Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erstattung von Beerdigungskosten
Leitsatz (amtlich)
Ein Sterbegeld, das eine Ersatzkasse im Rahmen der Familienhilfe einem als Rentner Versicherungspflichtigen nach dem Tode seines Ehegatten gewährt und für das der Empfänger nicht mindestens 50 % der Beiträge zur Sozialversicherung aus eigenen Mitteln erbracht hat, ist in entsprechender Anwendung der Versorgungsregelung für Bundesbeamte auf einen Erstattungsanspruch für Bestattungskosten zu 40 % anrechenbar, wenn dem Empfänger eine solche Leistung nach Entschädigungsvorschriften zusteht.
Normenkette
BEG § 30 Abs. 1 S. 1; BeamtVG §§ 18, 33 Abs. 4; HeilvfV § 9
Tenor
Auf die Revision des beklagten Landes wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Juli 1989 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das beklagte Land verurteilt worden ist, mehr als 4.790,80 DM zu zahlen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 191 des Landgerichts Berlin vom 13. März 1987 wird insoweit zurückgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger 2/5, das beklagte Land 3/5 zu tragen. Von den übrigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 3/10, das beklagte Land 7/10.
Tatbestand
Die Entschädigungsbehörde des beklagten Landes gewährte der 1984 in K. verstorbenen und in P. bestatteten Ehefrau des Klägers bis zu deren Tode eine laufende Rente sowie Heilverfahrensleistungen. Für die Beerdigung der Verstorbenen zahlte sie dem Kläger, der bei der B. Kasse - einer Berufs- und Ersatzkrankenkasse - als Rentner pflichtversichert ist und von dieser beim Tod seiner Ehefrau ein Sterbegeld von 1.820 DM erhielt, einen Betrag von 780 DM. Den Anspruch des Klägers, ihm die gesamten Kosten der Überführung und Bestattung zu ersetzen, lehnte sie ab. Die auf Zahlung von 6.927,88 DM gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 5.518,80 DM stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision, die der Kläger zurückzuweisen bittet, verfolgt das beklagte Land nur den Antrag, das von der Krankenkasse bezahlte Sterbegeld auf den Erstattungsanspruch anzurechnen.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht nimmt an, der Kläger könne nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BEG in Verbindung mit § 30 Beamtenversorgungsgesetz, § 9 der Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes (Heilverfahrensverordnung - HeilvfV) Ersatz der ihm entstandenen Kosten für die Bestattung seiner verstorbenen Ehefrau verlangen. Das ihm von der Ersatzkrankenkasse im Rahmen der Familienhilfe gezahlte Sterbegeld sei darauf nicht anzurechnen. Zwar sehe § 9 Abs. 2 HeilvfV die teilweise Anrechnung von Sterbegeld gemäß § 18 BeamtVG vor. Das Sterbegeld der Krankenkasse sei jedoch keine solche Leistung. Auch sei die Bestimmung des § 9 Abs. 2 HeilvfV eindeutig und keiner erweiternden Auslegung zugänglich; sie schließe die Anrechnung dort nicht genannter Leistungen nach Ermessen aus. Daß das Sterbegeld der gesetzlichen Krankenversicherung den gleichen Zweck wie der Erstattungsanspruch nach § 9 HeilvfV verfolge und eine Anrechnung sinnvoll erscheine, ändere daran nichts. Im übrigen wäre bei einer Erstreckung der Vorschrift des § 9 Abs. 2 HeilvfV auf Versicherungsleistungen offen, mit welchem Betrag diese angerechnet werden sollten. Der Bestimmung in Nr. 2.9.5 der gemeinsamen Heilverfahrensrichtlinien der Länder, die allgemein die volle Anrechnung von Versicherungsleistungen vorsehe, soweit der Versicherte nicht mindestens 50 % der Beiträge aus eigenen Mitteln erbracht habe, fehle die Rechtsgrundlage.
Dagegen wendet sich die Revision zum Teil mit Erfolg.
1.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Kläger von dem beklagten Land die Erstattung der Beerdigungskosten verlangen kann. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BEG richten sich Umfang und Erfüllung des Anspruchs auf ein Heilverfahren nach den Vorschriften der Unfallfürsorge der Bundesbeamten. Maßgebend sind somit die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes und der Heilverfahrensverordnung (vgl. Senatsurt. v. 8. Juni 1982 - IX ZR 60/81, LM BEG § 30 Nr. 29). Diese sehen in § 33 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG und § 9 Abs. 1 HeilvfV grundsätzlich vor, daß die Kosten der Überführung und Bestattung erstattet werden, wenn der Verletzte an den Folgen eines Dienstunfalls verstorben ist. Daneben ist jedoch in § 9 Abs. 2 HeilvfV geregelt, daß das nach § 18 BeamtVG dem Ehegatten oder Angehörigen zustehende Sterbegeld zu 40 vom Hundert oder unter besonderen Umständen in voller Höhe auf den Erstattungsbetrag angerechnet wird. Diese Einschränkung erklärt sich daraus, daß auch das Sterbegeld nach § 18 BeamtVG, das Angehörige eines verstorbenen Beamten im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung erhalten, vornehmlich die Kosten der Bestattung erfaßt und unangemessen hohe Zahlungen, die sich beim Zusammentreffen von Leistungen nach § 9 HeilvfV mit Sterbegeld nach § 18 BeamtVG ergeben können, vermieden werden sollen (vgl. amtliche Begründung zu § 9 HeilvfV, Bundesrats-Drucksache 42/79 S. 24; Plog/Wiedow/Beck, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, § 9 HeilvfV Anm. 4).
2.
Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß das dem Kläger von der Berufskrankenkasse gewährte Sterbegeld in Höhe von 1.820 DM nicht als Leistung von Sterbegeld im Sinne des § 18 BeamtVG angesehen werden kann. Dieser Betrag wurde dem (nach der damals geltenden Vorschrift des § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO, vgl. Art. 5 Nr. 2 Gesundheits-Reformgesetz vom 20. Dezember 1988, BGBl I S. 2477) versicherungspflichtigen Kläger gemäß der (damals ebenfalls noch gültigen) Vorschrift des § 205 b RVO beim Tod seiner Ehefrau als Familiensterbegeld ausbezahlt. Zwar dienen diese Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung - wie das Sterbegeld der Dienstbehörde eines Beamten nach § 18 BeamtVG - vorwiegend ebenfalls dazu, die Kosten der Bestattung zu decken (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, VO zu § 33, § 9 Anm. 4 a). Dem beamtenrechtlichen Sterbegeld, von dem allein § 9 Abs. 1 HeilvfV ausgeht, können sie jedoch nicht gleichgestellt werden, weil es sich um Sozialversicherungsleistungen handelt, die von einem anderen Träger stammen.
3.
Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Zahlung von Sterbegeld an die Hinterbliebenen sind aber auf das als Familienhilfe geleistete Sterbegeld einer Ersatzkrankenkasse entsprechend anzuwenden.
a)
Der Senat hat im Urteil vom 1. Oktober 1970 - IX ZR 55/70 = RzW 1971, 21 Nr. 13 ausgeführt, daß eine Kostenerstattung von dritter Seite auf Entschädigungsleistungen dann außer Betracht bleibt, wenn die Drittleistung auf freiwilligem Anschluß des Verfolgten an die Krankenversorgungseinrichtung und zugleich entscheidend auf seinen eigenen Beiträgen, also auf seiner Selbstvorsorge beruht. Diese Ansicht hat er damit begründet, daß der Grundsatz des § 30 Abs. 1 BEG, wonach sich Umfang und Erfüllung des Anspruchs auf ein Heilverfahren nach den Vorschriften über die Unfallfürsorge der Bundesbeamten richten, durch § 10 Abs. 1 der 2. DV-BEG in richtiger Weise ausgefüllt wird, wenn diese Regelung den Entschädigungsanspruch auf die Erstattung der vom Verfolgten getragenen und endgültig zu tragenden Aufwendungen beschränkt. Im Urteil vom 22. April 1971 - IX ZR 59/68 = RzW 1972, 19 hat er den Begriff der Selbstvorsorge in einer den Zwecken des Wiedergutmachungsrechts entsprechenden Weise umschrieben und es für angemessen erachtet, bei einem Beitragsanteil von 50 % von einer Selbstvorsorge auszugehen. Diese Rechtsprechung, an der der Senat festgehalten hat (vgl. Senatsurt. v. 9. November 1978 - IX ZR 26/77 = RzW 1979, 56), liegt auch der Vorschrift der Nr. 1.6.3 der Heilverfahrensrichtlinien der Länder in der Fassung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 22. Juli 1980 (RzW 1981, 33) zugrunde. Danach werden Geldleistungen privater Krankenversicherungen und der Träger einer Krankenversicherung, die aufgrund der deutschen Gesetzgebung zur Sozialversicherung oder von im Ausland geltenden Gesetzen der sozialen Sicherheit besteht, bei der Feststellung des Erstattungsanspruchs nach § 30 BEG nicht berücksichtigt, wenn die Leistungen der Krankenversicherung darauf beruhen, daß der Versicherte mindestens 50 % der Beiträge aus eigenen Mitteln erbracht hat. Die für die Entschädigungsbehörden maßgebende Verwaltungsvorschrift bestimmt somit ebenfalls, daß zusätzliche Leistungen, die auf entsprechende Vorsorge des Geschädigten zurückgehen, auf die Entschädigung nicht anzurechnen sind.
b)
Die Rechtsprechung des Senats über die Anrechnung von Drittleistungen bei Selbstvorsorge des Geschädigten ist auch im vorliegenden Fall anwendbar. Mit den einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften führt sie dazu, daß das dem Kläger beim Tod seiner Ehefrau von der zuständigen Berufskrankenkasse als Familienhilfe ausbezahlte Sterbegeld bei der von dem beklagten Land gewährten Entschädigung zu 40 vom Hundert, also mit 728 DM zu berücksichtigen ist.
aa)
Die Zahlung von Sterbegeld an den Kläger durch die B. Kasse beruht unstreitig nicht auf einer von ihm veranlaßten Vorsorge für den Krankheits- oder Todesfall, die mit Beitragszahlungen verbunden ist. Sie erklärt sich allein daraus, daß der Kläger bei dieser Ersatzkrankenkasse als Rentner versicherungspflichtig ist, wobei er nach den Feststellungen des Berufungsurteils nicht 50 vom Hundert der Beiträge durch eigene Leistung erbracht hat, und daß ihm im Rahmen dieser Pflichtversicherung nach den einschlägigen Vorschriften auch ein Anspruch auf Familiensterbegeld zusteht. Als eine von Beitragszahlungen unabhängige Versicherungsleistung beeinflußt sie somit den Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 30 BEG in Verbindung mit den angeführten beamtenrechtlichen Vorschriften auf Erstattung der Überführungs- und Bestattungskosten. Insbesondere stellt sie keine sogenannte Drittkostenerstattung dar, die bei der Entschädigungsleistung unberücksichtigt bleibt, zumal der Kläger in Höhe des ausbezahlten Sterbegelds, das für die Kosten der Bestattung dienen soll, wirtschaftlich nicht mehr belastet wird. Mit Recht sieht daher Nr. 2.9.5 Abs. 5 der Heilverfahrensrichtlinien vor, daß auf die Erstattung von Überführungs- und Bestattungskosten Versicherungsleistungen anzurechnen sind, die für Bestattung und Überführung gewährt werden, und daß Nr. 1.6.3, der eine Anrechnung dann ausschließt, wenn der Versicherte mindestens 50 % der Beiträge aus eigenen Mitteln erbracht hat, entsprechend gilt. Dieser Vorschrift fehlt nicht - wie das Berufungsgericht meint - die Rechtsgrundlage. Sie beruht vielmehr auf § 30 BEG in Verbindung mit der nach dieser Bestimmung entsprechend anwendbaren beamtenrechtlichen Versorgungsregelung.
bb)
Nach den Vorschriften des § 30 Abs. 1 Satz 1 BEG, § 18 BeamtVG, § 9 Abs. 2 HeilvfV ist auf die dem Kläger zu gewährende Entschädigungsleistung das ihm von der Ersatzkrankenkasse ausbezahlte Sterbegeld zu 40 vom Hundert anzurechnen. Das erklärt sich daraus, daß dem Kläger ein Anspruch auf Entschädigung nach beamtenrechtlichen Bestimmungen zusteht und er deshalb nicht schlechter gestellt werden darf als ein Bundesbeamter. Eine solche Anrechnung ist jedenfalls dann vorzunehmen, wenn - wie hier - der Empfänger des Sterbegeldes gleichzeitig Erbe ist.
4.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als bei der dem Kläger von dem beklagten Land zu gewährenden Entschädigungsleistung das von der Ersatzkrankenkasse ausbezahlte Sterbegeld in Höhe von 728 DM nicht angerechnet wird. In diesem Umfang hat die Entschädigungsbehörde des beklagten Landes die Zahlung von Entschädigungsleistung zu Recht verweigert; die Klage ist daher insoweit abzuweisen. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 209 Abs. 1 BEG, § 565 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).
Unterschriften
Merz
Gärtner
Walchshöfer
Schmitz
Kirchhof
Fundstellen
Haufe-Index 1456190 |
NVwZ-RR 1990, 488 |
NVwZ-RR 1991, 488 |