Leitsatz (amtlich)
1. Vollstreckt der Gläubiger einen auf Nachbesserung eines Bauwerks gerichteten Titel nach § 887 ZPO, so kann der Schuldner Einwendungen, die sich gegen die Höhe des Kostenvorschusses gemäß § 887 Abs. 2 ZPO richten, nicht mit der Vollstreckungsgegenklage gegen den titulierten Nachbesserungsanspruch geltend machen.
2. Das Vollstreckungsgericht hat einen auf Nachbesserung eines Bauwerks gerichteten Titel jedenfalls dann selbst auszulegen, wenn bei der Festsetzung der Höhe des Kostenvorschusses nach § 887 Abs. 2 ZPO Art und Umfang der geschuldeten Nachbesserung streitig sind.
3. a) Enthält ein auf Nachbesserung eines Bauwerks gerichteter Titel materiell-rechtliche Verpflichtungen, bei denen die eine Art der Nachbesserung durch das Scheitern der anderen bedingt ist, so kann der Schuldner mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, er schulde die bedingte Alternative nicht oder noch nicht, deretwegen der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt.
b) Stellt sich im Prozeß heraus, daß der Gläubiger die Zwangsvollstreckung insoweit betreibt, als ein Teil der Mängel ordnungsgemäß beseitigt ist, ist die Zwangsvollstreckung teilweise für unzulässig zu erklären; eines eingeschränkten Antrags des Schuldners bedarf es nicht. Voraussetzung ist jedoch, daß die noch nachzubessernden Mängel im Urteil so bestimmt bezeichnet werden können, daß eine Vollstreckung des fortbestehenden Anspruchs möglich ist.
Normenkette
ZPO § 767 Abs. 1, § 887
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 30. April 1990 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Antrag abgewiesen worden ist, die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus dem Prozeßvergleich zu Protokoll des Landgerichts Bayreuth vom 18. März 1980 – 3 O 46/78 – für unzulässig zu erklären.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war Komplementär der inzwischen nach Liquidation gelöschten Firma H. Müller & Co. KG (im folgenden: KG). Die KG verlegte 1974/75 in einer Schule für den Beklagten Asphaltplattenbeläge, die alsbald Risse zeigten. In einem gerichtlichen Vergleich vom 18. März 1980 verpflichteten sich der Kläger und die KG, die Risse in den Asphaltplattenbelägen ordnungsgemäß nachzubessern. Nach Abschluß der Nachbesserungsarbeiten im August 1981 rügte der Beklagte mehrfach, zuletzt im Dezember 1982, die Arbeiten seien mangelhaft. Auf seinen Antrag wurde er durch Beschluß vom 27. Oktober 1987 gemäß § 887 ZPO zur Ersatzvornahme ermächtigt und der Kläger zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 150.000 DM verurteilt. Sämtliche vom Kläger in diesem Verfahren erhobenen Einwendungen wies das Gericht mit der Begründung zurück, diese seien nicht im Vollstreckungsverfahren, sondern im Wege einer Vollstreckungsgegenklage zu prüfen.
Der Kläger hat daraufhin Vollstreckungsgegenklage erhoben und sinngemäß beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluß vom 27. Oktober 1987, hilfsweise die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 18. März 1980 für unzulässig zu erklären. Haupt- und Hilfsantrag sind in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Der Senat hat die Revision des Klägers nur wegen des Hilfsantrages angenommen. Im Umfang der Annahme verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg. Soweit das Berufungsgericht den Antrag abgewiesen hat, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 18. März 1980 für unzulässig zu erklären, ist die Sache aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I.
Zutreffend halten die Vorinstanzen den Hilfsantrag für zulässig. Es handelt sich um eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO in Verbindung mit §§ 795, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Ziel dieser Klage ist es, die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruches zu beseitigen. Mit ihr können nur Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend gemacht werden (Senatsurteil vom 14. Mai 1992 – VII ZR 204/90 = NJW 1992, 2160, 2162 – zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt –). Richtet sich die Klage gegen einen Prozeßvergleich, können sich die Einwendungen auch auf vor dem Vergleichsabschluß entstandene Gründe stützen (BGH Beschluß vom 14. Mai 1987 – BLw 5/86 = WM 1987, 1209). Ausgeschlossen sind dagegen solche Einwendungen, die sich nicht gegen den titulierten Anspruch richten, sondern einzelne Vollstreckungsmaßnahmen betreffen (BGH Urteil vom 10. Oktober 1960 – II ZR 53/58 = NJW 1960, 2286).
II.
Der Kläger hat hier unzulässige und zulässige Einwendungen geltend gemacht.
1. Die Einwendungen des Klägers gegen die Höhe des Kostenvorschusses sind nicht zulässig.
Die Nachbesserung von Baumängeln stellt in der Regel eine vertretbare Handlung dar, die gemäß § 887 ZPO vollstreckt wird (vgl. Senatsurteil vom 22. März 1984 – VII ZR 286/82 = BGHZ 90, 354, 360). Die Verurteilung zur Zahlung eines Kostenvorschusses gemäß § 887 Abs. 2 ZPO ist eine Vollstreckungsmaßnahme, die mit einer gegen den titulierten Anspruch selbst gerichteten Vollstreckungsgegenklage nicht überprüft werden kann. Der Kläger kann demnach nicht einwenden, die Vollstreckung stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil die noch erforderlichen Kosten sich nicht auf 150.000 DM, sondern höchstens auf 5.000 DM beliefen. Ebensowenig ist zu prüfen, ob die vom Kläger gegen den Kostenvorschußanspruch erklärte Aufrechnung mit der Restwerklohnforderung zulässig ist.
2. Der Kläger hat sich auf die Verjährung und Verwirkung des titulierten Nachbesserungsanspruchs berufen. Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Auffassung, die Ansprüche des Beklagten seien weder verjährt noch verwirkt. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Einrede der Verjährung und die Einwendung der Verwirkung können mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden (vgl. BGH Urteil vom 16. Juni 1972 – 1 ZR 154/70 = BGHZ 59, 72, 74; BGH Urteil vom 15. Oktober 1986 – IVb ZR 78/85 = FamRZ 1987, 259, 260). Sie sind jedoch nicht begründet.
a) Der Nachbesserungsanspruch des Beklagten ist nicht verjährt. Nach § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB verjährt ein Anspruch aus einem vollstreckbaren Vergleich in dreißig Jahren, auch wenn er an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt.
Ob die Parteien im Vergleich abweichend davon konkludent den erneuten Lauf der nach dem ursprünglichen Bauvertrag geltenden fünfjährigen Verjährungsfrist vereinbart haben, kann dahinstehen. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet geht das Oberlandesgericht davon aus, daß eine Abnahme des nachgebesserten Gewerkes noch nicht stattgefunden hat, so daß der Lauf der Verjährungsfrist noch nicht begonnen hat.
b) Zutreffend ist auch die Auffassung der Vorinstanzen, der Nachbesserungsanspruch sei nicht verwirkt, weil der Kläger trotz des längeren Zeitablaufs nicht darauf habe vertrauen dürfen, daß der Beklagte sein Nachbesserungsverlangen aufgebe.
aa) Die auf § 551 Nr. 7 ZPO gestützte Rüge, das Berufungsgericht habe sich mit diesem Einwand nicht befaßt, geht fehl, weil das Berufungsgericht in gemäß § 543 ZPO zulässiger Weise auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen hat.
bb) Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, daß dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Ein längerer Zeitablauf allein genügt nicht. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die die späte Geltendmachung des Rechts treuwidrig erscheinen lassen (BGH Urteil vom 29. Februar 1984 – VIII ZR 310/82 = NJW 1984, 1684 = WM 1984, 818).
cc) Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Kläger aufgrund der mehrfachen Nachbesserungsaufforderungen des Beklagten bis Ende 1982 davon ausgehen mußte, dieser sei auch gewillt, seinem Anspruch Geltung zu verschaffen. Weitere Umstände als der Zeitablauf von über vier Jahren, die ein schützenswertes Vertrauen des Klägers begründen könnten, sind nicht dargetan. Aus dem Umstand, daß der Beklagte bis 1982 seine Forderung nachdrücklich verfolgt und dann längere Zeit nichts mehr von sich hatte hören lassen, durfte der Kläger nicht den Schluß ziehen, der Beklagte habe seine Rechte nicht mehr geltend machen wollen. Dieser hatte im Schreiben vom 21. Dezember 1982 eine letzte Frist gesetzt, auf die der Kläger – wie auf zahlreiche Schreiben zuvor – nicht reagiert hatte. Unter diesen Umständen waren weitere Mahnungen und Aufforderungen sinnlos; das sich daran anschließende Schweigen stellte mithin keine Aufgabe des Anspruchs dar.
3. Der Kläger hat weiter geltend gemacht, er habe die Risse beseitigt. Selbst wenn noch wenige Risse vorhanden seien, schulde er nach dem Vergleich nur deren Beseitigung durch Ausspachteln. Der Beklagte dürfe nicht die Vollstreckung auf der Grundlage eines Sanierungskonzepts betreiben, nach dem die Asphaltplatten mit einem Kostenaufwand von 150.000 DM insgesamt ausgewechselt werden. Das Landgericht hat über die erfolgte Nachbesserung Beweis erhoben und festgestellt, daß von ursprünglich 350 Metern Risse noch 60 Meter zu beseitigen seien. Den Aufwand dafür hat es, sachverständig beraten, auf 4.000 bis 5.000 DM geschätzt. Gleichwohl hat es den Hilfsantrag abgewiesen, weil der Kläger die Verpflichtung zur Nachbesserung noch nicht erfüllt habe. Die noch nachzubessernden Risse befänden sich über die gesamte Fläche des Bodenbelages verstreut. Einzelne abgrenzbare Bereiche (etwa einzelne Räume oder Geschosse) könnten nicht als ordnungsgemäß saniert bezeichnet werden. Das Nachbesserungswerk sei deshalb insgesamt nicht ordnungsgemäß erbracht.
Diese Beurteilung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Vorinstanzen haben sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, welchen Inhalt der Anspruch hat, den der Beklagte derzeit vollstreckt. Sie haben deshalb nicht erkannt, daß der Beklagte wegen eines Anspruchs vollstreckt, der ihm möglicherweise nicht zusteht und daß der Kläger dies mit der Vollstreckungsgegenklage einwenden kann.
aa) Der Beklagte vollstreckt wegen des im Vergleich geregelten Anspruchs auf ordnungsgemäße Nachbesserung der Risse in den Asphaltplatten. In Nr. 2 des Vergleichs sind zwei Handlungsalternativen geregelt, nämlich eine Nachbesserung, die „fruchtlos” verlaufen kann, und eine „endgültige” Nachbesserung. Das Berufungsgericht hat es versäumt, durch Auslegung des Vergleiches zu klären, welchen Inhalt diese Handlungsalternativen haben und in welchem Verhältnis sie stehen. Da weitere Feststellungen erkennbar nicht zu treffen sind, kann der Senat den Vergleich selbst auslegen (vgl. BGH Urteil vom 14. Dezember 1990 – V ZR 223/89 = NJW 1991, 1180, 1181 = WM 1991, 920).
Im Vorprozeß bestand Streit darüber, ob eine ordnungsgemäße Nachbesserung durch Ausspachteln der Risse möglich oder ob eine Sanierung durch Auswechslung der Asphaltplatten notwendig sei. Dieser Streit wurde nach dem übereinstimmenden Parteivortrag in dem Vergleich beigelegt. Die differenzierende Regelung in Nr. 2 des Vergleiches sollte dem Kläger die Möglichkeit geben, die Risse zunächst durch Ausspachteln nachzubessern. Für den Fall, daß sich diese Sanierungsart als „fruchtlos” und damit als untauglich herausstellte, sollte der Kläger zur Gesamtsanierung verpflichtet sein.
Die Handlungsalternativen hängen danach so voneinander ab, daß die zweite Alternative nur dann geschuldet wird, wenn die erste erfolglos bleibt. Der Beklagte kann nur dann eine Gesamtsanierung verlangen, wenn ein Ausspachteln der Risse zu keiner ordnungsgemäßen Nachbesserung führt.
bb) Der Kläger kann mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, er schulde keine Gesamtsanierung, sondern lediglich eine Sanierung durch Ausspachteln.
(1) Allerdings teilt der Senat nicht die vom Landgericht vertretene Auffassung, der Einwand des Schuldners, die vom Gläubiger geforderten Kosten der Mängelbeseitigung seien überhöht, sei grundsätzlich im Verfahren nach § 887 ZPO nicht zu berücksichtigen, wenn die Art und Weise der erforderlichen Nachbesserungsarbeiten nur durch Auslegung des Titels zu ermitteln sei.
In zahlreichen auf Nachbesserung gerichteten Titeln ist nicht geregelt, wie der Mangel zu beseitigen ist. Wird aus einem solchen Titel vollstreckt, so ist es Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, durch Auslegung des Titels Inhalt und Umfang der Nachbesserungspflicht zu klären (OLG Zweibrücken JurBüro 1982, 939, 940; OLG Düsseldorf BauR 1982, 196, 198). Andernfalls könnte es jedenfalls nicht sachgerecht über den Antrag des Gläubigers nach § 887 Abs. 2 ZPO auf Kostenvorschuß entscheiden. Es hat nämlich auf der Grundlage seiner Auslegung die voraussichtlich notwendigen Kosten, gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen zu schätzen (OLG Hamm OLGZ 1984, 254, 255; OLG Frankfurt JurBüro 1976, 397 f.; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 887 Rdnr. 45; Schuschke, ZPO, § 887 Rdnr. 20; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 6. Aufl., Rdnr. 2443). Das Vollstreckungsgericht ist zur Auslegung des Titels auch berufen. Der Gesetzgeber hat das Prozeßgericht im Rahmen der Handlungsvollstreckung gerade aus dem Grunde zum Vollstreckungsorgan bestimmt, weil seine Entscheidung im wesentlichen auf einer fortgesetzten Beurteilung des Hauptrechtsstreites beruht (Hahn, Die gesammelten Materialien zur Civilprozeßordnung S. 467 f.; vgl. auch Gerhardt, Vollstreckungsrecht, 2. Aufl., S. 185 f.) und es daher am besten in der Lage ist, den Inhalt der Handlungspflichten zu bestimmen.
(2) Haben die Parteien in einem Prozeßvergleich allerdings materiell-rechtlich unterschiedliche Verpflichtungen als Alternativen für eine Nachbesserung geregelt, so kann der Schuldner mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, er schulde eine dieser Handlungsalternativen nicht oder derzeit noch nicht. Dieser Einwand richtet sich nicht gegen die Höhe des im Vollstreckungsverfahren festzusetzenden oder bereits festgesetzten Kostenvorschusses, sondern gegen die Vollstreckbarkeit einer titulierten Forderung, die nach seiner Auffassung nicht besteht oder derzeit nicht durchsetzbar ist.
(3) Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Kläger schulde die Gesamtsanierung, weil das Ausspachteln der Risse als Sanierungsalternative fehlgeschlagen sei. Dementsprechend hat er die Kosten der Nachbesserung auf der Grundlage eines Gesamtsanierungskonzepts berechnet. Das Berufungsgericht hat nicht aufgeklärt, ob die Sanierung durch Ausspachteln der Risse fehlgeschlagen ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts sind von ursprünglich 350 Metern Risse 290 Meter ordnungsgemäß durch Spachteln beseitigt worden. Im Revisionsverfahren ist davon auszugehen, daß die Beseitigung der übrigen 60 Meter Risse ebenfalls in dieser Form möglich ist. Der Beklagte darf dann den Anspruch auf Gesamtsanierung zumindest derzeit nicht vollstrecken.
b) Die Vollstreckungsgegenklage richtet sich nicht nur gegen die Vollstreckung des Nachbesserungsanspruchs durch Gesamtsanierung. Der Kläger macht vielmehr auch geltend, er habe die Risse ganz, zumindest aber fast vollständig durch Ausspachteln ordnungsgemäß beseitigt. Soweit die Vorinstanzen die Klage abgewiesen haben, obwohl nach ihren Feststellungen ein Großteil der Risse beseitigt ist, kann dem aus Rechtsgründen ebenfalls nicht gefolgt werden.
aa) Der Schuldner einer Nachbesserungsforderung kann mit der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, der titulierte Anspruch bestehe nicht mehr, weil er ihn durch Beseitigung der Mängel erfüllt habe. Das ist in Rechtsprechung und in der Literatur unstreitig. Der Streit, ob und inwieweit dieser Einwand im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen ist, berührt die Frage der Zulässigkeit des Einwands im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage nicht. Diejenigen, die den Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig halten, verweisen ausdrücklich auf die Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage (OLG München NJW-RR 1988, 22 f.; OLG Köln NJW-RR 1988, 1212 f.; Werner/Pastor a.a.O. Rdnr. 2438 f.; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 887 D III a). Aber auch diejenigen, die den Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren für zulässig erachten, halten den Schuldner für befugt, mit diesem Einwand Vollstreckungsgegenklage zu erheben (OLG München MDR 1978, 1029; OLG Frankfurt JurBüro 1984, 304; Bischoff NJW 1988, 1957 f.; Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 887 Rdnr. 27; MünchKomm/Schmidt, ZPO, § 767 Rdnr. 11). Diese Möglichkeit steht ihm allein schon deshalb offen, weil der Einwand, die Nachbesserung sei erfolgt, nicht nur das Vollstreckungsverfahren betrifft, sondern dem Titel die Vollstreckbarkeit ganz oder teilweise nehmen kann.
bb) Stellt sich im Prozeß heraus, daß nur ein Teil der Mängel beseitigt ist, darf die Klage grundsätzlich nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Schuldner habe zwar einzelne Mängel beseitigt, den auf Beseitigung aller Mängel gerichteten Nachbesserungsanspruch aber noch nicht vollständig erfüllt (vgl. OLG Düsseldorf BauR 1978, 503, 504 f. und Werner/Pastor a.a.O. Rdnr. 2437). Vielmehr ist die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären, soweit sie wegen eines Anspruchs auf Nachbesserung solcher Mängel erfolgt, die bereits ordnungsgemäß beseitigt sind. Denn insoweit besteht eine vollstreckbare Forderung unabhängig davon nicht mehr, ob der Gläubiger noch die Beseitigung anderer Mängel verlangen kann. Der Gläubiger hat in diesen Fällen auch grundsätzlich kein schützenswertes Interesse daran, daß die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruches uneingeschränkt aufrechterhalten bleibt.
Etwas anderes kann gelten, wenn in einem Titel aufgeführte Mängel in einem derart engen sachlichen oder räumlichen Zusammenhang stehen, daß die Beseitigung einzelner Mängel nicht als deren ordnungsgemäße Nachbesserung angesehen werden kann. Das wollen die Vorinstanzen hier offenbar annehmen, wenn auf eine fehlende Abgrenzbarkeit der beseitigten Risse zu den noch nachzubessernden Rissen abgestellt wird. Dem kann aber nicht gefolgt werden. Für einen derartigen engen sachlichen oder räumlichen Zusammenhang ist nichts ersichtlich. Allein die Tatsache, daß noch einzelne Risse zu beseitigen sind, nimmt den bisher erbrachten Arbeiten nicht von vornherein die Qualität ordentlicher Nachbesserung. Darauf, daß Risse in abgrenzbaren Teilen des Gebäudes nicht insgesamt nachgebessert sind, kommt es nicht an. Dieser Umstand berechtigt den Beklagten nicht, die Zwangsvollstreckung wegen der Nachbesserung solcher Risse weiter zu betreiben, die bereits saniert sind.
cc) Soweit die Vorinstanzen der Auffassung sind, der Umfang des noch nachzubessernden Teils sei nicht eindeutig bestimmbar, hält dies einer rechtlichen Prüfung gleichfalls nicht stand.
(1) Ein Urteil, in dem die Zwangsvollstreckung eines titulierten Nachbesserungsanspruchs teilweise für unzulässig erklärt wird, setzt allerdings voraus, daß der noch vollstreckbare Teil eindeutig bestimmbar ist. Die Mängel müssen so bestimmt bezeichnet werden können, daß eine Vollstreckung des fortbestehenden Anspruchs ohne weiteres möglich ist. Die Beschreibung der Mängel muß aus sich heraus verständlich sein und erkennen lassen, was der Gläubiger vom Schuldner noch verlangen kann (Werner/Pastor a.a.O. Rdnr. 2413; OLG München NJW-RR 1988, 22). Der Richter hat insoweit alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen.
(2) Das ist hier nicht geschehen. Das Oberlandesgericht hat lediglich die Möglichkeit verneint, den Nachbesserungsumfang nach einzelnen Räumen oder Geschossen abzugrenzen. Die noch nachzubessernden Risse sind zwar über das gesamte Gebäude verstreut. Der Tatrichter ist aber dennoch in der Lage, sie zu lokalisieren und im Urteil hinreichend bestimmt zu beschreiben. Das Landgericht und der Sachverständige haben die beanstandeten Fußbodenarbeiten jeweils in Augenschein genommen und dabei ohne weiteres die Risse festgestellt, die noch nachzubessern sind. Der Beklagte hat dazu Baupläne vorgelegt, in denen die nach seiner Auffassung noch vorhandenen Risse eingezeichnet sind (GA 124, 207).
Sind die Risse nach allem einwandfrei lokalisierbar, so können sie in dem die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärenden Urteil auch so bestimmt bezeichnet werden, daß der Umfang des noch vollstreckbaren Nachbesserungsanspruchs unzweifelhaft feststeht.
dd) Ein die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung lediglich einschränkendes Urteil hat auch dann zu ergehen, wenn der Schuldner den Antrag stellt, die Zwangsvollstreckung insgesamt für unzulässig zu erklären. Eines darauf gerichteten Hilfsantrages bedarf es entgegen der von dem Beklagten in der Revision vertretenen Auffassung nicht (vgl. BGH Urteile vom 17. April 1986 – III ZR 246/84 = WM 1986, 1032, 1033 und vom 19. Februar 1991 – XI ZR 202/89 = WM 1991, 668, 670). Denn in dem umfassenden Antrag ist als Weniger der Antrag enthalten, die Zwangsvollstreckung jedenfalls insoweit für unzulässig zu erklären, als die Mängel schon beseitigt sind.
III.
Das Urteil ist nach allem im Umfang der Annahme aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zu klären haben, in welchem Umfang die Risse im einzelnen nachgebessert worden sind und ob die noch vorhandenen Risse ausgespachtelt werden können. Für den Fall, daß diese Sanierungsart insgesamt möglich ist, wird es die noch vorzunehmenden Arbeiten genau bezeichnen und im übrigen die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklären müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 609635 |
NJW 1993, 1394 |
JuS 1993, 870 |