Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfe zum Betrug
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 10. Juli 1998 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 34 Fällen der Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen wirkte er bei der Begehung von sog. Stoßbetrügereien mit einem Gesamtschaden in Höhe von über 1 Million DM dadurch mit, daß er sich als Strohmann für Hintermänner, darunter der ihm bekannte C., zur Verfügung stellte, insbesondere nach außen als Geschäftsführer einer Scheinfirma auftrat und unter anderem Schreiben über umfangreiche Bestellungen von Waren unterzeichnete, die von den Haupttätern vorgefaßter Absicht gemäß nicht bezahlt und innerhalb kurzer Zeit wieder unter Preis abgestoßen wurden.
Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Die Aufklärungsrüge, mit welcher der Angeklagte geltend macht, daß C., einer der Haupttäter, nicht als Zeuge geladen und in der Hauptverhandlung zu seinem – des Angeklagten – Vorbringen zur subjektiven Tatseite vernommen worden ist, hat keinen Erfolg. Dabei braucht möglichen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit nicht weiter nachgegangen zu werden. Zweifel können insoweit deshalb bestehen, weil Umstände, die für die Beurteilung, ob die Aufklärungspflicht verletzt ist, wesentlich sein können, nicht mitgeteilt worden sind. Die Verfahrensbeschwerde dringt jedenfalls in der Sache nicht durch.
Der Angeklagte hat das äußere Tatgeschehen eingeräumt, jedoch zur subjektiven Tatseite bestritten, von Anfang an in das betrügerische Vorhaben seiner Hintermänner eingeweiht gewesen zu sein. Nach seiner Behauptung durchschaute er ihr betrügerisches Vorgehen erst gegen Mitte des Tatzeitraums und wurde dann durch Drohungen und Schläge zur weiteren Mitwirkung gezwungen. Diese Einlassung hat das Landgericht nach den Umständen des festgestellten Tatgeschehens als widerlegt angesehen, dabei aber als für den Schuldnachweis unerheblich offen gelassen, ob der Angeklagte ab einem bestimmten Zeitpunkt sich nur unter Druck an den weiteren Betrugstaten beteiligte. Die von der Strafkammer in diesem Zusammenhang aufgezeigten Umstände und die dabei angestellten Beweiserwägungen begründen in einer Gesamtschau eine so erdrückende Beweislage für einen von Anfang an gegebenen Betrugsvorsatz des Angeklagten, daß das Gericht, ohne gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht zu verstoßen, annehmen durfte, bei lebensnaher Betrachtung bestehe keine beachtenswerte Möglichkeit, daß die aufgrund der Beweise in der Hauptverhandlung gewonnene tatrichterliche Überzeugung von der Schuld des Angeklagten durch die vermißte Beweisaufnahme in Frage gestellt werden würde (vgl. BGHR StPO § 244 II Umfang 1, insoweit in BGHSt 40, 3 nicht abgedruckt). Im einzelnen hat das Landgericht zu den aus dem äußeren Tatgeschehen folgenden Hinweisen auf einen von Anfang an bestehenden Betrugsvorsatz des Angeklagten im wesentlichen ausgeführt:
Der zwar aus Rußland stammende, jedoch bereits seit 1990 in Deutschland lebende Angeklagte verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse, er hat eine abgeschlossene Berufsausbildung und hat sich in seiner Heimat durch das Fernstudium an einer Hochschule beruflich weiter qualifiziert. Noch in Rußland, aber auch später in Berlin war er als selbständiger Kaufmann tätig gewesen. Schon angesichts dieses persönlichen Hintergrunds liegt bei der Art der Tatbegehung die Möglichkeit fern, daß der Angeklagte lediglich als ein geschäftlich unerfahrener, gutgläubiger Strohmann tätig war. Auch die Art und Weise, wie er bereits bei der Vorbereitung des betrügerischen Unternehmens, aber dann auch bei der Begehung der einzelnen Betrugstaten eingebunden war, legen es nahe, daß er von Anfang an in das auf Betrug angelegte Vorhaben eingeweiht war. Nachdem der Angeklagte auf Betreiben von C. und eines nur dem Vornamen „G.” nach bekannten Mannes als Alleingesellschafter und Geschäftsführer eine GmbH mit Sitz in D. gegründet und sich dort zum Schein polizeilich angemeldet hatte, wurden Geschäfts- und Lagerräume in Wi. angemietet. Der vom Angeklagten unterzeichnete Mietvertrag wurde später auf die von ihm auf Veranlassung seiner Hinterleute durch notarielle Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile erworbene W.-GmbH (im folgenden: W.) umgeschrieben. Die neu erworbene GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Angeklagte war, verlegte ihren Sitz nach M., obwohl dort – wie dem Angeklagten bekannt – kein Geschäftsbetrieb unterhalten und lediglich ein Büroservice im Sinne einer Briefkastenfirma in Anspruch genommen wurde. Auf Anweisung seiner Hintermänner, zu denen außer C. noch weitere dem Angeklagten zunächst völlig fremde Personen gehörten, richtete er bei zwei Banken Geschäftskonten ein; einen größeren dort einbezahlten Geldbetrag hob er alsbald wieder ab. Nach außen trat der Angeklagte als Geschäftsführer auch insofern auf, als er von anderen verfaßte Schreiben der W. zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zu zahlreichen Firmen und über umfangreiche Warenbestellungen in einer Vielzahl von Fällen unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Diplom-Kaufmann unterzeichnete. Einen in acht Jahren aufgebauten Kundenstamm, auf den in diesen Schreiben zum Beleg der Vertrauenswürdigkeit der W. hingewiesen wurde, gab es, wie der Angeklagte wußte, nicht. Intern hatte er hingegen keinen Einfluß auf die Abwicklung der Geschäfte, sondern war nur mit untergeordneten Aufräum- und Reinigungstätigkeiten beschäftigt und hielt sich im Hintergrund. Er bekam jedoch mit, daß keine Rechnungen über Weiterverkäufe geschrieben wurden, obwohl immer wieder im großen Umfang neue Waren bestellt und nach einiger Lagerzeit weitertransportiert wurden.
Drängen die Umstände des äußeren Tatgeschehens und die Feststellungen zur Person des Angeklagten in ihrer Gesamtheit schon zu dem Schluß, daß der Angeklagte von vornherein in das betrügerische Vorhaben eingeweiht war, gewinnen diese Gesichtspunkte durch weitere in sich schlüssige Beweiserwägungen des Landgerichts zusätzliches Gewicht. Die Strafkammer hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgehoben, daß die Haupttäter mit dem Firmenerwerb, der Anstellung von Personal und mit anderen Einrichtungen zur Vorspiegelung eines seriösen Geschäftsbetriebs beträchtliche Aufwendungen hatten, diese aber in hohem Maße gefährdet gewesen wären, wenn sie sich eines nicht eingeweihten, jedoch über alle rechtlichen Möglichkeiten verfügenden Strohmannes bedient hätten und damit das naheliegende Risiko eingegangen wären, daß der Gutgläubige wegen des notwendigen Einblicks in die Geschäftstätigkeit Verdacht schöpfen und zu seiner Absicherung die Strafverfolgungsbehörden einschalten würde. Auf dieser Grundlage ist die vom Landgericht vorgenommene Wertung, es sei angesichts der umfangreichen Investitionen anders nicht vorstellbar, als daß die Haupttäter sich von Anfang an der Bereitschaft des Angeklagten zur Mitwirkung am kriminellen Geschehen versicherten und ihn in ihre Pläne einweihten, naheliegend und fundiert.
Bei dieser Sachlage mußte sich die Strafkammer nicht gedrängt sehen, Nachforschungen darüber anzustellen, ob der tatbeteiligte C. unter der ursprünglich bekannt gewordenen Adresse noch erreicht und als Zeuge geladen werden konnte. Dies gilt um so mehr, als C. und seine verschwundenen Helfershelfer dem Angeklagten nach dessen Darstellung nach Beendigung der betrügerischen Geschäftstätigkeit dringend nahegelegt hatten unterzutauchen, so daß von vornherein wenig für die Annahme sprach, C. habe sich selbst nicht an den dem Angeklagten erteilten Rat gehalten und sei nicht untergetaucht. In dieser Beurteilung durfte sich das Landgericht dadurch bestärkt sehen, daß auch der Angeklagte und der Verteidiger es nicht für erforderlich hielten, einen Beweisantrag auf Vernehmung von C. als Zeugen zu stellen. Die mit der Revision aufgestellte Behauptung, sie seien durch eine mißverständliche Äußerung des Strafkammervorsitzenden davon abgehalten worden, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen, ist bei Berücksichtigung der vom Generalbundesanwalt eingeholten dienstlichen Äußerungen nicht bewiesen.
2. Die sachlichrechtliche Prüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im Schuldspruch ebenfalls keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere ist die Würdigung der Beweise rechtlich nicht zu beanstanden. Die behaupteten Widersprüche und Denkfehler liegen in Wahrheit nicht vor.
Auch in den Fällen 10 bis 14 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Betrug: Nachdem mit zwei vom Angeklagten als Geschäftsführer der W. unterzeichneten Fax-Schreiben unter Hinweis auf angeblich der W. bereits vorliegende Aufträge die geschäftliche Verbindung zur Firma P. in F. hergestellt worden war, wurden bei dieser Firma mit Schreiben, die „überwiegend” vom Angeklagten unterzeichnet waren, insgesamt sieben Bestellungen über Süßwaren aufgegeben. Auf die jeweils umgehend nach den Bestellungen im Zeitraum vom 1. August bis 12. September 1997 durchgeführten Lieferungen im Gesamtwert von über 640.000 DM erfolgte keine Zahlung. Auch wenn nicht festgestellt ist, daß jedes der Bestellschreiben die Unterschrift des Angeklagten trug, ist es im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Landgericht eine Mitwirkung des Angeklagten an allen Fällen der betrügerischen Schädigungen der Firma P. angenommen hat. Die Bestellungen wurden nach der dem Angeklagten bekannten betrügerischen Praxis durch die ersten beiden von ihm stammenden Schreiben vorbereitet. Die einzelnen Bestellungen standen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang und bedeuteten jeweils eine über die einzelnen Lieferungen hinausreichende und von den Tatbeteiligten offensichtlich erstrebte Festigung des betrügerisch erlangten Vertrauens dieser Firma, das für die jeweils nachfolgende Bestellung bewußt ausgenutzt wurde. Unter diesen Umständen hat der Angeklagte durch seine Mitwirkung in den die Firma P. betreffenden Fällen zu jeder der betrügerischen Warenbestellungen im Sinne des § 27 StGB Hilfe geleistet, auch wenn er nicht jedes der Bestellschreiben selbst unterzeichnet hat.
Sachlichrechtlicher Prüfung hält auch der Strafausspruch stand. Die mit der Revision insoweit erhobenen Einwände sind unbegründet. Daß das Landgericht die Festsetzung der Einzelstrafen an der jeweils verursachten Schadenshöhe ausgerichtet hat, ist entgegen den zum Teil auf urteilsfremdes Vorbringen über die Rücknahme von Waren gestützten Einwänden der Revision rechtlich nicht zu beanstanden. Das „positive Nachtatverhalten” des Angeklagten hat das Landgericht entgegen der Behauptung der Revision nicht unberücksichtigt gelassen (UA S. 28). Soweit der Beschwerdeführer die Erörterung weiterer strafmildernder Gesichtspunkte vermißt, läßt er außer acht, daß lediglich die bestimmenden Strafzumessungsgründe im Urteil anzugeben sind, so daß aus dem Schweigen des Urteils zu bestimmten Gesichtspunkten nicht gefolgert werden kann, diese seien übersehen worden.
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Blauth, Winkler, Pfister
Fundstellen
Haufe-Index 540605 |
wistra 1999, 376 |