Leitsatz (amtlich)
§ 359a Abs. 1 BGB aF ist nur anwendbar, wenn zwischen dem Darlehensvertrag und dem angegebenen Vertrag ein Finanzierungszusammenhang besteht.
Normenkette
BGB § 359a Abs. 1 Fassung: 2014-06-12
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2023 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers und die Rückerstattung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung.
Rz. 2
Zur Finanzierung des Erwerbs einer privat genutzten Immobilie schlossen die Parteien am 5. Januar 2012 einen Immobiliardarlehensvertrag über 250.000 €. Voraussetzung für den Abschluss des Darlehensvertrags war der Abschluss einer Lebensversicherung oder eines Bausparvertrags. Auf das mit einem anfänglich bis zum 30. Januar 2027 gebundenen Sollzinssatz von 3,79% p.a. verzinsliche, endfällige und grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen sollte der Kläger bis zum Ende der Zinsbindung 181 monatliche Zinsraten von 789,59 € an die Beklagte zahlen. Tilgungsleistungen waren nicht geschuldet, solange der Kläger die Ansparraten auf den bei der L. abgeschlossenen Bausparvertrag pünktlich erbringen würde. Das Darlehen sollte bei Zuteilung des Bausparvertrags, frühestens aber mit Ablauf der Zinsbindungsperiode mithilfe der an die Beklagte abgetretenen Ansprüche des Klägers aus dem Bausparvertrag zurückgezahlt werden.
Rz. 3
Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger unter Ziffer 14 des Darlehensvertrags wie folgt:
Rz. 4
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2019 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Er forderte die Beklagte zur Abrechnung des Darlehens ohne Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung auf und erklärte, zukünftige Zahlungen - auch die Zahlung einer etwaigen Vorfälligkeitsentschädigung - nur unter Vorbehalt zu erbringen. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.
Rz. 5
Der Kläger veräußerte die Immobilie und löste das Darlehen vor Ablauf der Zinsbindungsperiode ab. Die von der Beklagten beanspruchte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 25.213,31 € wurde von ihr vereinnahmt.
Rz. 6
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückerstattung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 25.213,31 € nebst Zinsen an den Kläger verurteilt. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die Revision ist unbegründet.
I.
Rz. 8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner unter anderem in WM 2023, 1226 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der nach Widerruf geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Der Beklagten habe kein Anspruch auf Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung aus § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB zugestanden, da der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. Die Widerrufsfrist für die Ausübung des Widerrufsrechts aus § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB in der vom 11. Juni 2010 bis zum 12. Juni 2014 gültigen Fassung (im Folgenden: aF) sei im Zeitpunkt der Widerrufserklärung nicht abgelaufen gewesen, da der Darlehensvertrag keine ordnungsgemäße Widerrufsinformation enthalten habe.
Rz. 10
Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, weil die von ihr verwendete Widerrufsinformation dem gesetzlichen Muster in Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der vom 4. August 2011 bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) nicht vollständig entsprochen habe. Die Beklagte habe die für verbundene Verträge geltenden Gestaltungshinweise 4a Buchstabe a, 8a, 8e und 8f verwendet, obwohl es sich bei dem Bausparvertrag um keinen mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB in der vom 4. August 2011 bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) gehandelt habe. Der Darlehensvertrag habe nicht der Finanzierung des Bausparvertrags gedient, sondern der Bausparvertrag der späteren Tilgung des Darlehens. Es habe daher an dem für ein verbundenes Geschäft erforderlichen Finanzierungszusammenhang gefehlt. Vielmehr sei der Bausparvertrag, von dessen Abschluss der Darlehensvertrag abhängig gemacht worden sei, ein Vertrag über eine Zusatzleistung im Sinne des § 359a Abs. 2 BGB in der vom 30. Juli 2010 bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) gewesen, für den aber die Gestaltungshinweise über verbundene Verträge nicht hätten verwendet werden dürfen.
Rz. 11
Indem die Widerrufsinformation fälschlicherweise den Bausparvertrag und den Darlehensvertrag als verbundene Verträge bezeichne, verliere sie nicht nur den Musterschutz, sondern informiere den Darlehensnehmer auch nicht klar und verständlich über dessen Widerrufsrecht. Die Beklagte habe den Kläger fehlerhaft über die Besonderheiten bei verbundenen Geschäften belehrt. Zwar sei die Information, der Darlehensnehmer sei im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrags nicht mehr an den Bausparvertrag gebunden, gemäß § 359a Abs. 2 BGB aF i.V.m. § 358 Abs. 2 BGB in der vom 4. August 2011 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) zutreffend, weil der Bausparvertrag ein Vertrag über eine Zusatzleistung sei. Die umgekehrte Angabe, der Darlehensnehmer sei im Falle des Widerrufs des Bausparvertrags nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden, sei jedoch nicht richtig, weil beide Verträge keine verbundenen Verträge seien und § 359a Abs. 2 BGB aF nicht auf § 358 Abs. 1 BGB verweise.
Rz. 12
Der Bausparvertrag sei auch kein angegebener Vertrag im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB in der vom 11. Juni 2010 bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Für die Einordnung eines Vertrags als angegebenes Geschäft reiche es nicht aus, dass die Leistung im Darlehensvertrag genannt sei. Vielmehr setze die Vorschrift, durch die Art. 15 Abs. 1 und Art. 3 Buchstabe n i) und ii) der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) umgesetzt worden seien, voraus, dass das angegebene Geschäft durch das Darlehen finanziert worden sei. Dies lege bereits Art. 3 Buchstabe n i) und ii) der Verbraucherkreditrichtlinie nahe.
Rz. 13
Ebenso entspreche bei Verträgen über Zusatzleistungen der Hinweis auf den Einwendungsdurchgriff bei verbundenen Verträgen nicht den gesetzlichen Vorgaben, da § 359a BGB aF nicht auf § 359 BGB in der vom 11. Juni 2010 bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung verweise.
Rz. 14
Die fehlerhafte Belehrung über objektiv nicht einschlägige Rechtsfolgen sei geeignet, eine Fehlvorstellung des Darlehensnehmers über seine vertraglichen Lösungs- und Einwendungsmöglichkeiten zu wecken und diesen vom Widerruf abzuhalten. Es sei auch davon auszugehen, dass die Beklagte den Begriff des verbundenen Vertrags im Rechtssinne habe gebrauchen wollen und nicht lediglich ungenau verwendet oder selbst definiert habe.
Rz. 15
Die Beklagte habe den Schutzkreis des Klägers nicht kraft vertraglicher Vereinbarung erweitert, so dass die fehlerhafte Belehrung deshalb unschädlich wäre. Es fehle bereits an einem entsprechenden Angebot der Beklagten. Vielmehr habe die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag den Bausparvertrag fehlerhaft als verbundenen Vertrag eingeordnet. Es sei deshalb nach dem zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass die Beklagte gemeint habe, zu einer Belehrung über die Widerrufsfolgen bei Verbundgeschäften gesetzlich verpflichtet gewesen zu sein. Für die Annahme einer rechtsgeschäftlichen Erklärung, dem Darlehensnehmer auf vertraglicher Grundlage weitere Rechte einzuräumen, bestehe deshalb kein Raum. Außerdem seien die Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften für den Darlehensnehmer nicht nur günstig. Die Beklagte habe den Kläger fehlerhaft darüber belehrt, dass er im Falle des Widerrufs des Bausparvertrags nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden sei. Diese Rechtsfolge sei für einen Darlehensnehmer, der ein Interesse an dem Fortbestand des Darlehensvertrags haben könne, nicht lediglich günstig. Ein Recht zum isolierten Widerruf nur eines der verbundenen Geschäfte bestehe nicht.
II.
Rz. 16
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Rz. 17
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückerstattung der nach Widerruf gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zusteht. Die Beklagte hat ohne Rechtsgrund die in der Zahlung von 25.213,31 € bestehende Leistung des Klägers erlangt. Sie hatte keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung aus § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB. Das Darlehensverhältnis ist nicht erst durch die vorzeitige Kündigung des Klägers, sondern bereits durch den wirksamen Widerruf beendet und in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt worden.
Rz. 18
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger seine auf Abschluss des Immobiliardarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Dem Kläger stand bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB aF ein Widerrufsrecht zu. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vierzehntägige Widerrufsfrist aus § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB aF i.V.m. § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BGB in der vom 30. Juli 2010 bis zum 12. Juni 2014 gültigen Fassung (im Folgenden: aF) nicht zu laufen begann, weil die Beklagte ihre aus § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BGB aF, § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der vom 4. August 2011 bis zum 12. Juni 2014 gültigen Fassung (im Folgenden: aF), Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 3 EGBGB in der vom 11. Juli 2010 bis zum 20. März 2016 gültigen Fassung resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.
Rz. 19
1. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Information. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Maßstab für die Auslegung einer Widerrufsinformation ist dabei ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher (Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 14, vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932 Rn. 14, vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17 und vom 23. Februar 2016 - XI ZR 101/15, BGHZ 209, 86 Rn. 32 f.). Nicht zulässig sind Erklärungen, die gemessen an der Rechtslage einen unrichtigen Inhalt haben (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 aaO).
Rz. 20
2. Diesen Anforderungen wird die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation nicht gerecht. Sie informiert den Kläger fehlerhaft über die widerrufsrelevante Beziehung zwischen Darlehensvertrag und Bausparvertrag, insbesondere über die Rechtsfolgen des Widerrufs der auf den Abschluss des Bausparvertrags gerichteten Willenserklärung für den Fortbestand des Darlehensvertrags.
Rz. 21
Unter Ziffer 14 des Darlehensvertrags bezeichnet die Beklagte den bei der L. abgeschlossenen, mit einer bestimmten Vertragsnummer versehenen Bausparvertrag als mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag und informiert den Kläger unter anderem darüber, dass er mit wirksamem Widerruf des verbundenen Vertrags auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden sei, wenn ihm in Bezug auf den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht zustehe. Diese Information bildet die tatsächliche Rechtslage unzutreffend ab.
Rz. 22
a) Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat und auch die Revision nicht in Zweifel zieht, sind der Bausparvertrag und der Darlehensvertrag vorliegend keine verbundenen Verträge im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF, so dass die in der Widerrufsinformation angegebene Rechtsfolge des § 358 Abs. 1 BGB nicht eintreten kann.
Rz. 23
Gemäß § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF sind ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Bereits die erste Voraussetzung ist nicht erfüllt: Das Darlehen dient nicht der Finanzierung des Bausparvertrags, vielmehr dient umgekehrt die Bausparsumme der Tilgung des endfälligen Darlehens im Zeitpunkt des Ablaufs der Zinsbindungsperiode. Die Kombination von Darlehensvertrag und Bausparvertrag, bei der die Ansparleistung oder Bausparsumme zur späteren Tilgung des Darlehens bestimmt ist und mit der die Parteien im wirtschaftlichen Ergebnis zwei Darlehensverträge - den zunächst abgeschlossenen streitgegenständlichen Darlehensvertrag und sodann das Bauspardarlehen bei Übergang von der Ansparphase in die Darlehensphase (vgl. § 1 Abs. 2 BauSparkG; siehe auch Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 21) - hintereinanderschalten, wird von dem Sinn und Zweck des § 358 Abs. 3 BGB aF nicht erfasst (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2018 - XI ZR 160/17, WM 2018, 729 Rn. 28). Der Widerruf der auf den Abschluss des Bausparvertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers hat folglich nicht gemäß § 358 Abs. 1 BGB zur Folge, dass der Darlehensnehmer auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden wäre.
Rz. 24
Da die Beklagte deshalb zu Unrecht den nur für verbundene Verträge geltenden Gestaltungshinweis 4a Buchstabe a Spiegelstrich 2 des Musters für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge (Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF) verwendet hat, kann sie sich - was das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF berufen.
Rz. 25
b) Es kann dahinstehen, ob die Beklagte den Rechtsbegriff des verbundenen Vertrags in ihrer Widerrufsinformation abweichend von dem in § 358 Abs. 3 BGB aF normierten Begriffsverständnis selbst definiert und nicht im rechtstechnischen Sinne gebraucht hat (so OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2017 - 13 U 289/16, juris Rn. 10; OLG Düsseldorf, ZIP 2022, 118, 121; kritisch: Spörel, EWiR 2022, 226, 228), sondern auch einen Vertrag im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB aF erfasst wissen wollte, so dass nach ihrer Ansicht die fehlerhafte Verwendung dieses Begriffes unschädlich wäre. Dies träfe nämlich nicht zu. Auch bei Zugrundelegung eines solchen Begriffsverständnisses des verbundenen Vertrags wäre die an § 358 Abs. 1 BGB angelehnte Schilderung der Wirkungserstreckung des Widerrufs des Bausparvertrags auf den Darlehensvertrag fehlerhaft. Ein solcher Widerrufsdurchgriff konnte nicht über § 359a Abs. 1 BGB aF i.V.m. § 358 Abs. 1 BGB eintreten. Der Bausparvertrag war in dem Darlehensvertrag nicht "genau angegeben" im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB aF.
Rz. 26
aa) Ob die Qualifikation des widerrufenen Vertrags als genau in einem Darlehensvertrag angegebenen Vertrag voraussetzt, dass das Darlehen die Ware oder die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag finanziert, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Frage wird teilweise verneint (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2017 - 13 U 289/16, juris Rn. 8; OLG Düsseldorf, ZIP 2022, 118, 121; Staudinger/Herresthal, BGB, Neubearbeitung 2021, Aktualisierung vom 19. April 2023, § 358 Rn. 184j.5; Schultheiß, WuB 2023, 357, 360), teilweise bejaht (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2021, 1906, 1908; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2020, 1304 Rn. 44; OLG Stuttgart, WM 2020, 2274 Rn. 24; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 359a Rn. 2; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 359a Rn. 10; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., §§ 355-360 nF Rn. 20; Bamberger/Roth/Möller, BGB, 3. Aufl., § 359a Rn. 2; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 359a Rn. 2; Jauernig/Stadler, BGB, 15. Aufl., § 359a Rn. 2; Bergmann, BKR 2010, 189, 191; Freise, EWiR 2023, 451, 452; Schürnbrand, ZBB 2010, 123, 126).
Rz. 27
bb) Zutreffend ist die letztgenannte Auffassung. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, ist zwischen Darlehensvertrag und widerrufenem Vertrag ein Finanzierungszusammenhang erforderlich, damit es sich bei dem widerrufenen Vertrag um einen angegebenen Vertrag im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB aF handeln kann.
Rz. 28
(1) Der Wortlaut des § 359a Abs. 1 BGB aF setzt für die Anwendung des § 358 Abs. 1 BGB lediglich voraus, dass die Ware oder die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in einem Verbraucherdarlehensvertrag genau angegeben ist. Dies lässt offen, ob hierfür eine bloß formale Angabe genügt oder insoweit auch weitere inhaltliche Voraussetzungen vorliegen müssen.
Rz. 29
(2) Dem aus den Gesetzesmaterialien ableitbaren gesetzgeberischen Willen ist zu entnehmen, dass mit dem Merkmal "genau angegeben" eine über die bloße Identifizierbarkeit des angegebenen Vertrags hinausgehende Verbindung zwischen dem angegebenen Vertrag und dem Darlehensvertrag gemeint ist (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 73 linke Spalte; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 359a Rn. 2; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 359a Rn. 7; Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 359a Rn. 2; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 359a Rn. 2; Jauernig/Stadler, BGB, 15. Aufl., § 359a Rn. 2).
Rz. 30
(a) Die Vorschrift des § 359a BGB aF ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2355) eingeführt worden und dient der Umsetzung von Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Buchstabe n sowie Art. 14 der Verbraucherkreditrichtlinie (BT-Drucks. 16/11643, S. 73 linke Spalte zu § 358a Abs. 1 BGB-E, aus dem nach der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses inhaltlich unverändert § 359a Abs. 1 BGB aF wurde, vgl. BT-Drucks. 16/13669, S. 11 f., 123 rechte Spalte). Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung der Norm davon aus, dass sowohl in den Sachverhalten des verbundenen Vertrags als auch des angegebenen Vertrags die Ausgangslagen miteinander vergleichbar seien. Die Vergleichbarkeit erkennt der Gesetzgeber in dem zwischen dem widerrufenen Vertrag und dem Darlehensvertrag bestehenden Finanzierungszusammenhang, denn in der amtlichen Begründung des § 359a Abs. 1 BGB aF ist hinsichtlich des angegebenen Vertrags mehrfach von dem "finanzierten" Vertrag oder dem "zu finanzierenden" Gegenstand die Rede (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 73).
Rz. 31
Dass es dem Gesetzgeber bei dem Finanzierungszusammenhang um ein normatives und nicht lediglich um ein den Regelfall typisierendes deskriptives Merkmal ging, zeigt sich darin, dass § 359a Abs. 1 BGB aF die gesetzgeberische Motivation zugrunde liegt, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Verbraucherkreditrichtlinie in Art. 3 Buchstabe n grundsätzlich der Definition des § 358 BGB bei der Bestimmung des verbundenen Vertrags gefolgt ist, aber die Definition bei den Beratungen in Art. 3 Buchstabe n ii) der Verbraucherkreditrichtlinie dahingehend ergänzt worden ist, dass auch die bloße Bezeichnung eines bestimmten Vertragsgegenstands ein verbundenes Geschäft begründe (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 73 linke Spalte). Der Begriff des verbundenen Kreditvertrags wird in der Verbraucherkreditrichtlinie weiter verstanden als in § 358 Abs. 3 BGB aF. Es bedurfte deshalb einer normativen Ergänzung für die Fälle, in denen es an der für verbundene Verträge konstitutiven wirtschaftlichen Einheit (vgl. § 358 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB aF) fehlt, so etwa, wenn zwar der Verwendungszweck im Darlehensvertrag bereits konkret bezeichnet ist, sich der Verbraucher aber erst nach der Auszahlung des Darlehens für einen bestimmten Vertragspartner entscheidet, der den finanzierten Gegenstand liefert (BT-Drucks. 16/11643, S. 73). Die Voraussetzung eines Finanzierungszusammenhangs als verbindendes Element zwischen Darlehensvertrag und angegebenem Vertrag hat der Gesetzgeber folglich in das von § 359a Abs. 1 BGB aF geforderte Merkmal der genauen Angabe eingebettet.
Rz. 32
(b) Auch § 360 Abs. 2 Satz 2 BGB spricht für die vorgenannte Auslegung. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 27. September 2013 (BGBl. I, S. 3642) die in § 359a Abs. 1 BGB aF und anderen Vorschriften bestehenden Regelungen in § 360 BGB gebündelt (BT-Drucks. 17/12637, S. 66 rechte Spalte). Der angegebene Vertrag ist in der neu geschaffenen Rechtsfigur des zusammenhängenden Vertrags aufgegangen. § 360 Abs. 2 Satz 2 BGB nimmt die bisherige Regelung des § 359a Abs. 1 BGB aF auf und setzt nunmehr ausdrücklich voraus, dass das Darlehen ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient. Mit dem ausdrücklich in den Wortlaut aufgenommenen Merkmal des Finanzierungszusammenhangs hat der Gesetzgeber aber keine neue eingrenzende Anforderung an einen zusammenhängenden Vertrag einführen, sondern vielmehr nur die bereits unter der Geltung des § 359a Abs. 1 BGB aF gegebene Rechtslage klarstellen wollen (BT-Drucks. 17/12637, S. 67 rechte Spalte; zutreffend Freise, EWiR 2023, 451, 452). In der Begründung zu § 360 Abs. 2 Satz 2 BGB hat der Gesetzgeber ausgeführt, auch § 359a Abs. 1 BGB aF sei bisher in Übereinstimmung mit Art. 3 Buchstabe n der Verbraucherkreditrichtlinie entsprechend zu verstehen gewesen (BT-Drucks. 17/12637 aaO).
Rz. 33
(3) Die in § 359a Abs. 1 BGB aF angeordnete Geltung des § 358 Abs. 1 BGB bei dem angegebenen Vertrag entspricht auch nur dann dem Sinn und Zweck des Widerrufsdurchgriffs, wenn das Darlehen die Ware oder Dienstleistung aus dem widerrufenen Vertrag finanzieren soll. Ohne einen solchen Finanzierungszusammenhang wäre es bei einer bloßen Angabe des widerrufenen Vertrags in dem Darlehensvertrag teleologisch nicht zu rechtfertigen, die Wirkung des Widerrufs des angegebenen Vertrags auf den Darlehensvertrag zu erstrecken. Verfolgt das Darlehen nicht den Zweck, die Ware oder Dienstleistung aus dem angegebenen Vertrag zu finanzieren, läge der Wegfall des Darlehensvertrags und dessen Umwandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis bei Widerruf des angegebenen Vertrags weder stets im Interesse des Verbrauchers noch bestünde ein anerkennenswertes Bedürfnis für eine Durchbrechung der Selbständigkeit beider Verträge. Der Finanzierungszusammenhang, nicht allein die Nennung im Darlehensvertrag schafft ein die Anwendung des § 358 Abs. 1 BGB rechtfertigendes Verhältnis zwischen angegebenem Vertrag und Darlehen. Aus diesem Grund verfängt das Argument der Revision, die Verbindung zwischen Darlehen und angegebenem Vertrag in § 359a Abs. 1 BGB aF müsse auch hinsichtlich des Finanzierungszusammenhangs "nicht so eng" wie bei verbundenen Verträgen im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB sein, nicht.
Rz. 34
c) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass in der Bezeichnung des Bausparvertrags als mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag und der Schilderung der Rechtsfolge des § 358 Abs. 1 BGB in der Widerrufsinformation keine rechtsgeschäftliche Erklärung der Beklagten zu sehen ist, dem Kläger auf vertraglicher Grundlage eine mit § 358 Abs. 1 BGB identische Rechtsposition einzuräumen. Aufgrund der gebotenen objektiven Auslegung, die der Senat selbst vornehmen kann (vgl. nur Senatsurteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn.24 und vom 12.Juli 2016 - XIZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn.43; Senatsbeschluss vom 26.März 2019 - XIZR 372/18, WM 2019, 721 Rn.17 mwN), ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden nicht als Angebot auf Vereinbarung in einem solchen Sinn zu verstehen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beklagte bei Abschluss des Darlehensvertrags davon ausgegangen, zu einer Belehrung über die Widerrufsfolgen bei Verbundgeschäften nach §358 Abs.1 BGB verpflichtet zu sein. Einen weitergehenden Inhalt hat sie der Widerrufsbelehrung damit selbst nicht beigelegt.
Rz. 35
3. Entgegen der Auffassung der Revision war die fehlerhafte Widerrufsinformation auch objektiv geeignet, den Kläger von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 22, 25, vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 18 und vom 15. Mai 2018 - XI ZR 199/16, juris Rn. 15; aA OLG Düsseldorf, ZIP 2022, 118, 121; Freise, EWiR 2023, 451, 453; Schultheiß, WuB 2023, 357, 360). Die Widerrufsinformation ist geeignet, bei dem Verbraucher zu dem - der tatsächlichen Rechtslage widersprechenden - Missverständnis zu führen, allein ein Widerruf des Bausparvertrags genüge, um sich entsprechend der tatsächlich nicht einschlägigen Regelung des § 358 Abs. 1 BGB auch von dem Darlehensvertrag zu lösen. Aufgrund dessen besteht die Gefahr, dass die (vierzehntägige) Widerrufsfrist für den Darlehensvertrag in dem Zeitpunkt bereits abgelaufen ist, in dem der Verbraucher die Notwendigkeit erkennt, auch seine auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen zu müssen.
Ellenberger |
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Fundstellen