Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Oldenburg vom 9. März 1973 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Landwirt W… aus H veräußerte mit Zustimmung seiner Ehefrau an den technischen Kaufmann Wa… gemäß notariellem Vertrag vom 9. Dezember 1970 einen Teil seines Grundbesitzes. Am 7. Februar 1971 erklärte Wa… gegenüber dem Bankdirektor We… als Vertreter der Klägerin zu notariellem Protokoll u.a. folgendes:
„Zur Absicherung der gewährten Kredite überträgt Rolf Wa… seine Ansprüche und Anwartschaftsrechte auf Gewährung des Besitzes an dem verkauften Hausgrundstück … sowie seine Anwartschaftsrechte und Übertragungsansprüche bezüglich der Eigentumsübertragung und den Auflassungsanspruch hinsichtlich des verkauften Hausgrundstückes an die Spar- und Darlehenskasse eGmbH in N… …”
Am 23. Juli 1971 wurde das Kaufgrundstück an Wa… aufgelassen und von ihm die Umschreibung im Grundbuch beantragt. Am 27 Juli 1971 beantragte Notar E… gemäß § 15 GBO die Eintragung Wa… als Eigentümer beim Grundbuchamt.
Am 29. Juli 1971 wurde Wa… ein vorläufiges Zahlungsverbot der Beklagten zugestellt, mit welchem „die gerichtliche Pfändung des Anwartschaftsrechts des Schuldners auf Erwerb des Eigentums an dem im Grundbuch … eingetragenen (Kauf-) Grundstück …” angekündigt wurde. Am 10. August 1971 ließ die Beklagte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zustellen, mit dem sie „das angebliche Anwartschaftsrecht des Schuldners auf Erwerb des Eigentums an dem im Grundbuch … eingetragenen (Kauf-) Grundstück …” pfändete und sich zur Einziehung überweisen ließ.
Mit Beschluß vom 22. November 1971, der am selben Tage abgegangen ist, wies das Grundbuchamt das Ersuchen um Eintragung Wa…s als Eigentümer zurück. Unter dem 24. November 1971 schrieb Notar E… an das Grundbuchamt u. a.:
„Ich nehme Bezug auf die bei der Grundakte noch befindlichen abgelehnten Anträge, wie im Beschluß vom 22.11.1971 unter a) bis d) aufgeführt, und stelle gemäß 15 GBO diese Anträge hiermit neu …”
Dieses Schreiben ging dem Grundbuchamt um 15.45 Uhr zu. Um 18.30 Uhr desselben Tages schrieb Notar E… an das Grundbuchamt, sein „Schreiben vom 24. Nov. 71” solle „kein neuer Antrag” sein.
Unter dem 30. November 1971 stimmte die Beklagte der Eigentumsumschreibung auf Wa… mit der Maßgabe zu, daß gleichzeitig für sie eine Sicherungshypothek in Höhe von 78.506,29 DM nebst Zinsen eingetragen würde. Daraufhin schrieb das Grundbuchamt am 8. Dezember 1971 das Grundstück auf Wa… um und trug an erster Stelle als Belastung eine Sicherungshypothek in Höhe von 78.506,29 DM nebst Zinsen für die Beklagte, danach mehrere Rechte in Höhe von 20.000 DM, 60.000 DM, 40.000 DM sowie weitere 60.000 DM für die Klägerin ein.
Die Klägerin hat Klage erhoben und geltend gemacht, die Abtretung vom 7. Februar 1971 gehe der (Vorpfändung und) Pfändung der Beklagten vor.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die im Grundbuch von H… für sie in Abteilung III unter Nr. 1 eingetragene Sicherungshypothek in Höhe von 55.367,55 DM löschen zu lassen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Danach ist am 24. Oktober 1972 das Grundstück Wa… versteigert und der Klägerin durch Beschluß vom selben Tage zugeschlagen worden. Aus dem Erlös von 82.510,22 DM sind an die Beklagte 65.696,02 DM und an die Klägerin 14.460,04 DM ausgekehrt worden. Mit ihren in Abteilung III 2 bis 5 verzeichneten Rechten über 20.000 DM, 60.000 DM, 40.000 DM und 60.000 DM ist die Klägerin im übrigen ausgefallen.
Die Klägerin hat nunmehr beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 65.696,02 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 65.696,02 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Dagegen hat sich die Beklagte mit der Revision gewandt. Sie verfolgt ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter. Die Klägerin bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Das von der Beklagten gepfändete Anwartschaftsrecht sei durch die Zurückweisung des Eintragungsantrags (Beschluß vom 22. November 1971) erloschen. Demzufolge sei die Sicherungshypothek in Höhe von 78.506,29 DM zu Unrecht eingetragen worden (§ 894 BGB). An die Beklagte seien deshalb ohne Rechtsgrund und auf Kosten der Klägerin 65.696,02 DM ausgezahlt worden.
Mit der Zurückweisung des Eintragungsantrags vom 22. November 1971, die Notar E… schon vor Einreichung seiner Schreiben vom 24. November 1971 beim Grundbuchamt bekannt gegeben worden sei, sei das für Wa… entstandene Anwartschaftsrecht wieder wirkungslos geworden. Dadurch sei die Pfändung der Beklagten entfallen. Die Eingaben des Notars vom 24. November 1971 hätten zwar ein neues Anwartschaftsrecht Wa…s entstehen lassen. Daran habe die Beklagte aber kein Recht erworben. Ein solcher Erwerb hätte eine erneute Pfändung erforderlich gemacht.
II.
A) Die Revision greift zunächst die Feststellung des Berufungsrichters an, die Zurückweisung des Eintragungsantrags sei durch formlose Bekanntmachung gegenüber dem Notar E… vor Einreichung seiner beiden Schreiben vom 24. November 1971 beim Grundbuchamt wirksam geworden. Die Revision meint, die Feststellung sei unter Verletzung des § 286 ZPO getroffen.
Die Rüge hat keinen Erfolg.
Im Tatbestand des Berufungsurteils heißt es zwar, der Beschluß vom 22. November 1971 sei dem Notar am 25. November 1971 zugegangen. In den Entscheidungsgründen hat aber der Tatrichter weiter festgestellt, daß dem Notar der zurückweisende Beschluß vom 22. November 1971, schon vor Abfassung des Schreibens vom 24. November 1971 bekannt gegeben worden war. Das entnimmt der Tatrichter daraus, daß der Notar in beiden Briefen auf den zurückweisenden Beschluß Bezug nimmt. Der Berufungsrichter hat dabei ersichtlich den Eingangssatz des ihm in den Grundakten (H… Band III Blatt… S. …) vorliegenden ersten Schreibens des Notars vom 24. November 1971 im Auge gehabt. Er lautet: „In der Grundbuchsache … ist mir der Beschluß vom 22. November 1971 zugegangen.” Wenn der Berufungsrichter unter solchen Umständen die Überzeugung gewonnen hat, daß der – am selben Tage hinausgegangene – Beschluß vom 22. November 1971 vollständig und im ordnungsmäßigen Geschäftsgang dem Notar schon vor Anfertigung der Eingaben vom 24. November 1971 bekannt gegeben worden ist, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
B). Weiterhin beanstandet die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts, mit dem Wirksamwerden des Abweisungsbeschlusses sei das gepfändete Anwartschaftsrecht wirkungslos geworden.
Der Angriff führt ebenfalls nicht zum Erfolg.
Wie der Senat in seinem BGHZ 45, 186 ff. veröffentlichten Urteil ausgeführt hat, wird ein Eigentumsanwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers nicht schon durch die Auflassung allein begründet; es genügt auch nicht, daß beim Grundbuchamt die Umschreibung des Eigentums beantragt wird, sofern dieser Antrag nur vom Veräußerer stammt oder wenn er zwar vom Erwerber gestellt ist, das Grundbuchamt den Antrag aber zurückgewiesen hat. Der Umschreibungsantrag muß vielmehr vom Auflassungsempfänger gestellt und darf vom Grundbuchamt nicht zurückgewiesen sein. Diesen Standpunkt hat der Senat in seiner BGHZ 49, 197 ff. abgedruckten Entscheidung näher begründet und ausdrücklich gesagt, daß dann, wenn ein Umschreibungsantrag des Auflassungsempfängers beim Grundbuchamt im vorgenannten Sinne „schwebt”, ein Anwartschaftsrecht besteht. Dieses Recht kann Gegenstand der Pfändung sein. Da eine Sicherungshypothek entsprechend § 848 Abe. 2 ZPO nach Auffassung des Senats nur zur Entstehung kommen kann, wenn bei Eigentumsumschreibung die Anwartschaft besteht, entfällt die Wirkung der Pfändung, sobald der Umschreibungsantrag – auch nur erstinstanzlich zurückgewiesen wird (vgl. Mattern in Anm. zu LM ZPO § 857 Nr. 9/10).
Vom Boden dieser Rechtsauffassung her kann sich die Revision nicht unter Hinweis auf die Ausführungen in BGHZ 49, 202 vor b) mit Erfolg darauf berufen, es sei „lebensfremd”, anzunehmen, daß hier das Anwartschaftsrecht „in dem kurzen Zeitraum zwischen dem 23. und dem 24.11.1971” hätte beeinträchtigt werden können. Mit dem Wegfall des Umschreibungsantrags hat das Anwartschaftsrecht vielmehr eine seinen Fortbestand bedingende Voraussetzung eingebüßt. Ein danach neu erwachsenes Anwartschaftsrecht Wa… hat die Beklagte aber nicht gepfändet.
C) Weiterhin rügt die Revision, das Berufungsgericht habe übersehen, daß nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin das Grundbuchamt dem Eintragungsantrag vom 27. Juli 1971 stattgegeben habe; der Beschluß vom 22. November 1971 sei also mit der Wirkung aufgehoben worden, daß die Eintragung auf Grund des ursprünglich gestellten Antrags erfolgt sei.
Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge hat schon deshalb keinen Erfolg, weil die Revision sich nicht darauf berufen kann, der Tatrichter habe Vortrag der Gegenseite übergangen, den die Beklagte und Revisionsklägerin selbst bestritten hat.
Das gilt auch für den Hinweis der Revision, es sei gar nicht geklärt, ob nicht das Grundbuchamt seine Rechtsansicht (Zurückweisung des Eintragungsantrags durch Beschluß vom 22. November 1971) nach Rücksprache mit dem Notar aufgegeben und eingeräumt habe, daß dem Eintragungsersuchen auch schon vor Einreichung der Teilungsgenehmigung stattzugeben gewesen sei (Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 12. Februar 1973 S. 3)
Schließlich hat das Berufungsgericht – entgegen der Revisionsbegründung – ohne Rechtsirrtum ausgeführt, nach Erlaß des zurückweisenden Beschlusses vom 22. November 1971 seien neue Unterlagen für den Eintragungsantrag vom Notar überreicht worden. Die vom Grundbuchamt angeforderte Teilungsgenehmigung war diesem unstreitig nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst nach Zurückweisung des Eintragungsantrags überreicht worden. Der Tatrichter hat entgegen dem Vorbringen in der Revisionsbegründung nicht festgestellt, das Grundbuchamt habe nach verspäteter Vorlage der angeforderten Teilungsgenehmigung in Anerkennung der vom Notar E… bezüglich der Verspätung vorgebrachten Erklärungen dem ursprünglichen Eintragungsantrag stattgeben und damit „praktisch eine Wiedereinsetzung” gewähren wollen.
III.
Da das Berufungsurteil auch sonst keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen läßt, ist das Rechtsmittel mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 609399 |
DNotZ 1976, 96 |