tag unter Protest gegen die Kosten anerkannt.
Die Vorinstanzen haben dem Hauptantrag des Klägers stattgegeben, den Beklagten zur Zahlung von 500.000 DM nebst 12% Zinsen seit dem 1. Oktober 1973 bis 14. November 1973 und 12,5% Zinsen seit dem 15. November 1973 zu verurteilen. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Abfindungsanspruch gemäß § 340 HGB zu. Es legt hierbei zugrunde, daß zwischen den Parteien eine stille Gesellschaft bestanden habe, die der Kläger aus wichtigem Grunde fristlos gekündigt habe, ohne daß die Kündigung zur Unzeit erfolgt sei. Auf eine Gesamtabrechnung habe der Kläger nicht zu warten brauchen, da für ihn jedenfalls ein Abfindungsguthaben in Höhe des eingeklagten Teilbetrags von 500.000 DM bestehe. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten mit der Vereinbarung vom 10. Februar 1973 eine stille Gesellschaft gegründet, ist rechtsfehlerfrei und wird als für sie günstig auch von der Revision nicht angegriffen. Die Vereinbarung enthält alle unerläßlichen Merkmale einer stillen Gesellschaft, nämlich die gesellschaftliche Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen mit notwendigem Anteil am Gewinn und einer Einlage, die in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht. Die Gesellschaft ist in Vollzug gesetzt worden; der Kläger hat einen Teil seiner Einlage erbracht, die in das Unternehmen des Beklagten geflossen und dort verwendet worden ist.
a) Diese Gesellschaft hat der Kläger spätestens mit dem Schreiben des ihn vertretenden Rechtsanwalts an den Beklagten vom 8. September 1973 gekündigt, worin es heißt: „Ein derartiges Verhalten würde bei einer bestehenden Gesellschaft jeden Gesellschafter zu einer fristlosen Kündigung berechtigen, die vorsorglich und hilfsweise hiermit ausgesprochen wird”. Ob bereits – wovon das Berufungsgericht auszugehen scheint – das Schreiben vom 1. September 1973 mit der Aufforderung an den Beklagten, die bis dahin geleisteten 2 Mio DM zurückzuüberweisen, eine Kündigung enthält, kann dahingestellt bleiben. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, daß der Zeitunterschied von wenigen Tagen zwischen den Zugangsdaten der beiden genannten Schreiben die Entscheidung beeinflussen kann. Zinsen auf den eingeklagten Betrag hat der Kläger erst ab Oktober 1973 verlangt; dies stimmt mit der von ihm im Schreiben vom 8. September 1973 gesetzten Frist für die Rückzahlung überein.
Einer Auflösungsklage bedurfte es nach der Auslegung der Vereinbarung vom 10. Februar 1973 durch das Berufungsgericht nicht, obwohl deren Ziffer 4 vorsieht, daß die Bestimmungen über die Kommanditgesellschaft entsprechend anzuwenden seien. Die Auslegung, daß Ziffer 4 sich nur auf eine Regelung der Mitbestimmung beschränke und die Anwendung von §§ 161, 133 HGB nicht erfasse, ist möglich, ohne Verfahrensverstoß zustande gekommen und daher für das Revisionsgericht bindend.
b) Den wichtigen Grund für die Kündigung im Sinn von §§ 339 HGB, 723 BGB sieht das Berufungsgericht einmal darin, daß der Beklagte dem Kläger in der endgültigen Regelung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen keine Mitwirkungsrechte mehr zugestehen wollte, und zum anderen in beleidigenden Vorwürfen des Beklagten gegenüber dem Sohn des Klägers. Hierbei hat es den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes nicht verkannt.
aa) Es nimmt zutreffend an, daß ein wichtiger Grund vorliegen kann, wenn ein Gesellschafter das gesellschaftliche Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört (SenUrt v 18.10.65 – II ZR 232/63, WM 1966, 29, 31 unter II 2), zumal wenn es, wie im vorliegenden Fall, nicht um die verhältnismäßig lockere Bindung zwischen den Parteien einer typischen stillen Gesellschaft, sondern um ein auf aktive Zusammenarbeit gerichtetes Gesellschaftsverhältnis geht. Bei seiner Beurteilung, ob die Vertrauensgrundlage entfallen ist, hat das Berufungsgericht keine entscheidungserheblichen Tatsachen übergangen. Auf den Umstand, daß der Kläger schon seine am 1. April 1973 fällige Einlage-Rate von 2 Mio DM nicht pünktlich erbracht hatte und möglicherweise zur Zahlung der am 1. September 1973 fälligen zweiten Rate von ebenfalls 2 Mio DM nicht in der Lage war, brauchte es bei der Würdigung aller Umstände des Falles nicht besonders einzugehen. Der Kläger hatte jedenfalls ohne eine andere Sicherheit als das Vertrauen in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beklagten und die gedeihliche Zusammenarbeit mit ihm bis Mitte Juni 1973 die erste Rate seiner Einlage voll erbracht. Hiernach – und nicht etwa erst nach vollständiger Zahlung der Einlage – konnte er erwarten, daß der Beklagte angesichts des sehr erheblichen Betrags von 2 Mio DM ernst machte mit der Regelung der Geschäftsführung und des Mitspracherechts, wie sie in Ziffer 4 der Vereinbarung vom 10. Februar 1973 vorgesehen war. Dafür, daß dieser Erwartung das Ergebnis der Besprechung am 30. Mai 1973 entgegengestanden habe, gibt der Prozeßstoff nichts her. Bei alledem spielt es keine Rolle, ob die Vereinbarung nach dem Willen der Parteien neben der Einigung über die stille Gesellschaft auch einen Vorvertrag über die Errichtung einer Kommanditgesellschaft enthalten sollte und ob der Mindestinhalt für einen solchen Vorvertrag und etwaige Formerfordernisse – zB im Hinblick auf die Einbringung des Betriebsgrundstücks – gewahrt worden sind. Jedenfalls ist die Auslegung des Berufungsgerichts möglich, daß die Parteien nach Ziffer 4 der Vereinbarung gehalten waren, den Umfang der als solcher schon vorgesehenen Mitbestimmung durch den Kläger konkret zu regeln. Denn einen über § 338 HGB hinausgehenden Einfluß des Klägers auf die Geschäftsführung konnten die Parteien auch im Rahmen der stillen Gesellschaft vereinbaren, wenngleich sie dadurch atypisch gestaltet wird.
Bei dieser Rechtslage und Sachlage hat das Berufungsgericht zutreffend eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien durch den Beklagten darin gesehen, daß er den insgesamt dritten Entwurf für einen Kommanditgesellschafts-Vertrag vom August 1973 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers v 5.2.1974) ohne Bestimmungen über eine Mitwirkung des Klägers unterbreitete, die sein Entwurf vom 9. Mai 1973 noch in der Form des Zustimmungserfordernisses zu bestimmten Geschäften vorgesehen hatte. Darauf, daß sein Berater F. für den Entwurf verantwortlich sei, kann sich der Beklagte nicht zurückziehen. Das könnte allenfalls anders sein, wenn der Berater eigenmächtig und nicht im Sinne des Beklagten gehandelt hätte; hierzu ist jedoch nichts vorgetragen. Auch der Einwand der Revision, es habe sich um eine Reaktion auf die säumige Zahlungsweise des Klägers gehandelt, greift nicht durch. Denn es hätte keine Schwierigkeiten bereitet, die Mitwirkungsrechte von der vollständigen Einlage abhängig zu machen. Aus der tatsächlichen Fassung des Entwurfs aber konnte der Kläger mit Recht den Eindruck gewinnen, daß er unabhängig von der Erbringung der Einlage keine Mitbestimmungsrechte erhalten sollte, der Beklagte also die Vereinbarung vom 10. Februar 1973 insoweit nicht zu erfüllen bereit war. Dies machte ihm die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses unzumutbar, zumal er das Fehlen jeder Mitwirkungsregelung im Entwurf vom August 1973 dahin auffassen konnte, daß der Beklagte im Grunde auf seinen kurz zuvor gegenüber O. H. geäußerten Vorwürfen beharrte und sein Mißtrauen bekundete.
bb) In diesen von ihm festgestellten Vorwürfen (die Mitglieder der Familie des Klägers nähmen es mit der Wahrheit nicht genau, sie seien keine richtigen Kaufleute, vielmehr unehrenhaft, hätten einen schlechten Ruf und unsaubere Geschäftsmethoden) hat das Berufungsgericht einen weiteren wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gesehen. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. In der Tatsache, daß der Kläger aus den vom Beklagten erhobenen Vorwürfen nicht sofort sondern erst einige Wochen später Konsequenzen gezogen hat, liegt kein Verzicht auf ihre Geltendmachung als wichtiger Grund für die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses. Einem solchen Verständnis steht schon die im Tatbestand zitierte Zußerung des Klägers in seinem Schreiben vom 16. August 1973 entgegen, auch wenn er im Schreiben vom 21. August 1973 dann nur beiläufig auf die Differenzen zwischen dem Beklagten und O. H. eingegangen ist.
c) Dem Kläger konnte weiterhin nicht zugemutet werden, den nächsten Termin zur ordentlichen Kündigung abzuwarten; dies wäre nach §§ 339 Abs 1, 132 HGB (Kündigung auf den Schluß des Geschäftsjahres und mindestens sechs Monate vor diesem Zeitpunkt) der 31. Dezember 1974 gewesen. Denn wenn er auch möglicherweise ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Zahlung der zweiten Einlage-Rate hätte geltend machen können, weil sich der Beklagte nicht zu einer Mitbestimmungsregelung bereit fand, wäre er – ohne darauf Einfluß nehmen zu können – noch über ein Jahr der Auswirkung von Geschäftsvorgängen auf die von ihm bereits geleistete und die noch geschuldete Einlage unterworfen gewesen. Hinzu kommt, daß sich das Gesellschaftsverhältnis in den Anfängen befand. Hier ist im Regelfall, und der vorliegende Rechtsstreit läßt keine Ausnahme erkennen, die Schwelle des für den Gesellschafter noch zumutbaren Verhaltens niedriger anzusetzen als bei einer schon längere Zeit bestehenden Gesellschaft (vgl SenUrt v 17.2.69 – II ZR 116/67, LM HGB § 133 Nr 7).
d) Das Berufungsgericht hat ferner geprüft, ob der Kläger zwar aus wichtigem Grund, aber zur Unzeit gekündigt hat, ohne auch hierfür einen wichtigen Grund zu haben (§§ 339 Abs 1 HGB, 723 Abs 2 BGB); es hat die Frage fehlerfrei verneint. Auf die Wirksamkeit der Kündigung hätte ein Verstoß gegen § 723 Abs 2 BGB ohnehin keinen Einfluß, er könnte jedoch zu einem Schadensersatzanspruch des Beklagten geführt haben, der entsprechend der von ihm erklärten Aufrechnung zu berücksichtigen wäre. Seine Voraussetzungen sind nach der rechtsfehlerfreien Auffassung des Berufungsgerichts nicht erfüllt. Das Gesetz läßt in § 723 Abs 2 Satz 1 BGB die Kündigung auch zur Unzeit zu, wenn dafür ein wichtiger Grund besteht. Hierzu genügt ein Interesse des Kündigenden an sofortiger Lösung des Gesellschaftsvertrags trotz entgegenstehender Interessen der anderen Gesellschafter, wobei insbesondere der Gesellschafter die Kündigung nicht als unzeitig beanstanden kann, der den Grund für sie in dem fraglichen Zeitpunkt gegeben hat, wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall der Beklagte (RG WarnRspr 1933 Nr 116). Das schutzwürdige finanzielle Interesse des Klägers, schon Anfang September 1973 zu kündigen, hat das Berufungsgericht vor allem mit den bei der Gesellschaft zu erwartenden Verlusten und dem Risiko aus einer weiteren Zahlung von 2 Mio DM bei ungenügender Kontrollmöglichkeit des Klägers begründet, ohne daß die Revision dem rechtlich erhebliche Gesichtspunkte entgegenhalten könnte.
2. Das Auseinandersetzungsguthaben des Klägers ist nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts in Höhe des eingeklagten Betrags zur Zahlung fällig.
a) Zwar hat grundsätzlich auch bei der stillen Gesellschaft eine Gesamtabrechnung vorauszugehen (wobei es im vorliegenden Rechtsstreit auf die Art der zugrunde zu legenden Bilanz nicht ankommt), der Kläger kann also nicht einfach die Rückzahlung der Einlage verlangen (vgl SenUrt v 12.6.72 – II ZR 109/71, WM 1972, 1056 unter IIa). Wie allgemein im Personengesellschaftsrecht gilt aber eine Ausnahme dann, wenn schon vor der Beendigung der Auseinandersetzung mit Sicherheit feststeht, daß der eine Gesellschafter jedenfalls einen bestimmten Betrag verlangen kann (BGHZ 37, 299, 305 und ständ Rspr d Sen). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den eingeklagten Teilbetrag festgestellt. Es durfte dabei von den Wertvorstellungen für das Unternehmen des Beklagten ausgehen, die in seinen Entwürfen für einen Kommanditgesellschaftsvertrag mit 10 Mio bzw 6 Mio DM beziffert worden waren. Selbst bei der Annahme, daß der Wert nur 3 Mio DM betragen habe, würde – wie das Berufungsgericht zutreffend rechnerisch belegt – das Abfindungsguthaben noch 800.000 DM ausgemacht haben, und zwar ohne Berücksichtigung des Gewinns für das Geschäftsjahr 1973, dessen Höhe der Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung noch mit 400.000 DM hatte vortragen lassen.
b) Auf die Wertangaben und Gewinnangaben in dem nach dieser Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 22. Oktober 1974 beruft sich die Revision demgegenüber ohne Erfolg. Denn das Berufungsgericht hat den erwähnten Schriftsatz mit Recht nicht verwertet und ihn nur unter dem Gesichtspunkt berücksichtigt, ob er Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) gegeben habe. Ohne die Wiedereröffnung durfte es den Inhalt des nachgereichten Schriftsatzes nicht verwerten. Andererseits war es zur Wiedereröffnung nicht verpflichtet, denn es brauchte aus dem neuen Vorbringen nicht zu folgern, daß die bisherige Verhandlung lückenhaft gewesen sei und in der letzten mündlichen Verhandlung bei sachgemäßem Vorgehen Veranlassung zur Ausübung des Fragerechts bestanden hätte (BGHZ 53, 245, 262). Vielmehr ließ die Anerkennung des Hilfsantrags durch den Beklagten den Schluß zu, daß er sich nicht gegen die Höhe des eingeklagten Teils der Abfindung wendete, sondern nur gegen den Grund des Anspruchs und seine Fälligkeit.
Die vorstehend nicht ausdrücklich erörterten Verfahrensrügen sind unbegründet (§ 565a ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 649122 |
JZ 1977, 302 |