Leitsatz (amtlich)
Ein zur Verwaltung des Nachlasses berufener Testamentsvollstrecker kann sich den Erben gegenüber nicht rechtswirksam verpflichten, nur solche Handlungen vorzunehmen, denen die Erben zuvor zugestimmt haben, und sein Amt als Testamentsvollstrecker jederzeit auf Verlangen auch nur eines Miterben niederzulegen.
Der Testamentsvollstrecker kann nicht auf Erfüllung solcher Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden, die von den Erben ohne seine Zustimmung über, die Nachlaßgegenstände eingegangen worden sind. Mit einer derartigen Forderung kann nicht gegen einen vom Testamentsvollstrecker geltend gemachten Anspruch des Nachlasses aufgerechnet werden. Ebenso besteht wegen der auf diese Weise begründeten Forderung kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber Ansprüchen, die der Testamentsvollstrecker geltend macht.
Der Erbe, gegen den der Testamentsvollstrecker eine zum Nachlaß gehörende Forderung geltend macht, kann sich seiner Verpflichtung zur Leistung grundsätzlich nicht mit dem Einwand entziehen, es sei nicht erforderlich, diese Forderung einzuziehen, oder er werde durch das Vorgehen des Testamentsvollstreckers im Vergleich zu anderen Miterben benachteiligt. Die Berechtigung des Vorgehens des Testamentsvollstreckers kann in der Regel nur im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB überprüft werden.
Normenkette
BGB §§ 2205, 2211, 2216, 2227, 273, 387, 2212
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 19.03.1957) |
LG Berlin |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 19. März 1957 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der am 2. Mai 1938 verstorbene Kommerzienrat Werner E. hat den Beklagten in seinem Testament zu 7/40 als Miterben eingesetzt. Er hat in dem Testament weiter eine Testamentsvollstreckung angeordnet (§ 9 des Testaments). Aufgabe des Testamentsvollstreckers soll es sein, den Nachlaß bis zur Auseinandersetzung zu verwalten und die Auseinandersetzung zu bewirken. Zum Testamentsvollstrecker hat er eine bestimmte Person berufen. Für den Fall, daß diese vor oder nach der Übernahme des Amtes wegfallen sollte, hat er eine andere gleichfalls bestimmte Person als Testamentsvollstrecker bezeichnet und für den Fall, daß auch diese wegfallen sollte, hat er das Nachlaßgericht ersucht, nach Anhörung der Erben einen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Per Erblasser hat weiter bestimmt, der Testamentsvollstrecker solle die ihm nach dem Gesetz zugewiesenen Rechte und Pflichten haben. Er solle von den ihm obliegenden Pflichten befreit sein, sobald dies nach dem Gesetz zulässig sei, und in der Eingehung von Verpflichtungen für den Nachlaß nicht beschränkt sein.
Der Nachlaß ist noch nicht verteilt. Der Kläger ist, nachdem die vom Erblasser benannten Testamentsvollstrecker weggefallen waren, am 26. Oktober 1951 vom Nachlaßgericht zum Testamentsvollstrecker ernannt worden. Vor seiner Ernennung hat der Kläger mit den Miterben am 25. Oktober 1951 eine Vereinbarung getroffen, die wie folgt lautet:
„Ich, der unterzeichnete Kaufmann Ernst D., bin mir mit den vier Miterben des Nachlasses Werner E. darüber einig, daß meine Ernennung zum Testamentsvollstrecker nur zu dem Zweck erfolgt, dem Nachlaß nach außen hin eine legitimierte Vertretung des Nachlasses zu schaffen.
Ich verpflichte mich deshalb, im Innenverhältnis
- keine Handlungen vorzunehmen und keine Erklärungen abzugeben, zu der ich nicht vorher die Zustimmung aller Miterben habe, wobei wegen der mit Herrn Dr. Edwin E. und Dr. Walter E. erteilten Vollmacht und ihrer Schwestern es genügen soll, daß die Zustimmungen von Dr. Edwin E. und Dr. Walter E. erklärt werden;
- das Amt des Testamentsvollstreckers sofort niederzulegen, falls einer der Miterben es verlangt.
Die unterzeichneten Miterben haben von der vorstehenden Vertretungserklärung Kenntnis genommen und erklären sich mit dem Inhalt einverstanden insbesondere auch damit, daß der Testamentsvollstrecker auf Verlangen eines der Erben sein Amt niederzulegen hat.
Berlin, den 25. Oktober 1951
Unterschriften.”
Zum Nachlaß gehört ein in B.-C., L. belegenes Mietshaus. Im ersten Stock dieses Hauses bewohnt der Beklagte seit Februar 1952 eine zentralbeheizte 5 1/2-Zimmerwohnung. Ein schriftlicher Mietvertrag über diese Wohnung ist nicht geschlossen.
Dr. Edwin E. ist am 4. Juli 1955 verstorben.
Mit der den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildenden Klage, die am 14. März 1956 erhoben ist, begehrt der Kläger von dem Beklagten eine Nutzungsentschädigung für die Wohnung und den auf die Wohnung des Beklagten entfallenden Anteil der Sammelheizungskosten.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn als Testamentsvollstrecker der Kommerzienrat Werner E.'schen Erben DM 11.406,73 nebst 4 % Zinsen seit dem 1. März 1956 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Per Beklagte hat sich auf die von den Miterben mit dem Kläger am 25. Oktober 1951 getroffene Vereinbarung berufen. Er hat ausgeführt, der Kläger handle arglistige, da er die Klage ohne Zustimmung der Miterben erhoben habe, und da er seinem, des Beklagten, schon vor Klagerhebung gestellten Verlangen, sein Amt als Testamentsvollstrecker niederzulegen, nicht entsprochen habe.
Der Kläger könne auch die hier erhobenen Ansprüche nicht geltend machen, da die Miterben sich zu einer Zeit, als kein Testamentsvollstrecker im Amt gewesen sei, darüber einig geworden seien, daß die Nutzungsentschädigung für die von einem Erben benutzte Wohnung und auch der Anteil an den Heizungskosten erst bei der Auseinandersetzung des Nachlasses verrechnet werden sollten.
Schließlich verstoße der Kläger mit der Klage auch deswegen gegen Treu und Glauben, weil er allein ihn, den Beklagten, wegen Nutzungsentschädigung und Heizungskosten in Anspruch nehme. Gegen andere Miterben, die gleichfalls eine Wohnung innegehabt hätten oder noch hätten, sei er nicht vorgegangen. Auch habe er an andere Miterben wesentlich höhere und ungerechtfertigt hohe Ausschüttungen vorgenommen, so daß es arglistig sei, wenn er jetzt ihn, den Beklagten, der ohnehin bei der Verteilung des Nachlaßvermögens bisher benachteiligt worden sei, in Anspruch nehme. Die ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses mache auch nicht erforderlich, daß die gegen ihn gerichtete Forderung geltend gemacht werde. Der Kläger hätte zudem schon längst die Auseinandersetzung vornehmen und damit das Ende der Testamentsvollstreckung herbeiführen können.
Der Beklagte hat den geltend gemachten Anspruch auch der Höhe nach bemängelt und insbesondere ausgeführt, die Heizungsanlage sei schadhaft und veraltet gewesen. Er ist der Ansicht, daß er wegen der hierdurch bedingten höheren Heizungskosten nicht in Anspruch genommen werden könne.
Hilfsweise hat der Beklagte mit Ansprüchen aufgerechnet, die ihm, wie er behauptet, gegen den Nachlaß zustehen sollen. Hierzu hat er vorgetragen: Einer der Miterben, Dr. Edwin E., habe als Bevollmächtigter der Erbengemeinschaft zwei ihm, dem Beklagten, gehörende Heizkessel widerrechtlich veräußert und den Erlös für sich behalten. Dr. Edwin E. habe ferner drei Stahltüren im Werte von 600,– DM entwendet und auch Pachtgelder, die er aus anderen Nachlaßgrundstücken eingezogen habe, für sich behalten. Mit den ihm hieraus erwachsenen Schadensersatzansprüchen rechne er auf.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange entsprochen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision, mit der der Beklagte seinen auf Klagabweisung gerichteten Antrag weiterverfolgt. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß der Beklagte gegenüber den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen keine Einwendungen aus der Vereinbarung herleiten kann, die er zusammen mit den anderen am Nachlaß beteiligten Miterben am 25. Oktober 1951 mit dem Kläger getroffen hat, bevor dieser zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde. Der Kläger handelt nicht arglistig, wenn er die den Gegenstand dieser Klage bildenden Ansprüche gegen den Beklagten gerichtlich geltend macht, obwohl dieser von ihm bereits vor der Klagerhebung verlangt hat, sein Amt als Testamentsvollstrecker niederzulegen. Er würde auch dann nicht arglistig handeln, wenn er die Klage erhoben haben sollte, ohne daß die anderen Miterben, wie es in der Vereinbarung vorgesehen ist, dieser Maßnahme zuvor zugestimmt hätten.
2. a) Die Vereinbarung vom 25. Oktober 1951 ist rechtsunwirksam. Ein Testamentsvollstrecker, der einen Nachlaß zu verwalten und die Auseinandersetzung unter den Miterben zu bewirken hat, kann nicht durch eine Vereinbarung mit den Erben verpflichtet werden, keine Handlungen vorzunehmen und keine Erklärungen abzugeben, denen die Miterben nicht vorher zugestimmt haben. Er kann sich auch nicht rechtswirksam verpflichten, jederzeit auf das Verlangen auch nur eines Miterben sein Amt niederzulegen. Eine dahin zielende Vereinbarung ist rechtsunwirksam, da sie den Testamentsvollstrecker im Verhältnis zu den Miterben in eine Stellung bringen würde, die mit der. Natur seines Amtes unvereinbar ist.
Der Testamentsvollstrecker ist weder Vertreter des Erblassers noch Vertreter des Erben (BGHZ 13, 203). Er hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes, zu dem er allein durch den Willen des Erblassers berufen ist, auch wenn er von anderer Seite zum Testamentsvollstrecker ernannt worden sein sollte.
Das Amt des Testamentsvollstreckers ist es, den Willen des Erblassers auszuführen. Dazu muß er die Zwecke, um derentwillen der Erblasser die Testamentsvollstreckung angeordnet hat, nach besten Kräften zu verwirklichen trachten.
Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, räumt das Gesetz dem Testamentsvollstrecker in den §§ 2205, 2206 BGB umfangreiche Rechte ein, während es in den §§ 2211, 2212 BGB die Rechte des Erben entsprechend einschränkt. Da die Befugnisse des Testamentsvollstreckers als Treuhänder und Inhaber eines Amtes auf dem Willen des Erblassers beruhen, kann auch nur dieser ihm in der Form der letztwilligen Verfügung Weisungen für die Führung seines Amtes erteilen, wie es sich u.a. aus § 2216 Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt. Wesen und Natur des vom Testamentsvollstrecker bekleideten Amtes fordern, daß dieser in seiner Amtsführung unabhängig ist, soweit nicht das Gesetz oder, der Erblasser selbst ihm Bindungen auferlegt haben. Einer der Hauptwesenszüge der Testamentsvollstreckung ist daher gerade die freie Stellung, die der Testamentsvollstrecker gegenüber den Erben hat (RGZ 133, 128 [134]). Auch wenn der Erblasser die Testamentsvollstreckung im Interesse und zum Wohle der von ihm eingesetzten Erben angeordnet hat, können diese grundsätzlich auf seine Amtsführung keinen Einfluß nehmen. Denn die Frage, welche Verwaltungsmaßnahmen den Interessen der Erben dienen, entscheidet sich nicht nach deren subjektiver Meinung, sondern allein nach objektiven Gesichtspunkten. Diese zu erkennen und die Verwaltung nach ihnen auszurichten, ist Aufgabe des Testamentsvollstreckers. Zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben besteht ein gesetzliches Pflichtenverhältnis eigener Art, durch das in den §§ 2216 bis 2219 BGB besondere Pflichten für den Testamentsvollstrecker im Interesse und zum Schütze der Erben begründet sind.
Es kann allerdings nicht bezweifelt werden, daß der Testamentsvollstrecker sich Dritten und auch den Erben gegenüber verpflichten kann, einzelne oder auch mehrere Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen. Solche Verpflichtungen sind auch unabhängig davon, wirksam, ob sie im Einzelfall dazu dienen, die den Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben zu erfüllen, unwirksam ist aber eine Verpflichtung, die soweit geht, daß der Testamentsvollstrecker sich damit seiner Unabhängigkeit und Selbständigkeit gegenüber den Erben völlig begeben und sich dadurch die Erfüllung seiner Aufgaben unmöglich machen würde. Das würde zutreffen, wenn ein Testamentsvollstrecker, zu dessen Aufgabe es gehört, den Nachlaß zu verwalten und die Auseinandersetzung unter den Miterben zu bewirken, verpflichtet wäre, nur diejenigen Handlungen vorzunehmen, denen alle Miterben zuvor zugestimmt haben. Er wäre dann, wenn er den Nachlaß überhaupt verwalten will, nur noch ein Werkzeug in der Hand der Miterben, da ihm jede Verwaltung, die nicht die Zustimmung aller Miterben findet, unmöglich wäre. Die Testamentsvollstreckung, die der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung angeordnet hat, wäre damit untergraben und in ihrem Wesen soweit ausgehöhlt, daß sie nur noch als leere Form bestehen würde, wie es in dem zu entscheidenden Falle von den Miterben auch beabsichtigt war.
b) Ebenso kann der Testamentsvollstrecker, falls der Erblasser dies in der letztwilligen Verfügung nicht ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt haben sollte, sich den Erben gegenüber nicht rechtswirksam verpflichten, sein Amt jederzeit auf Verlangen eines Miterben niederzulegen. Auch dadurch würde er in eine solche Abhängigkeit zu den einzelnen Miterben geraten, die mit der Natur seines Amtes unvereinbar wäre. Falls der Testamentsvollstrecker gehalten wäre, sein Amt auf Verlangen jederzeit niederzulegen, würde in hohem Maße die Gefahr bestehen, daß er bei seinen Entschlüssen innerlich nicht mehr frei wäre, sondern sich den Wünschen und persönlichen Interessen einzelner Miterben fügen würde, wodurch ebenfalls die vom Erblasser mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung verfolgten Zwecke gefährdet oder vereitelt werden könnten. Gegen die hier vertretene Ansicht kann nicht angeführt werden, daß es dem Testamentsvollstrecker, wie das Reichsgericht ausgesprochen hat (RGZ 156, 70 [75]), nicht verwehrt ist, mit der Erben eine Vereinbarung zu treffen, wodurch er sich verpflichtet, zu einem bestimmten Termin auch schon vor dem im Testament vorgesehenen Zeitpunkt sein Amt niederzulegen. Zwischen dieser Vereinbarung und der Vereinbarung, sein Amt jederzeit auf Verlangen eines Miterben niederzulegen, besteht ein wesentlicher Unterschied. Dadurch, daß der Testamentsvollstrecker sich den Erben gegenüber verpflichtet, sein Amt zu einem bestimmten Termin niederzulegen, verpflichtet er sich nur von einer ihn zustehenden rechtlichen Befugnis zu einem bestimmten Termin Gebrauch zu machen. Diese Vereinbarung stellt seine Unabhängigkeit bei der Amtsführung nicht in Frage, da sie sich auch nicht mittelbar auf die Art seiner Amtstätigkeit auswirken kann. Die hier in Rede stehende Vereinbarung unterscheidet sich von einer Vereinbarung, das Amt zu einem bestimmten Zeitpunkt niederzulegen dadurch, daß sie jedem Miterben die Möglichkeit geben würde, den Testamentsvollstrecker zu jedem ihm beliebigen Zeitpunkt aus seinem Amt zu entfernen, wenn nur eine seiner Maßnahmen diesem Miterben mißfällt. Damit berührt sie mittelbar die Unabhängigkeit des Testamentsvollstreckers, die dieser im Rahmen der vom Erblasser getroffenen Bestimmungen kraft der Natur seines Amtes haben muß. Ob das Verhalten des Testamentsvollstreckers, insbesondere die Tatsache, daß er vor seiner Ernennung diese rechtsunwirksame Vereinbarung unterzeichnet hat, Anlaß gibt, ihn nach § 2227 BGB aus seinem Amt zu entlassen, ist hier nicht zu entscheiden. Solange er sich im Amt befindet, stehen ihm die sich daraus ergebenden Rechte zu, und es kann ihm nicht entgegengehalten werden, er verstoße gegen Treu und Glauben, wenn er diese Rechte ausübe und sein Amt nicht kündige.
Die Ansicht der Revision, der Erblasser selbst habe die Bindung, die der Testamentsvollstrecker hier gegenüber den einzelnen Miterben eingegangen sei, gebilligt, ist unzutreffend. Die Revision will das daraus folgern, daß der Erblasser in § 9 seines Testaments bestimmt habe, wenn die von ihm selbst berufenen Testamentsvollstrecker wegfallen würden, solle das Nachlaßgericht einen Testamentsvollstrecker nach Anhörung der Erben bestimmen, und daß der Kläger nur auf diese Weise als Testamentsvollstrecker berufen worden sei. Die erwähnte Bestimmung des Testaments ergibt indes nicht einmal, daß das Nachlaßgericht nur sine solche Person als Testamentsvollstrecker ernennen darf, deren Ernennung die Miterben zugestimmt haben. Dem Nachlaßgericht ist vom Erblasser nur aufgegeben worden, die Erben vor der Ernennung des Testamentsvollstreckers zu hören, ähnlich wie es auch schon das Gesetz in § 2200 Abs. 2 BGB vorsieht. Dadurch soll nur erreicht werden, daß das Nachlaßgericht in die Lage versetzt wird, bei der Auswahl des Testamentsvollstreckers berechtigte Wünsche der Erben zu berücksichtigen. Aus der Bestimmung folgt jedoch nicht, daß der Testamentsvollstrecker nach dem Villen des Erblassers gehalten sein soll, sein Amt niederzulegen, wenn er nicht mehr das Vertrauen aller Erben genießt.
II.
Der Beklagte kann sich gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auch nicht auf die nach seiner Behauptung unter den Miterben getroffene Vereinbarung berufen, nach der die Ansprüche auf Nutzungsentschädigung für die von einem Miterben benutzte, in einem Nachlaßgrundstück belegene Wohnung erst bei der Auseinandersetzung zu verrechnen sein sollen. Die gegen die Miterben gerichteten Ansprüche wegen der Benutzung von Nachlaßgegenständen sind zum Nachlaß gehörige Rechte, über die die Erben nach § 2211 BGB nicht verfügen können. Die nach der Behauptung des Beklagten von ihnen getroffene Vereinbarung bindet daher den Testamentsvollstrecker nicht. Daß die Vereinbarung, worauf die Revision hinweist, angeblich zu einer Zeit getroffen wurde, als kein Testamentsvollstrecker im Amt war, ändert hieran nichts; denn die Verfügungsmacht des Erben ist nicht nur während der Zeit beschränkt, in der ein Testamentsvollstrecker tatsächlich vorhanden ist und sein Amt ausübt, sondern in der ganzen Zeit, während der nach dem im Testament zum Ausdruck gelangten Willen des Erblassers eine Testamentsvollstreckung bestehen soll und bestehen kann (vgl. BGB-RGRK 10. Aufl. § 2211 Anm. 1 S 410). Das ist in dem zu entscheidenden Fall von dem Augenblick des Erbfalls an so lange, bis die Auseinandersetzung bewirkt und damit die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers beendet ist.
III.
Der Kläger verstößt damit, daß er die hier erhobenen Ansprüche gegen den Beklagten geltend macht, auch nicht deswegen gegen Treu, und Glauben, weil die Ansprüche nach den Behauptungen des Beklagten aus dem ihm später zufallenden Auseinandersetzungsguthaben gedeckt werden können, oder weil, wie der Beklagte behauptet, andere Miterben zum Nachlaß gehörige Wohnungen innehaben, ohne daß der Testamentsvollstrecker von ihnen eine Entschädigung begehrt, oder weil schließlich andere Miterben vom Testamentsvollstrecker bereits größere Beträge ausgeschüttet erhalten haben, sollen, als sie ihnen angeblich zukommen.
Der Testamentsvollstrecker hat das Recht und die Pflicht, den Nachlaß zu verwalten. Dazu gehört auch das Recht, zum Nachlaß gehörige Einsprüche gegen den Schuldner geltend zu machen. Dieses Recht steht ihm auch dann zu, wenn der Schuldner zugleich als Erbe an dem vom Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlaß beteiligt ist. Der Schuldner und Erbe ist nicht berechtigt, dem Testamentsvollstrecker entgegenzuhalten, daß die Geltendmachung der Forderung gegen ihn nicht erforderlich sei. Ihm als Schuldner gegenüber ist der Testamentsvollstrecker nach dem Gesetz zu jeder Verwaltungshandlung ermächtigt. Allerdings ist er nach § 2216 BGB den Erben zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet, und er kann sich, wenn er diese Pflicht verletzt, u.U. den Erben schadensersatzpflichtig machen. Der Erbe kann auch jederzeit von dem Testamentsvollstrecker verlangen, daß er seine Befugnisse nicht überschreite. Jeder einzelne Erbe kann gegen den Testamentsvollstrecker darauf klagen, daß dieser seine Pflichten erfülle. Er ist nicht darauf beschränkt, die Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB zu verlangen oder Schadensersatz nach § 2219 BGB zu fordern (RGZ 73, 26). Er kann auch, wenn der Testamentsvollstrecker gegen ihn klagt, dieser Klage gegenüber einwenden, der Testamentsvollstrecker überschreite damit seine Befugnisse oder er verletze dadurch seine Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses. Der hierauf zielende Einwand des Klägers ist hier jedoch unbegründet. Es gehört in aller Regel zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses, eine Forderung, die zum Nachlaß gehört, einzuziehen. Der Testamentsvollstrecker hat nach seinem Ermessen zu entscheiden, ob es wirtschaftlich geboten ist, die Forderung geltend zu machen, oder ob er hiervon einstweilen absehen will. Nur wenn er die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschreitet, würde er gegen seine Pflicht, den Nachlaß ordnungsmäßig zu verwalten, verstoßen. Das wäre z.B. der Fall, wenn sein Vorgehen dazu führen würde, den Nachlaß zu schädigen. Daß der Testamentsvollstrecker in dieser oder ähnlicher Richtung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten hat, hat der Beklagte nicht dargetan. Er beruft sich nur darauf, daß es nicht erforderlich sei, die Forderung gegen ihn jetzt geltend zu machen und daß der Testamentsvollstrecker ihn damit schlechter stelle als die anderen Miterben. Die Frage, ob es wirtschaftlich erforderlich ist, einen gegen einen Miterben gerichteten Anspruch geltend zu machen und ob der Testamentsvollstrecker auch die anderen Miterben in ähnlicher Weise in Anspruch nehmen müßte, ist aber nicht von dem Gericht zu entscheiden, vor dem dieser Anspruch geltend gemacht wird. Das Prozeßgericht würde sonst in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers überwachen und unter Umständen hemmen. Die in Rede stehenden Fragen können in aller Regel nur vom Nachlaßgericht im Zusammenhang mit einem Antrag des Erben, den Testamentsvollstrecker nach § 2227 BGB zu entlassen, entschieden werden. Es handelt sich hier um eine ähnliche Rechtslage wie sie gegeben ist, wenn der Nachlaßverwalter eine Nachlaßforderung gegen einen Miterben geltend macht (vgl. darüber RGZ 72, 260 [262]).
IV.
Die Angriffe, die von der Revision gegen die vom Berufungsgericht ermittelte Höhe der vom Beklagten zu zahlenden Nutzungsentschädigung und Heizungskosten gerichtet werden, sind gleichfalls unbegründet.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte für die von ihm benutzte Wohnung eine Nutzungsentschädigung schuldet und daß er die auf seine Wohnung entfallenden Kosten der Sammelheizung anteilsmäßig zu tragen hat. Diese Pflicht hat der Beklagte nicht, wie es das Berufungsgericht angenommen hat, nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Der unstreitige Sachverhalt ergibt vielmehr, daß der Beklagte sich dem Kläger gegenüber stillschweigend verpflichtet hat, diese Beträge zu zahlen. Wenn ein einzelnder Miterbe oder auch einige von mehreren Miterben, ohne einen Rechtsanspruch darauf zu haben, eine Wohnung beziehen, die in einem zum Nachlaß gehörenden Grundstück liegt, so geben sie damit regelmäßig, falls nicht ausdrücklich etwas anderes erklärt oder vereinbart wird, zu erkennen, daß sie sich verpflichten wollen, der Erbengemeinschaft für die Dauer der Benutzung dieser Wohnung den angemessenen Mietzins als Nutzungsentschädigung zu zahlen. In dieser Weise ist auch das Verhalten des Beklagten hier von dem klagenden Testamentsvollstrecker verstanden worden. Der Beklagte selbst ist auch niemals der Ansicht gewesen, daß er keine Entschädigung für die von ihm genutzte Wohnung schulde. Die Höhe der von dem Beklagten zu zahlenden Entschädigung hat das Berufungsgericht zutreffend ermittelt. Es ist nicht verfehlt, wenn das Berufungsgericht, um diesen Betrag zu ermitteln, die Mieten, die andere Mieter der im selben Haus und im selben Stockwerk belegenen Wohnungen zahlen, zum Vergleich mit heranzieht. Das Berufungsgericht brauchte, nicht zu beachten, daß Mieter eine verhältnismäßig geringere Miete zahlen, die Wohnungen im selben Hause wie der Beklagte innehaben, die aber im Erdgeschoß oder in einem Stockwerk über der Wohnung des Beklagten liegen. Derartige Wohnungen sind im allgemeinen nicht so teuer, wie die im ersten Stock belegenen.
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß er nicht verpflichtet sei, die ganzen anteilsmäßig auf die von ihm benutzten Räume entfallenden Heizungskosten zu ersetzen, da die Heizungsanlage mangelhaft gewesen und auch aus anderen von ihm vorgetragenen Gründen höhere Unkosten für die Heizung als gewöhnlich entstanden seien. Der Beklagte ist gleichfalls auf Grund eines stillschweigend geschlossenen Vertrages verpflichtet, die auf seine Wohnung entfallenden Heizungskosten anteilsmäßig zu tragen. Wenn er als Miterbe die in dem Nachlaßgrundstück belegene Wohnung bewohnt und sich damit auch in den Genuß der Vorteile setzt, die die Sammelheizung bietet, ohne darüber einen besonderen Vertrag zu schließen, konnte er, soweit es sich um die Erstattung der durch den Betrieb der Heizung entstandenen Unkosten handelt, nicht erwarten, besser gestellt zu werden als die anderen Mieter des Hauses. Damit, daß er die Sammelheizung auch für seine Wohnung in Anspruch nahm, wissend, daß ein Vertrag hierüber nicht geschlossen war, gab er eine stillschweigende Erklärung gegenüber dem Verwalter des Grundstückes ab, die von diesem nur dahin verstanden werden konnte, daß er, der Beklagte, sich verpflichtet, in derselben Weise wie die anderen Mieter für die Unkosten der Sammelheizung aufzukommen. Da er die Heizungsanlage für seine Wohnung in Anspruch nahm, obwohl ihm bekannt war, daß sie noch durch den Krieg bedingte Schäden aufwies, daß sie schon alt war und möglicherweise größere Unkosten verursachen würde, als eine modernere Anlage, muß er auch die damit bedingten höheren Kosten zu seinem Teil mittragen. Die von ihm stillschweigend abgegebene Erklärung konnte vom Grundstücksverwalter nicht anders als im Sinne dieser Bereitschaft verstanden werden.
V.
Schließlich stehen dem Beklagten gegen den Nachlaß auch keine Gegenforderungen zu, mit denen er gegenüber
dem geltend gemachten Anspruch aufrechnen kann oder wegen deren er ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen könnte.
Insoweit kann der Beklagte nicht anführen, daß einer der Miterben zu seinem Nachteil über ihm gehörige Gegenstände, Heizungskessel und Stahltüren verfügt habe. Der Beklagte hat behauptet, der inzwischen verstorbene Miterbe Dr. Edwin E. habe die ihm, dem Beklagten, gehörigen Heizkessel als Bevollmächtigter der Erbengemeinschaft, im Jahre 1951 veräußert und den Erlös für sich behalten und ihm weiter drei Stahltüren im Werte von 600,– DM entwendet. Selbst wenn unterstellt wird, daß der Miterbe Dr. Edwin E. in der angegebenen Weise über Gegenstände des Beklagten zu dessen Nachteil verfügt hat, hat der Beklagte doch nicht genügend dargelegt, daß dadurch für ihn eine Forderung gegen den Nachlaß entstanden ist, mit der er auch gegenüber dem Kläger als Testamentsvollstrecker gegen die von diesen geltend gemachte Forderung aufrechnen oder wegen der er gegen diesen ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann. Der Beklagte hat nur vorgetragen, Dr. Edwin E. sei Verwalter des Nachlasses gewesen und habe als Bevollmächtigter der Erbengemeinschaft gehandelt. Damit ist weder dargetan, daß Dr. Edwin. E. rechtswirksam zum Bevollmächtigten der Erbengemeinschaft bestellt worden ist, noch daß aus seinem Tun Ansprüche gegen den Nachlaß erwachsen konnten, die auch dem Testamentsvollstrecker gegenüber geltend gemacht werden können. Letzteres wäre nur der Fall gewesen, wenn der Testamentsvollstrecker selbst Dr. Edwin E. mit der Verwaltung des Nachlasses beauftragt und ihm eine entsprechende Vollmacht eingeräumt hätte. In der Richtung hat der Beklagte nichts dargetan. Wäre Dr. E. dagegen nur von den Miterben bevollmächtigt worden, denn hätten sich aus seinem Handeln zwar auch Verpflichtungen für die Erbengemeinschaft ergeben können. Die auf diese Weise begründeten Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft könnten aber, sofern der Testamentsvollstrecker sie nicht freiwillig erfüllt, aus Nachlaßmitteln erst nach Beendigung der Testamentsvollstreckung erfüllt werden, da durch das Handeln des Bevollmächtigten wohl eine Verbindlichkeit der Erbengemeinschaft, aber keine solche, die auch vom Testamentsvollstrecker zu erfüllen ist, begründet wird. Das ergibt sich aus § 2211 BGB. Daraus, daß der Erbe nach dieser Bestimmung nicht über einen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Gegenstand verfügen kann, folgt, daß er hinsichtlich solcher Gegenstände auch keine Verbindlichkeiten mit der Wirkung eingehen kann, daß sie den Testamentsvollstrecker zur Vornahme von Verfügungen über diese Gegenstände verpflichten (vgl. mit etwas abweichender Begründung Staudinger-Dittmann 11. Aufl. § 2211 Anm. 15; BGB-RGRK 10, Aufl., § 2211 Anm. 1 Abs. 3). Wenn der Testamentsvollstrecker nicht verpflichtet ist, die etwa von Dr. E. als Bevollmächtigten der Miterben begründeten Verbindlichkeiten zu erfüllen, kann mit den so begründeten Forderungen auch nicht gegenüber einer vom Testamentsvollstrecker geltend gemachten, zum Nachlaß gehörenden Forderung aufgerechnet oder wegen dieser so begründeten Forderung ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Schmidt, Johannsen, v. Werner, Wüstenberg, Wilden
Fundstellen
Haufe-Index 1622029 |
NJW 1957, 1916 |