Leitsatz (amtlich)
AktG § 92 Abs 1 sowie AktG § 93 Abs 1 und AktG § 93 Abs 2 sind keine Schutzgesetze zugunsten der Gesellschaftsgläubiger.
Tatbestand
Die Klägerin, eine öffentliche Sparkasse, macht die Beklagten für Verluste verantwortlich, die sie durch den Zusammenbruch des Bankhauses I. D. H. Kommanditgesellschaft auf Aktien (im folgenden: H.-Bank) im Juni 1974 erlitten hat.
Persönlich haftender Gesellschafter der H.-Bank war I. D. H.. Der Beklagte zu 1 war zu der maßgeblichen Zeit Vorsitzender des sechsköpfigen Verwaltungsrats und des neunköpfigen Aufsichtsrats. Er war auch Mehrheitsaktionär der zum G.-Konzern gehörigen Gesellschaften, die als Kommanditaktionäre mit insgesamt 84,0273% am Grundkapital beteiligt waren. Der Beklagte zu 2, der das Finanzwesen des G.-Konzerns leitete, war ebenfalls Mitglied des Aufsichtsrats und seit dem 29. April 1974 stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der H.-Bank. Nach der Satzung der Bank (§ 27) konnte der Verwaltungsrat „allgemeine und besondere Weisungen für die Geschäftsführung erteilen” und aufgrund dieser Befugnis über das Erfordernis seiner Zustimmung in besonders genannten Einzelfällen hinaus „allgemeine und besondere Anordnungen für die Geschäftsführung” erlassen, insbesondere für „Maßnahmen, die der Gestaltung des Kreditgeschäfts” dienten.
Der Zusammenbruch der H.-Bank beruhte auf hohen Verlusten im Devisenhandel, der im Jahre 1973 einen erheblichen Umsatz erreichte. Diese Verluste überstiegen bei starken Ergebnisschwankungen seit Mitte 1973 wiederholt das haftende Eigenkapital. Mit Schreiben vom 25. Februar 1974 bat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die mit der Abschlußprüfung der H.-Bank zum 31. Dezember 1973 befaßte K.-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Prüfung und Bericht besonders auch auf den Devisenhandel zu erstrecken. Der daraufhin erstattete Prüfungsbericht vom 11. März 1974 kam unter anderem zum Ergebnis, daß zum Ende des Jahres 1973 im Devisentermingeschäft eine offene Plusposition von 711,3 Mio US-Dollar zu verzeichnen sei und am 8. Februar 1974 eine Plusposition von 679,3 Mio Dollar einer Gesamtminusposition von 599 Mio Dollar gegenübergestanden habe, so daß noch ein Plussaldo von 80,3 Mio Dollar verblieben sei. Nach Kompensation aller schwebenden Gewinne mit allen schwebenden Verlusten in den Einzelwährungen habe sich zum Jahresende ein erheblicher Gewinnsaldo ergeben, so daß Rückstellungen für drohende Verluste nicht erforderlich seien; auch aus den Abwicklungen im Januar und Februar 1974 seien keine Anhaltspunkte für eine „Schieflage” der Bank zu entnehmen gewesen. Die sehr hohen Gewinne aus dem Devisenhandel und Edelmetallhandel glichen als dominante Ertragsquellen die starken Ertragseinbußen im zinsabhängigen Geschäft (fast 60%) aus; ohne diese Sondergewinne hätte die Bank im betrieblichen Bereich mit einem beträchtlichen Verlust abgeschlossen. Am Jahresende sei die Vermögenslage und Liquiditätslage der Bank intakt gewesen. Auch später seien keine negativen Veränderungen festgestellt worden. Das haftende Eigenkapital wurde zum 31. Dezember 1973 gemäß § 10 KreditwesenG mit 72.250.000 DM beziffert. Der Bericht schließt mit dem Bestätigungsvermerk gemäß § 167 Abs 1 AktG.
Am 11. Juni 1974 wurden die Beklagten davon verständigt, daß sich bei einer bankinternen Prüfung zum 31. Mai 1974 in den Devisentermingeschäften ein Verlust in Höhe von etwa 64 Mio DM ergeben habe. Am 16. Juni 1974 unterrichteten H. und der Generalbevollmächtigte Graf von der G. die Beklagten davon, daß der Verlust sich zwischen 450 und 520 Mio DM bewege. Nachdem die K.-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft diese Angabe überprüft und bestätigt hatte, erörterte der Beklagte zu 1 am 23. Juni 1974 mit dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank und dem Vorsitzenden des Präsidiums des Aufsichtsrats des G.-Konzerns, O. W. von A., die Frage einer Rettung der H.-Bank. Weitere Gespräche über dasselbe Thema fanden am 24. Juni 1974 zwischen den beiden Beklagten, dem Präsidenten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen und dem Präsidenten der Landeszentralbank in D. sowie am 25. und 26. Juni 1974 unter Mitwirkung zunächst des Sprechers der D. Bank und sodann auch von Vertretern der Dr.'er Bank und der C.-Bank statt. Sie endeten erfolglos, nachdem der Beklagte zu 1 zwar angeboten hatte, sich zur Abdeckung der Bankverluste zu verpflichten, die vorgenannten drei Großbanken es aber abgelehnt hatten, die vom Präsidenten des Bundesaufsichtsamts geforderte Absicherung dieser Garantie durch eine Bürgschaft zu übernehmen. Noch am 26. Juni 1974 nahm das Bundesaufsichtsamt die der H.-Bank erteilte Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften zurück; es ordnete die Abwicklung der Gesellschaft an und gab ihr auf, sofort bis auf weiteres ihre Schalter zu schließen und ihre Zahlungen einzustellen.
Am 27. Juni 1974 beantragte die H.-Bank die Eröffnung des Vergleichsverfahrens; am 22. Oktober 1974 gab das Amtsgericht dem Antrag statt. In diesem Verfahren kam es am 17. Dezember 1974 zu einem Vergleich, der am 30. Dezember 1974 gerichtlich bestätigt wurde. Danach überließ die H.-Bank den Gläubigern ihr gesamtes Vermögen zuzüglich der von dritter Seite zur Verfügung gestellten Beträge zur Verwertung, ausgenommen etwaige Ansprüche der Bank insbesondere gegenüber Gesellschaftsorganen im Zusammenhang mit deren Funktionen sowie gegenüber dem Beklagten zu 1 und dessen Familie. Der Teil der Vergleichsforderungen, der durch die Verwertung des von der Bank überlassenen Vermögens nicht gedeckt war, wurde erlassen. Aus der zu verteilenden Masse sollten die verschiedenen Gruppen von Gläubigern von 45% bis zu 65% ihrer Forderungen erhalten; der Klägerin als Kreditinstitut stehen hiernach 45% zu. Zu den von dritter Seite zugeschossenen Beträgen gehörte ein Beitrag des Beklagten zu 1 in Höhe von 200 Mio DM zuzüglich 10 Mio DM aus dem „Härtefonds G.”.
Die Klägerin hat im Handel mit Termingeld aufgrund von Verhandlungen mit dem Leiter der F.'er Niederlassung der H.-Bank am 20. Juni 1974 5 Mio DM und am 21. Juni 1974 weitere 2 Mio DM bei der Bank untergebracht. Wegen der durch den Vergleich nicht gedeckten Quote hat sie gegen die Beklagten zunächst einen Teilbetrag von 100.000 DM geltend gemacht. Sie hat behauptet, die Beklagten hätten ihre Aufsichtspflicht als Mitglieder des Aufsichtsrats und des Verwaltungsrats der H.-Bank laufend verletzt. Schon im Herbst 1973 hätten sie angesichts der hohen Verluste für einen Konkursantrag oder Vergleichsantrag sorgen müssen. Anstatt sich für die Eindämmung des übermäßig angewachsenen Devisenhandels einzusetzen, hätten sie sogar dessen Ausweitung hingenommen. Die dadurch ausgelöste gefährliche Entwicklung habe ihnen nicht verborgen bleiben können. Pflichtwidrig hätten sie sich vor allem auch in der Zeitspanne unmittelbar vor der Schließung der Bank verhalten. So hätten sie nach Kenntnisnahme der hohen Verluste den persönlich haftenden Gesellschafter H. von einer alsbaldigen Schließung der Bank und einem sofortigen Konkursantrag oder Vergleichsantrag, wie er nach Lage der Sache geboten gewesen sei, durch eine Verlustdeckungszusage des Beklagten zu 1 sowie entsprechende Weisungen abgehalten, ihn bei den anschließenden Sanierungsverhandlungen beiseite geschoben und von da an die Geschäftsführung selbst in die Hand genommen; das sei ihnen durch ihre rechtlich und wirtschaftlich beherrschende Stellung ermöglicht worden. Ein Stützungsversuch sei von vornherein aussichtslos gewesen, da der Beklagte zu 1 die Verluste nicht habe auffangen können. Die Beklagten hätten untätig zugesehen oder sogar veranlaßt, daß namentlich G.-Gesellschaften noch kurz vor dem Zusammenbruch ihre Guthaben bei der H.-Bank erheblich vermindert hätten. Andererseits hätten sie eine Schädigung solcher Bankkunden, die, getäuscht durch die Fortführung des Bankgeschäfts in hoffnungsloser Lage, noch Geld eingelegt hätten, bewußt und den guten Sitten zuwider hingenommen.
Die Beklagten haben gegenüber den aktienrechtlichen Ansprüchen, nicht aber gegenüber Ansprüchen aus unerlaubter Handlung, die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main erhoben.
Das Landgericht hat der Klage gemäß § 826 BGB stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Anschlußberufung der Klägerin, mit der sie ihren Klageantrag auf 4.165.000 DM erhöht hatte, zurückgewiesen (Urteilsabdr in WM 1977, 59). Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch in Höhe von 3.150.000 DM mit Zinsen weiter.
Entscheidungsgründe
I. Rechtlich einwandfrei hat das Berufungsgericht über den Klageanspruch lediglich unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung gemäß §§ 823ff BGB entschieden, weil die Beklagten nur insoweit zur Hauptsache mündlich verhandelt haben, ohne die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts Frankfurt am Main zu rügen (§ 39 ZPO). Damit scheiden namentlich aktienrechtliche Ansprüche nach § 93 Abs 2 und 5, § 116, § 117, § 278 Abs 3, § 317 AktG für eine sachliche Prüfung im vorliegenden Rechtsstreit aus; weder die Beklagten noch die H.-Bank sind im Bezirk des Landgerichts Frankfurt am Main ansässig.
Gegen diese sachliche Beschränkung des Berufungsurteils wendet sich die Revision nur insofern, als sie § 93 Abs 2 i Verb m §§ 116, 278 Abs 3 AktG als Schutzgesetz zugunsten der Gesellschaftsgläubiger im Sinne von § 823 Abs 2 BGB aufgefaßt wissen möchte und deshalb meint, das Berufungsgericht hätte eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung auch insoweit sachlich prüfen müssen. Diese erstmals in der Revisionsinstanz vorgebrachte Auffassung ist unrichtig. § 93 Abs 2 AktG ist kein Schutzgesetz, sondern die für Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organe maßgebliche Haftungsnorm selbst. Aber auch § 93 Abs 1 AktG, der die Grundlage für die Sanktion des Abs 2 bildet, ist nach einhelliger Meinung nicht dazu da, Gesellschaftsgläubiger gegen die mittelbaren Folgen einer unsorgfältigen Geschäftsleitung zu schützen (RGZ 159, 211, 224; Mertens in Kölner Komm z AktG § 93 Anm 85, 87; Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 93 Anm 90 mwN; vgl auch Urt d Sen v 18.3.74 – II ZR 2/72 –, LM GmbHG § 43 Nr 4). Denn er regelt allein die Pflichten von Organmitgliedern aus ihrem durch die Bestellung begründeten Rechtsverhältnis zur Gesellschaft; streitig ist lediglich, ob hierdurch zugleich die Gesellschafter geschützt sein sollen. Der von der Revision herangezogene § 93 Abs 5 AktG spricht nicht für, sondern gegen ein allgemeines Recht der Gläubiger, Organmitglieder, die ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt haben, wegen dieses Verstoßes unmittelbar über § 823 Abs 2 BGB in Anspruch zu nehmen. Denn jene Vorschrift gibt den Gläubigern ein solches Recht nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (RG, wie vorstehend).
II. 1. Das Berufungsgericht hält eine Haftung der Beklagten aufgrund des § 823 Abs 2 BGB in Verbindung mit einem Verstoß gegen die Konkursantragspflicht (§ 92 Abs 2, § 283 Nr 14 AktG) nicht für gegeben. Es verweist darauf, daß diese Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 29, 100, 104ff) und des Bundesarbeitsgerichts (Urt v 24.9.74 – 3 AZR 589/73 –, NJW 1975, 708) nur auf Ausgleich des Schadens geht, der dadurch entstanden ist, daß sich infolge der Verzögerung von Insolvenzmaßnahmen die Befriedigungsaussichten der Gläubiger verringert haben, und meint, einen solchen Schaden habe die Klägerin nicht dargetan.
Ob diese von der Revision bekämpfte Begründung die Entscheidung in diesem Punkt trägt, kann auf sich beruhen. Die Abweisung des auf eine Verletzung der Konkursantragspflicht gestützten Ersatzanspruchs ist schon aus folgenden Gründen im Ergebnis richtig:
a) Das Gesetz legt die Antragspflicht jeweils dem geschäftsführenden Gesellschaftsorgan, also bei der Aktiengesellschaft dem Vorstand und bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien dem persönlich haftenden Gesellschafter, auf (§ 92 Abs 2, § 283 Nr 14 AktG). Der abschließende Charakter dieser Regelung verbietet es, die Anmeldepflicht auf andere Gesellschaftsorgane wie den Aufsichtsrat oder einen Verwaltungsrat je nachdem auszudehnen, wie weit deren satzungsmäßige Einflußmöglichkeiten im Einzelfall reichen, zumal auch § 208 Abs 1 KO das Konkursantragsrecht auf Vorstandsmitglieder und Liquidatoren beschränkt. Ein unmittelbarer Verstoß der Beklagten gegen § 92 Abs 2 AktG scheidet hiernach aus. Die Voraussetzungen, unter denen Personen, die zwar rechtlich nicht dem geschäftsführenden Organ angehört haben, tatsächlich aber wie ein solches tätig gewesen sind, wegen Verletzung der Konkursantragspflicht haftbar gemacht werden können (vgl BGHSt 21, 101, 103ff; BGH, Urt v 24.10.73 – VIII ZR 82/72 –, LM BGB § 826 (Ge) Nr 9, zu III 2), treffen nach dem vorgetragenen Sachverhalt auf die Beklagten nicht zu. Danach hatten diese zwar aufgrund weitgehender satzungsmäßiger Weisungsbefugnisse und der Beklagte zu 1 darüber hinaus auch als Mehrheitsaktionär der mit rund 84% an der H.-Bank beteiligten G.-Gesellschaften innerhalb der Bank eine sehr starke Stellung. Daraus ergibt sich aber noch nicht, daß sie tatsächlich den persönlich haftenden Gesellschafter völlig aus der ihm gesetzlich zugewiesenen Geschäftsführung (§ 278 Abs 2 AktG, §§ 164, 114 BGB) verdrängt und sich allgemein an seine Stelle gesetzt hätten.
b) Die Beklagten könnten allerdings als Anstifter oder Gehilfen einer dem persönlich haftenden Gesellschafter zur Last fallenden Verletzung des § 92 Abs 2 in Verbindung mit § 401 Abs 1 Nr 2 AktG über § 823 Abs 2, § 830 BGB den Gläubigern der H.-Bank haften. Eine solche Haftung setzt aber die vorsätzliche Unterstützung des zum Handeln Verpflichteten und damit zumindest die Erkenntnis voraus, daß dieser den Konkursantrag pflichtwidrig unterläßt (BGHSt 14, 280). Hierfür bietet der festgestellte Sachverhalt keine Anhaltspunkte.
c) Nach dem Vortrag der Klägerin sollen die Beklagten freilich angesichts der festgestellten Überschuldung der Bank nicht nur H. zum Stillhalten veranlaßt oder sogar angewiesen, sondern ihn obendrein auch von den anschließenden Sanierungsverhandlungen ferngehalten und alle damit zusammenhängenden Maßnahmen an sich gezogen haben. Ob dies ausreichen könnte, sie für die Einhaltung der in § 92 Abs 2 AktG dem geschäftsführenden Organ auferlegten Pflichten selbst verantwortlich zu machen, könnte zweifelhaft sein, wenn man die insoweit ziemlich enge bisherige Rechtsprechung zugrunde legt (vgl BGH, Urt v 24.10.73 aaO; aber auch BGHZ 65, 15, 21; dazu Karsten Schmidt, JZ 1978, 661, 665f sowie Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG 6. Aufl § 64 Anm 35 mwN). Die Frage braucht indessen nicht weiter vertieft zu werden. Denn auch wenn man die Möglichkeit einer Haftung der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 92 Abs 2 AktG von dem Zeitpunkt an, in dem sie sich aufgrund ihrer maßgeblichen Stellung in der H.-Bank persönlich in den Gang der Ereignisse eingeschaltet haben, grundsätzlich bejaht, scheidet eine solche Haftung nach dem vorliegenden Sachverhalt aus.
d) Geht man nämlich davon aus, daß die Beklagten, nachdem sie einmal die Dinge in die Hand genommen hatten, die Konkursantragspflicht selber beachten mußten, so können sie sich auch darauf berufen, nach der Vorschrift des § 92 Abs 2 Satz 1 AktG lediglich verpflichtet gewesen zu sein, das Konkursverfahren oder Vergleichsverfahren „ohne schuldhaftes Zögern”, spätestens aber nach drei Wochen, zu beantragen. Danach braucht das zuständige Gesellschaftsorgan bei Feststellung einer Konkurslage nicht unbedingt sofort einen Konkursantrag oder Vergleichsantrag zu stellen. Es muß nur ohne schuldhaftes Zögern handeln. Das schließt die Befugnis und gegebenenfalls sogar die Pflicht ein, mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs 1 Satz 1 AktG) zu prüfen und zu entscheiden, ob nicht andere, weniger einschneidende Maßnahmen besser als ein Insolvenzverfahren geeignet sind, Schaden von der Gesellschaft, ihren Gläubigern und der Allgemeinheit abzuwenden. Das hierdurch der Unternehmensleitung eingeräumte pflichtmäßige Ermessen wird durch die für seine Ausübung gesetzte Höchstfrist von drei Wochen noch unterstrichen, aber auch begrenzt (Scholz/K. Schmidt aaO § 64 Anm 6, 7, 21).
Damit gibt das Gesetz einen, wenn auch zeitlich kurz bemessenen, Spielraum für Sanierungsaktionen. Die Verwaltung hat, je nach Lage des Falles, Gelegenheit zu dem Versuch, mit geeigneten Mitteln, wie Verhandlungen mit den Gläubigern und Beschaffung neuen Kapitals, das Unternehmen zu retten. Solche Versuche dienen vielfach nicht nur dem Interesse der Gesellschaft und ihrer Mitglieder, sondern vor allem auch der Gläubiger, für die eine übereilte Konkurseinleitung ein zweischneidiges Schwert bilden kann (Jaeger/Weber, KO 8. Aufl § 103 Anm 11), der Erhaltung von Arbeitsplätzen und allgemein-wirtschaftlichen Belangen. Diese Gesichtspunkte konnten nach der Gesetzeslage im Jahre 1974 gerade auch bei einem Bankhaus dazu nötigen, einem Rettungsversuch zunächst den Vorzug zu geben vor einem alsbaldigen Konkursantrag oder Vergleichsantrag, der den Bankbetrieb, in der Regel für dauernd, zum Erliegen bringt und für die Kunden zu einem meist sehr beträchtlichen Einlageverlust führt, darüber hinaus aber auch das allgemeine Vertrauen in die Banken untergräbt und nachteilige Folgewirkungen für die Gesamtwirtschaft haben kann (heute schreibt der durch Gesetz vom 24.3.76 – BGBl I 725, 1121 – neu eingeführte § 46b KreditwesenG für Banken anstelle des Konkursantrags die unverzügliche Anzeige beim Bundesaufsichtsamt vor).
e) Der Aufschub von Insolvenzmaßnahmen zugunsten von Sanierungsversuchen kann freilich bewirken, daß Gläubiger, die sich durch die vorläufige Aufrechterhaltung des Betriebs in ihren geschäftlichen Dispositionen beeinflussen lassen, bei einem Fehlschlagen des Versuchs Schaden erleiden. Das trifft vor allem auch bei Banken zu, die in der kritischen Zeit ihre Schalter geöffnet halten und ihren laufenden Geschäftsbetrieb weiterführen. Die Gefahr, daß Kunden sich hierdurch zu Neueinlagen verleiten lassen, die bei einem Zusammenbruch der Bank ganz oder teilweise verloren sind, kann praktisch weder durch eine Warnung dieser Kunden noch durch eine Einlagensperre ausgeschaltet werden, sollen die Bemühungen um eine Stützung der Bank nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. Denn jede solche Maßnahme kann, nicht zuletzt auch auf Kosten der schon vorhandenen Kunden, eine allgemeine Panik heraufbeschwören und so doch zu einer Schalterschließung zwingen, deren nachteilige Folgen sich in aller Regel nicht wiedergutmachen lassen; das Schicksal der G. Global Bank bildet nach den rechtlich fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts insofern eine Ausnahme, als es nur durch besondere, mit der Lage der H.-Bank nicht vergleichbare Umstände zu erklären ist. Hinzu kommt, daß es zur Abwendung möglicher Drittschäden infolge verspäteter Geschäftseinstellung bei der Eigenart eines laufenden Bankbetriebs nicht einmal ausreichen würde, durch persönliche Einwirkung Gläubiger von einer Neueröffnung oder einer Erhöhung von Guthaben abzuhalten. Denn es ist darüber hinaus vor allem an den gewöhnlich sehr großen und unübersehbaren Kreis solcher Kunden zu denken, auf deren Konten noch Zahlungen oder Überweisungen im normalen Abrechnungsverkehr eingehen und die durch Einzelmaßnahmen gar nicht erfaßt werden könnten.
Das bedeutet jedoch nicht, daß eine Bank nach früherem Recht angesichts einer festgestellten Konkurslage mit Rücksicht auf etwaige Neueinleger oder Zahlungsempfänger gehalten gewesen wäre, stets auf Sanierungsgespräche zu verzichten, sogleich ihren Betrieb zu schließen und einen Vergleichsantrag oder Konkursantrag zu stellen. Indem das Gesetz die Wahl zwischen sofortigen Insolvenzmaßnahmen mit der unvermeidlichen Folge der Schalterschließung oder einem vorherigen Stützungsversuch innerhalb der Frist des § 92 Abs 2 Satz 1 AktG der verantwortlichen Entscheidung der zuständigen Gesellschaftsorgane überläßt, eröffnet es auch die Möglichkeit, bei Ausnutzung der Frist für Sanierungsverhandlungen in den Grenzen kaufmännischer Sorgfalt und geschäftlichen Anstands Vermögensbewegungen während dieser Zeit zuzulassen, die sich für die Geschäftspartner bei einem Mißlingen des Versuchs als nachteilig erweisen können. Auf diese Weise trägt es den, wie erwähnt, vielfach sehr einschneidenden, über den Kreis der unmittelbar Betroffenen weit hinausreichenden Folgen Rechnung, die mit einer plötzlichen Einstellung des Geschäftsbetriebs verbunden sein können.
Damit steht das geschäftsführende Gesellschaftsorgan vor einer Entscheidung, die eine sehr sorgfältige Abwägung aller für und gegen einen sofortigen Konkursantrag oder Vergleichsantrag sprechenden Gesichtspunkte erfordert. Je größer das Risiko einer Schädigung gutgläubiger Geschäftspartner ist, um so gewissenhafter ist zu überlegen, ob dieses Risiko um der Aussichten und Vorzüge einer Sanierung willen in Kauf genommen werden kann und muß. Bei einer Bank war gegenüber einer Verlustgefahr für Neugläubiger vor allem die Chance auf die Waagschale zu werfen, das Unternehmen zum Nutzen aller Gläubiger zu retten und so die kaum weniger schutzwürdigen zahlreichen ungesicherten Altkunden, aber auch Nichtkunden, denen bei Schließung der Bank eine ihnen zustehende Leistung ohne genügende anderweitige Deckung vorenthalten bleibt, vor einem sonst mit Sicherheit eintretenden und insgesamt meist viel höheren Schaden zu bewahren.
f) Die auf längstens drei Wochen bemessene Frist für sorgfältige Überlegungen, Verhandlungen und Entscheidungen kann in dem hier gegebenen Fall der Überschuldung – nur über ihn ist zu befinden – entgegen der mißverständlichen Fassung des § 92 Abs 2 Satz 2 AktG (vgl auch § 64 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 GmbHG) erst mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem das zum Handeln verpflichtete Organ von der Überschuldung positive Kenntnis hat (Hefermehl aaO § 92 Anm 20; Mertens in Kölner Komm z AktG, § 92 Anm 20 mwN; ebenso zu §§ 64, 84 GmbHG: BGHSt 15, 306, 310). Denn nur so kann sie ihren Zweck erfüllen, Sanierungsversuche zu ermöglichen, zumal sich der objektive Eintritt des Konkursgrundes kaum jemals zeitlich genau festlegen läßt und die Geschäftsleitung in einer Krisenlage besseres zu tun hat, als über diese Frage Untersuchungen anzustellen (so zutreffend Mertens, wie vorstehend). Das geschäftsführende Organ darf daher die Frist gegebenenfalls auch dann nach pflichtmäßigem Ermessen für Sanierungsbemühungen in Anspruch nehmen, wenn es die Konkurslage fahrlässig zu spät entdeckt und sich insoweit schadenersatzpflichtig gemacht hat (Scholz/K. Schmidt aaO § 64 Anm 7, 8). Die gegenteilige Meinung (vgl Kühn, Die Konkursantragspflicht bei Überschuldung einer GmbH, Diss 1969, S 81ff) verkennt, daß die Sanierungsfrist nicht nur eine Vergünstigung für die Gesellschaft und ihr geschäftsführendes Organ bedeutet, sondern auch allgemeineren Interessen und dem Vorteil der Gläubiger selbst dienen kann.
Der hiernach für die Beklagten maßgebende Anfangszeitpunkt war der 16. Juni 1974 als der Tag, an dem H. und der Generalbevollmächtigte Graf von der G. sie davon unterrichteten, daß sich der Verlust aus den Devisentermingeschäften zwischen 450 und 520 Mio DM bewege (Urteilstatbestand S 7). Daß die Beklagten schon früher Kenntnis von einem das haftende Eigenkapital übersteigenden Verlust erlangt hätten, ist nicht festgestellt. Auch die Revision versucht lediglich aufzuzeigen, daß den Beklagten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Überschuldung der Bank schon eher hätte auffallen müssen. Eine nur fahrlässige Unkenntnis ist aber in diesem Zusammenhang ohne Belang.
g) Aus dem Charakter der Dreiwochenfrist des § 92 Abs 2 Satz 1 AktG als zeitliche Höchstgrenze („spätestens”) hat das Berufungsgericht zutreffend gefolgert, daß die Frist nicht ohne triftige Gründe ausgeschöpft werden darf und deshalb das Gebot, das Konkursverfahren oder Vergleichsverfahren „ohne schuldhaftes Zögern” zu beantragen, schon früher zu erfüllen ist, wenn von Anfang an feststeht oder sich vor Ablauf von drei Wochen herausstellt, daß eine rechtzeitige Sanierung nicht ernstlich zu erwarten ist; das gilt umsomehr, je größer die Gefahr einer Schädigung neuer Gläubiger ist.
Welchen Grad von Erfolgsaussicht hiernach ein Sanierungsversuch aufweisen muß, um einen Aufschub von Insolvenzmaßnahmen rechtfertigen zu können, läßt sich nicht allgemein, sondern nur von Fall zu Fall beantworten. Hierbei sind einmal die Folgen in Betracht zu ziehen, die ein Zusammenbruch des Unternehmens für dieses selbst, seine Betriebsangehörigen, seine Kundschaft und die Allgemeinheit haben würde; sie wiegen, wie bereits aufgezeigt wurde, bei einem Bankhaus außerordentlich schwer und konnten es daher dort besonders nahelegen, vor Einleitung eines Konkursverfahrens oder Vergleichsverfahrens jede nicht allzu entfernt liegende Rettungschance zu ergreifen oder jedenfalls mit Sorgfalt und ohne übertriebene Hast zu prüfen. Zum anderen lassen sich gerade bei einem größeren Bankunternehmen wie der H.-Bank mit ihren vielfältigen Geschäftsbeziehungen und internen Verflechtungen die Sanierungsaussichten vielfach gar nicht auf den ersten Blick übersehen. Um beurteilen zu können, ob solche Aussichten überhaupt bestehen, bedarf es vorweg genauerer Feststellungen nicht nur über die eigene Vermögenslage und Liquiditätslage, sondern auch über die verbundener Unternehmen sowie über die Ursachen der eingetretenen Krise. Auf dieser Grundlage ist dann, wenigstens im groben, ein Sanierungsplan zu entwerfen, dessen Risiken und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die vorhandenen oder zu erwartenden finanziellen Hilfsquellen zunächst überschlägig zu bewerten sind (vgl Mertens, ZHR 1979, 174, 189). Dazu ist die Bereitschaft der Gläubiger, der Großbanken und gegebenenfalls auch der öffentlichen Hand zu Hilfeleistungen oder Verzichten einzuschätzen, wozu Gespräche mit kompetenten Persönlichkeiten erforderlich sein können, wie die Beklagten sie hier geführt haben. Erst so läßt sich vielfach ein klareres Bild gewinnen, ob Bemühungen um eine Überwindung der Krise ohne Insolvenzverfahren so lohnend sind, daß es zu verantworten ist, das an sich beachtliche Interesse des Publikums an einer wahrheitsgemäßen Unterrichtung über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens noch kurze Zeit zurückzustellen.
Wie der Senat in seinem an demselben Tag verkündeten, den gleichen Sachverhalt betreffenden Urteil in Sachen II ZR 118/77 ausgeführt hat, können unter diesen Gesichtspunkten Sanierungsbemühungen schon dann gerechtfertigt sein, wenn das zuständige Organ sie unter den gegebenen Umständen als nicht von vornherein unrealistisch betrachten darf. Davon ist hier auszugehen. Das Berufungsgericht stellt fest, die Beklagten hätten, da die Schließung einer Bank regelmäßig sehr weite Kreise ziehe, mit der Möglichkeit rechnen können, für die in Not geratene H.-Bank Hilfe von außen zu erhalten, zumal der Beklagte zu 1 und der G.-Konzern bereit gewesen seien, für ein Überleben der Bank erhebliche Opfer zu bringen. Daß ihre Erwartungen nicht unrealistisch gewesen seien, belegten zudem die späteren Sanierungsgespräche. Wäre die Lage offensichtlich hoffnungslos gewesen, so hätte der zunächst zugezogene Bundesbankpräsident jede Mitwirkung an diesen Gesprächen abgelehnt und nicht noch den Präsidenten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen und den Präsidenten der Landeszentralbank N.-W. zur Teilnahme veranlaßt. Auch hätte der Präsident des Bundesaufsichtsamts dann nicht die Beschaffung weiterer Sicherheiten für die vom Beklagten zu 1 angebotenen Verpflichtungserklärung angeregt, anstatt sofort die Rücknahme der Bankerlaubnis zu verfügen. Daß es kaufmännisch angebracht und verantwortbar gewesen sei, noch eine, wenn auch kurze, Zeitspanne mit Sanierungsbemühungen zu verbringen, zeige schließlich der Rat des Direktors Ulrich von der D. Bank, die Dr.'er Bank und die C.-Bank mit einzuschalten.
h) Diese tatrichterliche Würdigung kann die Revision nicht durch ihre abweichende Sicht ersetzen. Vor allem geht es nicht an, aus dem verhältnismäßig schnellen Scheitern der Stützungsgespräche rückblickend zu folgern, die Beklagten hätten solche Gespräche von Anfang an als sinnlos betrachten müssen. Das Berufungsgericht konnte daher das unter Beweis gestellte Vorbringen der Klägerin über spätere öffentliche Meinungsäußerungen maßgeblicher Persönlichkeiten (Berufungserwiderung v 11.5.76 S 30; dazu Schriftsatz des Beklagten zu 1 v 6.10.76 S 48ff) als unerheblich ansehen. Ebenso lassen weder das Vorbringen der Klägerin, zum G.-Konzern gehörige Gesellschaften hätten zwischen dem 10. und dem 26. Juni 1974 Geld aus der H.-Bank abgezogen, noch die Tatsache, daß der Beklagte zu 1 seine Stützungszusage an die Bedingung des Gelingens einer Rettungsaktion geknüpft hat, zwingend darauf schließen, die Beklagten hätten eine solche Aktion von vornherein für aussichtslos halten müssen.
2. Die Revision meint, die Beklagten hätten schon auf die ihnen am 11. Juni 1974 unterbreitete Angabe (Urteilstatbestand S 7), es sei ein Verlust von 64 Mio DM zu verzeichnen, für die unverzügliche Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 92 Abs 1 AktG sorgen müssen. Sie greift damit einen Vorwurf wieder auf, den die Klägerin mit Rücksicht auf die im Schrifttum vertretene Meinung, § 92 Abs 1 AktG sei auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien unanwendbar (so Barz in Großkomm AktG 3. Aufl § 283 Anm 12; Mertens in Kölner Komm z AktG § 283 Anm 16), in der Berufungsinstanz nicht mehr ausdrücklich verfolgt hat (Schriftsatz vom 21.10.76 S 4). Die Rüge ist schon deswegen unbegründet, weil § 92 Abs 1 AktG nicht den Sinn hat, Gesellschaftsgläubiger gegen Verluste infolge einer Verringerung des haftenden Eigenkapitals zu schützen, und darum eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs 2 BGB, für die allein die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts kraft Rügeverzichts hätte gegeben sein können, ausscheidet. Die Einberufung der Hauptversammlung in Verbindung mit der Anzeige, daß die Hälfte des Grundkapitals verloren sei, soll den verantwortlichen Gesellschaftsorganen Gelegenheit geben, sich beizeiten auf den Kapitalschwund und die daraus drohenden Gefahren einzustellen und zu prüfen, welche Maßnahmen in dieser Lage angebracht sind (Baumbach/Hueck, AktG 13. Aufl § 92 Rdn 5; Mertens in Kölner Komm z AktG § 92 Anm 34; teilweise abweichend Mertens, ZGR 1972, 254, 256ff, 269ff, 282ff: Informationsschutz für den einzelnen Aktionär). Daß solche vorbeugenden Maßnahmen auf längere Sicht auch den Gläubigern zugutekommen können und diese infolgedessen unter Umständen mit an ihnen interessiert sein mögen, reicht nicht aus, um in Abs 1 des § 92 ebenso wie in Abs 2 schon eine unmittelbar dem Gläubigerschutz dienende und deshalb eine entsprechende Haftung auslösende Vorschrift sehen zu können (so zutreffend Mertens, wie vorstehend; Meyer-Landrut in Großkomm AktG 3. Aufl § 92 Anm 3 aE).
3. Eine Haftung der Beklagten wegen einer gegen die guten Sitten verstoßenden vorsätzlichen Schädigung der Klägerin (§ 826 BGB) scheidet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls aus.
a) Nach der im Ergebnis zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts ist ein solcher Verstoß nicht darin zu sehen, daß die Beklagten während der Sanierungsversuche die Bank auf die Gefahr hin weiterführen ließen, daß Neueinleger bei einem Scheitern dieser Versuche Schaden erleiden konnten. Nach dem festgestellten Sachverhalt haben die Beklagten nicht sittenwidrig gehandelt, so daß offen bleiben kann, ob es, wie das Berufungsgericht meint, schon an einem, wenigstens bedingten, Schädigungsvorsatz fehlt, weil es den Beklagten ausschließlich um die Rettung der Bank gegangen sei. Denn ein Verhalten, das nach § 92 Abs 2 Satz 1 AktG für einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter erlaubt oder sogar geboten ist, kann nicht gleichzeitig gegen die guten Sitten verstoßen.
Damit gelten für Sanierungsversuche innerhalb der Frist des § 92 Abs 2 Satz 1 AktG ähnliche Grundsätze, wie sie die Rechtsprechung für Stützungsaktionen einer Bank als Großgläubigerin aufgestellt hat: Wer ein notleidendes Unternehmen zu retten versucht, verstößt, sofern er die Krise den Umständen nach als überwindbar und darum Bemühungen um ihre Behebung als lohnend ansehen darf, nicht schon deshalb gegen die guten Sitten, weil ein solcher Versuch die Möglichkeit des Mißlingens und damit einer Schädigung nicht informierter Geschäftspartner einschließt. Erst wenn ernste Zweifel an dem Gelingen eines Sanierungsversuchs bestehen und deshalb damit zu rechnen ist, daß er den Zusammenbruch des Unternehmens allenfalls verzögern, aber nicht auf die Dauer verhindern wird, kann der Vorwurf sittenwidrigen Handelns zum Schaden der Gläubiger vor allem dann berechtigt sein, wenn dieses Handeln auf eigensüchtigen Beweggründen beruht (vgl BGHZ 10, 228, 233f; BGH, Urt v 14.4.64 – VI ZR 219/62 –, WM 1964, 671; v 9.2.69 – VI ZR 153/63 –, WM 1965, 475; v 9.12.69 – VI ZR 50/68 –, LM BGB § 826 (Ge) Nr 8). Daß solche Beweggründe hier eine ausschlaggebende Rolle gespielt hätten, scheidet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ebenso aus wie der Vorwurf, die Beklagten hätten ihren Sanierungsversuch leichtfertig ohne genügende wirtschaftliche Grundlage eingeleitet (vgl BGH, Urt v 5.3.75 – VIII ZR 230/73 –, WM 1975, 559 zu III 2).
b) Zu Unrecht wirft die Revision dem Beklagten zu 1 vor, daß er seine bei den Sanierungsverhandlungen abgegebene Stützungszusage von einem Erfolg der Verhandlungen abhängig gemacht und sie nicht bedingungslos zugunsten aller Neugläubiger gegenüber dem persönlich haftenden Gesellschafter der H.-Bank abgegeben hat. Zur Übernahme einer solchen unbedingten persönlichen Haftung war der Beklagte zu 1 nicht verpflichtet, zumal sich ihr Umfang und ihre Höhe kaum hätten übersehen lassen, da zu den „Neugläubigern” auch solche Kunden der H.-Bank zu rechnen waren, auf deren Konten in der kritischen Zeit noch Überweisungen von dritter Seite eingegangen sind. Vor allem aber hätte sich der Beklagte zu 1 damit bei einem Mißlingen des Stützungsversuchs dem Vorwurf ausgesetzt, die Neugläubiger einseitig und ungerecht gegenüber solchen Gläubigern begünstigt zu haben, die es in Unkenntnis der bedrängten Lage der Bank versäumt hatten, ihre Guthaben rechtzeitig abzuziehen oder in anderer Weise darüber zu Lasten der Bank zu verfügen, oder die ihnen sonst zustehende Leistungen, zB im Wege der Überweisung, nicht mehr erhalten haben; diese Gläubiger waren nicht weniger schutzwürdig als Kunden, die der Bank im Vertrauen auf deren weiterlaufenden Betrieb noch etwas zugeführt haben (Urt d Sen v 29.5.78 – II ZR 89/76 –, NJW 1978, 1852).
4. Rechtlich fehlerfrei hat das Berufungsgericht schließlich auch ein betrügerisches Verhalten der Beklagten zum Nachteil der Klägerin (§ 823 Abs 2 BGB mit § 263 StGB) verneint. In der schwierigen, nur mit einem hohen Maß an Weitblick, persönlichem Einsatz, aber auch Diskretion möglicherweise zu bewältigenden Lage, vor die sich die Beklagten durch die Überschuldung der Bank gestellt sahen, waren sie nicht verpflichtet, während des kurzfristigen Sanierungsversuchs Kunden ungefragt auf die bedrohliche Lage der Bank hinzuweisen oder durch das Bankpersonal hinweisen zu lassen. Die ihnen vom Gesetz ermöglichte oder sogar von ihnen geforderte gewissenhafte Abwägung zwischen den Vorteilen und Aussichten eines auf den Nutzen aller gerichteten, freilich auch mit einem Risiko für Neueinleger behafteten Stützungsversuchs und den Folgen einer Schalterschließung oder eines Insolvenzverfahrens, das nahezu mit Sicherheit für alle vorhandenen, nicht besonders gesicherten Gläubiger zu Verlusten führen mußte, schloß die Notwendigkeit ein, bei Wahl der ersten Alternative den Bankbetrieb vorläufig ungestört weiterlaufen zu lassen und die Kenntnis von der Konkurslage auf einen möglichst engen Kreis Eingeweihter zu begrenzen, deren Zuziehung zu den Sanierungsverhandlungen unumgänglich war. Bei einer solchen Lage kann eine Pflicht zur Offenbarung der wahren Verhältnisse nur unter besonderen Umständen bestehen, an denen es hier fehlt. Insofern sind die Tatbestände einer Reihe von Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, in denen eine Offenbarungspflicht angenommen wurde, mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar (vgl zB BGH, Urt v 25.3.75 – VI ZR 75/73 –, WM 1975, 517; v 22.11.63 – VI ZR 280/62 –, WM 1963, 1343).
Es kommt demnach auch hier nicht mehr auf die Feststellung des Berufungsgerichts an, es fehle überdies an den subjektiven Voraussetzungen des § 823 Abs 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB.
Fundstellen