Leitsatz (amtlich)
Beim Kauf noch zu begründenden Wohnungseigentums kann dem Verkäufer vertraglich das Recht vorbehalten werden, in der Teilungserklärung Bestimmungen zur Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses zu treffen.
Normenkette
BGB §§ 313, 315; WEG § 4 Abs. 3, § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 05.04.1984; Aktenzeichen 20 U 2434/83) |
LG Berlin (Urteil vom 22.03.1983; Aktenzeichen 27 O 245/82) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. April 1984 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Durch notariellen Vertrag vom 5. Oktober 1981 verkaufte die Klägerin den Beklagten zu gleichen Anteilen noch zu begründendes Wohnungseigentum, das im Vertrag wie folgt umschrieben ist: „bestehend aus einem noch festzusetzenden Miteigentumsanteil am Grundstück B… -H…, Sch… Straße, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 zu bezeichnenden Wohnung im Hause Sch… Straße, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Flur, Balkon, Treppe (Obergeschoßwohnung) sowie darüber liegendes Dachgeschoß, Keller ABCDA – entsprechend beigefügtem Plan – sowie zur Sondernutzung die hinter dem Haus liegende Gartenfläche von ca. 259 m² – in der anliegenden Skizze begrenzt durch die Punkte ABCDA – sowie zur Sondernutzung Wagenabstellplatz EFGHE in der anliegenden Skizze”.
Der Vertrag enthält die Bestimmung, daß die Miteigentumsanteile nach dem Verhältnis der Gesamtwohnfläche aufgeteilt werden. Weiter ist u. a. vereinbart:
„Der Inhalt des Wohnungseigentums ergibt sich aus der abzugebenden Teilungserklärung und der Eintragung im Wohnungsgrundbuch.”
…
„Der Inhalt des Sondereigentums wird in der Teilungserklärung festgelegt werden. Erwerber verpflichtet sich, der Teilungserklärung, welche Grundstückseigentümer abgeben wird, zuzustimmen und sämtliche in der Teilungserklärung enthaltenen Verpflichtungen zu übernehmen…”
Den vereinbarten Kaufpreis von 195 000 DM, der spätestens am 31. Dezember 1981 beim Notar zu hinterlegen war, zahlten die Beklagten trotz Fristsetzung und Ablehnungsandrohung nicht. Sie sind der Ansicht, der Vertrag sei nicht ordnungsgemäß beurkundet.
Die Klägerin hat Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 9 137,28 DM (nebst 4 % Zinsen ab 4. August 1982) geltend gemacht, hiervon 723,14 DM Kostenaufwand für die Erwirkung und Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Vertragsurkunde, 1 469,70 DM Anwaltskosten aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages und weitere 6 944,44 DM als vertragliche Verzugszinsen vom 1. Januar bis 14. April 1982.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Kammergericht hat ihr stattgegeben.
Mit der – zugelassenen – Revision erstreben die Beklagten Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Kaufvertrag vom 5. Oktober 1981 ausreichend bestimmt und formwirksam, und zwar auch insoweit, als darin der Klägerin das Recht vorbehalten worden sei, durch Teilungserklärung das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zu regeln. Dieser Rechtsstandpunkt trifft zu.
Der Kaufvertrag ist vollständig beurkundet worden; denn er enthält alles, was die Parteien als regelungsbedürftig angesehen und vereinbart haben (§ 154 Abs. 1 BGB). Damit ist das beurkundungsrechtliche Erfordernis erfüllt, daß auch eine an sich formfreie Vereinbarung, wie der hier getroffene Bestimmungsvorbehalt für die Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses (Senatsurt. v. 21. Oktober 1983, V ZR 121/82, NJW 1984, 612, 613), dem Formzwang dann unterliegt, wenn sie in gewolltem rechtlichem Zusammenhang mit dem formgebundenen Veräußerungsgeschäft steht (ständige Rechtspr. des Senats, vgl. BGHZ 63, 359, 361; 74, 346, 348; 76, 43, 48; 85, 315, 317).
Der Vertrag ist auch inhaltlich genügend bestimmt. Die Gegenstand des Sondereigentums bildende Wohnung sowie die zugehörigen Räume im Dachgeschoß und im Keller sind nach Lage, Größe und Aufgliederung in dem Vertrag und in den ihm beigefügten Plänen deutlich bezeichnet. Gleiches gilt für die vereinbarten Sondernutzungsrechte. Auch der Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum ist hinreichend bestimmt. Er bemißt sich „nach dem Verhältnis der Gesamtwohnfläche”, was nach der unangegriffenen tatrichterlichen Auslegung bedeutet, daß er dem Größenverhältnis der Wohnfläche des Sondereigentums zur Wohnfläche des gesamten Hauses entsprechen muß.
Unbestimmt geblieben ist jedoch der das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer betreffende Inhalt der Rechte und Pflichten der Beklagten. Vertraglich geregelt ist insoweit nur die in § 12 Abs. 1 WEG vorgesehene Möglichkeit einer Veräußerungsbeschränkung, während der weitere Inhalt des Sondereigentums erst durch die noch abzugebende Teilungserklärung festgelegt werden sollte. Diesen vereinbarten Vorbehalt versteht das Berufungsgericht dahin, daß nicht die dispositiven Vorschriften der §§ 10 ff WEG für das Gemeinschaftsverhältnis und die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums maßgebend sein sollten, sondern daß in diesem Rahmen der Klägerin die Befugnis zusteht, durch Teilungserklärung nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) den Inhalt des Sondereigentums zu bestimmen. Diese Auslegung ist rechtsfehlerfrei. Das bezweifelt auch die Revision nicht. Sie stellt aber (unter Hinweis auf OLG Düsseldorf DNotZ 1981, 743) in Frage, ob ein solcher Vorbehalt dem Erfordernis der Bestimmtheit oder wenigstens hinreichender Bestimmbarkeit eines beurkundungsbedürftigen Vertrages gerecht werde. Dieses Bedenken greift nicht durch.
Auch bei einem – hier nach § 4 Abs. 3 WEG, § 313 Satz 1 BGB – dem Beurkundungszwang unterliegenden Rechtsgeschäft kann die Bestimmung einer Vertragsleistung einem der Vertragspartner oder einem Dritten gemäß §§ 315 ff BGB überlassen werden (Senatsurteile v. 30. Juni 1967, V ZR 104/64, BB 1967, 1394; v. 28. Februar 1968, V ZR 206/64, LM BGB § 313 Nr. 33; v. 8. November 1968, V ZR 58/65, NJW 1969, 131, 132; BGHZ 71, 276, 280; v. 27. April 1979, V ZR 218/77, WM 1979, 861 = MittBayNot 1981, 233, 235). Maßgebend ist dann, ob die Vereinbarung des Bestimmungsrechts ordnungsgemäß beurkundet worden ist. Das ist hier der Fall. Somit ist der Warn- und Schutzzweck der Beurkundung gewahrt.
Unerheblich ist hingegen, ob der vereinbarte Bestimmungsvorbehalt eine wesentliche Vertragspflicht oder nur einen Nebenpunkt des Vertrages betrifft. Eine derartige Unterscheidung ergibt sich aus § 315 BGB nicht. Sie ist auch für Grundstücksverträge nicht gerechtfertigt. Voraussetzung ist auch dafür nur, daß die Bestimmungsbefugnis im Vertrag genügend abgegrenzt und nicht in einem Ausmaß vorbehalten ist, daß ihre Tragweite und damit die von den Parteien gewollte Bindungswirkung der zu treffenden Leistungsbestimmung selbst nicht mehr bestimmbar sind (BGHZ 55, 248, 250; RGZ 124, 81, 83 f). Die von der Revision angeführte Rechtsprechung des Senats zur Flächenbestimmung eines Grundstücks (Urteile v. 8. November 1968 aaO; v. 22. Juni 1973, V ZR 160/71, LM ErbbauVO § 1 Nr. 7/8 und v. 27. April 1979 aaO) besagt nichts anderes. Bei dem vorliegend nur auf die Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses bezogenen Bestimmungsrecht der Klägerin aber ist konkret festgelegt, was Gegenstand der Bestimmung ist. Daß die Klägerin in diesem vorgegebenen Rahmen einen – nach billigem Ermessen wahrzunehmenden – Gestaltungsspielraum hat, ist die notwendige Folge des ihr überlassenen Bestimmungsrechts. Dies kann auch bei einem Kaufvertrag über Wohnungseigentum kein Grund sein, einem solchen Bestimmungsvorbehalt, mit dem lediglich von der in § 315 BGB gesetzlich vorgesehenen Regelungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, die Anerkennung zu versagen und damit in die Vertragsfreiheit der Parteien einzugreifen (unzutreffend daher OLG Düsseldorf DNotZ 1981, 743; dagegen zu Recht Ludwig DNotZ 1982, 356; MünchKomm/Kanzleiter 2. Aufl. § 313 Rdn. 45).
Da somit der Kaufvertrag wirksam ist, hat die Klägerin unter den Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Diese Voraussetzungen sind im Berufungsurteil festgestellt. Dagegen und zur Höhe der zuerkannten Klageforderung sind Revisionsrügen nicht erhoben.
Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. T, Dr. E, L, V, R
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.11.1985 durch Hirth, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 512670 |
NJW 1986, 845 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1986, 273 |