Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Erben eines Verfolgten auf Erstattung der Kosten der standesmäßigen Bestattung
Leitsatz (amtlich)
Ist der Verfolgte seit dem 1. Januar 1977 an den Folgen des Leidens verstorben, für das ihm Heilverfahren gewährt worden war, hat sein Erbe Anspruch auf Erstattung der Kosten der standesmäßigen Bestattung. Dafür kann der ursächliche Zusammenhang zwischen der Verfolgung und dem als verfolgungsbedingt anerkannten Leiden nicht mehr in Frage gestellt werden, muß jedoch der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem Leiden und dem Tode des Verfolgten zur Überzeugung des Entschädigungsorgans feststehen.
Normenkette
BEG § 29 Nr. 1, § 30 Abs. 1; BeamtVG § 33 Abs. 4 Satz 2; HeilvfV § 9; BGB § 1968
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. November 1980 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Bescheid vom 16. September 1955 gewährte der Verfolgten Heilverfahren für Bluthochdruck im Stadium der Dekompensation. Sie starb 1978 an einer Bronchopneumonie und wurde von ihrer Tochter beerbt. Deren Antrag, ihr die Kosten der Beerdigung in Höhe von 673,60 £ zu erstatten, weil der Tod der Erblasserin auf das anerkannte Verfolgungsleiden zurückzuführen sei, lehnte die Entschädigungsbehörde ab. Das Landgericht gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung des sich nach dem amtlichen Devisenkurs zur Zeit der Aufwendung ergebenden DM-Betrages. Seine Berufung blieb ohne Erfolg.
Mit der Revision erstrebt der Beklagte weiterhin
die Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig. Zwar hat der Beklagte innerhalb der Frist zu ihrer Begründung keinen förmlichen Revisionsantrag angekündigt (§ 209 Abs. 1 BEG, § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die rechtzeitig angebrachte Revisionsbegründung läßt jedoch klar erkennen, daß er das Berufungsurteil insgesamt anficht und seine Aufhebung in vollem Umfang begehrt. Das reicht aus (BGH LM ZPO § 546 Nr. 14).
Die Revision ist begründet.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin die Kosten der Bestattung der Erblasserin zu erstatten. Der Anspruch des Erben eines Verfolgten auf Erstattung der Beerdigungskosten leite sich aus dessen Anspruch auf Heilverfahren ab. Mit der Zuerkennung des Heilverfahrens für Bluthochdruck im Stadium der Dekompensation sei der Anspruch dem Grunde nach festgestellt worden, und bedürfe es nur noch der Prüfung und Entscheidung, welche Aufwendungen in diesem Rahmen zu erstatten seien. Für eine nochmalige Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Verfolgung und dem als verfolgungsbedingt anerkannten Leiden sei kein Raum. Dies gelte auch für den Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten, weil es sich dabei um Leistungen handele, die im Rahmen der Unfallfürsorge zusätzlich zu den Heilmaßnahmen gewährt würden, wenn der Verfolgte an den Folgen des Verfolgungsleidens gestorben sei. Somit bleibe nur die Prüfung, ob das Leiden zum Tode geführt habe. Das sei zu bejahen. Die geltend gemachten Kosten seien angemessen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1.
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BEG richten sich Umfang und Erfüllung des Anspruchs auf ein Heilverfahren nach den Vorschriften über die Unfallfürsorge der Bundesbeamten. Dies waren im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin die Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes. Die früheren Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes, auf die der Text des § 30 Abs. 1 Satz 2 BEG noch verweist, sind mit dem 1. Januar 1977 durch die entsprechenden Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes ersetzt worden (§§ 92 Abs. 1 Nr. 5, 105, 106, 109 Abs. 1 BeamtVG; BGH RzW 1979, 213 Nr. 8; 214). An die Stelle der Verordnung zur Durchführung des § 137 des Bundesbeamtengesetzes ist mit dem 29. April 1979 die Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes (Heilverfahrensverordnung - HeilvfV) vom 25. April 1979 (BGBl I 502) getreten (§ 87 Abs. 2 BeamtVG; § 18 HeilvfV; BGH aaO).
2.
Der Heilverfahrensanspruch nach § 137 BBG sah die Erstattung der Kosten der Bestattung eines an den Folgen eines Dienstunfalls verstorbenen Beamten nicht vor. Sie wurden durch das nach § 122 BBG zu zahlende Sterbegeld pauschal abgegolten (vgl. BVerwGE 47, 55, 60). § 33 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG hat den Umfang des Heilverfahrens durch die Bestimmung erweitert (vgl. BT-Drucks. 7/2505, S. 50 zu § 33 (Heilverfahren)), daß auch Kosten für die Bestattung in angemessener Höhe erstattet werden können, wenn der Verletzte an den Folgen des Dienstunfalls verstorben ist. Die Durchführung regelt § 9 HeilvfV (vgl. auch RdSchr. des Bundesministers des Innern vom 9. September 1977, GMBe 1977, 444). Danach werden in einem solchen Falle die Kosten der Bestattung erstattet (Absatz 1 Satz 1); für deren Umfang und für die Empfangsberechtigung gilt § 1968 BGB (Abs. 1 Satz 3; vgl. Amtliche Begründung, BR-Drucks. 42/79, A, 3 zu § 9 HeilvfV). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 HeilvfV ist allerdings auf den Erstattungsbetrag Sterbegeld nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG zu 40 v. H. seines Bruttobetrages und Sterbegeld nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG in voller Höhe anzurechnen. Satz 1 gilt jedoch nicht, wenn die Kosten von einem Erben zu tragen sind, der keinen Anspruch auf Sterbegeld hat (§ 9 Abs. 2 Satz 2 HeilvfV).
Auf Umfang und Erfüllung des Anspruchs der Erblasserin auf ein Heilverfahren finden mithin § 33 BeamtVG und die Verordnung zu dessen Durchführung entsprechende Anwendung (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BEG). Davon geht das Berufungsgericht, wie auch die Revision nicht bezweifelt, zutreffend aus.
3.
Der Erstattung der Kosten der Bestattung steht nicht entgegen, daß das Heilverfahren, als es der Erblasserin zuerkannt wurde, diesen Anspruch nicht umfaßte. Der Anspruch auf Heilverfahren ist ein Rahmenanspruch, der im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden kann und über den nach Art eines Grundurteils zu entscheiden ist (BGH RzW 1963, 364; 1969, 509). Soweit entschieden worden ist, wirkt dies deshalb unabhängig vom späteren Umfang des Erstattungsanspruchs. Er ist nicht auf den gesetzlichen Umfang des Erstattungsanspruchs bei Bescheiderteilung begrenzt.
4.
Der Anspruch auf Erstattung der Bestattungskosten setzt lediglich voraus, daß der Verfolgte an den Folgen des Leidens, für das ihm Heilverfahren gewährt worden war, verstorben ist. Die Ansicht der Revision, es müsse hinzukommen, daß dieses Leiden tatsächlich auf die Verfolgung zurückzuführen sei (vgl. auch Heilverfahrensrichtlinien der Länder idF der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 22. Juli 1980, Nr. 2.9.5 Abs. 1 Satz 1, RzW 1981, 33), findet im Gesetz keine Stütze. Die Verfolgungsbedingtheit des Leidens, für das Heilverfahren gewährt wird, ist durch die Zuerkennung dieses Anspruchs für beide Parteien bindend festgelegt. Der Gesetzgeber hat den Anspruch auf Erstattung der Kosten der Bestattung eines Verfolgten, der an den Folgen des anerkannten Verfolgungsleidens verstorben ist, nicht als einen seinen Hinterbliebenen aus eigenem Recht zustehenden gestaltet. Er ist vielmehr Teil des dem Verfolgten zuerkannten Anspruchs auf Heilverfahren und steht dem Erben zu, der die in den Bestattungskosten liegende Nachlaßverbindlichkeit getragen hat (§ 1968 BGB). Für eine entsprechende Anwendung der in § 41 Abs. 2 Satz 1 BEG für die Hinterbliebenenansprüche getroffenen Regelung ist kein Raum.
5.
Das Berufungsurteil kann dennoch keinen Bestand haben.
Entgegen Nr. 2.9.5 Abs. 1 Satz 1 der Heilverfahrensrichtlinien der Länder kann die Klägerin die Erstattung der Kosten der Bestattung der Erblasserin nur dann verlangen, wenn feststeht, daß die Verfolgte an den Folgen des als verfolgungsbedingt anerkannten Leidens verstorben ist. Die konkreten Voraussetzungen, unter denen der Klägerin die von dem zuerkannten Anspruch auf Heilverfahren umfaßten Kosten zu erstatten sind (§ 33 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG, § 9 HeilvfV), müssen zur Überzeugung des Entschädigungsorgans feststehen. Die bloße Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verfolgungsleiden und dem Tode begründet den Anspruch nicht, weil es dafür an einer den §§ 28 Abs. 1 Satz 2, 41 Abs. 2 Satz 1 BEG entsprechenden Regelung fehlt.
Ob das Berufungsgericht die Ursächlichkeit des Verfolgungsleidens für den Tod der Erblasserin unter dem richtigen rechtlichen Gesichtspunkt geprüft und bejaht hat, läßt sich seinem Urteil nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen. Das Landgericht hatte die Ursächlichkeit festgestellt. Das Berufungsgericht führt dagegen einerseits aus, daß es den Gründen der Entscheidung des Landgerichts in vollem Umfange folge und deshalb nach § 543 Abs. 1 ZPO von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen könne. An anderer Stelle sagt es, das Landgericht habe der Klage zu Recht stattgegeben, weil nach den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen wahrscheinlich sei, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem anerkannten Verfolgungsleiden und dem Tode der Mutter der Klägerin bestehe. Es läßt sich mithin nicht ausschließen und ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen, daß der Berufungsrichter den Anspruch in der Annahme bejaht hat, dafür reiche bereits die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem als verfolgungsbedingt anerkannten Leiden und dem Tode des Verfolgten aus. Deshalb muß sein Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Unterschriften
Fuchs
Zorn
Dr. Lang
Gärtner
Dr. Jähnke
Fundstellen