Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 31.05.2021; Aktenzeichen 01 KLs-676 Js 346/20-4/21) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 31. Mai 2021 wird verworfen. Jedoch wird klargestellt, dass die Druckgaswaffe „Glock 17” mit Magazin und 4,5 mm-Stahlkugelmunition eingezogen ist.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den im Übrigen freigesprochenen Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und die Tatmittel eingezogen. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel, das zu einer Klarstellung der Einziehungsanordnung führt, ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Rz. 2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Rz. 3
Der Angeklagte plante einen Überfall auf einen Imbiss. Hierbei wollte er seiner Forderung, die Tageseinnahmen ausgehändigt zu erhalten, mithilfe einer geladenen Druckgaswaffe – die einer scharfen Schusswaffe vom Typ „Glock 17” täuschend echt nachempfunden war und die er für funktionsfähig hielt – Nachdruck verleihen.
Rz. 4
Wie geplant betrat der maskierte Angeklagte spät abends mit der Waffe, die mit Stahlkugelmunition vom Kaliber 4,5 mm bestückt war, das Ladenlokal, in dem er nur einen mit Reinigungsarbeiten beschäftigten Mitarbeiter ausmachen konnte. Diesen forderte der Angeklagte unter Vorhalt der Waffe mehrfach auf, ihm Geld herauszugeben, sonst werde er schießen. Der unbeeindruckte Mitarbeiter entgegnete ihm, er solle dies doch tun. Daraufhin betätigte der Angeklagte den Abzug der Waffe. Ob eine Kugel aus dem Lauf austrat und welche Geschwindigkeit sie erreichte, war nicht festzustellen. Möglicherweise enthielt die in der Waffe installierte Gaskartusche zu wenig Treibgas für eine (druckvolle) Schussabgabe.
Rz. 5
Nachdem der Mitarbeiter keine Schusswirkung bei sich festgestellt hatte, schlug er den Angeklagten mit einem Wischmopp in das Gesicht. Sodann entriss er ihm die Waffe und schlug sie ihm wiederholt auf den Kopf. Nunmehr ging der Inhaber des Imbisses den Angeklagten ebenfalls an, nahm ihn von hinten in den „Schwitzkasten” und zog ihm die Maske vom Gesicht. Der Angeklagte ergriff aus einem Getränkekasten eine Bierflasche und schlug hiermit den Inhaber, der ihn infolgedessen aus seinem Griff entweichen ließ. Der Angeklagte floh daraufhin ohne Beute.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 6
Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 7
1. Insbesondere ist auch die Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung (§§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, § 22 StGB) – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – rechtsfehlerfrei.
Rz. 8
a) Die Qualifikation des Verwendens einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte zielt das Verwenden auf den Einsatz als Nötigungsmittel bei der Verwirklichung des Grundtatbestands des Raubes. Es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2018 – 2 StR 200/17 Rn. 14; vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09 Rn. 8 und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08 Rn. 5). Bei einer räuberischen Erpressung muss der Täter ein solches Tatmittel in dieser Weise einsetzen, um die Herausgabe der angestrebten Beute zu erzwingen.
Rz. 9
Nach diesen Maßgaben stand der im Zweifel unzureichende Gasdruck und die darin begründete Funktionsuntüchtigkeit der verwendeten Druckgaswaffe zwar einer vollendeten Tat nach §§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB von vorneherein entgegen, nicht aber deren (untauglichem) Versuch. Der Angeklagte wollte nach seinem gemäß § 22 StGB maßgeblichen konkreten Tatplan (vgl. BGH, Urteile vom 6. Februar 2020 – 3 StR 305/19 Rn. 11 und vom 9. Juli 1954 – 1 StR 677/53, BGHSt 6, 251, 256; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 22 Rn. 2a, 8 mwN) eine objektiv gefährliche Waffe als Nötigungsmittel einsetzen, um die Tageseinnahmen des Imbisses zu erhalten. Zu dieser Tat unter den vorgestellten Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzte er unmittelbar an, indem er das Ladenlokal betrat und die nach seinem Vorstellungsbild geladene Druckgaswaffe als Drohmittel benutzte.
Rz. 10
b) Ein „Teilrücktritt” von dem qualifizierenden Umstand (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 6. März 2019 – 5 StR 526/18 Rn. 12 und vom 4. April 2007 – 2 StR 34/07 Rn. 9), d. h. dem Verwenden der Waffe bei der Tat, scheidet nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aus.
Rz. 11
c) Die zugleich versuchte schwere räuberische Erpressung nach §§ 253, 255, 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB tritt gegenüber der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung zurück (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. August 2021 – 3 StR 63/21 Rn. 24 und vom 30. Oktober 2013 – 2 StR 282/13 Rn. 7; Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 250 Rn. 50 mwN).
Rz. 12
2. Der Strafausspruch weist ebenso wenig einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Ein minder schwerer Fall im Sinne von § 250 Abs. 3 StGB lag aufgrund der Vorbelastungen und der Hafterfahrung des Angeklagten ohnehin fern. Bei der konkreten Strafzumessung aus dem nach § 49 Abs. 1, § 23 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB hat das Landgericht strafmildernd gewertet, dass kein finanzieller Schaden eingetreten sei. Die Funktionsunfähigkeit der Tatwaffe musste es unter den gegebenen Umständen – insbesondere der vom Angeklagten über das Vorhalten der Waffe hinaus erstrebten Schussabgabe – nicht als einen noch hinzutretenden bestimmenden Strafmilderungsgrund erwähnen.
Rz. 13
3. Die rechtsfehlerfrei auf § 74 Abs. 1 StGB gestützte Einziehungsentscheidung bedurfte der Klarstellung. Das Landgericht hat selbst ausgeführt, dass es die eingezogene Tatwaffe in der Urteilsformel versehentlich als „PTB-Waffe” bezeichnet habe.
Unterschriften
Sost-Scheible, Bender, Bartel, Maatsch, Scheuß
Fundstellen
Haufe-Index 14982850 |
RÜ 2022, 241 |