Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 02.01.1990) |
LG Itzehoe (Urteil vom 21.12.1987) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 2. Januar 1990 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es dem Feststellungsantrag des Klägers stattgegeben hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 21. Dezember 1987 zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen wird.
Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges haben der Kläger 1/17, die Beklagten 16/17 zu tragen.
Die Kosten des Revisionsrechtszuges haben der Kläger zu 9/50, die Beklagten zu 41/50 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten erwarben 1983 das Anwesen Groß O. A., D. straße 17; sie übernahmen das zugunsten der Eheleute Peter H. und Anne Sch. eingetragene Altenteil bestehend aus einem lebenslänglichen Wohnungsrecht an bestimmten Räumen des Hauptgebäudes und einer Leibrente von 450 DM monatlich. Nach dem Tode ihres Ehemannes zog Frau Anne Sch. am 22. Oktober 1986 in ein Altenheim. Die Beklagten vermieteten die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume. Der Kläger gewährt Frau Sch. Hilfe zum Lebensunterhalt durch Übernahme von Heimkosten nach dem Bundessozialhilfegesetz.
Durch Bescheid vom 3. Juni 1987 leitete der Kläger unter Hinweis auf die §§ 90, 91 BSHG die Ansprüche der Frau Sch. gegen beide Beklagten auf Zahlung der Leibrente und „das Altenteil bestehend aus lebenslänglichem Wohnrecht” ab dem 1. Juni 1987 auf sich über. Die Beklagten hatten sich auf die Ankündigung des Klägers, Ansprüche von Frau Sch, gegen sie geltend zu machen, am 25. Mai 1987 von Frau Sch. eine Erklärung unterschreiben lassen, daß diese den Beklagten gestatte, ihre Wohnung zu vermieten, und sie auf die Zahlung rückständiger Leibrentenbeträge verzichte und Ansprüche auf den Mietzins nicht erhebe.
Der Klage, mit der der Kläger Zahlung rückständiger und zukünftiger Leibrentenbeträge und die Feststellung forderte, daß die Beklagten nicht berechtigt seien, die dem lebenslangen Wohnungsrecht der Frau Sch. unterliegenden Räume zu vermieten, hat das Landgericht nur hinsichtlich der Zahlung künftig fällig werdender Leibrentenbeträge stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Beklagten auch zur Zahlung rückständiger Rentenbeträge verurteilt und die beantragte Feststellung – für die Zeit bis zum Ableben der Frau Anne Sch. und solange Sozialhilfe geleistet wird – getroffen. Die Anschlußberufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
Die Revision der Beklagten hat der Senat nur angenommen, soweit über den Feststellungsantrag entschieden worden war. Die Beklagten beantragen nunmehr, das Berufungsurteil im Umfange der Annahme aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision auch insoweit zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht führt aus: Der Feststellungsanspruch sei gerechtfertigt. Die Beklagten seien zur Vermietung der Räume, an denen Frau Sch. gemäß § 1093 BGB ein Wohnungsrecht zustehe, nach deren Auszug nicht befugt. Das Wohnungsrecht sei nicht dadurch untergegangen, daß die Berechtigte aus subjektiven Gründen zu dessen Ausübung nicht mehr in der Lage sei. Ob Frau Sch. rechtswirksam auf Ansprüche nach Abschnitt I § 10 AGBGB für das Land Schleswig-Holstein verzichtet habe, sei zweifelhaft; jedenfalls habe sie die Erklärung rechtswirksam angefochten. Die sich aus dem Wohnungsrecht der Frau Sch. ergebenden Ansprüche habe der Kläger wirksam gemäß §§ 90, 91 BSHG auf sich übergeleitet. Die Feststellungsklage sei zulässig; ein Feststellungsinteresse der Frau Sch. sei schon aufgrund des Bestreitens des Wohnungsrechtes durch die Beklagten zu bejahen. Zwar sei eine Leistungsklage auf Unterlassen der Vermietung möglich; das damit verfolgte Ziel entspreche aber nicht dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers, der an den Mieteinnahmen beteiligt werden wolle, um insoweit weitere Deckung für die von Frau Sch. aufzubringenden Heimkosten zu erhalten. Die Erhebung einer Leistungsklage auf Zahlung einer Geldrente gemäß § 10 AGBGB Schleswig-Holstein sei dem Kläger nicht zuzumuten, da die Beklagten jegliche Verpflichtung bestritten und der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Höhe der nach billigem Ermessen zu bemessenden Geldrente habe.
II.
Die Revision ist begründet.
Die Feststellungsklage ist unzulässig. Anders als das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, fehlt dem Feststellungsbegehren des Klägers das Rechtsschutzinteresse.
Es erscheint schon fraglich, ob der gestellte Antrag ein prozeßökonomisch sinnvoller Weg war; der Kläger kann sein Ziel, Beteiligung an den Mieteinnahmen der dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume, was auch das Berufungsgericht so sieht, damit nicht erreichen. Der Feststellungsantrag hätte deshalb mindestens darauf gerichtet sein müssen, daß die Beklagten verpflichtet seien, vereinnahmte Mieten abzuführen. Eines Hinweises nach § 139 ZPO bedurfte es jedoch nicht.
Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom Kläger erstrebte Beteiligung an den Mieteinnahmen hätte er nämlich durch Leistungsklage auf Auskehrung bereits gezogener und, nach § 259 ZPO, auf Abführung künftiger Mieteinnahmen, geltend machen können. Denn der Kläger stützt sein Begehren darauf, er habe solche Ansprüche der Frau Sch. nach §§ 90, 91 BSHG auf sich übergeleitet. Nach § 90 Abs. 2 BSHG bewirkt die schriftliche Anzeige, die hier vorliegt, den Obergang eines Anspruches, für die Zeit, für die dem Hilfeempfänger die Hilfe ohne Unterbrechung gewährt wird. Sie umfaßt danach grundsätzlich auch künftige – oder wie hier, erst künftig fällig werdende – Ansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 1988, IVb ZR 15/87, BGHR BSHG § 90 Überleitungsumfang; BGHZ 20, 127, 131 – für den Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers). Die Beklagten bestreiten auch jegliche Verpflichtung, sei es zur Zahlung, sei es zur Auskehrung gezogener Nutzungen, die sie aus den Räumen erzielen, an denen Frau Sch. ein Wohnungsrecht bestellt worden war; sie vertreten die Auffassung, daß sie dieselben – aus verschiedensten Gründen – für Vergangenheit und Zukunft selbst vereinnahmen und verbrauchen dürften. Danach ist die Besorgnis, daß sie sich rechtzeitiger Leistung entziehen würden, begründet und eine Leistungsklage nach § 259 ZPO möglich. Der Feststellungsklage fehlt daher in jeder Antragsfassung ein Rechtsschutzbedürfnis und sie ist als unzulässig abzuweisen.
Es besteht auch kein Anlaß, dem Kläger – eventuell durch Zurückverweisung der Sache – Gelegenheit zu geben, diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen. Mach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist Frau Sch. in ein Altenheim gezogen und zur Ausübung des Wohnungsrechtes nicht mehr in der Lage. Dann kommt jedoch nach § 10 Abs. 1 AGBGB Schleswig-Holstein eine Befreiung der Beklagten von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung in Betracht. Dies hätte einerseits zur Folge, daß die Beklagten dann auch im Verhältnis zu Frau Sch. berechtigt waren, die Wohnung auf eigene Rechnung zu vermieten und für einen Anspruch auf Auskehrung der vereinnahmten Mieten daher kein Raum wäre. Zum Ausgleich dafür könnte unschwer nur ein Anspruch auf Zahlung einer nach billigem Ermessen zu bestimmenden Geldrente bestehen, sofern, was bisher offengeblieben ist, das zwischen Frau Sch. und den Beklagten bestehende Rechtsverhältnis als Altenteilsvertrag im Sinne von § 1 AGBGB Schleswig-Holstein, Art. 96 EGBGB gehandelt hat. Einen solchen Anspruch hat der Kläger aber bisher nicht geltend gemacht.
Der Feststellungsantrag der Klägerin ist danach mit der Kostenfolge aus den §§ 92, 97 ZPO als unzulässig abzuweisen.
Unterschriften
Hagen, Vogt, Lambert-Lang, Wenzel, Tropf
Fundstellen